Burghard Pieske

PACIFIC LIGHT – BURGHARD IST SCHULD

Wie gut, wenn man immer jemanden hat, dem man Schuld zuschieben kann. In meinem Leben habe ich dazu viele Menschen parat, die dazu beigetragen haben, dass der Druck auf meinen Schultern stets kleinzellig verteilt und getragen – am Ende das grosse Ganze auch etwas Vernünftiges geworden ist. Stichwort hier: Pacific Light.

Ich kenne Burghard schon ewig, bin monatelang an seiner Shangri-La Grossbaustelle am Schulauer Hafen vorbeigefahren und war nie verlegen, einen frechen Schnack loszulassen, als der orangefarbige Katamaran mühsam bei Wrede auf dem Platz entstanden ist. Danach wurde es dann ruhig, denn Burghard war weg, war viele Jahre mit der Shangri-La im Slow Motion Modus unterwegs, denn ein Renner war das Schiff wirklich nicht, dafür war es zu dick solide und schwer, war zudem im Laufe der Jahre dann bis zum Dach beladen, mit allem, was man unterwegs gefunden, gesammelt und behalten hat … für später, für Fensterbänke, Treppenabsätze, Zimmerschmuck, Vorgärten und Kellergewölbe.

Je länger das Leben dauert, desto mehr Andenken oder Mitbringsel hat man zwischen den Füssen, in den Schränken und Gärten. Eine Lebensangewohnheit, nicht nur bei Burghard. Alles eine Sache der Organisation, wenn man den Überblick nicht verlieren will, der Besitz durch Zellteilung – also Scheidung! – nicht geringer wird und man bereit und in der Lage ist, die lieb gewordenen Lebensutensilien zu hegen und zu pflegen, bis man darüber stolpert, weil kaum noch Gehwege in der eigenen Wohnung frei geblieben sind.

Burghard hat sich nach der Heimkehr einer Metamorphose unterzogen, die ihn verändert hat, jedenfalls ein wenig. Silke bestieg sein Lebensschiff und wurde fortan – bis heute! – sein temperamentvoller Copilot. Eine gelungene Symbiose von zwei lebenslustigen Menschen, was beiden auf die Stirn geschrieben steht, man muss gar nicht hinterfragen!

Es dauerte damals nicht sehr lange, bis die Abenteurerlust wieder ihre Krakenarme aus- und Burghard niederstreckte. Es sollte etwas wirklich Besonderes sein. Burghard hat vermutlich die Lektüre der Abenteuer von Capt. Bligh und der veritablen HMS Bounty ein wenig besoffen gemacht und so fasste er den Entschluss, das verwegene Ende einer Meuterei, am eigenen Leib einmal nach zu segeln. Die Idee der Bounty Bay war geboren. Das war Ende der 80ger Jahre. Es wurden sogleich zwei Schaluppen in Estland auf Kiel gelegt, d.h. in Epox Holz formverleimt und sodann nach Lübeck verladen. Burghard war da ganz pragmatisch und zudem praktisch, denn vor der Reise sollten die Schiffe auf Bootsmessen und anderen Veranstaltungen, zu Promotionszwecken Aufmerksamkeiten erregen … und auch Sponsoren anlocken. Da war es schon praktisch, gleich zwei Schiffe zur Verfügung zu haben.

Jedenfalls kam, was kommen musste: Ich geriet voll in den Fokus. Burghard fragte mich, ob ich denn nicht etwas „Leichtes“ – eine leichte Windpilot Anlage – auf Lager hätte … alternativ für seine zwei Schaluppen bauen könnte! Entscheidungen hatte ich gelernt, das konnte ich allerbest, darum habe ich nicht lange gefackelt.

Die Holz Modelle für Sandguss Aluminium Bauteile waren schnell gebaut, Herr Hoffmann musste wieder ran … die erste Serie von damals 10 Pacific Light Systemen war innerhalb von wenigen Wochen gezaubert, gerade noch rechtzeitig, um für die Presse Vorstellung der Bounty Bay auf dem Ratzeburger See, zumindest schon mal einen der Steuersklaven zu montieren. Um den versammelten Journalisten augenfällig die Schwimmfähigkeit der Schaluppe zu demonstrieren, sind 17 Personen an Bord der Bounty Bay gebeten – bzw. verladen worden – sie ist gleichwohl dennoch nicht abgesoffen.

