SV Maselle

31 TAGE ZURÜCK NACH EUROPA – IN EINEM RUTSCH
Den Plan, Maselle von South Carolina nach Europa zu segeln, konnten wir im letzten Sommer nicht umsetzen. In diesem Jahr sind wir schlauer geworden. Um in die USA einreisen zu können, müssen wir 14 volle Tage in einem Land ausserhalb des Schengen Raumes gewesen sein.
Sobald wir unsere zwei Termine für die COVID Impfung erhalten haben, fangen wir mit der Planung an.

Wir kratzen alle Ferien zusammen und bekommen dazu noch unbezahlten Urlaub genehmigt. Neun Wochen müssen reichen: zwei Wochen Ferien, sieben Wochen für Maselle.

Am 12. Juni 2021 fliegen wir nach San José, der Hauptstadt von Costa Rica. Mit einem Mietauto fahren wir durchs Land, von Nationalpark zu Nationalpark, wandern viel und übernachten in vorgebuchten Hotels. Die Leute sind sehr freundlich, das Land üppig grün, der Regen stört uns nicht. Costa Rica gefällt uns sehr.

An adventure is only an inconvenience rightly considered. A inconvenience is an adventure wrongly considered – G.K. Chesterton

Die Einreise in die USA am 27. Juni in Miami verläuft unkompliziert.
Zwar warten wir eineinhalb Stunden in der Schlange, doch dann lässt uns der Zöllner rasch durch und wünscht uns einen schönen Aufenthalt. Wir steigen in ein Mietauto auf dem Paktplatz 36. Statt des gemieteten Kia Soul steht da ein Hyundai Prairie, dieses Upgrade stört uns nicht. Die lange Autofahrt zur Bucksport Marina bei Conway, South Carolina, unterbrechen wir und übernachten in einem günstigen Motel. An der Rezeption werden wir sehr unfreundlich bedient und im Zimmer von einer grossen Kakerlake empfangen. Wir locken sie mit Tacos unter dem Bett hervor und Thomas erschlägt sie mit seinem FlipFlop. Das Badezimmer ist voller Schimmel, die Betten schmuddelig. Wir duschen, schlafen aber in unseren Kleidern.

Maselle erwartet uns grün belegt.

Nach eineinhalb Jahren am Steg hat es Algen auf Deck, an den Festmacher, Fallen und Schoten, an der Persenning des Grosssegels und Schimmel im WC, denn die Luke ist nicht ganz dicht geblieben. Im Schiff finden wir nicht einen Käfer, was uns natürlich freut. Reis und Teigwaren haben wir gut gelagert. Eine mit Vodka getränkte Gaze in einem gut verschliessbaren Gefäss hält sämtliches Ungeziefer fern.

In den nächsten fünf Tagen putzen wir drinnen und draussen, das Deck und alle Leinen, montieren die Sprayhood und das Bimini, decken das Grosssegel ab, rollen die Genua aus und klettern auf den Mast. Abends trinken wir in der Bar der Marina ein Bier mit den neuen Besitzern Erik und Shane, Eriks Frau Stacey führt die Bar. Sie sind alle sympathisch und hilfsbereit. Wir dürfen die Waschmaschine und den Tumbler umsonst benutzen.
Wir finden etwa zwanzig Wespennester, in den Falten des Grosssegels, in der Windsteueranlage, im Deckel des Grills, unter dem Geräteträger, in der Navigationsgerätekonsole. Die Wespen werden nervös, wie wir ihre Nester zerstören. Glücklicherweise sind es Holzschlupfwespen, die sind nicht aggressiv und stechen uns nicht.

Kenny, unser Motor, startet gleich beim erstens Anlauf und brummt einwandfrei. Die Ankerwinsch hingegen macht keinen Mucks, was uns nicht hindern soll, über den Atlantik zu segeln. Um genügend Diesel dabei zu haben, kaufen wir vier zusätzliche Kanister. Somit haben wir 90 Liter Diesel im Tank und 160 Liter in Kanistern. Das reicht für ca.125 Stunden motoren, d.h. damit kommen wir 400 bis 500 Seemeilen weit.

Wir kaufen ein: 15kg Reis, 15kg Teigwaren, 16kg Mehl, 1kg Haferflocken, 3kg Kaffee, 4kg getrocknete Bohnen und Linsen, 20 Kartoffeln, 12 Büchsen Tomaten, zwei Büchsen Champignons, drei Gläser Erdnussbutter, ein Glas Nutella, 36 Eier, 40 Zwiebeln, 12 Knoblauch, drei Kohl, ein paar Zuchetti, Auberginen, Sellerie, ein Kilo Karotten, fünf Säcke Äpfel, je zwei Säcke Orangen und Grapefruit, 15 Bananen, 15 Limetten, eine Ananas und drei Käse. Das sollte uns reichen für sechs Wochen.

Da wir den Entsalzer im Waccamaw River nicht testen können, kaufen wir 120 Liter Trinkwasser in Flaschen. Vom Steg füllen wir mit dem Schlauch 200 Liter Wasser in den Tank und in Kanister.

Tammy, die früher hier gearbeitet hat, bringt uns ein Päckli mit Büchern vorbei, das Christine vor mehr als einem Jahr in die Marina schickte. Diese und die ungelesenen Bücher an Bord, werden uns während den Nachtwachen unterhalten. Wir sind startklar.

Wir haben das Wetter jeden Tag genau beobachtet und wissen, dass der Hurrikan Elsa sich uns nähert. Wir müssen rasch los, denn unsere Zeit für die Überfahrt ist knapp bemessen.

Am Samstag, den 3. Juli 2021, in der Früh, gehen wir nochmals zur Bar, um über das WIFI der Marina die aktuellen Wetterkarten und -daten herunterzuladen. Wir vergessen das Tablet auf dem Schiff und Gabrielle will es holen. Auf dem Holzsteg rutscht sie aus, fällt auf die Stegkante, quetscht sich den Brustkorb und flutscht kopfüber ins Wasser. Die Alligatoren sind zum Glück noch nicht wach und sie schafft es irgendwie, trotz fehlender Badeleiter oder sonstiger Hilfe, zurück auf den Steg zu klettern. Die achte Rippe ist gebrochen, wie wir sechs Wochen später in der Schweiz erfahren werden. Gabrielle hat eine längere Leidensphase vor sich. Trotzdem legen wir um 08.15 ab.

