Christoph Vougessis

ANGEKOMMEN UND AUFGEWACHT – SEHNSUCHTSVOLLE TRÄUME INKLUSIVE

Diesen letzten Reisebericht habe ich heute von Christoph erhalten, nachdem er seine Reise infolge schlechter Wetterlagen in Den Helder hatte beenden müssen. Christoph ist nun zuhause und bemüht, den Schock der Umstellung auf das Landleben zu verknausen.

Zum grossen Glück wird der Schock von Anna gemildert, mit der er gemeinsame Wochen verbringen kann. Die Beiden erscheinen mir wie ein Herz und eine Seele, zwei Menschen, die einander keineswegs gesucht, hingegen doch so romantisch in La Gomera gefunden haben, deren gemeinsame Zeiten auf einem winzigen, hier und dort so lecken Boot, sie haben zusammen wachsen lassen, dass es eine Freude ist, dies mitanzusehen. Zwei junge Menschen, die in sich ruhen. Leise, unaufgeregt und einander einig vor allem darin, dass in zwei Hinterköpfen nun Pläne geschmiedet werden … ein schöner Motor für die Zeiten an Land, die nun vor beiden liegen.

Die Shalom stet nun an Land in Holland, arg gebeutelt und zerzaust, würden Passanten vermutlich kaum glauben, welch enorme Reise dieses Schiffchen gemeistert hat, gemeistert von einem stillen Helden, der ohne grosses Aufsehen Hamburg im Sommer 2016 so leise verlassen hat, um mit der Tide in ein Abenteuer zu segeln, und der nun, gereift zum Manne, zurück in seine Heimat kommt, die er nun mit neuen Augen interessiert betrachtet.

Liebe Anna, lieber Christoph, ich wünsche Euch alles Glück, dass es Euch verzückt
Peter

Moin Peter!
Ich bin aufgewacht. Aufgewacht aus einem Traum, welcher mich in entfernteste Ecken dieser Welt gebracht hat. Ein Traum, in dem ich im Schatten einer Palme lag und für mich und Anna Kokosnüsse mit der Machete öffnete, während Shalom ruhig vor einem weißen Sandstrand auf uns wartete.

Die Zeit schien keine Rolle mehr zu spielen. Ob auf wochenlangen Ozeanpassagen, oder im tiefstem Regenwald auf einer karibischen Insel: Überall genossen wir das „Hier und Jetzt“ und lebten für den heutigen Tag. Umso heftiger hat es einen dann erwischt, als der Wecker klingelte und der Traum mit einem plötzlichem Ruck zu ende war. Autos, grauer Himmel und Nebelschwaden. Aber der Reihe nach:

Es ist kalt. Bitterkalt. Ich weiß nicht, wann ich das letzte mal in meinem Leben so gefroren habe. Unter Deck sind die Polster schon wieder nass geworden. Ich bin down, motivationslos und einfach nur noch schlapp und müde.

Das Einzige, was mich wach hält, ist mein Ärger. Zum einen über den Wetterbericht, welcher mir drei bis vier Bft aus SW vorhergesagt hatte, um endlich durch den Englischen Kanal zu segeln. Zum anderen über mich selber, dass ich Mitte Oktober immer noch auf der Nordsee unterwegs bin und ich allmählich realisiere, dass die Wetterfenster immer seltener und auch immer kürzer werden.
Shalom und ich befinden uns ca. 50 sm von Brighton, an der Südküste Englands gelegen, entfernt.
Genau im Norden befindet sich die Isle of Wight und vor ihr erstreckt sich eine ganze Skyline von Lichtern. Schiffe, Fischerboote, Windparks, Segler, Ölbohrplattformen und gefühlt einfach alles was leuchten und/ oder schwimmen kann.

Bei sechs Bft aus WSW rausche ich durch die Nacht und frage mich, ob die ganzen Schiffe meine niedrig angebrachten Positionslichter überhaupt bei diesem Wellengang sehen können. AIS habe ich nicht und das stärkste Radarsignal gibt Shalom auch nicht gerade ab. Daher heißt es wach bleiben!
Ich kann künftig nur jedem Segler raten, sich dem Solent bei Nacht nicht unter zehn sm zu nähern. Es ist einfach nur grausam. Zu meinem Glück scheint jedoch der Mond in so einer starken Intensität, dass er die ganze graue kalte Nordsee und alles was auf ihr unterwegs ist, in ein schwaches aber dennoch ausreichend starkes Licht taucht.

So geht es, mit schäumender Bugwelle und nassen Polstern, durch die Nacht.

„I pay that for you. Yes sure. You deserve it. Dont worry about that!“
Etwas verdutzt schaue ich den englischen Segler an, welche neben Shalom auf seinem 40 ft großem Segelboot liegt und mir gerade aus heiterem Himmel die Rechnung für die ( arschteure) Marina in Brighton bezahlt hat. Eine Nacht schlägt hier mit knapp 30 PFUND?! zugute und Steve hat schon mitbekommen, wie ich nervös überlegte, ob ich morgen auslaufen könnte, um meine fast verhungerte Reisekasse zu schonen. Als es am Abend mit acht bis neun Bft durchs Rigg pustet und Shalom sich mit 10 Grad Kränkung im Hafen auf die Seite legt ist klar: Das wird teuer…
Derweil legt die Nordsee noch eine Schaufel drauf und kommt über die sechs Meter hohen Wellenbrecher des Hafens geklettert. Es regnet buchstäblich Salzwasser im Hafen.

In dem gemeinsamen Gefühl des Festsitzens hat dann vermutlich eine Mischung aus Mitleid und Bewunderung Steve dazu gebracht, mir gnädigerweise unter die Arme zu fassen und mir auf meinem Heimweg ein wenig zu helfen. Steve, vielen Dank dafür!

Am Abend treffe ich dann noch Peter, welcher uns ein herrliches Chili kocht und Shalom und mir am nächsten Tag einen Besuch, samt Kameraausrüstung, abstattet. Peter ist nämlich Filmemacher und seid sechs Monaten auf seinem Boot Calypso unterwegs. Bis nach Sizilien ist er gesegelt und befindet sich nun, genau wie ich, auf dem Heimweg. Mein Boot hinterlässt Eindruck bei Ihm und er kann es sich nicht verkneifen mehrere Fotos, samt Interview zu knipsen und zu filmen.
Brighton ist hässlich, aber die netten Segler im Hafen waren so großzügig und liebenswert zu mir, dass die Zeit schnell verging und ich nach drei Tagen wieder Segel setzen konnte.

Nach einem kurzem Zwischenstopp im französischem Dünkirchen geht es für mich weiter nach Den Helder. Immer die Küste entlang und immer zwischen den Tiefs. Mittlerweile trage ich Tag und Nacht sämtliche Klamotten am Leib. Alles was halbwegs trocken ist, ziehe ich an.
Ich bin einfach viel zu spät dran und auf diese Kälte nicht vorbereitet.

Ich komme um zwei Uhr morgens in Den Helder an und falle in einen tiefen Schlaf. Früh am nächsten Tag werde ich jedoch aus diesem gerissen, als nämlich der Hafenmeister mein Boot wieder erkennt.

„Christoph! Coffee is ready!“ Wie sich herausstellt, haben alle Mitglieder im Koniklijke Marine Jacht Club meine Reise über Tracker verfolgt. Und das schon seid über einem Jahr. Ich bin völlig gerührt. Ich verbringe herrliche Tage mit meinen neuen Freunden in Den Helder und komme zu einem Schluss: Hier ist die Reise nun vorbei. Ich kann nicht mehr. Das Boot kann nicht mehr und ist mittlerweile in einem miserablen Zustand. Das Ruder leckt extrem und hatte auf dem Nordatlantik eine Kollision gehabt. Das Deck löst sich mittlerweile vom Rumpf. Die Luke ist undicht und und und…

Auch wenn es nur noch lächerliche 170 sm bis zur Elbemündung sind: Das Wetter spielt nicht mehr mit. Und ohne funktionierenden Motor ( ist auch kaputt) traue ich mich nicht auf einer der Ostfriesischen Inseln anzulegen, wenn der Strom gegen mich stehen sollte oder die Nacht hereinbricht.

Ich erkläre im Hafen meine Situation und: „ No problem! Let it here for the winter. Go home!“

Ich bin begeistert! Auch über den Preis. Da die Saison vorbei ist, kann Shalom hier beinahe umsonst liegen und ich kann aufatmen. Und zugleich schnürt es mir nun plötzlich die Brust zu. War es das? Kommt das Ende so plötzlich? Ich betrachte mein kleines Boot, welches wie ein verletzter Schwan am Steg liegt. Ich verdanke ihr so vieles. Es war mein zu Hause für eineinhalb Jahre, vier Monate davon lebten Anna und ich gemeinsam darauf. Es brachte uns in die schönsten Ecken dieser Welt und zweimal sicher über den Atlantischen Ozean. Ich bin so dankbar für diese Reise. Dankbar für alles. Dankbar vor allem meinen Eltern und meiner Familie, dass sie mich ausgehalten und immer wieder unterstützt haben. Dankbar Anna, die die vier Monate in Zweisamkeit zur schönsten Zeit der gesamten Reise machte. Auf die nächste Tour! Dankbar allen neu gewonnen Freunde auf dieser Reise von Helgoland bis Jamaika und dankbar dir Peter, für deine Hilfe und die ständige stille Präsenz in deinem Windpilot Blog und vor allem natürlich für die geniale Windsteueranlage, welche immer noch Shaloms Heck ziert.

Meine Reise ist nun zu Ende und mein Traum vorbei. Ich bin aufgewacht, aber ich habe ganz sicher vor, auch wieder einmal einzuschlafen!

Christoph

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03.11.2017 ANGEKOMMEN

DAS ERSTE TREFFEN
Es ist schon aufregend, zwei Menschen zum ersten Mal zu treffen, die man schon lange kennt, über die man viel geschrieben, sich Gedanken gemacht, aber Antworten nie selbst zu formulieren sich getraute, weil man als höflicher und einigermassen gut erzogener Zeitgenosse, die eigene Ungeduld im Zaume halten konnte, auch wenn man darüber hat viele Monate älter werden müssen.

Seit gestern bin ich nun schlauer. Jetzt kenn ich die Beiden genauer, habe gesehen und erfahren, dass mein Bild wie ein Massanzug meinen Vorstellung von Anna und Christoph entspricht und ich nun erleichtert bin, dass alles passt.

Zwei Menschen, die so viel erlebt, die in sich ruhen, einen klaren Blick auf das Leben gewonnen haben, ihren Altersgenossen weit voraus, denen die unendlichen eigenen Lebensmöglichkeiten noch unscharf vor den Füssen liegen, fast wie ein Gebirgsmassiv.

Es macht schon Spass, auf junge Menschen zu treffen, in deren Köpfen die Lampe angegangen ist, förmlich brennt, die schon Umrisse eines Planes entwickeln, die die eigenen Begabungen einzuschätzen in der Lage sind, sie mit Ruhe und Bedacht sortieren und Vorstellungen zu formulieren wagen, die sich wie ein Flaschengeist entwickeln. EINEN PLAN, auch wenn er derzeit noch nebulös.

Ich habe zwei Menschen kennen gelernt, die, auch wenn innerlich ganz aufgeregt, mit wachen Augen ihr Gegenüber kennen lernen, Fragen stellen, sich wundern, und versuchen, eigene Eindrücke mit Vorstellungen abzugleichen. Ein interessantes Spiel:

DAS LEBENSSPIEL
Und dieses Spiel fängt mit Interesse an Menschen an – zum Beispiel an seinem Gegenüber. Es ist gelungen!

Mal schaun´, wie es weitergeht.

Anna + Christoph, es ist mir eine Freude, Euch nun zu kennen.
Peter

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13.10.2017 ALS JUNGE LOSGEFAHREN – ALS MANN KEHRT ER HEIM

Moin Herr Foerthmann,
Es ist geschafft! Gegen allen Erwartungen.
Nein, nicht das Erreichen des Heimathafens, aber ein wichtiger Schritt dafür.

Die Biskaya ist überquert! Und nicht nur die Biskaya. Auch der Englische Kanal. Shalom schwimmt nun in einem grün/ grauem Wasser und der Himmel über darüber zeigt seine schönsten Grautöne… Wie sehr vermisse ich doch die Zeit wo das Wasser tiefblau, oder gar türkis war. Die Temperaturen es zuließen, dass man sich nur in der Nacht etwas anziehen musste und man ruhig auf See schlafen konnte, da Verkehr, Windparks, Ölbohrplattformen und militärische Sperrgebiete weit achteraus im Kielwasser lagen. Aber von Anfang an:

Im Rigg heult es als ich früh am Morgen aufwache und meinen Kopf aus der Luke stecke. Dies ist inzwischen mein Morgenritual. Früh aufstehen, den Kopf in den Wind halten und den Wetterbericht studieren. Denn noch bin ich nicht am Ziel. Genauer gesagt liege ich seid nunmehr als zwei Wochen in Muxia, Spanien. Wie Sie wissen, sah ich mich gezwungen den Weg von den Azoren nach England, aus wettertechnischen Gründen, zu unterbrechen und Zuflucht in Galizien zu suchen. Damals war ich guter Dinge, dass sich das Wetter schnell wieder beruhigt und sich mir gegenüber gnädig erweist.

Stattdessen: Regen, Kälte und Wind. Reichlich Wind. Ein Tiefdruckgebiet jagt das nächste und alle ziehen ruhig und genüsslich quer durch die Biskaya, bevor sie England einen Besuch abstatten. Schlechtere Bedingungen kann man sich gar nicht vorstellen, wenn man bedenkt, dass ich auf einem müden 22 ft Boot segle, welches zu diesem Zeitpunkt bereits an den 10.000 sm knabberte.

Kurz gesagt: Ich muss notgedrungen im Hafen bleiben und meine Sorgen steigen Tag für Tag noch rechtzeitig hier weg zu kommen und den Heimathafen zu erreichen.

Der Sommer ist längst dem Herbst gewichen und auch in Galizien ist es empfindlich kühl und die Blätter wechseln langsam aber sicher ihre Farben von Grün zu gold und braun.
In diesen Tagen erlebte ich eine tiefe Unruhe und Besorgnis. Welche Optionen würden mir sonst bleiben?

Shalom verkaufen? Auf keinen Fall. Das Boot in Spanien überwintern lassen? Unerschwinglich.

Oder versuchen es nach Hamburg trailern zu lassen? Dies erschien mir die einzige Option zu sein, falls das Wetter die Weiterfahrt noch um weitere zwei Wochen unterbinden sollte.

Zwei mal wagte ich es trotzdem. Verlies den Hafen und musste notgedrungen wieder umkehren. Zwei Versuche in denen mir deutlich klar wurde, dass ich nun nichts mehr riskieren kann und darf. Nicht um diese Jahreszeit und so kurz vor dem Ziel.

Es ist nun schon nach Mitte September und meine Unruhe wächst. Auch für die nächste Woche sieht der Wetterbericht eher mau aus. Ich gehe ins Cafe und schaue durch das Fenster auf den grauen, verregneten Atlantik. Was soll ich tun? Freunde und Bekannte erkundigen sich bereits nach möglichen Trailern für Shalom. Ist die Reise hier zu Ende?

Zehn Uhr morgens am 21. September 2017. Ich setze alles auf eine Karte, will unbedingt unter Segeln Hamburg erreichen. Mein Dickkopf und mein Wille, weelche mich beide so weit gebtracht haben setzen sich durch. Der Wetterbericht meldet:
Wind aus SW 4 Bft, später 5. In der Nacht 6 bis 7. Die nächsten Tage SSW 3 bis 4.

Das ist meine Chance und ich bin mir sicher, dass es die wohl die letzte ist, die Biskaya noch zu queren. Mit gemischten Gefühlen verlasse ich also Muxia und die Küste Nordspaniens verschwindet im Dunst. Ich bin nervös und aufgeregt. Ich nehme Kurs NNO. Der schnellste und direkteste Kurs nach Brest. Ich hoffe in 5 Tagen dort zu sein. Der Nachteil: Die Küste Spaniens und auch die französische liegen nun weit entfernt, wodurch ein möglicher Schutzhafen außer Reichweite ist.

Ich komme schnell voran. Der Wind schiebt mich beständig mit 5,5 kt nach NNO und ich kann dank Angie, meiner Steueranlage etwas unter Deck entspannen.

