Der falsche Traum

VOM TRAUM ZU ALBTRAUM

Vor wenigen Wochen erschien im SEGELN-FORUM folgendes posting:

Hallo Leute …….
melde mich verzweifelt, habe mir eine Reinke 16m (Bj 2003) gekauft.
Habe das Ganze völlig unterschätzt, arbeite in der IT und merke das mir das Handwerkliche fehlt.
Der vorgänger Besitzer der mir bei vielem helfen wollte ist schwer erkrankt- jetzt sitze ich alleine da und kann das Schiff im Moment auch nicht verkaufen.
Evntl gibt es ja jemanden der Remote evntl vor Ort mit Sachverstand helfen kann (Tips geben, etc) natürlich nicht unentgeldlich ………..
Keine Ahnung wie eine Hilfe noch so aussehen könnte.
Wer interesse oder Zeit hat kann sich sehr gerne bei mir melden .
Danke uind Grüße
Stefan

Für mich ein Beispiel, wie Segler einem Traum verfallen, der sie am Ende rechts überholt und der sie im Kielwasser ihres fortan turbulenten Lebens zwischen Traum und Wirklichkeit zermürbt, weshalb ich folgende Antwort gepostet haben:

DER FALSCHE TRAUM
Vermutlich ist hier ein falscher Traum weiter verkauft worden unter Hinweis auf lapidare Restarbeiten, denen sich ein „neuer“ Träumer gewachsen fühlte, dem durch eine verlockende Relation von Kaufpreis zur Grösse des Schiffes das Wasser im Munde zusammen gelaufen ist. Jedenfalls ist er weich geworden … und realisiert nun die Grösse des Suppentellers langsam aber stetig, erkennt, dass sein Löffel zu klein, oder der Suppenteller sogar für eine ganze Foren Garnison reichen würde.

ANFENGERFEHLER
Der durch falsche Folgeentscheidungen nicht zu kurieren ist, auch wenn er hier das Zeug zum Forum Dauerbrenner hätte. Aber: ist dem Mann dadurch geholfen, sich hier die Finger wund zu schreiben, dabei seine fehlerhafte Kaufentscheidung – stetig besser zu umreissen, dass er sich am Ende gar nicht mehr ins Auto setzen mag, um seinen Traum, der am Steg Ende traurig vor ihm schaukelt, zu besuchen?

FAKTEN
Die Idee, einen REINKE Rumpf werftseitig erstellen zu lassen, um hernach Möbel, Technik und Ausrüstung selber „zu basteln“ – wird ja nicht so schwer sein! – gleichwohl im Laufe der Jahre dann auf den Boden der Tatsachen nieder zu schweben, bzw. eine Bruchlandung hinzulegen, ist ein so typischer Denkfehler, der hundertfach passiert, der einer Werft MATZERATH seit Jahren Arbeit gibt, weil dort derartige Schiffe wieder entkernt und sodann professionell – und Wert erhaltend – nochmals zu Wasser gebracht werden.

Derartige ZWITTER sind Geld und Traum vernichtend, vielfach unter Verlust der Partnerin. Denn WIEDERVERKAUFBAR sind sie nur schwer, allenfalls über Schweiss treibende Preise, weil die Stunde der Wahrheit die Stunde der Knete ist. Ich habe in meinem Blog eine REINKE 12, identischer Traum, allerdings vom Holzkünstler ausgebaut, mit Doppel Perkins und kompletter Ausrüstung – noch nie geschwommen – am Ende für € 9.500,00 verkauft. Schluck! Aber ein Blick in die Runde und jeder wird erkennen, dass die Schiffe mit zunehmender Grösse immer unverkäuflicher werden, am Ende als Industrie Denkmähler in der Eigner Psyche Verwüstungen anrichten – oder als Hafen Verzierung von Heiligenhafen oder Neustadt enden und dort als Selfie Hintergründe Verwendung finden.