Tag 1: Raus aus dem ICW
Wir motoren auf dem Intracostal Waterway (ICW) dreissig Seemeilen nach Norden. Die drei Drehbrücken unterwegs öffnen auf unsere Anfrage per Funk. Wir halten an der letztmöglichen Tankstelle, um Diesel aufzutoppen, nehmen den Little River Outlet genau zur richtigen Zeit, bei Flut mit dem beginnenden Ebbstrom, und sind fünf Seemeilen später auf dem Atlantik. Wir müssen Motorsegeln, denn der Wind ist schwach. Nach dem Nachtessen beginnen wir mit den Wachen: nachts im Drei- Stunden-Rhythmus, tagsüber gilt, wer müde ist geht sofort schlafen, der andere bleibt auf Deck.

Tag 2: Der Wassermacher funktioniert.
Wir sind trotzdem froh so viel Trinkwasser eingekauft zu haben, denn das gekaufte Wasser schmeckt besser. Wir müssen immer noch Motorsegeln.
Tag 3: Wir finden den Golfstrom nordöstlich des Cape Lookouts.
Auf einer unserer Papierseekarte ist der Golfstrom eingezeichnet. Wir übertragen Koordinaten auf den Kartenplotter und berechnen eine optimale Route.
Tag 4: 09h30, endlich segeln.
Der Wind ist zwar noch schwach, doch wir können den Motor abstellen und segeln Schmetterling mit ausgebaumter Fock. Dank des Golfstroms machen wir acht Knoten Fahrt.

Tag 5: Maximale Geschwindigkeit von 15 Knoten
Natürlich segeln wir nur kurz mit 15 Knoten, doch unser Etmal beträgt heute 186 Seemeilen! Kein Wunder liebäugeln wir nun mit der Idee, direkt nach Frankreich zu segeln. Den Plan, nur die Azoren anzusteuern, würden wir gerne fallen lassen.

Tag 6: Delfine und Tunas springen
Wir setzen den Parasailor und machen 5 Knoten Fahrt, obwohl der Wind sehr schwach ist. Der Golfstrom hilft. Delfine und Tunas springen, Thomas fischt, ohne Erfolg. Leider sehen wir auch ganz viele halbaufgeblasene Luftballons auf dem Wasser treiben. Es wäre schön, wenn diese zukünftig an Hochzeiten und Kindergeburtstagen am Boden blieben.
Nach dem Abendessen kommt uns der Frachter ARC Independence sehr nahe. Wir funken ihn an. Er sieht uns nicht auf seinem AIS, sondern nur auf dem Radar. Er ändert seinen Kurs ein wenig und wir kreuzen Steuerbord an Steuerbord. Wir haben irrtümlicherweise das Senden unserer AIS Daten unterdrückt. Das ändern wir sofort.

Tag 7: WC Schlauch total verstopft
In der Nacht geht einfach nichts mehr durch den WC Schlauch. Wir demontieren ihn am Morgen darauf und stellen fest, dass er auf einer Länge von ca. 30cm völlig verkalkt ist. Wir hängen ihn im Cockpit auf und füllen ihn mit Säure, Putzessig, klopfen den Schlauch mit einem Hammer und stochern mit der Harpune drin herum. Nach ein paar Stunden ist der Kalk entfernt und das WC funktioniert wieder einwandfrei.

Tag 8: Viele Frachter ziehen nahe an uns vorbei.
Es regnet viel und stark, der Wind nimmt stetig zu. Da er vom Norden kommt, wird es kalt. Auf dem AIS sehen wir immer wieder Frachter in unsere Nähe. Die Sicht ist schlecht und die Wellen hoch. Da wir wissen, in welche Richtung wir schauen müssen, entdecken wir die grossen Schiffe manchmal, wenn wir auf dem Wellenberg sind. Dank des AIS Geräts, welches uns angibt, wann und wie nahe die Schiffe an uns vorbeikommen, lesen wir entspannt auf der Nachtwache. Den Rundumblick machen wir trotzdem regelmässig. Wir sitzen im Regentenue im Niedergang unter der Sprayhood und werden ab und zu nassgespritzt. Kalt haben wir trotz Wollsocken.

Tag 9: Eine Front erreicht uns
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Eine Regenfront zieht mit 10 Beaufort über uns hinweg. Wir fallen vor den Wind ab und steuern selbst. Die Richtung stimmt so nicht ganz, doch dafür riskieren wir keinen Materialschaden an Maselle. Der Regen drückt die Wellen flach und der Wind bläst die Gischt von den Kämmen. Die ganze Szenerie sieht aus wie Dünen in der Wüste mit Bodennebel. Es sind nur ein paar Stunden, die wir hier draussen sitzen und selber steuern, dann übernimmt Pete, unser Windsteuerpilot, wieder.
Mit Simi Züger sind wir fast täglich übers InReach (SMS per Satellit) in Kontakt. Von ihm wissen wir, dass Elsa weit westlich von uns vorbeigezogen ist. Das schlechte Wetter hätten wir einer Welle im Jetstream zu verdanken.

Tag 10: Eine Wespe fliegt uns um die Ohren.
Wir entdecken noch ein Nest in der Abdeckung von Anna, unserem Aussenborder. Eine arme Wespe ist hier ganz allein und verloren, kraftlos fällt sie ins Meer. Der Wind hat nachgelassen, wir segeln gemütlich auf räumlichem Kurs. Auf dem Wasser treiben viele Portugiesische Galeeren, giftige Staatsquallen, abends sehen wir einen Potwal.

Tag 11: Wir duschen heute nicht.
Das kalte Salzwasser wäre nicht so schlimm, doch der kalte Nordwestwind hält uns vom Duschen ab. Wir warten auf wärmeren Südwind, wir dürfen schon ein wenig stinken. Ein 4-5 Meter langer Schnabelwal springt in unserer Nähe aus dem Wasser. Nachts sehen wir viel Meeresleuchten.