Die erste Nacht hat es dann in sich: Das Barometer fällt und der Wind nimmt zu. SW 7 Bft und eine gemeine, viel kürzere Welle als auf dem offenem Atlantik. Mit nur 5qm Segelfläche rauschen ich und Shalom durch die Nacht. Gegen 07:00 morgens beruhigt sich das Wetter und sogar die Sonne kommt zum Vorschein. Also kommen mal wieder alle Polster an Deck zum trocknen. Shalom ist bei Schlechtwetter halt nicht mehr die Trockenste…

Die nächsten Tage vergehen ohne besondere Vorkommnisse und ich mit jedem Tag wächst mein Selbstvertrauen es direkt bis England zu schaffen. Nur noch 250 sm. Das bedeutet 3 Tage segeln. Davor erwischt mich jedoch noch einmal ein kleines Tief wie in der ersten Nacht: Barometer sinkt. Der Wind nimmt aus SW- Richtung zu und erreicht 7 Bft. Anschließend für ca. eine Stunde Pause und dann 5 Bft aus NNO. Also einmal genau über Shalom weggezogen.

Das Unglaubliche wird war und ich erreiche England. Meine große Fock ist kaputt, die Fenster lecken, der Motor läuft mal ja, mal nein, und die Polster sind kalt und nass. Aber ich bin in England! Alles andere ist mir egal. Das lässt sich alles reparieren und ich bin zutiefst erleichtert.

Ich weiß: Jetzt schaffe ich den Rest auch. Nur noch 500 sm bis Helgoland. Ein Klacks und immer rettende Häfen in der Nähe, falls das Wetter nicht mitspielen sollte.

ANNA IST FÜR 5 TAGE GEKOMMEN
Mein erster englischer Hafen ist Dartmouth. Weiter geht es immer zwischen den windigen Tagen nach Torquay. Dort dann eine noch größere Freude: Anna kommt für Fünf Tage an Bord! Ich bin sprachlos. Zwischen Terminen und Verpflichtungen ihres Alltags konnte sie es einrichten, mich besuchen zu kommen und so verbringen wir fünf wundervolle Tage zusammen. Wir schlendern durch Torquay und segeln zusammen nach Portland. Nach fast 7 Monaten getrennt voneinander, segeln wir wieder gemeinsam auf Shalom. Ein unbeschreibliches Gefühl für mich, haben wir zusammen doch so viel auf diesem Boot erlebt. Leider ist meine Batterie in dieser Zeit „out of order“ und Kamera, Handys und der Computer müssen ohne Strom auskommen.
Die einzigen Fotos aus dieser Zeit,welche ich dank eines Stromanschlusses in einem Cafe machen konnte, zeigen Anna mit Gewehr und Stahlhelm. Portland hat im Jahr 2017 ein großes Museum über den D- Day im 2. Weltkrieg eröffnet, welches wir uns natürlich anschauen. Portland hat ansonsten nämlich eher wenig zu bieten.

Die Zeit vergeht wie im Flug und schon sehe ich mich wieder alleine auf der Shalom. Mein Wille ist nun ungebrochen so schnell wie möglich die Heimat zu erreichen, weil dort so viele auf mich warten. Also weiter geht’s! Leider immer nur für ein, zwei Tage. Danach muss ich immer in neuen Häfen Zuflucht suchen.

Und so hangel ich mich die englische Küste entlang. Bis ich die Kreidefelsen von Dover querab habe und zugleich die felsige Küste Calais erblicken kann. Trotz der bitteren Kälte, welche sich Nachts besonders bemerkbar macht, würde ich am liebsten gleich bis Deutschland durchsegeln. Leider sieht die Realität etwas anders aus. Das nächste Tief ist im Anmarsch und ich suche abermals Zuflucht. Diesmal in Dünkirchen und nur noch 300 sm von Helgoland entfernt. Und während ich ich nun auf Shalom sitze und mich an diesem Bericht versuche, heult es bereits im Rick und Menschen gehen tief vorn über gebeugt, gegen den kalten stürmischen Wind an.

Ehrlich gesagt fühlt sich das schon fast genauso wie in Deutschland an und würden hier nicht alle Französisch sprechen, könnte man auch bereits annehmen dass man wieder am Ausgangspunkt seiner Reise angekommen ist. Jedoch liegen noch 300 sm vor mir. Eigentlich eine erbärmlich kurze Distanz, aber in der Nordsee ist halt alles anders. Vor allem Mitte Oktober.

Viele Grüße,
Christoph Vougessis

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10.10.2017 aus DUNKERQUE

THE LONG WAY TO AMARILLO
Der Plan war dezidiert. Hätte das Wetter kooperiert, wäre die Rückreise wie geschmiert verlaufen. Denn der Plan ist gewesen, im frühen Herbst in Finkenwerder einzulaufen: Christoph´s Amarillo.

Das Wetter war unartig how ever. Obgleich die Überfahrt nach Horta glimpflich, teils sogar ruhig verlaufen ist, derweil weiter nördlich die Segler schon Prügel bezogen haben, hat Christoph einige Wochen auf den Azoren geniessen müssen, bis es weiter gehen konnte und das Wetter sich wieder gnädiger zeigte. Es sollte mühsam bleiben: statt England lag dann Muxia ES vor dem Bug, weil Christoph genug vom Kreuzen hatte und das Wasser auch von oben das Leben unbequemer machte.

Dann der lange Schlag nach Norden, Dartmouth, schon fast heimisch – wenig später weiter nach Weymouth, wo ihn die örtlichen Segler bei einem Dinner huldigten und bewunderten, dann der Sprung nach Brighton, immer zwischen den Wolkengüssen – gestern Abend ist Christoph in Dunkerque eingelaufen.

Und so schleicht er sich langsam an die Heimat ran, so gut wie es sein kleines Schiffchen eben kann, kreuzt hin und her durch´s Fahrwasser vom Berufsverkehr, und isst derweil die letzten Bananen mit Haferflocken leer – um dann bald in Finkenwerder festzumachen und hernach sich über den heimischen Kühlschrank herzumachen, der dann nur noch ein Katzensprung entfernt, dicht neben der warmen Dusche ist, weil der Hygieneraum auf der Hurley out of order ist.

Womit dann dieser junge Hero seinen Plan wahrgemacht hätte, seine Nordatlantik Runde bis zum nassen und hoffentlich glücklichen Ende tatsächlich durch zu halten, und 10.000 sm gesegelter Distanz voll zumachen.

Mein Bravo ist diesem Jungen sicher
Peter Foerthmann

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01.09.2017 aus MUXIA ESPAGNE

Hola aus dem spanischem Muxia!

Seid dem 27. August 2017 befindet sich Shalom ( und meine Wenigkeit) wieder auf dem europäischem Kontinent und es ist gelinde gesagt arschkalt. Und das in Nordspanien.

Als ich die Azoreninsel „Graciosa“ verlassen hatte, war ich guter Dinge direkt bis England durchzusegeln. Der Wetterbericht sah recht vielversprechend aus. Es hätte zwar besser sein können, aber ebenso auch schlechter.

Die ersten Tage mäßiger Wind aus SW brachten Shalom und mich zügig vorran, Kurs NO. Das wohl schlimmste wenn man von den Azoren nach England ( oder dies versuchen will) ist, dass es wirklich jeden Tag kälter und kälter wird.

Bereits einem Tag nach meiner Abfahrt saß ich in langer Jeans, Gummistiefeln und Pullover an Deck. Besonders kalt ist es natürlich nachts, was umso schlimmer ist, da man wieder konstante Nachtwachen gehen muss.Ich vertrieb mir die Zeit auf dem Weg nach Norden vor allem mit Tee trinken ( sehr heißen Tee).

Meine Lieblingsbeschäftigung am Morgen war seid den Kanaren, den Sonnenaufgang mit einer Tasse Tee an Deck zu verbringen. Ich setzte mich immer auf die Rettungsinsel, welche an Deck fest verzurrt ist und blickte auf die See. Dieser Tätigkeit musste ich auf dem Weg leider lebewohl sagen. Das offene Deck früh am Morgen ist nun vermutlich der ungemütlichste Platz auf der Shalom. Arschkalt und klitschnass von der Luftfeuchtigkeit.

Am achtem Tag dann die Nachricht über Satellit: „ Ein größeres Tief ist im Anmarsch. Beinahe selbe Laufbahn wie dein Kurs. Würde dich mit Gegenwind und mit der Rückseite in drei Tagen erwischen.“

Ich hatte auch ohne diese Neuigkeit schon genug Probleme an Bord gehabt. In einer plötzlichen Windböe hatte sich der „Traveller“ der Großschot aus der „Travellerschiene“ befreit und das Großsegel schlug samt Baum unkontrolliert hin und her. Die Ursache war ein gebrochenes Plastikrädchen. Ich konnte dieses Problem zwar mit Bordmitteln notdürftig reparieren, aber wirklich vertrauenserweckend sah es nicht gerade aus. Auch der eine Scharnier der Luke zeigte starke Gebrauchsspuren. Damals auf Guadeloupe stand ich unter ziemlichen Zeitdruck, als ich die neuen Scharniere verbaute. Wenn Salzwasser einem die Vorschiffskoje tränkt und das über Tage wenn es jeden Tag auch noch kälter wird, würde wohl ein Jeder ein langes Gesicht ziehen.

Die Entscheidung fiel daher recht schnell. In Nordspanien, im kleinem Fischerdorf Muxia, wollte ich Zuflucht suchen und die Probleme behäben. Zwar ist es auch keine einfache Sache die Biskaya im September von Süd nach Nord zu überqueren, aber lieber versuche ich mich dabei als die Rückseite eines Tiefs mit leckender Lucke und beschädigtem Traveller zu erleben.

Es dauerte noch vier weitere Tage bis ich Land in Sicht bekam und den sicheren Hafen erreichte. Während diesen vier Tagen erreichte mich das Tief. Da ich jedoch nach Süden ausgewichen war mit der „ lieben“ Seite und der Wind kam mit 80 Grad schräg von der Seite.

Als die wildeste Nacht mit stabilen 30kt Wind bestanden war entschied ich, dass es meiner Gesundheit wohl besser zu Gute kommen würde, wenn ich meinen Schlafplatz von der Vorschiffskoje in die achterliche Steuerbordhundekoje verlegen würde. Die ganze Nacht wuschen die Wellen übers Deck und fegten alles blitze- blank. Daher erinnerten meine Polster in der V- Koje anschließend eher an große grüne Küchenschwämme als an eine bequeme Schlafmöglichkeit.
Spätestens jetzt war ich mit me

iner Entscheidung, Spanien anzulaufen, sehr glücklich und zufrieden. Auch freute ich mich mit jeder abgesegelten Meile mehr auf den Landgang. Vor allem weil ich vor ca. einem Jahr schon einmal in Muxia Halt gemacht hatte. Auf meinem Weg von England zu den kanarischen Inseln, verproviantierte ich mich mit frischer Kost und viel wichtiger: mit einer Seekarte von Gomera und Teneriffa. Kopiert für 15 Cent, in der örtlichen Liberia, von einer dänischen Fahrtenyacht. Daher war ich sehr gespannt, was sich seitdem verändert hat und ob ich einiges wiedererkennen würde.
30 Seemeilen vor der spanischen Küste kommt es nochmal dicke. Dort geht nämlich die Hauptschifffahrtsstraße entlang. Riesige Containerfrachter, Kreuzfahrtdampfer und allgemein alles was groß, schwer und hässlich ist, kreuzt direkt vor dem Bug der Shalom. Nur gut, dass man auf der Elbe das segeln erlernt und bereits die Nordsee von Ost nach West gequert hat. So hat man ein besseres Auge dafür, wo man sich wie an den Kähnen vorbei drängeln kann. Denn zu nahe sollte man ihnen besser nicht kommen.

Schließlich war aber auch das geschafft und ich war nur froh, dass es heller Tag und nicht finstere Nacht war. Und dann, am 27. August 2017 um 09:15, erreichte die Shalom Muxia und damit Europa. Aber nicht nur das: Auch kreuzte sie den Kurs ihrer Ausfahrt. Nach über einem Jahr und fast 10 000 Meilen hinter dem Heck und meiner glänzenden Windsteueranlage, war der Kreis geschlossen. Es wurde am Ende nur eine Atlantikrunde und ging nicht weiter in den Pazifik.

Ich tröste mich damit, dass ich erst 19 Jahre alt bin und mit einem 22 Fuß Boot bereits die Karibik erreicht habe. Shalom und ich haben den Atlantik nun sowohl zu zweit als auch alleine überquert. Haben schlechtem Wetter und Flauten getrotzt und kamen immer glücklich und zufrieden im nächstem Hafen an. Daher bin ich auf weiterhin guter Dinge, dass wir es auch noch sicher in den Heimathafen schaffen, der nun abermals ein kleines Stück näher gerückt ist.

Wartend auf ein gutes Wetterfenster, wünsche ich viele Grüße!

Christoph Vougessis

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20.08.2017 von See

Moin Herr Foerthmann!
Zeit für ein Update: Seid 5 Tagen bin ich nun auf See. Gestartet von der lieblichen Azoreninsel “Graciosa”. Da ich Motorprobleme hatte, bin ich nicht, wie zuvor angekündigt, zurück nach Faial gesegelt, sondern in Praia do Graciosa geblieben. Eine wunderschöne insel. Nun geht es mit angenehmen Winden zurück nach Europa. Jeden Tag wird es kälter, weshalb ich mittlerweile grosse Sehnsucht zum karibischem Meer habe. Hier an Bord ist alles okay und der Mannschaft geht es gut.
Viele Grüsse zum Heimathafen Hamburg!
Christoph
Position
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03.08.2017

LOSGESEGELT UND ANGEKOMMEN INNERHALB VON 24 STUNDEN

2 Monate später und 3000 sm weiter nordöstlich von New Providence, habe ich es mir abermals mit dem Handy im Marina Office gemütlich gemacht und tippe auf dem kleinen touchdisplay meines Handys herum, um noch meine Eindrücke der Azoren festzuhalten. Der Computer hat ja während der zweiten Atlantiküberquerung das fliegen gelernt, oder das zumindest versucht, wobei er sich den Bildschirm beschädigt hat.

Die Azoren sind grün. Die Azoren sind heiß und auch gleichzeitig eiskalt ( zumindest wenn man gerade aus der Karibik kommt). Sie sind vielfältig, rau und bunt. Aber vor allem: sie sind wunderschön. Wunderschön von der Landschaft, vom Flair und auch vom Temperament der Insulaner.

Als ich am 23.06.2017 auf Faial in Horta ankam, war ich überrascht. Ich hatte mir die letzten Wochen auf See unaufhörlich den Kopf darüber zerbrochen, wie die Azoren wohl aussehen würden und wie sie wirken. Mangels Handbüchern hatte ich nicht den leisesten Schimmer wie diese Inseln geschaffen sind. Außer den Koordinaten wusste ich NIX. Ich dachte mir damals, dass sie in etwa das Aussehen der Kanaren haben müssten, da diese ja ebenfalls vulkanischen Ursprungs sind und mitten im Atlantik liegen.

Die Antwort bekam ich erst 10 sm vor der Küste Faials. Keine Palmen und auch keine trockenen Gesteinslandschaften waren zu sehen. Kaum Strände, dafür aber sehr, sehr viele grasende Kühe und Schafe auf einer hügeligen Landschaft. Hätte ich nicht in diesem Moment das Ölzeug getragen, hätte man glauben können, ich sei im bayrischen Allgäu gelandet. Dieses viele Grün und die zum Teil bekannte europäische Vegetation hat mir unvermittelt gezeigt, wie weit die karibischen Inseln im Kielwasser liegen und wie weit nördlich ich mich bereits befinde. Trockene Vulkan Landschaften gibt es zwar auch hier. Allerdings sind sie sehr selten und im Vergleich zur Größe der Insel sehr klein geraten. Das feuchte Klima lässt dem Grau keine Chance und bedeckt alles mit einer saftig grünem Rasen.

