PELAGIC – WINDPILOT – NIKE STEIGER – MIKE SCHECK
JAGDSZENEN AUS DEM WINDPILOT REVIER
Sommer 2019, Tapio Lehtinen hatte sein Schiff über die Ziellinie geschoben, war über den Kiel Canal nach Finnland davongeflogen, eigentlich die perfekte Zeit, das eigene Schiff ins Wasser zu lassen und ein wenig hin und her zu bewegen. Eine Zwangspause hat mich daran gehindert, meine Pläne zu vollstrecken, zumal zu viele Pflichten zeitgleich erledigt werden wollten. Die Arbeit türmte sich, ich hatte Prioritäten zu setzen. Dabei blieb das Schiff an Land, es blieb im Schrank!
Der Windvane Report verlangte den ganzen Mann, es galt, die wichtigen Erkenntnisse der GGR zu sondieren und zu summieren, Erfahrungen sorgsam zu extrahieren und im Marktumfeld zu publizieren. Ein reinigendes Gewitter am Ende einer qualvollen Veranstaltung, bei der menschliche Verhaltensweisen – genauer Ellenbogen! – im Mittelpunkt gestanden haben. Zwei Blogs haben mich Lebenszeit gekostet, von denen ich keine Minute bereue, weil Schreiben einem Reinigungsprozess gleicht, bei dem Erlebtes durch´s Sieb gerührt, ein lebenslanger Verdauungsprozess und Garant für beste Laune und Resilienz, passgenau, wie ein gebügeltes Hemd. Seit Jahrzehnten mein Geheimrezept.
Es ergab sich wie von selbst, dass ich auch das Treiben des Wettbewerbs unter die Lupe zu nehmen hatte, immerhin war ein Wunder geschehen, als die Monitor im April 2019, wie von Geisterhand, wieder den GGR Status einer „approved“ WSA erlangt hatte, nachdem Mike Scheck vermutlich in Abstimmung mit dem GGR Veranstalter einige Bauteile der Monitor verstärkt hatte. Darüber war allerdings nichts zu lesen. Statt dessen war zu erfahren, dass Scanmar International den Vertrieb des Pelagic Autopilot von Brian Boschma übernommen hatte. Zu sehen ein YT Video mit Installation auf verschiedenen WSA, darunter einer Windpilot Pacific. Logisch war ich elektrisiert!
Die Synthese zwischen Windpilot und Autopilot ist ja keineswegs neu, ca 50% aller Windpilot Segler haben von diesem Gadget Gebrauch gemacht, derweil sie ihre starken Einbaupiloten zur Ruhe betten, bzw. nur noch unter Motorfahrt erwecken, wenn der Stromverbrauch weniger dramatisch ist.
Neu an der Pelagic Installation war die Verbindung zur Windpilot Anlage, die mich in Alarmstimmung versetzte, weil sie am falschen Kraftende, an einer nur 6 mm dicken Achse, gleichwohl ungünstig verlängertem Krafthebel im Bereich der Windfahnensensorik angesetzt, wo sie erheblichen Schaden anrichten könnte. Das galt es, zu verhindern, eine Odyssey, die drei Monate dauern sollte und erst vor wenigen Tagen ein unerwartetes Ende genommen hat.
Ein Kontaktversuch per Mail mit Ladehemmung, weil 12 Mails in 8 Wochen notwendig wurden, um meine Besorgnis auf der Herstellerseite zu verdeutlichen. Am Ende ein erlösender Anruf von Mike Scheck, der einige Steine ins Rollen brachte. Der Kontakt ist nun also hergestellt!
Indes, ich war schon weiter! Ich hatte herausgefunden, dass ein Pelagic System am Colin Archer Aries 32 von Nick Jaffe an einer Windpilot Pacific montiert worden war, einem langjährigen Windpilot Segler, der bereits mit seiner Contessa 26 von Europa in seine Heimat Australien gesegelt ist, der anschliessend mit der SV Harmony von San Francisco nochmals über den Pacific gegangen ist, mit besagter Windpilot Pacific. Auf der Suche nach Fotos habe ich von Nick erfahren, dass sein Schiff an Michael Date, GGR 2022 entrant, verkauft worden ist, samt der Pacific, die zwischenzeitlich durch eine Hydrovane ersetzt worden ist, was mich nicht verwundert, weil Michael Date dem Veranstalter der GGR besonders verbunden ist, denn er hatte vor Jahren dessen Betrieb in Au erworben. Eine kleine Welt!