Tag 12: Hin und zurück
Wir segeln gerefft nach Süden, nach Stunden dreht der Wind und wir segeln zurück nach Norden. Heute machen wir nicht viel Strecke gut nach Osten.

Tag 13: Endlich wieder mal eine ausgiebige Dusche
Nach langer Abwesenheit zeigt sich die Sonne und wir duschen im Cockpit. Das heisst, wir giessen zwei Eimer Meerwasser über uns, seifen uns ein und spülen uns mit Meerwasser wieder ab. Zum Abschluss gibt es eine kurze Süsswasserdusche. Die Stimmung an Bord ist gut, denn mit Wind aus Südost segeln wir am Wind in die richtige Richtung.
Wir sitzen nochmals über Karten und Bücher, rechnen und kommen zum Schluss, dass viel schief gehen müsste, sollten wir es nicht in den Westen Frankreichs, bis nach Rochefort, schaffen. Zudem schreibt uns Simi, dass wir nördlich von 40°N in keine Flaute segeln sollten.

Tag 14: Erster und einziger Fischfang
Wir entdecken die ersten und einzigen Segler auf der Überfahrt östlich von uns. Wir werden über Funk aufgerufen und plaudern ein wenig. Die Franzosen auf Pamplemousse sind auf dem Weg zu den Azoren und kreuzen unseren Kurs. Eine halbe Stunde später rufen sie uns erneut auf, denn sie haben eine grosse Goldmakrele gefangen und wollen uns ein Stück abgeben. Wir bergen unsere Segel und sie kommen uns so nahe, dass sie den Fisch im Plastiksack in unser Cockpit werfen können. Dann trennen sich unsere Wege auch schon. Sie segeln nach Süden und wir segeln weiter nach Osten.

Tag 15: Show Time
Heute, Samstagmorgen, den 17. Juli, schwimmen uns dreissig bis vierzig Delfine entgegen, dann taucht ein Finnwal in unserem Kielwasser auf und am Nachmittag schwimmt ein Potwal nahe an uns vorbei. Wir kochen den letzten Kohl, essen aber noch zwei Tage davon, dann gibt es nur noch Bohnen und Büchsen als Beilage. Abends sehen wir den Green Flash. Wenn die Sonne über einem klaren Horizont untergeht, blinkt sie kurz grün auf, bevor sie ganz verschwindet

Tag 16: Bergfest
Die halbe Strecke bis Rochefort ist geschafft. Das Bergfest feiern wir auf 42°07’N 044°30’W mit selbstgebackenem Schokoladekuchen.
Das Barometer zeigt am Morgen 1022hPa. Bis zum Abend sinkt es auf 1016hPa. Die Sonne hat einen Haloring, das verheisst nichts Gutes. Wir reffen sicherheitshalber schon vor der ersten Nachtwache. Um Mitternacht kommt dann die Front und bringt Wind und starken Regen.

Tag 17: Durchgeschüttelt
Nach der Front dreht der Wind. Den ganzen Tag werden wir vom Nordwestwind auf Halbwindkurs durchgeschüttelt, kommen aber gut voran.

Tag 18: Kochen muss möglich sein.
Das Wetter ist wieder lieblich und das Leben an Bord gemütlich. Aber der Petrolkocher streikt. Wir konnten die letzten Tage nur noch einen Brenner benutzen. Jetzt funktionieren beide nicht mehr. Ohne Kocher gibt’s kein warmes Essen, kein Brot und keinen Kaffee! Der Wind lässt heute Reparaturarbeiten zu. Wir reinigen Filter und Brenner und ersetzen die Düsen.

Tag 19: Schreckminuten mit Kenny
Im Schauglas des Dieselfilters sehen wir Schlamm, der kommt aus dem Tank. Blöderweise ist die Dieselleitung am Boden des Tanks montiert. So kommt der ganze Dreck direkt zum Vorfilter. Wir putzen den Filter, danach läuft der Motor für zehn Minuten und stellt sich dann ab. Trotz entlüften startet er nicht mehr. Wir entdecken ein kleines Leck in der Hand-Birnenpumpe, welche wir vor der Dieselpumpe montiert haben. Mit zwei Briden lösen wir das Problem.
Tag 20: Wir sind müde
Wir sind beide müde. Uns fehlt die gestrige Siesta, die wir wegen der Arbeit am Motor verpasst haben. Der Wind ist sehr böig und einmal pro Stunde spritzt eine böse Welle ins Cockpit. Die Nacht ist kalt und nass, die Luftfeuchtigkeit über 80%. Wir schlafen im Daunenschlafsack.

Tag 21: Europa kommt näher
Die SD-Karte von Amerika muss aus dem Kartenplotter raus, die von Europa rein. Dabei finden wir nochmals ein Wespennest. Die Larven in den Waben gehen baden. Nieselregen die ganze Nacht.

Tag 22: Eine Woche keinen Frachter gesehen

Heute kommt mal wieder ein Frachter nahe an uns vorbei, ändert aber rechtzeitig seinen Kurs. Unser AIS sendet scheinbar bestens.

Tag 23: Etwas stinkt hier gewaltig.
Wir haben schon lange keine fliegenden Fische mehr gesehen. Über Wochen haben wir sie jeden Morgen vom Deck ins Wasser geworfen. Nun stinkt es wieder im Cockpit. Wir suchen und es dauert bis wir den Stinker, einen kleinen Kalamar unter einer Leine entdecken. Der muss schon eine gute Weile hier gelegen haben. Schnell wird er über Bord gespickt.

Tag 24: Thermowäsche, Skisocken und Stiefel
Damit es mal gesagt ist, wir sitzen draussen in Thermowäsche, Skisocken und Stiefel. Wir duschen trotzdem jeden zweiten Tag. Wir schlafen in der Heckkabine, hier sind die Schiffsbewegungen ruhiger als in der Bugkoje. Zudem können wir jederzeit durch das kleine Fenster einen Blick auf die Beine des Wachhabenden werfen.