Und ich habe auf Faial nur nette Menschen getroffen. Nachdem ich dem Hafenmeister und dem Immigrationsbeamten alle erforderlichen Papier vorlegen konnte und auch überzeugend eine gesunde Figur abgegeben habe, werde ich für landtauglich erklärt. Vorher durfte ich mir von beiden noch anhören, dass ich entweder verrückt, sehr mutig, oder aber total bescheuert sein muss.  In Peters Café trinke ich erst einmal einen starken Espresso, bevor ich das Boot für einen längeren Aufenthalt klarmache.

Seitdem ist viel passiert. Wie die meisten Segler es fertig bringen hier nur ein paar Tage zu bleiben und dann weiterfahren, bleibt mir unverständlich. Die Azoren haben wirklich viel zu bieten und ich kenne nur eine einzige Insel und kann das trotzdem sagen.

Vor allem nachdem ich mit zwei alten Schulfreunden, die mich für eine Woche besuchten, diese Insel erkundet habe. Wir kamen aus dem Staunen gar nicht mehr hinaus. Vielleicht kam mir die Landschaft auch so interessant vor, weil ich vorher auf den flachen Bahamas und danach noch 5 Wochen auf See verbracht habe…

Eine Woche lang lebten wir also zu dritt auf der Shalom und haben uns abermals bewiesen, dass man keine großen „plastic fantastic“ Kähne haben muss, um glücklich zu sein.

Mit der eingeflogenen Hilfe ging es dann auch noch gleich daran, sich an der Marinamauer zu verewigen ( wie gefühlte 200.000 Personen vor mir). Der Beton des Hafens ist nicht grau sondern bunt. Soweit das Auge, oder die Marina reicht. Ein Anblick, den man so schnell jedenfalls nicht vergisst. Nun habe auch ich meinen kleinen Beitrag dazu geleistet. Es waren schöne Tage der Juli ging viel zu schnell zu Ende. Die Start zur letzten grossen Etappe steht nun an. Shalom ist vorbereitet und ich bin es auch.

Die Pudelmütze habe ich, nachdem sie ein Jahr tief verstaut war, wieder hervor geholt. Ölzeug, Pullover und Gummistiefel sind gelüftet und startklar. Vorbei mit dem Nacktsegeln und dem Gefühl des nassen Decks unter den braun gebrannten Füßen. Kälte und die graue Nordsee warten auf mich.

Entschuldigung für den verhältnismäßig kurzen Bericht einer so langen Zeit, aber mit dem Handy ist es umso schwerer zu schreiben und Fotos hochzuladen, als mit einem Computer.

Viele Grüße!
Christoph Vougessis

UPDATE 24 Stunden später

Moin,
kurze Meldung: habe, nach 20 Stunden Segeln bei 30kt Wind habe ich in Gracias Schutz gesucht. Die Großwetterlage ist eher mau aus, weshalb ich morgen zurück nach Horta fahren werde, um dort auf ein besseres Wetterfenster zu warten.

Viele Grüße
Christoph Vougessis

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03.07.2017

Moin Herr Foerthmann,
weder mein Laptop noch mein Netbook haben die Überfahrt überstanden. Der eine hat die Feuchtigkeit nicht vertragen, der andere hat in der Kajüte das fliegen gelernt, als ich und Shalom auf die Seite gedrückt wurden. Daher sitze ich nun gerade unter einem bunten Sonnenschirm, trinke eine kühle Cola und versuche, mit einem halb funktionsfähigen Bildschirm diesen Text zu schreiben, was schwieriger ist als gedacht. Nach allem was nun aber schon überstanden ist, sollte ich das hier auch noch schaffen:

Ich erkenne das kleine blaue Motorboot, als ich gegen einen fiesen WSW ankreuzen muss, um von der Great Bahama Bank zu gelangen. Drin sitzen meine neu gewonnenen Freunde aus der Palm Cay Marina und winken mir zum Abschied zu und geben mir die letzten guten Wünsche mit auf den Weg. Tags zuvor waren sie noch mit mir im örtlichem Supermarkt auf New Providence Island und haben mir netterweise das Auto der Marina zur Verfügung gestellt. Ohne sie wäre ich echt aufgeschmissen gewesen. Es ist doch immer eine erstaunlich große Menge an Proviant einzustauen, wenn man eine Ozeanüberquerung anvisiert.

Es ist der 19.5.2017 und ich lege mit großem Herzklopfen, nachdem der Abfahrtstermin wegen ungünstigem Wetter mehrmals verschoben wurde, gegen 1600UTC endlich ab. Das Wetter ist immer noch recht rau, was vor allem daran liegt, dass sich wegen der geringen Wassertiefe bei den Bahamas recht schnell fiese spitze Wellen bilden. Dafür muss es gar nicht mal stark pusten. Wenn dann auch noch die Tide einen schlechten Tag hat, ist das segeln wirklich anspruchsvoll. Sandbänke, Riffe und andere Untiefen wie zahlreiche Schiffswracks etc. machen die Sache nicht einfacher. Bei meinem Glück kommt der Wind auch noch von vorne. Das Problem ist, dass man von den Bahamas nicht einfach so in tiefes Wasser segeln kann. In meinem Fall befinde ich mich auf der Great Bahama Bank, was im Grunde einfach nur eine gigantisch große Sandbank ist, welche sich vier bis zehn Meter unter Wasser befindet. Die zahlreichen Bahamasinseln sind lediglich die höchsten Erhebungen dieser Sandbank und ragen ein paar Meter aus dem Wasser. Umgeben ist die Great Bahama Bank von Riffen und kleineren Inseln. Will man also nun in den offenen Atlantik gelangen, muss man durch einen der engen Pässe hindurch. Diese sind wenig bis garnicht betonnt, weshalb genaues Navigieren wichtig ist. Darüber hinaus muss man noch die Tide abpassen, da man dort sonst auf gefährliche Strudel und Wellen treffen kann. Alles in allem also ein guter Startpunkt für eine Atlantiküberquerung. Man kann sich sicher sein, dass garantiert keine Langeweile aufkommt. 

Kurz vor Sonnenuntergang ist es geschafft. Ich habe den „Cats Channel“ passiert und der Meeresgrund liegt nun wieder tausende Meter unter mir. Genauso soll es sein und ich bin in der Stimmung ein gutes Bier darauf zu trinken. Nur habe ich leider keins an Bord. Auf die Lebensmittelkosten auf den Bahamas will ich hier nicht weiter eingehen… Kubanischer Rum ( 2 Euro die Flasche Havanna Club), vermischt mit Wasser und Zitronensaft tun es aber auch.

Die ersten Tage vergehen schnell und ich habe recht gutes Wetter. Zwar kommt der Wind immer noch aus WSW, allerdings wollte ich zu Anfang sowieso erst mehr gen Norden kommen und dann in einem Bogen langsam auf die Bermudas zuhalten. Mein Plan war, die Bermudas südlich zu passieren und anschließend Kurs auf die Azoren zu nehmen. Die größte Überraschung war, dass mein Ebook plötzlich seinen Geist aufgab. Die wenigen Bücher an Bord kannte ich ohnehin bereits auswendig. Unnötig zu erwähnen, dass mehr als einmal Langeweile aufgekommen ist…

Shalom läuft was sie kann und wir kommen jeden Tag weiter gen NO. Die Passatwinde fehlen mir sehr während dieser Zeit. Das Wetter war oft unbeständig. Plötzliche Böen, Flauten, oder Regengüsse waren keine Seltenheit. Dazu wurde es allmählich auch wieder kühler, was soweit führte, dass ich mir seid sieben Monaten das erste mal wieder eine lange Hose anziehen musste. Die erste Hälfte auf dem Weg zu den Azoren verlief ereignislos auch das Wetter war angenehm. Ich vertrieb mir die Zeit mit kochen, schlafen und träumen. 

Ich erhalte eine Nachricht über Satellit von Johannes. Die letzten Tage war das Wetter recht unangenehm gewesen. Es war ganz klar ein Tiefausläufer und dieser schob mich mit sechs bis sieben Bft voran. Da ich zu dem Zeitpunkt auf ca. 31 Grad N unterwegs war, kam der Wind zum Glück von achtern.
Nun erfahre ich, dass das Sturmtief auf ca. 40 Grad N durchgezogen ist und dabei erheblichen Schaden angerichtet hat. Eine Segelregatta hatte Wind in Hurricane- Stärke und mehrere Yachten sind gesunken. Ich erfuhr, dass von anfänglich 20 Segelbooten noch 11 Richtung Zielhafen auf Kurs waren. Noch niemals war ich so dankbar über mein Glück, dass mein Plan, recht weit südlich zu segeln und damit den Tiefdruckgebiete auszuweichen, funktionierte.

Ich sitze auf meiner Cockpit Bank und genieße die untergehende Sonne und den Horizont. Plötzlich werde ich durch ein Geräusch und eine plötzlichen Schwell, der sich über die Shalom ergießt, aus meinen Träumen gerissen. Keine fünf Meter von mir entfernt treibt ein großer schwarzer Rücken an der Wasseroberfläche, etwa die doppelte Größe von Shalom. 

Ein Pottwal zog träge auf Gegenkurs vorbei. Überrascht brülle ich: „Wal! Da ist ein Wal!“

Im selben Moment kommt mir das zwar recht bescheuert vor, da ich ja vollkommen alleine auf See bin. Allerdings tut es mir gut, mal wieder die Stimme zu hören. Ich sehe dem Wal noch lange hinterher. Er bläst regelmäßig, in der untergehenden Sonne bilden sich Regenbogen. Ich war auch noch Stunden später total durch den Wind, erinnere mich an einige Wracks in der Karibik, deren Ruderblätter, Kiele nach Kollisionen von Walen zerlegt wurde. Auch habe ich Segler kennen gelernt, deren Schiff versenkt wurde. Auf Martinique sah ich einen 50 Fuß Katamaran, welcher nur noch einen Kiel besaß. Am Backbordrumpf gab es an gleicher Stelle nur ein ziemlich großes Loch. Jedenfalls war ich nicht besonders begeistert von meiner Begegnung der Dritten Art.
Tage später sah ich einen zweiten Pottwal, allerdings in weiter Entfernung vom Boot. Das war mir auch mehr als recht so.

Es ist der 20.6.2017. Am Nachmittag stieg langsam der Berg Pico aus dem Wasser. Mit 2500m Höhe war er bereits aus 90 sm Entfernung zu erkennen. Ich war unglaublich glücklich und dankbar. Glücklich, weil ich mich nun sicher fühlte, und ich es tatsächlich geschafft habe. Weil das Boot alles gut mitgemacht hat und auch weil ich nun um einige Erfahrungen reicher bin. Und dankbar dafür, dass mir und dem Boot nichts passiert ist und dass das Wetter, abgesehen von zwei Tiefdruckgebieten, sehr freundlich zu mir war. Ich hatte nie mehr als 7 Bft Wind und das auch nur einmal für 3 Tage ( Allerdings von vorne). Es war ungemütlich und nass, aber allmählich habe ich Vertrauen zum Boot und das Boot anscheinend auch zu mir. Seit dem Stapellauf im Jahre 1978 wurde es vermutlich niemals über derart weite Strecken gesegelt.

Es dauerte allerdings weitere drei Tage, bis ich die letzten 90 Meilen in Flaute habe zurücklegen können. Am 23.6.2017 gegen 1340 UTC habe ich in Horta die Leinen festmachen können. Ich wurde Harry und Tiago empfangen, und sofort in ein Restaurant geschleppt und mit Steak, Salat, Bratkartoffeln und Knoblauchbrötchen gefüttert. Das werde ich mein Leben lang garantiert niemals vergessen und darüber bin ich sehr froh und auch sehr dankbar.

Auch die Atlantiküberquerung wird mich mein Leben lang begleiten. Es war meine zweite Überquerung. Zu zweit habe ich den Atlantik im Januar mit Anna ( 18 ) überquert. Den Rückweg habe ich nun Einhand geschafft, bin zwischendurch 19 geworden. Ich bin glücklich, egal was noch passieren wird. Keiner kann mir das mehr nehmen.

Nun sehe ich mir erst einmal die wunderschönen Azoren in Ruhe an und genieße den festen Boden unter den Füßen. Ohne Ihren Windpiloten wäre das alles gar nicht möglich gewesen und ich kann mich nicht oft genug dafür bedanken. In diesen 35 Tagen auf See saß ich keine fünf Stunden am Steuer. Ich war der „Skipper“, aber nicht der Rudergänger 🙂

Nun wünsche ich Ihnen viele Grüße und angenehmes Wetter da oben im Norden!
Christoph Vougessis

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26.06.2017

SONNE – EIN STEAK – UND AUSGESCHLAFEN

Moin Herr Foerthmann!
Ich bin unendlich glücklich über ihren Windpiloten. Inzwischen habe ich Ihn heilig gesprochen und kann Ihnen garnicht genug dafür danken! Ohne Sie wäre diese Reise in diesem Ausmaß garnicht möglich gewesen. Die ersten Fotos habe ich heute schon ausgesucht und sitze auch schon am Text. Momentan geht es aber noch langsam voran, da etliche Arbeiten noch anstehen. Dafür hat Tiego, ein Local, bereits einen schönen Bericht mit Fotos auf seinen bekannten Blog gestellt

Ich habe mir tatsächlich die Nase verbrannt! Ihr Freund Harry hat mich direkt nach meiner Ankunft erstmal mit einem köstlichem Steak und frischer Kost gefüttert! Vermutlich das beste Essen in meinem Leben.
Melde mich die nächsten Tage wieder mit Text und Fotos.
Einen schönen „Restsonntag“ wünscht die
Crew von Shalom!

Lieber Christoph Vougessis,
meinen herzlichen Glückwunsch für Ihre Tapferkeit, den Mut und das Durchhaltevermögen, Ihre Reise bis zu den Azoren zu schaffen. Ich verneige mich in Ehrfurcht, weil ich überzeugt bin, dass Ihre Leistung aussergewöhnlich ist. Es ist mir eine besondere Freude, Sie begleiten zu dürfen, auch wenn wir uns bislang nie persönlich getroffen haben – aber das läuft uns nicht weg – versprochen.
Geniessen Sie die Zeit auf den wunderschönen Azoren und welcome back in Europa … Hamburg ist dann nicht mehr weit, auch wenn Sie noch ein paar Haken schlagen sollten, weil es davon viele schöne Hafen Ecken gibt …
herzlich aus Hamburg
Peter Foerthmann

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23.06.2017

NOCH 40 SM – UND ANKUNFT IN HORTA

Moin,Tag 34 auf see und das ende ist in sicht. Pico und faial liegen in 40sm abstand vorm bug. Für die letzten 100sm habe ich 2 Tage gebraucht. Schwache,umlaufende wind haben viel gedult gekostet. Auch jetzt komme ich nur langsam vorran,hoffe aber dass ich es bis morgen nach horta schaffe. Die letzten tage hatte ich ruhige winde aus sw,6 bft aus ne und natürlich flauten. Die ganze last der letzten 5 Wochen ist mir nun von den schultern genommen und ich bin sehr stolz auf meine alte shalom und zugegeben auch ein klein wenig auf mich. Wir haben jede situation gemeistert und ich freue mich auf eine fettige pizza und ein kühles bier!Eine dusche wäre auch mal wieder fällig. Die nächsten grüsse kommen dann von land! Gruss Christoph

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16.06.2017

138 SM REKORD ETMAL FÜR EINE HURLEY 22

Moin! Ich glaube ich gehe unter die Regatterregler. Als ich heute meine Mittagsposition in die Karte eingezeichnet habe und das Etmal genommen habe, dachte ich erst an einen Fehler. Aber auch nach wiederholtem eintragem und messen stand es dort schwarz auf weiss: 138sm! Das ist grossartig und ich kanns immer noch nicht glauben. Wind und Welle haben mich die letzten 24h von hinten angeschoben und mein Langkieler wurde zum Surfbrett. Dazu habe ich mitlaufenden Strom von von 0,5 bis 1 Knoten, der genau wie ich, die Azoren ansteuert. Wie praktisch ist das denn?:) Laufe nun ein bisschen „vorsichtiger“gen Osten. Wusste garnicht was Shalom für Geräusche machen kann. Wenn das so weiter geht, bin ich bereits in ca. 5 Tagen in Horta immerhin sind es nur noch 530 sm. Bin mal gespannt. Je weiter ich nach NE komme, desto phosphoreszierender wird die See bei Nacht. Es sieht bei ruhigem Wetter fast so aus, als würde es unter Wasser schneien. Einfach wunderschön. Shalom und ich wollen jetzt aber bald mal Land sehen. Ich hoffe es geht nun weiter zügig voran!
Viele grüsse, Christoph tracking