Seine Aufsehen erregende Reise im Pacific hat Burghard singlehand absolviert, wobei eine Begleityacht zur Sicherheit sowie zur Dokumentation im Kielwasserschatten kreuzte, just in case! Das Buch über „5000 nassen Meilen“ ist wie seine anderen 4 Bücher bei DK schon lange vergriffen.

So kam es damals, dass ich mein Sortiment erweitern musste. Habe ich nie bedauert, denn es sollte sich in der Folgezeit herausstellen, dass Pocket Cruiser auf der ganzen Welt eine besondere Renaissance erleben sollten. Aber das ist eine andere Geschichte, die gesondert erzählt werden möchte.

Mit Burghard ergab sich, Jahre später, ein weiteres Abenteuer der besonderen Art. Der Mann hatte stets ein Gespür für Menschenmengen, die er begnadet bespassen und unterhalten konnte, je mehr Leute, desto besser. Auf Veranstaltungen in Einkaufscentern oder Volksfesten konnte Burghard sein Publikum mit Worten fesseln, wobei er zeitgleich für selbst hergestellten Schmuck, Met in Flaschen und anderes Gedöns – oder Tand? – das Kleingeld aus den Tasche zaubern konnte. Burghard konnte eine andere Welt vorgaukeln – z.B. die Wikinger Welt, in seinem Lieblings Kostüm, da brauchte Burghard keinen Maskenbildner, denn das war er von Natur. Selbst als Statist in einem Wiki Film fiel er gar nicht auf. Seine Lachfalten spiegeln den Spass, den er dabei selber hatte. Ein Mann in seiner Lebensrolle.

Es war in den Neunziger Jahren in seinem Zuhause am Ratzeburger See, dass mir seine zwei überlebensgrosse Moais Steuerbord und Backbordseite vor der Tür zu seinem Hexenhaus in der Waldesschlucht ins Auge stachen. Beide Figuren waren aus gewaltigen Styroporblöcken mit der Baumsäge geshapt worden, weder druckfest noch allzu Wetter beständig, Burghard´s Deko der besonderen Art für Messen und Veranstaltungen, die allerdings Anforderungen an seine Logistik stellten, denn aufblasbar waren die Moais nicht.

Es brauchte keine grosse Überredungskunst, Burghard davon zu überzeugen, dass man von den Moais aus GFK eine Negativform herstellen könnte, um hernach die Hohlköpfe in Serie herzustellen. Zwei Männer als Kinder! Ein paar Telefonate mit polnischen Bootsbauern in Danzig, und die Sache nahm ihren Lauf, ein Moai reiste im Anhänger nach Polska, sieben Köpfe kamen auf einem Autotransportanhänger die weite Strecke von Danzig nach Hamburg zu Windpilot auf den Hof, unzählige Male fotografiert und befragt, was wohl der Sinn dieser verrückten Aktion sein sollte? Eine Spassaktion der besonderen Art, Lachen inklusive.


Wir haben uns die Kosten brüderlich geteilt, Burghard bekam 4, ich 3 Hohlköpfe, die fortan unser beider Leben begleiten sollten, denn verkauft wurde kein Moai … sie waren in unsere Herzen hinein geschlüpft.

Burghard war damals bereits nach Lübeck in ein weitläufiges Gelände mit unzähligen Garagen und Werkstattflächen umgezogen, mitten drin einem geräumigen Refugium für zwei Familien, auf dem man fürstlich einladen konnte, mit dicken Südsee Muscheln am Treppenabsatz. Ein ehemaliger Abschleppunternehmer hatte sein Gelände an den richtigen Mann verkauft, Fleisch gewordener Traum eines jeden Bastlers und Bootsbesitzers … neue Heimat einer stattlichen Moai Familie, neben einer Wikingerboot Flotte in Kampfstärke und unzähligen anderen Bauprojekten … ach ja, auch für Autos war noch genügend Platz.