Noch kleiner, als ich von Mike Scheck erfuhr, dass er kürzlich ein Pelagic System an Nike Steiger übergeben habe, die sich vermutlich mit einem Installations Video auf White Spot Pirates revanchieren werde. Also nur noch einen Mausklick weiter, um Nike über die Sachlage zu informieren. Eigentlich! Denn ihre Antwort kam sechs Wochen später – aus dem Unfallkrankenhaus Hamburg Boberg, wohin sie nach Ihrem Salto Mortale Kite Abenteuer an Bord der SV Marlin von Michael Wnuk hingereist, um ihre zertrümmerte Ferse fachgerecht wieder flicken bzw. reparieren zu lassen … Bet(t) Zeit also!
Ein paar schnelle Klicks weiter, wurde Nike Tags darauf vom Herrn Papa als Fahr- sowie Quartier-Dienstleister für vermutlich etliche Monate … auf unseren Hof gefahren … frisch dem Hospital Gefängnis Betrieb entronnen, um vor Ort die wichtigen Details meiner technischen Bedenken … zu erfahren. Das hat tadellos geklappt, insbesondere weil mein Gegenüber nicht nur mit den Augen bezaubernd zu Klimpern in der Lage ist, hingegen ganz handfest – so eher feminin unüblich! – gern zu jedem Werkzeug greift, anstatt zur Puderdose, wofür es unendlich viele Beweis Videos zu betrachten gibt. Vielleicht war es ein Glück für mich, dass Nike keine Hand frei hatte, in meiner Werkstatt zuzugreifen, weil sie in jeder Hand bereits eine Krücke hatte. Jedenfalls kam mir der spontane Gedanke, ihr hier bei mir einmal zu zeigen, wie man – bzw. frau! – eine Pacific fachgerecht zerlegen, reinigen und zusammenbauen könne … damit sie die Handgriffe auch im Dunkeln an einer Muring Tonne in Equador erledigen könne. Immerhin ist ihre Heckverzierung bereits seit 16 Jahren mit SV Karl mit 4 Schrauben verheiratet, bzw. verschraubt ohne dass die Skipperin gewagt hätte, beide von einander zu trennen. Ich kann nur hoffen, dass es beim Loslösungsprozess keine weiteren Überraschungen gibt, weil der Ersteigner damals vielleicht vergessen hat, an dieser Stelle die Materialien von einander zu isolieren!
Jedenfalls hat Nike 24 Std später das White Spot Pirates Video #48 gepostet, in dem die Synthese von Pelagic und Pacific nicht in der vom Hersteller vorgesehen Weise montiert und beschrieben wird. Exakt an dieser spannenden Stelle nämlich … ist das Video zu Ende.
Es war also knapp! Und so habe ich nach fünf Jahren stiller Begleitung nun eine junge Dame kennengelernt, die sich mit Mut und Tatkraft, scheinbar unerschöpflicher Energie einer ehemals durchlöcherten Reinke Leiche, vom verzweifelten Voreigner in Panama zur „letzten Ruhe“ abgestellt, angenommen hat, an die sie ihr Herz und ein wenig Geld verloren hat. Sie hat sich dem weiteren Verfall tapfer zur Wehr gesetzt, Fachwissen erworben und ihre Ausdauer schwitzend unter Tropensonne, auf die Probe gestellt. Nike hat bislang den Kopf dort behalten, wo er am besten aussieht: grinsend oben drauf! Sie hat aus dem Prozess um die Wiederauferstehung ein Erwerbsmodell geschneidert, indem Sie mit bislang 200 Vflogs ihre Erfahrungen spannend verfilmt hat, schlauerweise in englischer Sprache, die sie perfekt beherrscht, womit sie elegant dem engen deutschen Sprachraum entronnen, enorme Verfolgerquoten hat erklimmen können. Ihr Youtube Kanal verzeichnet 62.000 Abonnenten, das neueste Video 12.000 Besucher in lediglich 24 Std. Ein Erfolgsmodell, auf das mancher neidisch sein mag …
Garnicht auszudenken, wie Nike´s Lebensweg verlaufen wäre, wenn ihre Wahl auf ein anderes Schiff gefallen wäre … ich wage zu behaupten: sie hätte andere Reisen gemacht, mehr von der Welt gesehen, und hätte sich weniger quälen müssen, als mit einem Kerl Karl, der ihr als Widerborst stets und immer wieder Beine stellt …
Just my two Cent!
Aufgeschrieben am Sonntag 29.09.2019
Peter Foerthmann
Ja, so eine tatkräftige junge Dame wünscht sich mancher Papa als Tochter. Allerdings müsste er dann aber kräftige Hosen anziehen. So einfach widerspruchslos würde kein Papa mit seiner „Erfahrung“ davon kommen. Nike ist anspruchsvoll für sich selbst, sicher auch Anderen gegenüber.
Was ich ebenfalls bewundere ist Nike’s Art sich alles selbst beizubringen. Von der Herstellung der Maststufen bis zum Einbau des neuen Diesel-Yockels usw. usf. Da könnte mancher Bootsschrauber in unseren Landen was dazu lernen.