Tag 25: Früchte und Eiweisse
Wir essen jeden Tag Früchte. Doch jetzt werden sie langsam knapp. Ab heute gibt es nur noch eine pro Tag. Da wir trotz häufigem Köderwechsel keine Fische fangen, machen wir Linsen- und Bohnenpaste. Die getrockneten Hülsenfrüchte werden eingeweicht und dann gekocht. Mit Knoblauch, Salz und Pfeffer, Olivenöl, Limettensaft, Curcuma und Kreuzkümmel püriert, gibt das den perfekten Brotaufstrich oder eine Beilage zu Nudeln und Reis. Die grünen Limetten sind interessanterweise nach ein paar Wochen gelb geworden.

Tag 26: She blows
Immer wieder sehen wir Wale, mal näher, mal weiter weg, dafür sind die portugiesischen Galeeren verschwunden. Am Abend lässt uns der Wind ganz im Stich. Wir Motoren die Nacht durch, denn wir haben ja genug Diesel dabei.

Tag 27: 17°Celsius, 72% Luftfeuchtigkeit
Da hilft nur ein warmes Frühstück, Porridge mit getrockneten Rosinen.

Tag 28: Im Golf von Biskaya
Der Wind wird schwächer und schwächer. Erneut müssen wir nachts motoren. Dabei brauchen wir den Autopiloten, denn ohne Wind steuert die Windsteueranlage nicht. Die Fixierung vom Autopiloten an der Pinne bricht ab. Wir versuchen eine Reparatur mit Super Glue, doch sie hält nur eine Stunde. Zuunterst in der Bugkoje liegt noch eine alte Autopilot-Fixierung, wir montieren sie. Eine Schraube passt, für die andere Schraube wollen wir kein Loch bohren. Also kleben wir viel Klebeband rundherum.

Tag 29: Noch 200 Seemeilen

Plötzlich qualmt der Motor stark, blauer Rauch kommt aus dem Auspuff. Aus irgendeinem Grund haben wir Öl in den Zylindern. Wir wollen nichts forcieren, denn die letzten 19 Seemeilen bis Rochefort müssen wir auf dem Fluss, der Charente, motoren. So quälen wir uns unter Segel dem Ziel zu. Nachts tümpeln wir zwischen den Fischern, kein angenehmes Gefühl.
Tag 30: Wir teilen uns die letzte Orange
Wir versuchen den Motor nochmals zu starten. Zum blauen Qualm kommt jetzt noch ein klopfendes Geräusch dazu. Wir segeln nur mit dem Gross, denn der Wind ist so schwach, dass die Genua ständig einfällt. Später setzen wir den Parasailor mit Spibaum, bis nach vier Stunden die Regenwolken da sind. Mit jeder Regenwolke kommt kurz starker Wind aus einer anderen Richtung. Wir wollen nicht, dass dieses grosse, dünne, teure Segel reisst, und bergen es.

Tag 31: Ziel vor Augen
Der Wind dreht nach Norden und wird stärker. Wir segeln zur Mündung der Charente. Nach 3829 Seemeilen schnappen wir uns um 19.30 Uhr eine Boje vor der Ile d’Aix. Ankern wollen wir nicht, denn die Ankerwinsch ist noch immer kaputt. Wir trinken zwei Bier, essen Tacos und schlafen tief und fest acht Stunden am Stück.
Dienstag, 3. August 2021
Am Morgen fahren wir die Charente hoch. Unsere Freunde Freddy und Frank stehen am Ufer und winken. Am Wartesteg vor Rochefort hüpfen sie an Bord und fahren mit uns durch die Schleuse in den Hafen. Die beiden bleiben zwei Tage mit uns, dann bringen wir sie nach Bordeaux zum Flughafen. Sie fliegen heim nach Basel. Wir dürfen ihr Auto benutzen.
Maselle auf dem Trockendock. Segel, Fallen, Schoten und alles Bewegliche muss weg und verstaut werden. Vieles unserer Habe der letzten fünf Jahren laden wir ins Auto. Maselle kommt aus dem Wasser und wird an Land aufgebockt.

Wir fahren in einem Rutsch zurück in die Schweiz und erscheinen pünktlich wieder zur Arbeit.
Liebe Grüsse aus Muttenz
Gabrielle und Thomas
Muttenz, 4. September 2021

In Velas auf Saõ Jorge folgen wir einer Prozession des Heiligen Geistes.
Seine Krone wird von der Kirche durch das Dorf getragen, begleitet von der Dorfkapelle. Nach dem Umzug werden im leergeräumten Feuerwehrdepot alle Anwesenden verköstigt, Gäste sind willkommen. Es gibt Brotsuppe mit Siedfleisch, Wein und Reispudding.

Diese Insel lädt zum Wandern ein. Wir starten an einem Sonntag. Es fährt kein Bus und das Taxi ist uns zu teuer. Also machen wir Autostopp. Zuerst nimmt uns die Feuerwehr mit, dann ein Einheimischer, darauf holländische Touristen und zuletzt sitzen wir auf der Ladebrücke eines Pickups.

Wir wandern mehrere Stunden der Küste entlang von der Faja Saõ Joaõ zur Faja do Vimes. Fajas sind Lavazungen, welche ins Meer flossen, dazwischen ist die Küste sehr steil. Am Ende der Wanderung fragen wir nach dem Weg zurück zur Strasse und werden gleich von den gastfreundlichen Azorianer zu Wein, Brot, Käse und Kaffee eingeladen. Sie sind in festlicher Stimmung, denn heute ist der Heilige Geist hier. Die Bevölkerung der Azoren feiern gerne, deshalb wandert der Heilige Geist nach Ostern viele Wochen lang von Dorf zu Dorf, von Anlass zu Anlass. Heimwärts gehts wieder per Autostopp. Diesmal nimmt uns die Polizei mit.

In Angra de Heroismo auf Terceira kommen wir gerade rechtzeitig an, um die Festlichkeiten zu Ehren des Heiligen Johannes mitzuerleben.