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12.06.2017

950 MEILEN BIS ZUR WARMEN DUSCHE

Moin,heute ist tag 23 auf see und 2074sm liegen hinter mir. 950sm sind es noch bis zu den azoren. Obwohl es hier keinen passat wind gibt,bin ich “lediglich” 3 Tage hinter meinem zeitplan,da ich 100sm pro tag anvisiere. Gerade stecke ich in einer flaute,weshalb ich nun wohl einen weiteren tag verlieren werde. Denn Flautenmotoren gibt es bei mir nicht, weil ich für meinen Aussenborder nur 9 l Benzin im Handgepäck habe. Gerade kam wieder ein pottwal vorbei und zog ca. 10m träge am boot vorbei. Diesmal habe ich ihn sogar auf video. Wie auch letztes mal haben sich meine pilotfische dem wal angeschlossen. Nun bin ich also wieder alleine. Die blasfontäne hat einen schönen grossen regenbogen in die luft gezaubert. Ansonsten gibt es nicht viel mehr zu berichten,ausser das die auswahl des proviants immer beschaulicher wird. Wird daher mal zeit,dass die azoren am horizont auftauchen. Viele grüsse vom Nordatlantik! Christoph tracking

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05.06.2017

HALBZEIT – BERGFEST – HOFFEN AUF DAS AZORENHOCH

Moin, heute ist der 17.te tag auf see und damit halbzeit. 1560sm habe ich nun zurück gelegt und ich hoffe, dass die zweite hälfte zu den azoren so läuft wie die erste. Bisher war ich mit ca 31Grad nord immer recht weit südlich. Das wird sich nun ändern, weil die azoren ja weiter nördlich liegen. Ich hoffe daher auf ein stabiles azorenhoch. Ansonsten gibt es nicht viel zu berichten. Mein ebook ist durch die feuchtigkeit kaputt gegangen, weshalb lesen die nächsten wochen wohl ausfällt. Der windpilot macht alles super mit, weshalb ich meist entspannt irgendwo an deck sitze und durch den tag träume. Viele grüsse! Christoph tracking

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31.05.2017

VON DEN BAHAMAS ZU DEN AZOREN

Moin,Herr Foerthmann. Tag 9 auf See neig sich dem Ende zu und ich stehe genau südlich von den bermudas. Biher lief alles gut,sieht man von dem unkonstanten Wetter und einem treffen mit einem pottwal ab. Heute schwamm das riesen tier an der oberfläch,keine 5m am boot vorbei. Alleine der rücken war doppelt so gross wie shalom. Seine blasfontäne hat shalom geduscht. Hat mich an die Alsterfontäne in hamburg erinnert. Mein herz pocht immer noch wie wild. Habe gerade gedöst als es passierte. Von 0 auf 100 in einer sekunde. Buffa,mein untreuer pilotfisch hat sich dem wal angeschlossen. Shalom und ich sind wieder alleine.
Nun geht es weiter gen osten. Viele grüsse! Christoph tracking

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18.05.2017

VON KUBA ZU DEN BAHAMAS

Moin Herr Foerthmann,
Ich sitze gerade auf dem Steg der palm cay marina und trinke Kaffee.
Viel ist seid Guadelouoe passiert.

Nachdem Anna sich mit dem Flieger nach Kuba aufgemacht hatte, gab es einen fliegenden Wechsel in der Manschaft an Bord. Albin, welchen ich während meines 3 monatigen Aufenthaltes auf La Gomera kennengelernt habe und welcher danach mit einem Segelboot über den Atlantik getrampt ist, hat genug von Guadeloupe und will weiter. Also biete ich ihm einen Platz an. Auf die Frage wohin ich denn segeln will meine ich, dass ich das selber noch nicht wüsste, aber Lust hätte einmal Jamaika zu sehen. „Man kann nicht die Karibik verlassen, ohne Jamaika gesehen zu haben“. Also machen wir kurzerhand Pläne für eine Überfahrt nach Jamaika. Ein Zwischenstopp ist nicht geplant. Ich überprüfe das Wetter und es sieht wirklich gut aus, um zügig gen Westen zu gelangen.
Vor der Abfahrt sind wir noch sehr fleißig, weil einige Reparaturen anstehen:
Der Mast muss gelegt werden, um die Wanten zu entrosten und das Rick einmal zu überprüfen. Schließlich muss mich das noch über den Nordatlantik zurück bringen.
Die Scharniere der Luke werden ausgetauscht und Segel reperiert. Die tropischen Regengüsse behinderten uns dabei sehr.

Albin hängt über der Reling und sieht ganz grün im Gesicht aus. Zittrig ist er auch noch. Ich mache mir derweilen eine Dose Bier auf und frage, ob er auch eine will. Er will nicht, aber eine Reiswaffel hätte er gerne. Ich gebe Ihm noch ein Glas Wasser mit Zucker vermischt, damit sein Zuckerspiegel nicht sinkt.
Seid 4 Stunden sind wir nun auf See und haben uns durch den Windschatten der Insel gekämpft, die Fallwinde an der Küste Guadeloupes erlebt und befinden uns nun in der Düse zwischen Dominica und Guadeloupe. Zügig kommen wir nach Westen.
Mir machen die Bewegungen nichts aus. Ich merke sie kaum noch, aber Albin segelt zum ersten mal auf der Shalom und obwohl er ja auch tausende Meilen auf Segelbooten hinter sich hat, war ihm niemals zuvor so schlecht wie auf der Shalom.
Albin hat die Reise nach Jamaika bereits ausführlich und witzig in seinem Block erzählt, weshalb ich mich hier kurzfasse.
Dennoch: Es war heiß. Sehr heiß. Wir hatten meistens Flaute, haben uns 4 Tage lang kaum von der Stelle bewegt und brauchten daher schließlich 14 Tage für 830 sm…

Ich bin wieder alleine auf der Shalom. Das ist mir seid Gomera nicht mehr passiert und ich bin ein wenig nervös, ob mir die Zeit jetzt nicht zu langweilig wird.
Albin habe ich heute verabschiedet. Er macht sich mit seinem Rucksack auf, um die Insel zu sehen. 
Vorher musste der rastlose Reisende den Beamten noch glaubwürdig erklären, unter welcher Adresse sie ihn denn finden könnten, wenn er nun das Boot verlässt. Etwas unschlüssig spielt der eine Beamte mit seinem Smartphone, während der andere über einer Landkarte grübelt, wo Albin sich die nächsten Tage wohl aufhalten wird.

Es ist der 06.04.2017 und damit mein 19ter Geburstag. In der Marina, in welcher ich gerade liege befindet sich kaum jemand und ich halte es für einfacher meinen Geburstag alleine auf See zu verbringen, als alleine, oder mit fremden Leuten an Land. Also verlasse ich Jamaika gegen Mittag und steuer NNO. Kuba heißt das nächste Ziel. Anna hat Kuba leider schon wieder verlassen und ist nun in Mexico. Nach den tagelangen Flautentgegen vor Jamaika, werde ich nun mit beständigem Passat aus ONO belohnt.
Kein Nordsee oder Ostseesegler kann sich vorstellen, wie angenehm es ist, wieder nackig übers Deck laufen zu können. In der karibischen See herscht eine Bullenhitze, welche am Tag selbst die Kajüte deutlich über 30 Grad erwärmt.

Nach 4 Tagen erreiche ich Santiago de Cuba an der Südseite der Insel mitten in der Nacht und melde mich über Funk bei der Marina Punta Gorda. Sie lotsen mich an einen alten rostigen Stahlbeton Steg und ich werde zum Hafenarzt geschickt. Dieser fragt mich ob ich Fieber habe. Nein sage ich und damit ist die Sache erledigt. Dann sagt er mir noch:“ Dont drink the water here in the marina and always use a condom.“ 
Danach geht es in das Immigrationsoffice. Unter einem großen Poster von Fidel Castro füllt der Beamte Dokumente aus. Alle auf Spanisch. Wenige Kubaner sprechen Englisch.
Darauf geht es mit den genannten spanischen, nun ausefüllten Dokumenten zum Hafenmeister, welcher glücklicherweise fließend Englisch spricht.
Er heißt mich willkommen, gibt mir mein Visum und erklärt mich für landtauglich.

Kuba ist groß, faszinierend und billig. Die Menschen sind sehr nett und die Kriminalitästrate ist gering. Alte amerikanIsche Autos fahren durch die engen Straßen mit bunten alten Häusern auf beiden Seiten. Russische Popedas, MZ Mopeds aus der DDR und Fiat Polskis knattern durch die Gegend und überall Musik und lebhaftes Treiben.
Kuba tut sehr viel, um den Tourismus zu stärken, da dieser eine wichtige Einnahmequelle ist.
Daher treffe ich auch hier auf viele Deutsche. Die deutschen Touristen findet man gefühlt eh überall auf der Welt. Mit ihnen komme ich selten ins Gespräch. Meistens werde ich für verrückt erklärt und auf einen Kaffee eingeladen, um ihnen dann meine Geschichte zu erzählen. 

Ich verlasse Kuba nun gerade das zweite mal:
Bei meinem ersten Versuch war ein Durchkommen nach Osten und somit durch die Windward Passage nicht möglich, weshalb ich zurück nach Santiago fuhr. Die Windward Passage trägt ihren Namen zurecht. Der Passatwind und die gleichsetzende Strömung wirken einem entgegen und die Wellen brechen sich in der Düse zwischen Kuba und Haiti. Dort gegenan zu kreuzen ist mehr als ungemütlich.
Erst beim zweiten Versuch gelingt es mir und ich bin anschließend fix und fertig. Das wichtigste aber ist, dass ich nun wieder im Atlantik bin und Kurs Bahamas ansteuern kann. Tschüß karibische See.
Ich lege einen kurzen Zwischenstopp auf Great Inagua ein, um Wasser zu bunkern. In dem kubanischen Leitungswasser, welches ich abgefühlt hatte, schwimmen kleine braune Tierchen…

Anfangs nur als Zwischenstopp gedacht, erweist sich Inagua als ein Highlight der gesamten Reise.
Great Inagua ist die dritt größte Insel der Bahamas, hat aber nur ca. 1200 Einwohner. Es gibt auf der Insel nur eine Siedlung von Menschen. Mathhew Town an der Südostseite der Insel ist das einzige Dorf. Durch die Größe der Insel und der geringen Bevölkerung kann man an Strände gehen, wo seid ca. 20 Jahren kein Mensch mehr war. 
Inagua ist abgeschieden, ruhig und herrlich schön. 80.000 Flamingos und andere Vögel leben auf der Insel.
Als ich auf Great Inagua war, waren noch ca. 5 weitere Touristen an Land. Teilweise war ich sogar der Einzige. Nach einer Weile kannte ich die meisten Leute bereits und hatte viele Freunde unter ihnen.
Wer Abgeschiedenheit, traumhafte weiße Sandstrände und Ruhe für sich haben will, ist auf Inagua bestens aufgehoben.

Und nun sitze ich in Palm Cay auf New Providence und bereite mich für die zweite Atlantiküberquerung vor. Diesesmal alleine und über eine längere Distanz. 
Die letzten Tage lag ich zusammen mit dem Katamaran Maverick von Johannes und Cati vor Rose Island vor Anker und ich wurde mit kalten Getränken und gutem Essen verwöhnt. Auf einmal mit einem 15 Ps Dinghi über das türkise Wasser zu fliegen, war schon eine aufregende Sache. 
Sowieso bekomme ich immer wieder Hilfe von den Beiden, was Reperaturen und änliches angeht. Dafür bin ich sehr dankbar.

Ich denke nun sehr häufig über den Anfang meiner Reise nach und wie ich mich damals gefühlt habe als ich noch auf der anderen Seite des Atlantiks war. In Hamburg sah selbst die Nordsee gigantisch groß aus und ich war mir überhaupt nicht sicher, ob ich da heile durchkomme.
Und dann die letzte Station auf Gomera. Von hier gab es kein Zurück mehr und nicht zuletzt wegen meiner damaligen Windsteueranlage war ich ziemlich nervös. Nun bin ich fast wieder auf der selben Höhe wie Gomera. Diesesmal alleine, dafür mit einer richtigen Windsteueranlage. Bisher hat alles immer irgendwie geklappt und Unfälle gab es auch keine. Daher bin ich guter Dinge, dass Shalom und ich auch wieder sicher in Europa ankommen und das alles gut geht. Bis es soweit ist sammel ich noch meine letzten karibischen Eindrücke, bevor ich wieder im ewigen Blau bin.

Viele Grüße von den Bahamas!
Christoph Vougessis

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ZWEIMAL RICHTUNG GUANTANAMO – EINMAL ZURÜCK

07.04.2017

Beim Tracken der gesegelten Kurse in den vergangenen zwei Tagen, konnte man schon auf sorgenvolle Gedanken kommen. Heute kam die Erklärung – Erlösung:

Moin Herr Foerthmann, bin gerade dabei, mich durch die Windward Passage zu kämpfen ( 2. Versuch ) Beim 1. Mal waren die Bedingungen schrecklich. Internet auf Kuba gab´s nur im Internetcafe, welches schrecklich langsam war. Will nun nach Nassau und treffe dort den erdmann. Kuba war toll. Fotos etc. folgen dann mit westlichem Internet. Viele Grüsse!

Nun legen wir uns also auf die Mauer auf die Lauer und waaaaten, ob die Damen und Herren von der YACHT den Salto Mortale rückwärts schaffen und – vielleicht mit ein wenig Start Hilfe von den Bahamas – nun die tolle Leistung eines so jungen Seglers, für würdig befinden, seine Geschichte endlich endlich aufzugreifen…und der deutschen Leserschaft über ihn zu berichten, wie es sich – eigentlich! – gehörte, wollte man sich nicht total blamieren.
Peter Foerthmann

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MÄNNERTÖRN NACH JAMAICA – ERZÄHLT VON ALBI

18.03.2017 – Abfahrt 12:00 von Basse Terre, Guadeloupe. Matthieu, unser Bootsnachbar, winkt uns zum Abschied. Ich kotze zwei mal über die Reling und bin den gesamten Tag für nichts zu gebrauchen. Schlafend liege ich in der Koje und versuche die Reiswaffeln im Magen zu behalten.

Am Nachmittag kündigt sich das Grauen an: unsere erste Flaute. Die kommt wohl vom Windschatten der großen Insel. Nach drei Stunden bläst wieder Wind und auch in der Nacht werden wir stetig voran getrieben. Am zweiten Tag geht es mir schon viel besser. Mir ist zwar immer noch flau im Magen, aber wenigstens findet die Verdauung nur noch von oben nach unten statt. Dann am Abend die zweite Flaute. Doch diesmal sind wir schon längst weit genug von jeglicher Insel entfernt, als dass uns der Windschatten beeinflussen könnte. WEITERLESEN

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ANNA FLIEGT NACH HAVANNA – CHRISTOPH SEGELT NACH JAMAICA

Moin Herr Foerthmann,
Seit Martinique ist sehr viel passiert. Wir haben viele bekannte Segler wiedergetroffen, haben die vielen Seiten Martiniques, sowie wunderbare Menschen kennengelernt, und auch verabschiedet. Wir segelten durch die Gewässer Dominicas und Guadeloupe und hatten von Flaute bis 7 bft alles an Wetter, was man sich vorstellen kann.

Winkend verabschieden wir uns von der Leni, ein großer blauer Katamaran, welcher mit Familienbesatzung aus München in der Karibik unterwegs ist und welchen wir schon in Gomera sehr gut kennengelernt haben. Die Familiencrew ist uns zu guten Freunden geworden und nur langsam verlassen wir Trois-Ilets, einen geschützten Ankerplatz an der West Küste Martiniques.

Für uns geht es nun weiter Richtung Dominica, einer Karibikinsel, welche auch noch wirklich karibisch ist. So schön Martinique auch gewesen ist, war es doch sehr europäisch und mehr Frankreich als Karibik. Das soll sich nun ändern: Bei angenehmen 3 Bft verlassen wir die Bucht und segeln mit halben Wind die Küste hoch gen Norden. Eigentlich wollten wir bis Roseau, der Hauptstadt Dominicas durchsegeln und Anfangs sah es wettertechnisch auch so aus, als würden wir die Insel noch am selben Tag erreichen.
Der Windschatten des großen Vulkans Martiniques vor St. Pierre ließ diesen Plan dann jedoch schnell verschwinden.