GERICHTE
Für Anwälte ein Leckerbissen, kann man ganze Häuser drauf bauen, weil sie ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Jahre sind. Auch Gutachten müssen ran, hinter deren Rücken sich dann jeder verstecken kann. Und jeder weiss, dass die Hoffnung sich hinter dem Horizont verkrümelt und die Nerven – samt Konto Stand – in den Keller rutschen.

RESTARBEITEN?
Sorry, ein Denkfehler, dass eine derartiges Schiff an irgendeinem Tage jemals wirklich fertig wird! NEIN – der Job türmt sich weiter – immer heiter – grosse Schiffe bleiben Dauerbaustellen, die von einem einsamen Eigner kaum jemals zu schaffen sind, wenn sie nicht kraftvoll und mit Konsequenz im eigenen Vor- oder Hintergarten – und / oder unter Aufwendung erheblicher Knete – weiter betrieben werden. WOLFGANG CLEMENS hat´s dereinst vorgemacht, ein ganzer Kerl voller Kraft und Sachverstand.

Aber ich kenne traurige Schwesterschiffe, die seit vielen Jahren vor sich hin rotten, deren Eigner sie final aus dem eigenen Leben radieren, derweil sie von Lochfrass gierig aufgefressen werden.

Psychotherapie für den Themenersteller:

https://windpilot.com/blog/columns/deutsch-schiffe-der-nationen/deutsch-die-schiffe-der-nationen/

https://windpilot.com/blog/columns/boote-schiffe/der-wert-eines-schiffes/

Hier ist mein Rat:
Falsches Schiff – falscher Traum – weg mit Schaden – nächsten Mal besser aufpassen!

Peter Foerthmann

3 Antworten zu Der falsche Traum

  1. Götz-E. Schwarze sagt:

    Im Januar habe ich eine Secura mit Hubkiel gekauft, so um Bj. 80, 9.60 m und sitze nun noch in der warmen Kemenate und warte ungeduldig auf den Kran-Termin. Und lese den obigen Artikel, weil ich auf der Suche nach Tips für Stahlboote hier gelandet bin. Und mich beschleicht langsam ein sehr mulmiges Gefühl.
    Es ist nicht mein erstes Boot – von der Motte bis zur First 31.7 war schon vieles dabei. Nur nicht in Stahl. Und so rostig und heruntergekommen wie auf den obigen Bildern ist der Kahn auch nicht.
    Aber ich verspreche: sollte mich nun auch obiges Schicksal ereilen werde ich Beweis- oder vielleicht besser – Abschreck-Fotos überreichen.
    In diesem Sinne
    Handbreit
    Götz

  2. Ernest sagt:

    Wer sich ein Boot kauft oder baut, einfach nur um die Beine baumeln zu lassen, dann vielleicht denkt er hat anschließend ein bequemes Leben auf Lau, ist schief gewickelt und bezahlt früher oder später die Rechnung.
    Ein Boot oder ein Schiff richtig zu führen bedeutet harte Arbeit und
    ist absolut nichts für „Hans im Glück-Typen“
    Der Preis für die Arbeit sind bezaubernde Stunden auf See und vor Anker
    Aber auch Angst und Zweifel, wenn es kachelt und so soll es sein.
    Denn der, dem es auf See noch nie mulmig wurde,
    hat viel Glück gehabt oder ist ein Narr und sollte besser bei den Landlubbern bleiben

    Viel Glück
    Ernest

  3. Peter Ebert sagt:

    Zum Thema Träumen.

    Ernest hatte in kürze die Wahrheit gesagt. Es ist immer der Albtraum, der an uns nagt. Das wirklich empfindbare Glück kommt über den Einsatz, sofern uns der Albtraum nicht gänzlich runterzieht.

    Wenn diese Phase mit der anschließenden Erkenntnis überwunden ist, wollte man sicher nicht mehr mit dem Lottogewinner tauschen.

    Dann macht das Beine baumeln lassen exponentiell mehr Spaß!

    Wenn möglich keine lange Flaute und immer eine Handbreit Wasser unter den Kiehl.

    Peter Ebert

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