Während einer Woche findet jeden Abend eine Parade statt. Wir sehen Trachtengruppen, Musikkapellen, Seniorengymnastikgruppen und Kinderumzüge. Der Heilige mag Stiere sehr, ihm zu Ehren werden viele Stierkämpfe organisiert. Mal rennt ein Stier, an einem langen Seil angebunden, den mehr oder weniger mutigen Männern auf der Strasse hinterher. Glücklich schätzt sich derjenige, welcher die Reichweite des Seils richtig einschätzt. An einem anderen Tag werden fünf Stiere gleichzeitig auf einer abgesperrten Strecke losgelassen. Wir geniessen das Spektakel aus sicherer Höhe von einem Container aus.
Der absolute Höhepunkt ist der Stierkampf in der Arena. Die Portugiesen töten den Stier nicht. Das Ziel ist es das Tier zu stoppen. Zuerst galoppiert ein Reiter, Cavaleiro, so knapp vor dem Stier, dass sein Pferd fast auf die Hörner genommen wird. Sehr geschickt weicht er immer wieder aus, eine Darbietung höchster Reitkunst. Der Reiter stösst dabei dem Stier Holzpfeile in den Nacken. Ist der Stier müde genug und steht still, stellt sich eine Gruppe von acht Männer, Forcados, in einer Reihe vor ihm auf. Der erste rennt auf ihn zu und wirft sich dem Stier zwischen die Hörner. Der zweite wirft sich auf den ersten und packt die Hörner des Stiers, so dass der erste nicht davon geschleudert werden kann. Die restlichen sechs klammern sich an das Tier und stoppen es. Zum Abschluss werden Kühe in die Arena gelassen, die Forcados lassen den Stier los und dieser zottelt gemütlich mit den Damen davon.

Auf der östlichsten Azoreninsel Santa Maria
stellt ein Beamter der Policia Maritima im Hafen von Vila do Porto fest, dass wir die Leuchtfeuerabgabe noch nicht bezahlt haben. Wir holen das Versäumnis pflichtbewusst nach, gehen eine viertel Stunde ins Dorf hoch, suchen und finden das Büro der Hafenpolizei und begleichen unsere Schuld. Nach einer halben Stunde hektischer Arbeit des Polizisten sind wir glückliche Besitzer eines offiziellen Dokumentes mit Stempel, welches ausweist, dass wir die jährliche Leuchtfeuerabgabe von zwei Euros bezahlt haben, unser Beitrag zur Linderung der portugiesischen Finanzkrise.

Auch Santa Maria erkunden wir zu Fuss. Wir starten am höchsten Punkt der Insel, dem Pico, zum Glück geht es diesmal abwärts. Wir durchqueren mehrere Klimazonen auf engstem Raum, darunter die kleinste Wüste der Welt in 5 Minuten. Zum Schluss nehmen wir ein erfrischendes Atlantikbad in einer der vielen Piscina naturais.

Die letzte Etappe auf dem Atlantik verläuft dank des Azorenhochs gemütlich und entspannt.

Tagsüber setzen wir den Spinaker, abends fangen wir Thunfische. Wir haben wieder häufigen Delfinbesuch und kreuzen den Weg einer Schule von Pottwalen, die uns beim Abtauchen wie zum Abschied mit ihren Schwanzflossen winken.
Gibraltar passieren wir problemlos mit Wind und Strom von Achtern. Die vielen Frachter und Tanker im Mittelmeer sind etwas beängstigend, doch auch daran gewöhnen wir uns.
Dann geniessen wir eine Woche Hitze und warmes Wasser um Ibiza mit Thomas Schwester Stephanie und ihren drei Kindern an Bord.

Ein Wort zum Schluss

Gabrielle mit Thomas Nichten Elisa und Livia
GatoRali bleibt für ein Jahr in Torrevieja in Spanien. Im Sommer 2012 verbrachten wir nochmals zwei Monate auf ihr und segelten sie nach Port St. Louis bei Marseille. Schweren Herzens verkauften wir sie, weil wir uns ein etwas grösseres und moderneres Schiff mit Gästekabine, Rollgenua, elektrischer Ankerwinsch und Stehhöhe für Thomas wünschten.
Mit Maselle, einer Jeanneau Melody 34, wurden wir in Bordeaux fündig und brachen 2015 erneut auf, doch das ist eine andere Geschichte.
Mehr dazu und weiteren Bildern von GatoRali’s Reise findest du auf HIER

Barbuda ist eine flache Koralleninsel mit kilometerlangen rosa schimmernden Sandstränden.
Wir besichtigen eine der grössten Fregattvögel-Brutstätten der Welt. Die Männchen tragen während der Balz einen herzförmigen roten Kehlsack. Zum Ausklarieren brauchen wir drei Stunden. Die Hafenbehörde im Neubau, der Zoll im Wohnzimmer und die Einwanderungsbehörde in der Baracke sind über die ganze „Hauptstadt“ Codrington verteilt, Wegweiser fehlen.
Auf der Überfahrt nach St. Barths löst sich die untere Fixierung unserer Windsteueranlage. Schnell drehen wir bei und hieven mit einem kleinen Kraftakt die ganze Anlage auf Deck. In der Anse Colombier finden wir ein kleines Paradies. Wir können im ruhigen, flachen Wasser die Reparatur durchführen. Endlich dürfen wir uns wieder mit flüssigem Epoxy und Kohlefasermatten vergnügen.
Zwischen den Arbeitsgängen schnorcheln wir. Die Unterwassersicht beträgt 30 Meter und mehr. Ammenhaie, Schildkröten, Rochen, Barrakudas, Langusten und viele Fische leisten uns Gesellschaft zwischen den grossen Korallen. Unter unserem Schiff saugen sich mehrere Schiffshalter fest, die sich auf unsere Kochabfälle stürzen, an Thomas grosser Zehe knabbern sie nur einmal.