Im Dunkeln habe ich aber überhaupt keine Lust, die Ankerbucht anzusteuern! Wir übernachten hier in St. Pierre.

Zehn Minuten später fiel der Anker auf 8 m Wassertiefe, nur um noch ganze dreimal wieder eingeholt zu werden, damit man den Ankerplatz wechseln konnte. Der Schwoikreis war bei unstetem Wind recht beträchtlich und wir kamen einigen Booten gefährlich nahe. Eine Yacht hat es sogar auf den Strand gespült, als der Wind überraschend auf West drehte und stark zunahm. Ihr Anker brach immer wieder aus und ehe sie reagieren konnten, endete die dreijährige Reise eines französischen Pärchens am Strand von St. Pierre. Sie taten uns wirklich sehr leid.

Bei 6 bis 7 Bft kämpft sich Shalom durch die Passage zwischen Martinique und Guadeloupe. Zwischen den Inseln hat man immer starke Düseneffekte, welche zusammen mit den starken Fallwinden echt gefährlich sein können. Ein paar Tage zuvor wurde ein Charterkatermaran genau an unserer jetzigen Position entmastet. In Hamburg sagt man oft, dass einer welcher das Segeln auf der Elbe gelernt hat, es überall schafft. Diese Aussage trifft meiner Ansicht nach eher für die Karibik zu…

In völliger Dunkelheit fällt der Anker dann endlich nach 6 Stunden wildester Fahrt vor Point Michelle. Ein sehr niedliches und uriges Fischerdorf an der Südwestküste Dominicas.

Die nächsten Tage erkundeten wir den Dschungel der Insel, obwohl eigentlich die ganze Insel ein einziger Dschungel ist. Uns gefällt es hier richtig gut. Die Menschen sind freundlich, die Landschaft atemberaubend und das Essen mit lokaler Küche sehr gut.

Nachdem wir in der Hauptstadt noch Karneval gefeiert haben, geht es weiter an die Nordwestküste nach Portsmouth. Diese große geschützte Buch ist eigentlich die einzige gute Ankermöglichkeit auf Dominica. Ansonsten fällt der Grund nämlich sehr steil ins Meer hinab und der Ankergrund bietet meistens auch nicht genügend Halt.

Wasser läuft ins Cockpit und spült über die Bänke und Winschen. Anna verliert derweil den Halt unter Deck und fällt mit voller Wucht in die Kochecke und haut sich den Ellenbogen auf. Diese Welle hatte ich nicht rechtzeitig kommen gesehen. Den ganzen Tag hatten wir schon mit starken Düsenwinden zwischen Dominica und Guadeloupe zu kämpfen, weshalb die bisherige Überfahrt auch alles andere als gemütlich war. Meistens bließ der Wind zwischen 6 bis 7.

Nachdem Anna auf Dominica für kurze Zeit das Boot verlassen hatte, segelten wir gemeinsam weiter nach Guadeloupe, um uns die Insel noch gemeinsam ansehen zu können. Anna hat von dort nämlich einen Flug nach Havanna gebucht, wo sie Besuch von einer Freundin bekommt. Dort werden sich unsere Wege also für unbestimmte Zeit trennen…

Nun liegt Shalom quasi völlig flach auf der backbord Seite, richtet sich dank des schweren Kiels jedoch wieder sehr schnell auf. Der Schreck verschwindet nicht so schnell.
Bis wir endlich den Windschatten Guadeluopes erreichten, kam es glücklicherweise zu keinen weiteren Vorfällen.

Im Hafen von Basse Terre treffen wir dann wieder seit längerer Zeit Albin, den wir schon auf Gomera kennengelernt hatten und zusammen mit ihm und Joshi haben wir dort viel erlebt. Er und Joshi habe es ohne Probleme über den Atlantik geschafft. Darüber mehr unter Albin´s Blog

Gemeinsam mit Albin und Joshi erkunden wir die Insel und sammeln schöne Erinnerungen. Das Highlight war ein Bad in einem Fluss mitten im Dschungel, welcher von einer heißen Quelle gespeist wird. Das Wasser war also eher warm als kalt.

Viel zu schnell vergeht die gemeinsame Zeit und schon sehe ich mich am Flughafen sitzen, während ich Anna verabschiede. Nach dieser Wahnsinns Zeit, die wir zusammen erlebt haben, fällt der Abschied nicht leicht und drückt die Stimmung. Falls du – Anna! – dies hier liest: Ich wünsche dir viel Spaß mit deinen Eltern und mit deinem Bruder. Pass auf dich auf. Hier auf Shalom ist immer ein Platz für dich frei.

Für mich geht es nun weiter nach Jamaika, aber nicht alleine, sondern mit Albin. Der war nun schon über einen Monat auf Guadeloupe und findet, dass es mal Zeit wird, weiter zu segeln. Also los gehts! 840 sm und beinahe das gesamte karibische Meer liegen vor dem Bug und nach ca. 9 Tagen hoffentlich dann hinter unserem Heck.

In diesem Sinne hoffe ich, dass die Reise ohne Problem verläuft und dass das Wetter auf unserer Seite sein wird.

Bis dahin viele Grüße!
Christoph
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29.Januar 2017

KOKOSNÜSSE IN DER HÄNGEMATTE UND ZU VIELE CHARTERSCHIFFE

Drei weitere Tage sind vergangen, in denen wir unglaublich viel erlebt und gesehen haben. Wir machten in einer einsamen Bucht ein Lagerfeuer am Strand, tranken zum Sonnenuntergang selbstgepflückte Kokssnüsse und aßen selber gemachtes Stockbrot am Feuer. Wir haben neue Freunde und alte Bekannte getroffen/ wiedergetroffen und hatten mit Ihnen eine schöne Zeit. Angefangen aber mit der einsamen Bucht an der Südseite Martiniques, welche wir drei Tage nach Ankunft wieder ansteuerten: ( Kamen dort ja auch am ersten Tag in der Nacht an)

Der Weg zur Bucht war indes sehr abenteuerlich und vielleicht hatten wir auch einfach ein bisschen Glück. Wie immer waren wir spät dran, Le Marin zu verlassen und Anker auf zu gehen. Das einfache Landleben ist halt zeitaufwendig. Ablenkung hier, Ablenkung dort.

Kurz vor Sonnenuntergang war es dann endlich geschafft. Das Dingi war sicher verstaut, der neu eingekaufte Proviant stapelte sich in den Staufächern. Also Anker auf und schnell in das Fahrwasser der Bucht von Le Marin einbiegen. „Ist doch schnell gemacht“, sagte ich noch überheblich. Wir ankerten nämlich ziemlich nahe an den Fahrwasser Tonnen. Ich steuerte die rote Tonne an, wie ich es schon zig mal auf der Elbe und anderswo getan hatte, ohne weiter darüber nachzudenken. Naja, meine Überheblichkeit endete ziemlich abrupt damit, dass plötzlich keine Fahrt mehr im Boot war und sich SHALOM etwa um 5 Grad auf die Seite legte. „SCH…!, wir sind aufgelaufen“, rufe ich Anna zu. Da fiel mir dann auch wieder ein, dass wir seid drei Tagen ja in Amerika sind und dass man dort die Tonnen des Fahrwassers nun mal genau umgekehrt ansteuern muss. Das wusste ich natürlich, habe es durch die gewohnte Routine aber einfach nicht bedacht. Wäre Anna nicht an Bord gewesen, hätte ich mich wohl selber geohrfeigt.“ Und das ausgerechnet hier, wo wir knapp zweitausend Zuschauer haben“, denke ich mir, nun nicht mehr so selbstsicher und überheblich. Mit einem Blick über Bord war klar: Wir sind auf einer Sandbank aufgelaufen. Versuche, aus eigener Kraft wieder in tiefes Wasser zu gelangen, blieben erfolglos. Wir hatten uns richtig schön in den Sand gegraben.

Der Vorteil bei einem derart großem Publikum ist jedoch, dass man nicht lange warten muss, bis Hilfe von den anderen Yachten eintrifft. Die meisten nicht kleiner als 35 Fuß, ( nach oben hin gibt es überhaupt keine Grenzen ). Zu einer großen 46 Fuß Yacht gehört natürlich auch ein großes Dingi mit 20 PS Außenborder, das uns zum Glück ohne Probleme von der Sandbank schleppte. Die weitere Fahrt verlief dann ohne Probleme und wir kamen gerade noch rechtzeitig zum „Sundowner“ in der einsamen Bucht an.

Am nächsten Tag fand ich mich, in ungefähr 5 Metern Höhe auf einer Palmen Krone sitzend, wieder. Ich hatte mir stur in den Kopf gesetzt, heute meine erste Kokosnuss zu ernten. Nachdem ich es mit Weitwürfen oder mit starkem Schütteln am Baumstamm versucht hatte, sah ich schließlich keine weitere Möglichkeit mehr, als selber hinauf zu klettern. Es hat mich einige Hautabschürfungen und Schweißtropfen gekostet, aber am Ende kam ich mit sechs Kokosnüssen zurück zum Strand, wo Anna in der Zwischenzeit unsere Hängematten aufgespannt hatte.

Gelegentliches Schwimmen im türkis farbenen Wasser, um sich anschließend von der Sonne trocknen zu lassen, das bestimmte unseren Tagesablauf. Um den Durst zu stillen, schlug ich einfach eine Kokosnuss mit der Machete auf.

So hätte es eigentlich weitergehen können, hätten wir nicht durch Zufall eine „kleine“ 32 Fuß Ketsch dicht am Strand vorbei segeln sehen die mit Kurs Le Marin unterwegs war.

„Guck mal, Anna, das ist das junge Fahrtenseglerpärchen von la Gomera!“
„Stimmt. Das ist ja ein Zufall!“
Schnell war der Anker eingeholt und wir nahmen erneut Kurs Le Marin, um unsere Bekannten gebührend zu empfangen. Die Wiedersehensfeier fiel dann auch etwas länger aus, Kopfschmerzen hatten wir noch am nächsten Morgen.

Seitdem treffen wir jeden Tag neue Fahrten Segler oder alte Bekannte wieder. Aber ist es hier tatsächlich gar nicht so einfach, Kontakt zu Seglern zu knüpfen, wie es in anderen Häfen und Buchten der Fall war. In einem ganzen Wald von Segelmasten zu ankern, lässt einen in die Anonymität rutschen. Fiel SHALOM auf vorherigen Stopps besonders durch die Größe und die Besatzung auf, geht unser Schiff unter allen anderen Yachten hier regelrecht verloren.

Ein ganz bestimmter Typ von Segelyacht ist hier dominierend:
Schneeweiße, auf hoch Glanz polierte Katamarane, ab 40 Fuß Länge, Nach oben sind keine Grenzen gesetzt. Gesäumt werden diese Schiffe, häufig von Lagoon, mit einem regelrechtem Kleid von Fendern, welche passend weiße Stoffüberzieher tragen. Ebenso passend zum Schiff gekleidet, sind die Besatzungsmitglieder: Bootsschuhe, blaue Jeans und weiße T-Shirts. Es sind Chartergäste, welche für viel Geld von Martinique aus, die Grenadinen erkunden wollen. Jeden Samstag ist „Stichtag“. Die alte Besatzung mustert ab, während die Neue anmustert. Eine ganze Kolonne von Menschen bewegt sich mit Rollkoffern Richtung Marina. Vorher räumen diese aber noch sämtliche Supermärkte aus, um sich mit genügend Proviant einzudecken. Eine zweite Kolonne bewegt sich derweil in die entgegengesetzte Richtung. Die einen gucken glücklich, voller Erwartung auf die nächsten zwei Wochen, die anderen leicht erschöpft und gereizt, aber auch traurig. Für sie ist ihr Segelabenteuer zu Ende.

Gestern sind Anna und ich über die Stege der Marina gewandert und sind dabei mit sehr vielen Seglern ins Gespräch gekommen. Jedoch mit keinem einzigen Chartersegler. Versuche zur Kommunikation unsererseits, blieben meist erfolglos.

Der enge Zeitplan lässt keine Zeit zum trödeln. Eifrig wird der Proviant verstaut, das Boot mit Süßwasser abgespritzt, oder auf dem I-Pad die bereits erstellte „Navionics-Route“ studiert. Es mag auch am optischem Kontrast liegen: Schicke Bootsschuhe, Jeans und weiße T-Shirts auf der einen Seite, abgelaufene Flip-Flops und ausgeblichene Shorts und T-Shirts auf der anderen Seite.

Ich wusste bereits, dass zwischen Fahrtenseglern und Charterseglern ein gewisser Konflikt im Raum steht. Nirgends aber fiel er mir so stark wie in Le Marin auf. Viele uns bekannte Fahrtensegler haben bereits eine richtige Aversion gegen die Charterer gebildet, welche überheblich auf ihren“ Plastic Fantastic“ Schiffen sitzen und Liegeplätze und Stromanschlüsse besetzten. Ich empfand die Rivalitäten bis dato immer sehr schade und auch unnötig. Vorurteile auf beiden Seiten nützen am Ende schließlich niemandem. Jedoch muss auch ich zugeben, dass mir die vielen Katamarane inzwischen auf die Nerven gehen. Auf Yachten mit den Namen wie “ DREAM MARTINIQUE“, „DREAM GOADELUOPE“, oder „PARADISE EXPLORER“ überfüllen sie die Buchten und sind dabei auf der Suche nach dem karibischem Paradies.

Dabei ist es gerade die Kommerzialisierung des Segelsportes, welche dieses „Paradies“ zerstört. Die einheimischen Insulaner sehen die Segler als wandernde Geldscheine, welche ihren Lebensunterhalt sichern. Ist das noch das Paradies? Es ist daher sehr schwer Kontakte mit ihnen zu knüpfen. Auch wir werden vermutlich als jungreiche Segler angesehen.

Martinique ist immerhin eine Hochburg der Vercharterer in der Karibik. Dementsprechend sind auch die Preise in den Segelläden angepasst: Für mein „Dingi“ habe ich in Deutschland 30 Euro bezahlt. Hier kostet es schlappe 159 Euro. Eine einfache Winschkurbel, ohne Arretierung knappe 100 Euro. Merken die noch was?! Daher kommen für uns nur Tauschgeschäfte in Frage. Für ein paar Bier habe ich einen Zweitanker erworben. Ein 15 Kilo Pilzanker, der auf dem Schlick besser hält als mein 10 Kilo Danforth Anker. Solche Tauschgeschäfte klappen zum Glück überall in der Seglerszene, egal wo man sich befindet. Mit kleinem Budget muss man halt erfinderisch sein. Kommt z.B. ein Charterboot, nach zwei Wochen in den Grenadinen, wieder nach Martinique, so hat dieses immer noch Proviant in Überfluss an Bord. Häufig haben wir gesehen, wie die Mannschaften ganze Dosenpaletten wegwarfen, weil der Heimflug bevorstand. Dort kann man also jeden Samstag, wenn man nett fragt, übrig gebliebenen Proviant abstauben.

Für die nächsten Tage wollen wir uns nun in die Marina verholen, um anstehende Arbeiten am Boot zu erledigen und die Insel für mehrere Tage zu erkunden. Da weiß man sein Boot einfach lieber sicher und fest in der Marina liegen, als schwoiend vor Anker.

Und nun habe ich noch eine Frage an Sie:
Mein Plan, schnellstmöglich den Pazifik zu erreichen, bekommt jeden Tag einen weiteren Dämpfer. Von Fahrtenseglern höre ich Geschichten von gefährlichen Schleusenpassagen, langen Wartezeiten und von SEHR hohen Gebühren. Vielleicht könnten Sie mir ja, als jemand welcher mit zig Fahrtenyachten in Verbindung steht, ein paar Tipps und Hinweise geben, was ich dort zu erwarten hätte. Meine Sorge ist vor allem, dass ich in Panama ankomme und die Durchfahrt durch den Kanal dann aus irgendwelchen Gründen verhindert, oder erschwert wird, weshalb ich mich dann gegen den Passatwind wieder auf den Rückweg machen müsste. Nach meinen Recherchen ist man nach einer Durchfahrt ca. 1200 US- Dollar ärmer.