Burghard´s Lebensabenteuer sind auf seiner Website nachzulesen. Als Reeder der besonderen Art, besitzt er seit vielen Jahren einen ihm zugelaufenen gewaltigen Katamaran. Die Barrakuda war das Lebenswerk eines unermüdlichen Tüftlers, der nie in den Genuss gekommen ist, sein Traumschiff am Ende wirklich selbst zu segeln. Der Erbauer verstarb, die Barrakuda ist in Burghard´s Obhut gekommen. Ein Schiff, so imposant, zeitgleich aber auch so ungewöhnlich besonders, voll gestopft mit enormer Technik, die instand gehalten werden muss, eigentlich ein Schiff für Vollzeitkapitäne, weil ansonsten die Technik kaum zu beherrschen ist…. 17 volle Meter lang mit Doppelmaschinen samt Jet-Antrieb, die allerdings vergleichsweise flugs auf konventionelle Wellenantriebe umgerüstet worden sind.

Und so kam es, dass Burghard mich einige Jahre später angerufen hat, um mich freundlich zu fragen, ob ich denn keine Lust hätte, mich an der Barrakuda zu beteiligen … Meine Lebenserfahrung in Sachen Flottenmanagement war bereits damals umfangreich genug, um den Braten zu riechen, der sich hinter so einem verlockenden Angebot versteckte. Honi soit qui mal y pense, der Schnack trifft haargenau – ich habe bedauernd abgelehnt … nicht nur, weil mein eigenes Leben bereits aus allen Ritzen platzte, mein schwimmender Fuhrpark mir den Atem raubte, und auch sonst in meinem Leben genug Aufregung herrschte, als dass ich unter Langeweile hätte leiden können. Zumal ich mein Pflichtbewusstsein bestens gekannt und keinesfalls in Heiligenhafen an einer weiteren Lebensaufgabe ersticken wollte. Lieber ein kurzes Nein, als ein Ja unter dem Schmerz eines Freundschaftsdienstes, mit never ending Konsequenzen.

So gehört die Barrakuda bis heute zum Stadtbild von Heiligenhafen, sucht weiter nach einem Herz samt angehängtem Bankguthaben, um dies Schiff dereinst wieder aus dem Hafen zu verholen zum Erholen…

Burghard´s derzeit letztes Abenteuer, eine quälend lange Pacific Reise mit der nach oben offenen Proa Ana-Varu hatte er von Hand zu steuern, weil ich wirklich ratlos gewesen bin, wie man hier eine Heckverzierung hätte montieren können, weil hinten zeitgleich auch vorne ist … und umgekehrt. Burghard hatte mich gefragt – Ich war verwirrt und habe mich am eigenen Zügel zurück gehalten, weil mir eine Entscheidung zu riskant und zeitgleich unmöglich erschienen ist, denn wie hätte man am Heck eine Windpilot montieren sollen, wenn das Heck nach jeder Wende woanders ist? Die Reise ist jedenfalls erst 2019 vergleichsweise glimpflich mit einem Seenotfall zuende gegangen. Skipper und Copilot gesund und munter, die Geschichte ein Leckerbissen für die Presse.

Burghard und Silke sind seit einigen Jahren vermehrt auf kapitalen Kreuzfahrtschiffen unterwegs, um gelangweilten Touristen von aufregenden Erlebnissen zu erzählen. Burghard´s Repertoire benennt 20 länderkundliche Lektorate aus der grossen weiten Welt. Denn was Burghard fast am besten kann: er kann mit seinen Geschichten Menschen rühren und faszinieren, kann ihnen seine Welt zu Füssen legen, dass sie hernach ermattet in die eigenen Kreuzfahrt Kojen fallen, wo sie vermutlich dann im Halbschlaf Traum und Wirklichkeit verwechselnd, daran denken, dass sie Burghard´s Abenteuer soeben selbst erlebt hätten.

Für Burghard und Silke der Traumjob schlechthin, weil sie zum gesellschaftlichen Highlight und Spassprogamm an Bord gehören … und dafür vermutlich sogar Entlohnung erhalten, wie ich doch schwer hoffe.

Die Pacific Light war damals ein schneller Gedanke, den ich spielerisch aufgegriffen habe. Ich war allerdings damals weit davon entfernt, mir zu erträumen, dass ich mit dieser kompakten Anlage einen Weltbestseller zum Leben verholfen habe.

Weshalb ich hier die Geschichte auf ein Bonmot verdichte: Burghard ist Schuld!

Danke Burghard!

Allerbest
Peter Foerthmann

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