Die British Virgin Islands verwandeln GatoRali in ein Tauchboot.
Die Unterwasserwelt ist hier fantastisch. Segel werden kaum noch gesetzt, wir motoren die kurzen Strecken von Tauchplatz zu Tauchplatz. Die BVI ’s waren früher ein Piratenversteck und werden für uns zur Schatzinsel. Wir finden: Uhr, Salatschüssel, kleine Schüssel, Taucherblei, Delta-Anker, Gratinform aus Glas, Bootshaken, Taucherbrille und Schnorchel, mehrere Badetücher und Tauchshirts, Trinkbecher und zur Krönung eine neue digitale Kamera im wasserdichten Gehäuse, leider ohne Ladegerät.
Zur ersten Etappe unserer Heimreise brechen wir am 24. April mit einem vermeintlich guten Wetterfenster zu den Bermudas auf. Natürlich ist der Wind stärker als angesagt und die Wellen sind auch höher. Wir kommen trotzdem sehr gut voran, werden aber kräftig durchgeschüttelt. Das Navigationslicht auf dem Mast hängt bald schief, wir verlieren das Bugkorbbrett, doch die 18
Windsteueranlage hält sich tapfer. Ungeduscht und unrasiert erreichen wir nach sechs Tagen St. George’s Harbour. Ein kalter Wind bläst, abends sinkt die Temperatur auf einen gefühlten Gefrierpunkt von 20 Grad, alle Hausdächer sind weiss und scheinen schneebedeckt. Kein Wunder frieren wir.
Der Landgang erwärmt uns wieder. Very british, alle grüssen uns und haben Zeit mit uns zu plaudern. Vielleicht liegt es daran, dass heute kein Kreuzfahrtschiff angedockt hat. Wir schlendern durch die Stadt und schauen einem historischen Schauspiel zu. Eine Frau wird auf einer grossen Wippe ins Meer getaucht, das ist die offizielle Strafe fürs Rumnörgeln an ihrem Ehemann. Thomas freuts und Gabrielle ist froh, sind wir nicht verheiratet! Auf den Bermudas sehen wir rosarot: Alle Busse sind rosarot, viele Häuser sind rosarot, die Hautfarbe der Menschen ist rosarot, die Süssigkeiten sind rosarot, viele Bermudashorts sind rosarot, die Kniesocken jedoch sind schwarz oder weiss.

Am 7. Mai starten wir in Richtung Azoren.
Es wird eine sehr raue Überfahrt. Die meiste Zeit haben wir schweres Wetter, drei Kaltfronten holen uns ein, zwanzig Stunden müssen wir beidrehen. Bei einem Gewitter mit viel Regen stellen wir fest, dass unsere Wantendurchlässe und Luken nicht mehr dicht sind. Die Gummidichtungen haben unter den Karibiktemperaturen stark gelitten. Wir hängen PET-Flaschen und Schüsseln auf und leeren diese bei jedem Wachwechsel. Es wird richtig ungemütlich kalt und nass im Schiff. Nach monatelangem Barfussgehen fällt uns plötzlich wieder ein, dass wir Wollsocken an Bord haben. Wir fischen nicht, haben aber noch selbst eingemachten Fisch auf Vorrat.
Die letzten vier Tage scheint endlich die Sonne und der Wind bläst von Achtern. Wir trocknen Polster, Kleider, Ölzeug und putzen drinnen alles mit Süsswasser. Immer wieder besuchen uns in dieser Zeit Delfine, nachts sehen sie im fluoreszierenden Wasser wie Torpedos aus. Wir sehen einen grossen Hai und segeln ganz nahe bei zwei schlafenden Pottwalen vorbei. Portugiesische Galeeren zählen wir nicht mehr, denn eine Unmenge von ihnen driftet zwischen den Bermudas und den Azoren.
Nach 16 Tagen erreichen wir Flores, die westlichste Azoreninsel. Der Hafen ist klein und nicht sehr geschützt, aber nigelnagelneu. Wir sind die Ersten, die an der frischbetonierten Hafenmole ein Bild malen. Nur sechs Schiffe liegen im Hafen. Zum abendlichen Sundowner treffen wir uns natürlich auf dem kleinsten Schiff. Zu zwölft quetschen wir uns auf Roberts Boot zusammen. Unser aller Gewicht drückt das Heck ins Wasser, das Cockpit füllt sich über die Lenzrohre mit Wasser und wir bekommen nasse Füsse.
Auf der Überfahrt nach Faial beisst endlich wieder mal etwas an unserer Angel an, leider kein Fisch, sondern ein Vogel. Er schwebt wie ein Flugdrache hinter uns am Schiff. Glücklicherweise ist der Haken nur leicht am Schnabel eingehängt. Endlich an Bord gezogen, können wir ihn rasch befreien.
Von Horta aus fliegt Thomas für ein paar Tage in die Schweiz, um mit seinem schwerkranken Vater dessen siebzigsten Geburtstag zu feiern. Gabrielle erledigt in der Zwischenzeit einige Reparaturen und segelt an einer Regatta mit, ihr Schiff gewinnt. Kaum ist Thomas wieder zurück, erhalten wir die Nachricht vom Tode seines Vaters. Zusammen fliegen wir zur Abdankung für ein paar Tage in die Schweiz.

Viele Segler laufen nur gerade Horta auf Faial an, treffen sich im Peter’s Café Sport, und segeln weiter zu ihren Heimathäfen auf dem europäischen Festland. Wir sind gerne etwas länger auf den Azoren geblieben, denn jede Insel hat ihren eigenen Reiz.

Auf Pico erklimmen wir den höchsten Berg Portugals, den Vulkan Pico. Der Weg zum Gipfel ist sehr steil und führt über Geröll und spitze Steine. Oft wird der Vulkankegel von Wolken verhüllt, in denen sich schon Wanderer verirrt haben. Deshalb erhalten wir eine Sicherheitseinweisung per Video und einen GPS Sender. Unser anstrengender Aufstieg wird mit einer herrlichen Aussicht belohnt. Abends wenden wir einen Sportlertrick an und werfen ein Ponstan ein: Am nächsten Tag haben wir keinen Muskelkater, am übernächsten nur einen leichten.