Daher stehen Anna und ich nun am Scheideweg. Fahre ich weiter nach Panama, trennen sich unsere Wege. Anna will jetzt durch die Karibik Richtung Norden reisen. Kuba reizt sie auch sehr. In der Tat würde mich die Karibik gen Norden ebenfalls reizen. Wir beide könnten uns daher auch vorstellen, einfach weiterhin die Karibik zu erkunden.
Daher würde mich Ihre Meinung sehr interessieren.
Mit freundlichen Grüßen,
Christoph Vougessis

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23.Januar 2017

ANNAS REVUE TEIL 2.

Bilderbuch Segeln war wieder angesagt. Wir genossen die Ruhe auf See, nachdem wir auf Cap Verde einen regelrechten Kulturschock erlitten hatten. Die meiste Zeit verbrachte ich auf dem Vordeck um mich zu sonnen und ab und zu mal die Beine ins Wasser zu halten, um mich abzukühlen. Vor mir ein einzigartiges Panorama, unendliches Blau, strahlender Himmel und unzählige fliegende Fische, die vor unserem Boot hin und her sprangen und flogen. Es fehlte nur noch der Cocktail mit kleinem Papier Schirmchen in meiner Hand. Ich fühlte mich wie auf einer Luxusyacht, nur dass das Sonnendeck etwas … minimalistischer gestaltet gewesen ist.

Nachts konnten wir das Vorluk offen lassen und den einzigartigen Sternenhimmel betrachten.

Die Tage zogen vorbei, wir spielten Gitarre, lasen viel, erzählten lustige Anekdoten aus unserem Leben. Mein Leben vor der Reise kommt mir plötzlich unendlich weit weg vor. Hätte mir vor drei Monaten jemand erzählt, dass ich auf dem wahrscheinlich kleinsten Boot, welches ich finden konnte, zusammen mit jemandem, der genau so jung ist wie ich, den Atlantik überqueren würde, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Aber alles ist eben relativ.

Als nach nur knapp 7 Tagen die frischen Vorräte zur Neige gingen, überkamen mich erste Zweifel. Die Qualität der frischen Lebensmittel auf Cap Verde war so schlecht, dass wir nicht mal ausreichend Zwiebeln bunkern konnten. Wovon sollte ich mich denn jetzt ernähren?

Bernhard, mein Skipper auf der SAUDADE hatte mir schon zu erklären versucht , dass man als Vegetarier nicht den Atlantik überqueren kann. „C’est impossible!“ ,sagte er immer wieder und schüttelte den Kopf. Allerdings sagte er das auch, als er Christoph´s Boot zum ersten Mal gesehen hatte.

Zu meiner Rettung fand Christoph nach 10 Tagen auf See raus, wie man in unserer Brat Pfanne Pommes machen kann. Von da an gab es Pommes jeden Abend.

Nachdem ich mir jeden Tag ungefähr 20 mal anhören durfte, was Christoph vermisste ( Pommes, Burger, kaltes Bier, Döner, Matjes und Gomera), war ja jetzt zumindest ein Punkt auf der Liste abgehakt und meine Sorgen bezüglich der Ernährung gemindert.

Wir kamen erstaunlich gut voran. Unsere täglichen Etmale lagen meist zwischen 110 und 120 sm, was uns schon das Gefühl gab, fast zu fliegen. Aber dann schlief der NO Passat ein – 4 Tage lang Totenflaute. Wir hingen fest mit flappenden Segeln.

„Kann man nicht ändern“, dachte ich mir und fand mich damit ab. Außerdem konnte man sich dann ganz schön zum Baden an SHALOM hängen und die Fische beobachten, die uns begleiteten und den Rumpf von Algen befreiten.

Liebevoll gaben wir ihnen Namen, bis es so viele waren, dass wir den Überblick verloren. Ansonsten sahen wir mehr Algen als Fische – die See war oft von ganzen Algen Teppichen überzogen.

Mein Skipper fand das gar nicht toll, weil sich die Angel verhakten und kein Fisch den Haken mehr finden konnte. Obwohl wir auf einem riesigen Ozean unterwegs waren, gab es 14 Tage keinen frischen Fisch. Mich störte das eigentlich überhaupt nicht, aber Christoph fand das überhaupt nicht lustig. Und logisch war ich Schuld daran, dass wir keinen Fang mehr machten – und für die Flaute selbstverständlich auch.

Ich war mir keiner Schuld bewusst und genoss weiterhin die einmalige Art der Entspannung. Noch nie kamen mir Tage so lang vor und noch nie hatte ich so lange Zeit nichts, wirklich nichts, was mir irgendwie Stress verursachte!

Okay, eine Sache gab es doch: Christoph´s Langeweile. Weil auf dem Atlantik nicht viel los ist und er es gewohnt war, alleine zu segeln, fand er es um so witziger, mich zu ärgern. Mit fliegenden Fischen, die auf dem Deck gelandet waren, mit Algen die er gefangen hatte und jedes Mal, wenn ein gefangener Fisch im Cockpit seinen Todeskampf kämpfte – bin ich jedes Mal panisch hinter die Sprayhood gesprungen.

Auch mit Christoph´s Spirituskocher hatte ich einige Differenzen, sodass das der Koch Job an ihm hängen blieb. Nachts teilten wir uns die Vorschiffskoje, was – für mich zumindest – immer sehr angenehm war, da ich von uns beiden den festeren Schlaf habe. Und mich nachts gerne breit mache. Aber als verantwortungsbewusster Skipper war Christoph ja auch oft draußen, um die Segel richtig zu trimmen oder den Kurs zu ändern. Die Zeit nutzte ich wohl immer um mich noch ein wenig breiter zu machen. Ich erinnere mich allerdings an nichts…!

Nach und nach verschwanden weitere Vorräte wie von Geisterhand und als schließlich die letzte Flasche Wein geleert war, sehnten wir uns beide nach der Ankunft. An solchen Dingen merkt man dann doch, wie lange man unterwegs ist und wie bedeutend solche „Luxusgüter“ sind.

Aber 4 Tage standen uns noch bevor. An einem davon regnete es auch noch, sehr zum Unmut meines Skippers, der ja zwangsläufig mal an Deck musste. Ich beschränkte mich auf „viel Mitleid zeigen und Schlafen“, Christoph brauchte oder wollte keine Hilfe an Deck – oh wie praktisch!

40 Meilen vor Martinique schlief der Wind plötzlich wieder nach. Oh nein, bitte keine Flaute mehr so dicht vor unserem Ziel! Glücklicherweise allerdings verließ uns der Wind nicht ganz und so kamen wir morgens um 03:00 Uhr in einer verlassenen Ankerbucht an.

Die ganze Nacht hatten wir aufgeregt an Deck gesessen und planten fleißig, was wir als Erstes machen würden, sobald wir Land unter den Füßen hätten.„ Burger essen gehen“ stand auf Platz 1. von Christoph´s Liste, ich freute mich auf eine Pina Colada.

Nachdem der Anker geworfen war, leuchtete Christoph mit einer starken Taschenlampe ins Wasser, eigentlich aus Spaß, um die Lage des Ankers zu überprüfen. Völlig perplex stolperte er zu mir ins Cockpit, guckte mich mit großen Augen an und sagte nur: „Man sieht den Boden!“ „Wie bitte?“, fragte ich ungläubig. Wir ankerten ungefähr auf 4m Wassertiefe und tatsächlich konnte man genau die Struktur des Seegrases am Grund erkennen. Ungläubig leuchteten wir alle paar Minuten ins Wasser, wie uns zu vergewissern, dass wir nicht träumten.

Zur Feier des Abends, öffneten wir eine Flasche Sekt – die einzige, die wir an Bord hatten, die eigentlich für Silvester gedacht war. Leider haben wir beide jene nacht verschlafen…

Bei einer Tasse warmen Sekt saßen wir also auf dem Vordeck, immer noch ungläubig. Waren wir jetzt wirklich da? Irgendwann legten wir uns dann doch schlafen, allerdings nur, um eine halbe Stunde später wieder aufzustehen: die Sonne ging auf. Ich kann nicht beschreiben, welcher Anblick sich uns dann bot.

Ich war noch nie so überwältigt, Land zu sehen, und traute meinen Augen kaum, als sich vor uns, langsam, Sonnenstrahl für Sonnenstrahl ein Paradies aus Palmen, türkisblauem Wasser und Sandstrand auftat. Das konnte nur ein Traum sein! Das gibt es doch eigentlich nur auf Postkarten. Das ist doch nicht real. Gestern war noch überall Wasser – soweit man sehen konnte. Und jetzt das?

Wir schwammen an Land. Da es früh am Morgen gewesen ist, war der Strand menschenleer und ich fühlte mich wie auf einer einsamen Insel mitten im Meer, die nur für uns geschaffen wurde. Wenn ich je eine Vorstellung von dem Wort „Paradies“ hatte, dann war es genau das.

Als meine Füße das erste Mal wieder Land berührten, waren all die Strapazen der letzten 21 Tage vergessen. Und wenn es 40 Tage gewesen wären – dieser Moment war alles wert.

Stunden liefen wir über den Sand, kletterten auf Palmen, tauchten in dem klaren Wasser, immer noch fassungslos. Noch nie hatte Land so intensiv gerochen, noch nie waren Vögel so laut zu hören gewesen und noch nie war ich so glücklich, laufen zu können.

Auch wenn es einer der banalsten Dinge des Lebens zu sein scheint – auf einer langen Schiffsreise merkt man erst mal, wie wenig selbstverständlich und toll Banalitäten sein können.

Rückblickend gingen die 21 Tage unglaublich schnell vorüber. Schon heute, am dritten Tag an Land, kommt mir dieses Abenteuer Monate entfernt vor. Mitnehmen werde ich trotzdem Vieles. Zum Beispiel, wie schön es ist, laufen zu können. Oder (fast) immer genau das einkaufen zu können, was man gerade will. Kontakt zu allen haben zu können, die man vermisst. Internet. Lebensmittel zu konsumieren, die gekühlt werden müssen. Unendlicher Strom. Süßwasser.

Natürlich werde ich auch vieles vermissen. Die unglaubliche Entspannung auf See. Die Schwärme von fliegenden Fischen. Stundenlanges auf dem Vordeck sitzten und unbegrenzt Träumen und Nachdenken. Wunderschöne Sonnenuntergänge und einmalige Sternenhimmel. Das Gefühl, zum Glück eigentlich nichts mehr zu brauchen, weil alles da ist. Auch ohne Pina Colada oder Burger.

Wie es jetzt weiter geht? Ich weiß es nicht. Erst mal Füße in den Sand stecken und wieder an Land ankommen. Planen bringt sowieso nichts – es kommt doch immer anders, als man denkt. Ende März treffe ich mich mit meinen Eltern in Mexiko, danach wird mein Bruder noch mit mir weiter nach Guatemala reisen. Ich würde gerne noch Kuba sehen. Und Costa Rica. Vielleicht geht es danach in den Süden, in Richtung Peru. Bolivien soll auch schön sein. Und – irgendwann vielleicht – würde ich auch gerne noch den Pazifik durchqueren. Vom Segeln habe ich nämlich noch lange nicht genug.

Es gibt noch so viele Orte, die ich sehen will. Aber ich habe ja noch viel Zeit. Nur eins ist sicher: so schnell komme ich nicht mehr nach Hause.

So, ich hoffe Sie sind beim lesen nicht eingeschlafen und können sich nun die ein oder andere Situation auf See besser vorstellen. Wir hatten eine echt schöne Zeit auf See, an die ich mich immer mit einem breiten Lächeln zurückerinnern werde.

Vielen Dank, dass Sie dazu beigetragen haben, uns dies Erlebnis zu ermöglichen!

Liebe Grüße,
Anna

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22.Januar 2017

ANNAS REVUE TEIL 1. – TRAMPEN ZU LAND UND WASSER

22.Januar 2017

Hallo Herr Foerthmann,
Als erstes auch von mir nochmal tausend Dank, dass Sie Christoph „Angie“ gesponnsert haben – sonst wäre diese Reise so gar nicht möglich gewesen.

Zu meiner Reise…

Angefangen hat es mit dem Traum, Costa Rica zu sehen (da war ich 12). Und nach dem Abi war klar, dass ich mir diesen Traum erfüllen wollte. Anfang des Jahres lernte ich dann Joshi kennen, der auch in diese Richtung wollte, allerdings auf unkonventionelle Art: Am besten ohne Geld und nur durch Auto – bzw Bootstop. Da ich generell für alle verrückten und erstmal unmöglich scheinenden Ideen zu begeistern bin, haben wir beschlossen, nach Südamerika zu trampen.

Am 4.10. ging es dann auf der Autobahnraststätte in Grünstadt los. Ich vermute mal, außer uns beiden hatten viele schon Zweifel, dass wir überhaupt bis nach Spanien kommen würden. 24 Stunden später wachten wir in Benidorm an der spanischen Küste auf – wir waren sogar überrascht, wie einfach und schnell wir voran gekommen sind.

In Benidorm wohnten wir dann mit unseren Hängematten 4 Tage hinter einer Raststätte unter Palmen, um auf unser erstes Boot zu warten, welches in ein paar Tagen in Calpe anlegen würde. Dort bestieg ich dann also das erste Mal bewusst ein Segelboot. ( Zuvor war ich mal ein paar Tage auf einem Katamaran zum tauchen und mit der Schulklasse auf dem Ijsselmeer segeln, was mir aber im Vergleich zu dem, was mich erwarteten würde, ziemlich unvorbereitet ließ).

Bernhard, der „Crazy Captain“ (zu dem Sie auch ein ganzes Video auf youtube finden), den wir über Hand – Gegen – Koje ausfindig machen konnten, brachte uns entlang der Küste Spaniens, über Marokko nach Las Palmas, Gran Canaraia. Eine unvergessliche Fahrt, die insgesamt 4 Wochen dauerte, jedoch alle paar Tage Landgang versprach.

In Las Palmas ging für Joshi und mich dann die 2. Etappe los: ein Boot für die Atlantiküberquerung zu finden. Keine zwei Tage später hatten wir einen neuen Skipper, der ebenfalls Bernhard hieß – diesmal aber Franzose war. Mit ihm und der SAUDADE setzten wir nach La Gomera über, wo wir zufälligerweise direkt neben Christoph in der Marina lagen.

Das erste, was ich von ihm und SHALOM sah, war sein alter Windpilot, auf dessen Windfahne groß die Worte “ Gott muss ein Seemann sein“ geschrieben stand. Als ich miterlebt hatte, wie Christoph segelt, wusste ich auch warum, aber dazu später mehr.

Es tat gut, jemanden kennen zu lernen, der noch „verrücktere“ Sachen machte als ich, sich einfach ein Boot zu kaufen und um die Welt segeln zu wollen kam mir völlig absurd vor.

Die nächsten 4 Wochen verbrachten wir also zusammen auf La Gomera. Joshi und ich wohnten auf der SAUDADE, deren Besitzer für einen Monat nach Frankreich geflogen war und uns sein Boot überließ. Wenig später adoptierten wir Albi, ebenfalls ein Reisender auf Bootssuche und erkundeten zu viert die Insel.

Die Zeit verging wie im Flug und irgendwann war es dann für Christoph Zeit, abzulegen, um nicht den Rest seines Lebens in San Sebastian zu verbringen (was er sich sehr gut vorstellen konnte).

Albi, Joshi und ich halfen also kräftig bei den Vorbereitungen: Kopierte Seekarten wurden mit Panzertape zusammengebastelt, der Sextant getestet und der überflüssige Wassertank ausgebaut. Nachdem der alte 2 Takt Motor dann zum x – ten Mal wieder zusammengebastelt war, fehlte nur noch das Proviant. Christoph und ich dackelten also zum Supermarkt. „Was brauche ich denn überhaupt?“, wendet er sich an mich. Verdutzt schaue ich ihn an, ich war eigentlich als Tragehilfe und nicht als Shoppingberaterin mitgekommen. Etwas ratlos standen wir also vor den Regalen und stopften einfach alles, was irgendwie lange haltbar war, in die drei Einkaufskarren.

Nachdem alles an Bord verstaut war, gab es noch ein letztes Bierchen für alle ( es waren insgesamt 27 davon an Bord, nur für den Fall, dass das Wasser ausgeht) und Christoph machte sich mit unseren besten Wünschen auf den Weg.

Drei Tage später lag SHALOM wieder neben uns in der Marina – der selbst gebastelte Windpilot machte nicht mit, sein Getriebe hatte Zahnausfall und Karies bekommen.

Da retteten Sie, Herr Foerthmann, dann die bevorstehende Reise. Christophs Vater packte den gesponserten Windpiloten in den Koffer und landete ein paar Tage später auf La Gomera. Eine Woche lang wurde gewerkelt und entspannt, bevor die Vorbereitungen wieder losgingen (Seekarten hatten wir ja zum Glück schon mit Panzertape zusammengeklebt, es fehlte also nur noch mehr Bier und ein paar Äpfel).

Albi und Joshi haben in der Zeit beschlossen, nach Teneriffa zurück zu trampen. Die ganze Zeit zog Christoph mich auf, noch „bootlos“ zu sein und jeden Morgen war die erste Frage, die von SHALOM herüberschallte „Hast du endlich ein Boot gefunden?“ ( natürlich mit süffisantem Grinsen ). Zu meiner Verteidigung hatte ich aber ja noch die SAUDADE zum Wohnen – zumindest bis ihr rechtmäßiger Besitzer zurück kam. Als wir dann am letzten Abend vor der erneuten Abfahrt wieder einmal ratlos im Supermarkt standen und ich noch erneut versuchte, kulinarische Tipp´s zu geben, damit Christoph sich nicht 20 Tage lang ausschliesslich von „Feuertopf“ und anderen Dosengerichten ernähren musste, unterbricht er mich mitten im Satz: „Warum kommst du nicht einfach mit und kochst?“. Dann ging es los. Nicht nur, dass ich richtig aufgeregt wurde. Ich konnte nicht mal kochen, aber das war dann erstmal unwichtig.
Immer noch nicht sicher, ob das ein Scherz war, den Christoph vielleicht bereits bereute, stand ich am nächsten Morgen aufgeregt vor SHALOM.

„Passt das überhaupt?“ – „Werden wir ja sehen.“

Mit diesen Worten räumten wir das komplette Boot aus. Man mag vielleicht denken, in ein 7m Boot passt nicht viel rein. Mir kam SHALOM allerdings erstmal vor, wie eines dieser Zauberzelte aus Harry Potter. Wir kauften noch mal zwei, drei Einkaufskarren Proviant ein und ich kam mir vor, wie in dem Spiel „Tertris“. Wie das alles reingepasst hat, weiß ich bis heute noch nicht. Zwei Tage nach dem geplanten Abfahrtsdatum waren wir endlich fertig. Fehlte nur noch, dass ich meinen Eltern irgendwie beibringe, dass ich mit einem 18 jährigen Segler auf dem kleinsten Boot in der Marina Gomera über den Atlantik segeln wollte.

Nachdem auch das überwunden war, legten wir ab. Ich glaube, meine Mutter hat die nächsten 30 Tage nicht mehr ruhig geschlafen!

Die ersten beiden Tage waren wie aus dem Bilderbuch: wunderschöne Sonnenuntergänge, leckeres und frisches Essen, um uns Wale und Delphine. Die Sorgen meiner Eltern ( und allen anderen Leuten, die von unserem Vorhaben erfuhren ) kamen mir auf einmal lächerlich vor. Vier Tage später sollte sich das ändern.

Auf einmal hatten wir 30 Knoten Wind und hohe Wellen. Extrem hohe Wellen. Die nächste Woche kam ich mindestens einmal am Tag zu dem Punkt, an welchem ich mein Leben als beendet ansah und nur noch in der Koje lag und darauf wartete, dass wir untergingen.

Christoph sprang derweil munter an Deck rum, wechselte Segel auf dem Vordeck und Angie, unser Windpilot, hielt uns Tag und Nacht auf Kurs. Wäre Christoph über Bord gegangen und ich hätte das Schiff drehen müssen ….. Ich wollte diesen Gedanken nicht weiter daran denken.

Als wir dann in die Bucht von Mindelo segelten, atmete ich das erste Mal wieder auf. Geschafft. Vorerst.

Wir gönnten uns 9 Tage Pause, verbrachten viel Zeit auf anderen Booten und lernten wieder unglaublich viele nette Leute kennen. Dann hieß es wieder „Anker auf“ und raus, auf den Atlantik. Wow. Was das heißen sollte, konnte sich keiner von uns beiden richtig vorstellen. Lange Zeit nur Wasser, nur wir beide auf einem Boot, dass gefühlt kleiner ist als mein Kleiderschrank.

Das Wetter war auf unserer Seite. Fast durchgängig 30 Grad, Sonne satt und angenehmer Wind. Zwischendurch hatten wir zwar auch mal Flaute, was aber zumindest die eine Hälfte der Besatzung gar nicht störte.

Leider muss ich an dieser Stelle unterbrechen – wir sitzen seit 4 Stunden in der Bar und es wird langsam dunkel. Morgen folgt TEIL 2,

Bis dahin alles liebe und beste Grüße,

Anna

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22.Januar 2017

CHRISTOPH´S GESCHICHTE – IN MARTINIQUE GESTRANDET

Moin Herr Foerthmann,
ja wir haben es geschafft. Nach 21 Tagen auf See sind wir auf Martinique „gestrandet“. Die Ankunft hat am Ende tatsächlich noch ein paar Nerven gekostet…

Bei unserem Glück erreichten wir Martinique natürlich in tiefster Nacht. Kein Mond und kaum Licht. Die Lichter der Insel blendeten uns. Zum Glück hatte ich eine Detailkarte der Insel an Bord. Ich habe schon viele Häfen und Buchten im dunkeln angelaufen. Jedoch fast immer alleine, sodass ich meine Angespanntheit offen zeigen konnte. Dieses mal blieb ich äußerlich ziemlich gelassen. Zuerst dachte ich, die Nacht über beizudrehen. Allerdings waren wir der Insel wohl schon recht nahe gekommen. Zumindest kreisten überall Fischerboote um uns herum. Daher entschied ich es im dunkeln zu versuchen, mit der Option, einfach in Lee der Insel den Anker zu schmeißen.

Mit 4 Knoten näherten wir uns der Insel, bis wir das Leuchtfeuer querab hatten. ( Leuchtfeuer des südlichen Punktes der Insel ). Viel erkannte man nicht und ich war wegen der Sandbänke und Felsen besorgt. Da in dieser Nacht auch kein Mond am Himmel stand, entschied ich, dass es zu riskant sei, einen fremden Ankerplatz anzulaufen. Daher näherten wir uns einer unbewohnten Bucht im Süden der Insel. „Augennavigation“ fiel wegen der Dunkelheit aus. Der Karte entnahm ich jedoch, dass sich kurz vor uns eine Sandbank, drei Meter unter der Oberfläche, befand. Und tatsächlich erreichte der Anker den Grund nach knapp drei Metern Kette.
Das Land war noch einige hundert Meter entfernt und der Anker hielt. Mit diesem Gefühl legten wir uns für einige Stunden schlafen.

Noch nie in meinem Leben habe ich so eine schöne Landschaft gesehen, als die Sonne allmählich über der Insel aufging. Ein großer, lang gezogener, Sandstrand erstreckte sich über die gesamte Länge der Bucht. Vögelgezwitscher und der Geruch des Landes, nach drei Wochen auf See, stachen besonders hervor. Die üppige Vegetation tat ihr übriges. Alles war saftig grün. Wir waren restlos glücklich. Um dies noch zu toppen, verholte ich Shalom knapp vor den Sandstrand der Bucht. Keine fünfzig Meter waren wir entfernt, als der Anker fiel. Die ganze Nacht über, ankerten wir ja auf der Sandbank.

Den Weg an Land, den wir schwimmend und in weniger als zwei Minuten hinter uns hatten, war atemberaubend. Glasklares Wasser in alle Richtungen. Die aufgehende Sonne fiel durch das türkisblaue Wasser auf den Grund.
Das Gefühl festen Boden unter den Füßen zu haben, war Anfangs etwas merkwürdig. Jedoch erkundeten wir die gesamte Bucht. Der Strand und das Landesinnere waren schnell erkundet. Danach ließen wir uns einfach unter eine Palme fallen und blickten, unter der karibischen Kulisse, auf die letzten 21 Tage zurück.

„Im Nachhinein ging das doch voll schnell“ waren Annas knappe Worte. Ich sagte nichts. Fand aber, dass sie damit recht hatte. Das geregelte Leben im Passat bringt nicht viel Abwechslung auf See, was Wetter und Wind betrifft. Daher hat man sich recht schnell eingelebt.

Nun sitzen wir in einem kleinem Restaurante in Le Marin, um einzuklarieren und um uns mit günstigem Proviant zu versorgen. Heute morgen verholten wir das Boot hierher, nachdem wir eine Nacht lang vor Sant Anna geankert hatten. Im Grunde sind wir nun die gesamte Zeit auf der Suche nach Internetzugang. Daher werden immer mal wieder Fotos von der Fahrt und der Ankunft im Dropbox-Ordner eintrudeln. Das Internet in diesem Restaurante reicht nämlich gerade mal dafür, um Ihnen diese E-Mail zu schreiben…

Der Plan ist nun, die Stauräume wieder mit Proviant zu füllen und uns dann in eine ruhige Bucht zu verholen. Denn offen gesagt, ist uns hier einfach viel zu viel los. Le Marine ist eine Hochburg der Vercharterer, wie wir gerade herausgefunden haben…

Von Anna kommt auch noch ein Bericht mit persönlichen Eindrücken der Fahrt, Erfahrungen, weitere Pläne et.c..

Ich wünsche Ihnen noch einen schönen „Restsonntag“ und angenehmes Wetter. 
Bis dahin, Viele Grüße!
Christoph Vougessis

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19.Januar 2017

KEIN GRUND FÜR MARTINIQUE

Moin, hier steigt jetzt allmaehlich die Aufregung. Noch knappe 200 sm bis Martinique. Nein es gibt keinen bestimmten Grund fuer Martinique. Das haben wir einfach so entschieden. Dass dort Franzoesisch gesprochen wird, kommt Anna auch sehr entgegen. Sie spricht fliessend Franzoesisch. Ich ueberhaupt nicht. Ich hatte es zwar 5 Jahre in der Schule,dennoch ist nichts haengen geblieben. Habe auf meiner Reise auch einen grossen Bogen um Frankreich gemacht. 18 Tage sind wir nun auf See und ich muss sagen: bisher gab es keine Probleme. Man bedenke,dass zwei sich fremde Personen fuer 3 Wochen eine 22 fuss wohnung teilen, ohne diese mal kurz verlassen zu koennen. Das bewundere ich an Anna. Keine Dusche, Bad, fliessend Wasser etc. Ich kannte das schon vorher und es stoert mich nicht. Anna war vorher allerdings nie wirklich auf einem Boot unterwegs. Inzwischen sind ihre Haare genau so verfilzt wie meine. Ist aber nicht schlimm. Auf Martinique muessen wir dann mal ernsthaft klaeren, wie es weiter geht. Fest steht, dass sie nach Suedamerika will und ich nicht. Nun machen wir langsam das Boot und uns landfein. Alles was funktionieren soll, funktioniert. Der Motor sprang auch sofort an. Bis dahin.

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18.JANUAR 2017

ETMAL 126 SM – UND EINE DICKE GOLDMAKRELE

Wir haben wieder Fisch! Nach 2 Wochen ohne Biss hat´s heute wieder geklappt! Da haben wir in der Daemmerung eine Goldmakrele gefangen. Die See war nur kurz frei von Algen. Genau in dem Moment hat sie gebissen 3-4 kg schaetzen wir. Nun riecht es in der Kajuete nach frischem gebratenem Fisch. Gerade geht die Sonne unter. Heute hat sich auch endlich wieder der Passat eingepustet. Die letzten 4 Tage war er immer schwach und unregelmaessig. Nun wieder NO4. Also ein guter Tag heute. Gleich gibt´s Fisch.

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14.Januar 2017

VIEL SARGASSO KRAUT UND WENIG FISCH

14.Januar 2017

Moin, kurzer Stand zu den letzten Tagen: Keine besonderen Vorkommnisse. Weder wettertechnisch ( kaum Wind ) noch im Speiseplan. Alle guten frischen Sachen sind nun alle. Und da wir nur langsam voran kommen, wird es auch noch ein bisschen dauern, bis wieder frischer Nachschub an Bord kommt. Schlimm ist, dass wir seid 11 Tagen nicht mehr angeln koennen. Wuerde ich fuer jede Alge, welche sich im Haken verfaengt, 10 Cent bekommen, haette ich fuers Leben bestens ausgesorgt. Ansonsten passiert nicht viel. Habe Ihr Buch gelesen, haette ich mal frueher machen sollen. Nun hoffen wir auf Wind und bessere Etmale. Und natuerlich auf frischen Fisch.

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12.Januar 2017 von See

IST DAS HIER DER PLATTENSEE?

Moin. Ich wusste nicht, dass Segeln so einfach sein kann. Seid knapp 1 Woche haben wir nichts mehr an der Segelstellung veraendert. Fock ausgebaumt, Gross auf Bbd Seite. Das Fock Fall habe ich heute mal angefasst, als ich ueberlegte, daran die Haengematte aufzuhaengen. Alles schön und gut, aber die miesen Etmale druecken unsere Stimmung. Der Wind ist 2-3 Bft, er weht uns nicht aus dem Kockpit. Gestern sogar umlaufend. Zwei Tage 75 sm Etmale, doof für uns, gut für Herbert, denn das Tempo schafft er locker.

Ich gehe schwimmen, nein: ich lasse mich einfach vom Boot ziehen. Herbert kuckt zu und macht seinen Job: er macht das Unterwasserschiff sauber und uns damit schneller. Ansonsten Tier freie Zone, abgesehen von Fischen mit Flügeln.

Viele Gruesse vom Plattensee, Anna und Christoph

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11.Januar 2017 von See

HERBERT WIRD NICHT GEFANGEN

Moin, seid gestern geht´s nur noch langsam voran. Heute sind wir kaum vom Fleck gekommen. Es ist blauer Himmel und kaum wind. War deshalb gefuehlt den ganzen Tag schwimmen. Ein Pilotfisch begleitet uns seid ein paar Tagen. Er ist vielleicht um die 15 cm gross und begleitet uns zwischen Kiel und Skeg. Anna hat ihn Herbert getauft. Tatsaechlich vermisse ich frischen Fisch sehr. Wegen der Pflanzen kann man nicht angeln. Und Herbert darf ich nicht fangen. Viele Gruesse Anna und Christoph

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10.Januar 2017 von SEE

BERGFEST OHNE KLAVIER UND MCDONALD

Moin Herr Foerthmann, heute ist Bergfest. Die Haelfte ist geschafft. Zum Feiern ist es allerdings zu heiss. 30 Grad und Flaute. Der Atlantik aehnelt einem Ententeich. Daher heute das erste Mal Schwimmen gewesen. Frischen Fisch haetten wir auch gerne. Seid 4 Tagen ist die See leider voller Sargasso Kraut, da hat unser Haken keine Chance und die Fische haben Glueck. Sonst ist hier alles ok. Anna vermisst ihr Klavier und ich McDonalds. Etmale bisher nie unter 100sm. Viele Gruesse! Anna und Christoph

Moin Ihr Zwei, Glückwunsch zum Mount Everest, 100 sm sind tolle Etmale fuer ein so kleines Schiff, die wuerde man nicht erreichen mit Klavier im Kockpit, zumal die Crew dann hinterher zu schwimmen haette. Good Luck! Peter Foerthmann

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03. Januar 2017 – von SEE

GIBT ES FISCH AUCH VEGETARISCH?

Moin Herr Foerthmann. Sind nun 3 Tage auf See und es ist typisches Passatsegeln. Warm, guter Wind. Auch schon viel Fisch gefangen. Hier ist alles ok. Passieren tut sonst nicht viel. Kleinere Segelarbeiten. Das wars zum Glueck. Haben seid gestern 6 Kilo Fisch an Bord. Blöd, dass Anna Vegetarierin ist. . .