FORTSETZUNG FOLGT

SV GATORALI – Teil 4

Mit Gabriel segeln wir südwärts bis Sandy Island und wieder zurück nach Martinique.
Leider ist auch er nicht seefest. Mit kurzen Schlägen, für ihn immer noch zu lang, hüpfen wir von Insel zu Insel. Auf Bequia in der Admiralty Bay kommt ein Fischer mit seinem verrotteten Kahn und röchelndem Aussenborder längsseits und will uns zehn Langusten verkaufen. Wir handeln einen für uns unglaublichen Preis raus, dank Zigaretten, welche wir auf den Kanaren zollfrei gekauft haben. Da der Fischer scheinbar ein starker Raucher ist oder viele rauchende Freunde hat, kommt er am nächsten Tag vorbei und bittet um eine einzelne Zigarette. Gabriel raucht eine mit ihm und gibt ihm ein paar dazu. Zufrieden tuckert er davon, um bald wieder mit sechs Langusten zu erscheinen. Er schenkt sie uns einfach so.
In den Tobago Cays sehen wir vom Schiff aus und beim Schnorcheln so viele Schildkröten und Rochen, dass wir mit zählen aufhören. Bei einem Morgenspaziergang am Sandstrand schrecken wir zwei kleine Haie im flachen Wasser auf und entdecken grosse Leguane im Gestrüpp, die sich hingegen nicht aus der Ruhe bringen lassen.
Wir „reparieren“ unseren Aussenborder, d.h. wir verschliessen den Ventildeckel, aus dem Öl leckt, mit Epoxypaste. Den Motor haben wir nötig. Oft bläst am Ankerplatz ein sehr starker Wind. Rudernd schafften wir es zu dritt in unserem Dinghy kaum bis ans Ufer.
Auf St. Vincent erklimmen wir den 1205m hohen Vulkan Soufrière. Unser Guide lotst uns den schlammigen Weg hoch, es regnet stark. Nach drei Stunden wandern werden wir auf dem Gipfel von Hagelschauern wieder den Berg runter gejagt.
Auf dem Rückweg nach Martinique müssen gegen den Passatwind aufkreuzen und werden oft durchgeschüttelt und salzwassergeduscht. Endlich angekommen, mieten wir ein Auto und fahren über die Insel. Gabriel ist froh, an Land Meilen zu machen ohne seekrank zu werden.

Wieder allein zu zweit segeln wir nach St. Pierre.
Bei einem Ausbruch des Vulkans Montagne Pelée wurde die Stadt 1902 innerhalb von zwei Minuten in Schutt und Asche gelegt. Dabei starben 30’000 Menschen. Der einzig Überlebende sass von dicken Zellwänden geschützt im Gefängnis. Alle Handelsschiffe, welche vor Anker lagen, wurden von Steinbrocken, die aus dem Vulkan geschleudert wurden, versenkt. Heute hat St. Pierre 5’000 Einwohner.

Täglich kommen in Roseau auf Dominica ein bis zwei grosse Kreuzfahrtschiffe an.
Das ist gut für die lokale Wirtschaft, schlecht für uns Segler. Die zwei- bis sechstausend Kreuzfahrer wollen in einem Tag die ganze Insel sehen und bezahlen diskussionlos jeden Preis. Wir führen deshalb harte Preisverhandlungen für Guides und Touren. Mit Holländern wollen wir zum Boiling Lake, einem 106°C heissen Vulkansee, wandern. Leider regnet es die ganze Zeit. Auf halbem Weg müssten wir einen Bach durchqueren, der nun zu einem reissenden Fluss angeschwollen ist. Wir kommen nicht weiter und kehren um. Mit Franzosen haben wir mehr Glück. Auf einer gemeinsamen Inselrundfahrt zu Wasserfällen und heissen Quellen sehen wir, wie grün und fruchtbar Dominica ist. Zusammen mit ihnen lassen wir uns auch den Indian River im Norden der Insel hochrudern.

In Pointe-à-Pitre, Guadeloupe, schlendern wir durch die Stadt und fühlen uns zum ersten Mal auf dieser Reise unwohl. Die Bewohner mustern uns argwöhnisch und rufen uns Unverständliches zu.

Weisse sind in manchen Quartieren, wie wir erfahren, nicht gerne gesehen. Von nun an bleiben wir auf der Hauptstrasse.
Mit Gabrielles Schwester Viviane umrunden wir Basse Terre, den Westteil Guadeloupes. Wir klettern auf den Houélmont, vier Stunden steil bergauf und bergab, was uns einen kräftigen Muskelkater einbringt. Wir kommen an Bananenstauden, Mango-, Papaya-, Kakao- und Akazienbäumen vorbei. Im Parque Marine Cousteau bei den Ilets Pigeon schnorcheln wir. Die Unterwasserwelt ist grandios. Wir ankern in einsamen Buchten, da wir Riffpassagen nicht scheuen. Nach acht Tagen verlässt uns Viviane schon wieder.

Mit Bram und Anja, welche wir auf den Kapverden kennengelernt haben, ankern wir in der Baie Mahault im Norden von Guadeloupe. Gemeinsam verbringen wir einen Tag auf Basse Terre. Wir wandern, baden unter Wasserfällen und besichtigen eine Vanille- und Kaffeeplantage. Es ist schon dunkel, als sie uns mit ihrem schnellen Dinghy zur GatoRali bringen. Der Aussenborder hinterlässt eine breite, leuchtende Spur im Wasser. Noch nie haben wir so starkes Meeresleuchten erlebt. Nachts brauchen wir kein Licht auf dem Klo, denn beim Spülen leuchtet es hell in der Schüssel und in den Schläuchen.

Auf der Überfahrt nach Antigua beisst ein grosser Marlin an.
Viermal springt er und dann hat er sich schon losgerissen. Wir sind erleichtert, denn dieser Fisch ist eindeutig zu gross für uns.