Moin Ihr Zwei, ich verfolge den Tracker und sehe, dass Kurs und Wind artig sind. 6 kg Fisch sind ein gutes Argument, Prinzipien fuer ein paar Tage zu verstecken, gibt doch nur einen Zeugen ! Ansonsten fängt es bald an, zu stinken… und das wäre doch ein Jammer.
Gook Luck Peter Foerthmann
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26.12.2016 – aus MINDELO Bericht von Anna + Christoph

DAS BOOT IST READY ZUR WEITERREISE UND WIR AUCH

Nun sind wir schon eine Woche auf den Kap Verden und haben in dieser Zeit eine Menge neuer Freunde kennengelernt. Sowohl unter Seglerkreisen, als auch in der heimischen Bevölkerung. Ich weiß dass das komisch klingt, aber: Heute nehmen wir uns frei. Es ist erstaunlich auf wievielen Booten wir pro Tag eingeladen werden. Vermutlich spielt die Größe der Shalom und unser Alter eine Rolle dabei. Die ausgeblichene deutsche Flagge am Heck wohl auch.

Unser Weinachtsfest sah daher auch wie folgt aus: Am 24. Dezember wurden wir gleich von mehreren Leuten eingeladen. Uns standen die Optionen offen, ob wir an Land in einem richtigen Haus, oder auf zwei verschiedenen Booten feiern wollen. Wir entschieden uns letzten Endes für einen 40ft. Katamaran, mit einer vierköpfigen Familienbesatzung an Bord, mit welchen wir uns schon auf Gomera angefreundet hatten. Wir hatten ein wirklich schönes Weihnachtsfest in einer Gegend, welche eigentlich keine Weihnachtsgefühle vermittelt.

Am 25. Dezember ging es dann zum Truthanessen auf eine kanadische Fahrtenyacht. Neben gutem Essen gab es auch interessante Geschichten von dem kanadischen Rentnerpärchen. Nach zehn Jahren auf ihrem Boot planen sie nun den Atlantik zu queren und ihre Weltumseglung damit abzuschließen. In ein paar Stunden sind wir wieder eingeladen. Natürlich auf einem anderen Boot.

Neben den ganzen Einladungen kam die Arbeit am Boot aber nicht zu kurz. Sämtliche Polster sind wieder trocken und die Kajüte ist aufgeklart. Netze wurden aufgehängt, damit unser Obst nicht so schnell verdirbt. Außerdem habe ich nun hoffentlich sämtliche kleinen Leckstellen an Deck gefunden und abgedichtet. Heute morgen sind wir sogar noch mit Brille und Bürste ins Wasser gesprungen, um den Entenmuschelbewuchs Herr zu werden. Der Überfahrt steht nun nichts mehr im Wege. Das Boot ist ready und wir sind es auch.

Die Abfahrt ist nun für den 28. Dezember festgelegt. So wie ich mich aber kenne, könnte es auch der 29.Dezember werden. Ganz egal. Das Wetter hat sich beruhigt. Das ist das wichtigste. Momentan haben wir einen sehr stabilen Passat mit Stärke 3 bis 4 aus ONO.

Im dem Sinne wünsche ich Ihnen und allen Ihren Vertrauten, ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Viele Grüße,

Christoph Vougessis – Anna Haubruch

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20.12.2016 aus MINDELO Bericht von Anna + Christoph

VON WEGEN PASSAT – VON WEGEN SPASS

Moin Herr Foerthmann,
wir haben es geschafft! Nach insgesamt 9 Tagen und davon 4 mit 30 kt Wind, haben wir endlich die Kap Verden erreicht.
Gelinde gesagt hatten wir „norddeutsches Schietwetter“.
Die ersten Tage war es noch sehr angenehm. Als wir am 10.12.2016 gegen 13:00 Uhr ablegten, brachte uns ein angenehmer Ostwind schnell Richtung Süden. Delfine begleiteten uns den ersten Tag.

Der zweite Tag dann Flaute. Dies war eine gute Gelegenheit für mich, mal das Boot von unten zu putzen. ( War schon lange fällig).

Am dritten Tag kam dann langsam der Passat mit ONO 4 Bft. Also alles sehr angenehm. Zumal habe ich mich über die plötzlich deutlich verbesserte Essensqualität gefreut. Das Wetter blieb auch noch an Tag 5 gleichbleibend.

Ab Tag sechs zog sich der Himmel zu, die Sonne verschwand für mehrere Tage hinter einer dicken Wolkenwand und es wurde empfindlich kühl.Zur Nacht hin, stieg die Windgeschwindigkeit dann auf 30 kt an und blieb die nächsten drei Tage auch annähernd gleichbleibend. Mit zunehmender Welle nahm auch die Qualität des Essens immer weiter ab, bis wir schließlich bei der Dose angelangt waren. Den Topf konnte man nämlich nur noch zur Hälfte füllen. Ein paar Essensreste kleben immer noch an der Decke.

Am siebten Tag passierte es dann: Kurz nach Sonnenuntergang kam eine besonders hohe Welle von raum, und brach sich im Cockpit, worauf dieses komplett gefüllt wurde. Das Problem war jedoch, dass ich das Luk in dem Moment leider offen hatte, weshalb wir anschließend keinen trockenen Faden mehr an Leib und Bord hatten.
Da sich die Sonne bis zu unserer Ankunft auch nicht mehr zeigte, war es daher sowohl außenbords, als auch in der Kajüte recht unbequem. Salzwasser hat ja die doofe Angewohnheit nur bei Sonnenlicht zu trocknen.

Bis zu unserer Ankunft passierte ansonsten nichts besonderes mehr. Keine Probleme, keine Sonne, keine Motivation.
Also in die Bucht von Mindello gekreuzt und Anker geworfen. Ab da war dann alles wieder in Ordnung und auch die Polster sind wieder getrocknet.

Hier bleiben wir nun erstmal noch ein paar Tagee bevor es weiter gen Westen geht. Anna ist weiterhin entschlossen an Bord zu bleiben. Also neue Kräfte sammeln und auf besseres Wetter warten. Ihr Windpilot hat alles super gemacht. Jede Welle hat er perfekt ausgesteuert und gab uns die ganze Zeit ein großes Sicherheitsgefühl.

Einen schönen Tag wünschen Ihnen Anna und Christoph!

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10.12.2016 Bericht von Peter Foerthmann

DOSENESSEN UND WINDSTEUERUNG – DABEI SOLLTE MAN NICHT SPARSAM SEIN

Kaum aus Gomera abgefahren, hat der junge Mann mehr Glück als Verstand gehabt. Bereits am zweiten Tag auf See, hat seine Windsteuerung in Folge von Karies im Getriebe etliche Zähne verloren und ihren Dienst quittiert, Christoph musste nolens volens wieder nach Gomera zurückkehren.

Es folgte eine lange Diskussion mit der elterlichen Regierungszentrale, die sich zu Hause in Sorgen um die eigene Achse drehte. Im Ergebnis erreichte mich das bemerkenswerte Bekenntnis eines jungen Mannes:

Nach langer Diskussion mit meinen Eltern, sind wir überein gekommen, dass ich die Kosten für eine neue Windpilot Anlage vorgestreckt bekomme. Denn bevor ich mir nun irgendwo ein neues Zahnrad anfertigen lasse, ist es wohl klüger, gleich das ganze System zu ersetzen. Daher möchte ich Sie nun fragen, ob Sie eine Pacific Light Windsteueranlage auf Lager hätten, die mein Vater dann kaufen und abholen würde.

Sie haben Recht: Dies hätte ich von Anfang an machen sollen. Und nun bin ich klüger. In Bezug auf Dosenessen und Windsteuerung sollte man nicht sparen. Das wird mir nicht nochmal passieren. Für den ganzen Wirbel, den ich in letzter Zeit veranstaltet habe, bitte ich vielmals um Verzeihung.

ANKE + THOMAS VOUGESSIS
Nur 2 Tage später bekam ich Besuch von den besorgten Eltern Anke + Thomas Vougessis und erfuhr dann ein wenig mehr über diesen jungen Mann, der seine Träume möglichst ohne allzu grosse Unterstützung aus dem Elternhaus umzusetzen plante, was man oberflächlich auch als Sturheit hätte benennen können – habe ich aber nicht! Was ich hier erlebe, empfinde ich als bemerkenswert: ein junger Mann mit Plan, jedenfalls soweit der Horizont zu sehen ist. Bemerkenswert für einen Mann von 18 Jahren!

Die Geschichte nahm ihren automatischen Lauf und ich habe den Eltern eine PACIFIC LIGHT hier in der Werkstatt übergeben, gesponsert, um das Kind beim Namen zu nennen, um hier ein wenig Last von allen Schultern zu nehmen und zeitgleich ein wenig Rückenwind zu verschaffen. Immerhin hatte Anke Vougessis bereits dreimal mit schwerem Herzen in Gomera Abschied von ihrem grossen Sohn genommen und wollte das nicht noch ein viertes Mal wiederholen, zumal es in Gomera in Strömen regnete. Nun also war nun der Vater dran: er hat kurzentschlossen einen Flug gebucht und das System in Gomera gemeinsam mit seinem Sohn bei der SV SHALOM am Heck montiert.

10.Dezember 2016 vom GOMERA Bericht von Christoph

Moin Herr Foerthmann,
Da die letzten zwei Tage kein Lufthauch über Gomera gezogen ist, habe ich die Abfahrt auf heute verschoben.
Es gibt auch noch ein „kleines“ Update: Vor zwei Wochen habe ich eine junge Backpackerin in der Marina getroffen (Anna, 18 Jahre alt, aus Mainz), die nach einem Boot für die Atlantiküberquerung Richtung Karibik  suchte. Jedoch ohne Erfolg. Nach langer Überlegung habe ich mich nun bereit erklärt, sie mitzunehmen. Mit der Option, dass Sie gegebenenfalls auf den Kap Verden abmustert. Das Boot liegt nun „ein wenig tiefer“ im Wasser und die Kajüte ist nun gefühlt auch ein Stück kleiner. Da wir uns in den letzten zwei Wochen aber gut kennengelernt haben, glaube ich nicht, dass es große Probleme geben wird, zumal sie das Leben an Bord auf ihrer Reisen aus dem Mittelmeer zu den Kanaren bereits auf verschiedenen Schiffen kennengelernt hat.

Nun hoffe ich, dass wir gutes Wetter und gute Stimmung an Bord haben werden und dass Ihr Windpilot die Sache gut schafft. Ich werde Ihnen jeden Tag ein Update über Satelit schicken, damit Sie immer auf dem laufendem bleiben.

Ich wünsche Ihnen schöne Feiertage und gutes Hamburger Wetter!
Viele Grüße,
Christoph Vougessis

Und nun lege ich mich gemeinsam mit den Eltern auf die Mauer auf die Lauer und waaaarte auf gute News, dass dies Abenteuer so verläuft, wie wir es uns alle wünschen … ich werde darüber hier gern berichten und auch eine Blogseite für Christoph anlegen. Immerhin wäre dies vermutlich dann wohl der jüngste Deutsche Segler, der tatsächlich von Hamburg bis in die Karibik auf eigenem Kiel gesegelt wäre.

In guter Hoffnung
Peter Foerthmann

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22.November 2016 Bericht von Peter Foerthmann

KREUZ UND QUER SITZEN

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Auf der Schulbank schaut der Schüler den Ereignissen gemeinhin quer ins Gesicht, weil der Lehrer dicht vor der Nase ist, beim Segeln hingegen sieht man quer nur ins Meer, weshalb der Skipper sich dort eher Richtung vorne orientiert. Nun mögen Wendewinkel von 90 Grad bei Seglern nur ein müdes Lächeln verursachen, für das Leben des jungen Hamburgers Christoph Vougessis ( 18 ) hingegen, hat dieser Wechsel der Blickrichtung enorme Folgen nach sich gezogen.

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Der junge Mann hat diese Lebenswende nämlich überaus rasant vollzogen, ist er doch von der Schulbank direkt ins Cockpit seiner Yacht umgezogen. Opti Segeln und ein Törn mit Vaters CARINA 20 nach Helgoland, haben die Lampe in seiner Birne angeknipst und damit eine Lebens Lawine ins Rollen gekickt.

Im Dezember 2015 wurde für Taschengeld die SV SHALOM, eine HURLEY 22 erworben und unter Schweiss im Hamburger Rüsch Kanal für die Reise vorbereitet. Der Start nach dem Abitur wurde für Juli 2016 entschieden und erledigt. Gesagt, getan, auf Los ging´s los! Hätte hätte Fahrradkette, wer zu viel denkt, kommt niemals los! Es gehört zum Privileg junger Menschen, dass sie ihre ganz eigenen Erfahrungen zu machen habe, Eltern, Bedenkenträger und Besserwisser müssen dabei tapfer sein – und die Klappe halten, selbst wenn sie meinen, hellseherisch um jede Ecke sehen zu können. Learning by doing! Wenn andere noch im doppelten Lebensalter bei der Mami unter´m Rock zu kleben lieben … Pardon: Küchentisch, so läuft bei diesem junge Mann ganz offenbar das Nix-Wie-Wech-Programm. Muss man akzeptieren, ggf. mit angehaltenem Atem!

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17.August 2016 – DER HILFERUF
Im August erreichte mich ein Hilferuf vom Vater, ob ich bei der Reparatur der Windpilot Atlantik Anlage helfen könne, sein Sohn sei zwischenzeitlich in England angekommen? Mit einer Masszeichnung wurde dem jungen Mann dann vermutlich von hilfsbereiten Technikern einer Bohrinsel geholfen, sodass die Reise jedenfalls weitergehen konnte.

Das Wetter erwies sich als gnädig und kooperativ, die Tracking Punkte zeichnen eine saubere Perlenkette nach Gomera, wo der junge Einhandsegler kürzlich heil eingetroffen ist.

EIN EINFACHER PLAN, VON CHRISTOPH SELBST ERZÄHLT

Zu meiner Reise kann ich Ihnen nur sagen, was ich bis jetzt auch weiß:
Mal sehen wie weit man kommt. Der ursprüngliche Plan war, einen ehemaligen Schulfreund in Ecuador zu besuchen. In den Pazifik soll es also gehen. Und wenn man schon mal da ist, wieso denn nicht auch noch weiter. Ich bin schließlich nur einmal jung und habe vielleicht nur einmal die Chance dazu.

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Auf Bildern, die ich vor wenigen Tagen erhalten habe, wurde dann deutlich, dass die vermeintliche Windpilot Atlantik, nur ein „nachempfundenes“ Selbst-Bau-Opus ist. Damit soll es also nun über den Atlantik gehen, ein Pinnenpilot steht als Backup zur Verfügung, denn für den Wechsel auf einen professionelleren Steuergehilfen … war die Barschaft … und auch die Zeit zu knapp. Eilige junge Leute eben!

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So bleibt nur, alle möglichen Daumen zu drücken, damit der junge Segler im Westen, um viele Erfahrungen reicher, möglichst ohne Schlafdefizite und vor allem zur grossen Erleichterung der ganzen Familie, heil ankommen möge.

diesen Wünschen schliesse ich mich an
Peter Foerthmann

5 Antworten zu Christoph Vougessis

  1. Anders sagt:

    Super , …….wir freuen uns, das Christoph nun die zweite Etappe seiner Reise nicht allein absoviert, sondern in einer charmanten Begleitung. Wir konnten ihn als Bootsnachbarn in San Sebasrtian( Gomera ) kennenlernen und ich muss sagen, das wir uns ueber diese Begnung sehr gefreut haben! Hanna, Mario und die Jungs wuenschen Dir / Euch eine gute Weiterreise und vielleicht hat sich hier ein Glueck vereint, das auch nach den Kap Verden noch bestaendig ist …..dafuer und fuer Alles wuenschen Wir Euch Glueck!

  2. Joshi Nichell sagt:

    Ein wunderbarer Blog und unterhaltsame Texte! Peter, Christoph und Anna – macht weiter so!
    Wir sehen uns in der Karibik!
    Liebe Grüße,
    Joshi Nichell

  3. peter sagt:

    Guten Abend, dann gleich die Frage in die andere Richtung: und wie ist es selbst weitergegangen? Gab es einen Lift nach Westen? gruss Peter

  4. panagiotis polyxronopoulos sagt:

    have always good wind in you’re sale we are proud of you „youg odyseus“panagiotis tina elaionas

  5. Robert sagt:

    Hi,

    schaue mir gerade das hier an und bei 8 min. sehe hier 🙂

    https://www.youtube.com/watch?v=hJMykaQg2FQ

    die Welt unter seglern muss sehr klein sein

    Viele Güße

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