In English Harbour klarieren wir ein und ankern in den Mangroven, weshalb wir nachts regen Besuch von Stechmücken bekommen. Wir sind auf der Suche nach einem Alternator und einem Aussenborder. Beide funktionieren nicht mehr. Wir finden weder das eine noch das andere. Den Aussenborder verschenken wir als Ersatzteillager an die Holländer vom Boiling Lake. Beim Alternator reinigen wir die Kohlebürsten und die Kupferkontaktringe, und siehe da, die Ladespannung beträgt 14,2 V, so viel wie nie zuvor.
An der Westküste Antiguas segeln wir an schneeweissen Sandstränden entlang durch türkisgrünes Wasser. Vor dem North Sound sehen wir eine Buckelwalkuh mit ihrem Kalb. Das junge springt pausenlos aus dem Wasser. Wir nähern uns bis auf 50m und geniessen dieses Spektakel etwa eine halbe Stunde lang. Leider haben wir kein einziges brauchbares Foto, da wir in der Aufregung den Fotoapparat falsch eingestellt haben.
Die Ankerplätze im North Sound sind wenig besucht. Vielleicht schreckt die Slalomstrecke um Korallenblöcke einige Segler ab, vielleicht ist jetzt gerade nicht viel los. Egal, wir geniessen das Schnorcheln und die Einsamkeit. Wir holen sechs Conchs (Fechterschnecken) vom Meeresgrund. Mit Hammer, Schraubenzieher und Messer lösen wir sie aus dem Gehäuse, schälen sie und klopfen sie mit dem Hammer weich. Mit Limetten, Ingwer und Reis ergibt das ein leckeres Nachtessen.
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SV GATORALI – Teil 3

Zwischen La Palma und El Hierro fangen wir kurz vor Sonnenuntergang zwei Bonitos.
Beide zusammen wiegen 16kg. Zu viel Fisch für uns allein. Einen Teil essen wir gleich, einen Teil kochen wir ein und den Rest trocknen wir nach dem 3S – Verfahren: Säubern, Säuren (mit Zitronensaft oder Essig), Salzen. Wir haben immer noch viel zu viel Fisch, deshalb organisieren wir ein gemeinsames Essen mit den Seglern an der Hafenmole von Puerto de la Estaca. Den letzten Teil der Fische tauschen wir mit amerikanischen Ärzten gegen „Health Food “ ein, Reis mit Erbsen im Alubeutel. Wir kochen lieber selbst und behalten diese Mahlzeiten in Reserve, falls es mal stürmt.

Nach einer gemütlichen Überfahrt zu den Kapverden ankern wir in Palmeira auf Sal.
Frisches Wasser gibt es nur von der Dorfzisterne. Gabrielle trägt einen Wasserkanister auf dem Kopf. Das bleibt nicht unbemerkt. Beim Einkauf in der Merceria werden wir darauf angesprochen, die Einheimischen haben ihre Freude daran. Die Menschen sind zu Beginn oft etwas scheu, aber immer freundlich. Nach ein paar Tagen werden wir lieb gegrüsst und manchmal ergibt sich ein kurzes Gespräch. Gabrielle behandelt zweimal den Dorfpolizisten, er hat die Halskehre. Wahrscheinlich ist er beim Fernsehen auf dem Posten in einer schrägen Haltung eingeschlafen.
Wir erleben ein europäisches Afrika: Die Preise sind fix und für uns gleich wie für die Kapverden. Die Auswahl ist klein. Vor allem Früchte und Gemüse sind relativ teuer, da alles ausser Fisch importiert werden muss.

Der frische Fang wird im Hafen gleich zerlegt und verkauft, die Abfälle zurück ins Wasser geworfen. Wir warten auf Thomas Tochter Toja. Zum Zeitvertreib und als Training tauchen wir jeden Tag mehrmals der Ankerkette im trüben Wasser entlang. Wir sehen nicht viel, ist auch besser so, denn wer weiss, was alles von den Fischabfällen angelockt wird.

Mit dem Sammeltaxi fahren wir zum Hauptort von Espargos. Abends spielen Knaben Fussball und Jugendliche sitzen vor ihren Laptops, denn hier hat es freies Internet. Am Nachmittag sah es hier noch ganz anders aus. Senegalesen versuchten Sonnenbrillen, Uhren, Schmuck oder Strandtücher zu verkaufen, einheimische Frauen boten Bananen, Papayas, Yams, Tomaten und Peperoni (Paprika) feil. Toja ist da und wir segeln weiter.
Die Kapverdischen Inseln unterscheiden sich stark: Sal, Boavista und Santa Luzia sind karg und kahl, São Nicolau und São Vicente sind fruchtbar und grün. Die Menschen sind überall aufgeschlossen, aber nicht aufdringlich. In Mindelo bereiten wir uns für die nächste Überfahrt vor: Ein paar kleinere Reparaturen, grosse Wäsche und Grosseinkauf. Gemüse und Früchte kaufen wir bei den Händlerinnen am Strassenrand ein. Teigwaren, Reis, Mehl und Konserven haben wir in Bordeaux ausreichend gebunkert und auf den Kanarischen Inseln sicherheitshalber aufgestockt.

Wir starten am Sonntag, den 5. Dezember 2010, unsere Atlantiküberquerung.
Wir erleben keine klassische Überfahrt mit konstantem Nordostpassat. Die ersten drei Tage kommen wir trotz schwachen nördlichen Winden gut voran, dann kriegen wir schon die ersten Squalls ab, kalte Gewitterzellen ohne Blitz und Donner. Die Ausläufer eines atlantischen Tiefs lassen uns 18 Stunden selbst steuern, da die Kombination von sehr starkem Wind aus Nordost und hohen Wellen aus Nord unsere bisher stets zuverlässige Windsteueranlage überfordert. Toja hat es nicht leicht, sie ist oft seekrank, denn der Wind bleibt nach dem Sturm stark. Die Windsteueranlage übernimmt das Ruder wieder zuverlässig.

Wir fangen keine Fische, beisst doch mal einer an, so reisst er sich mit Köder los oder es ist ein Kugelfisch. Da wir keine Japaner sind, essen wir ihn nicht.

Am 24. Dezember 2010 kommen wir in Scarborough auf Tobago an und klarieren ein.
Wie in der Schweiz wird Weihnachten auch hier mit der Familie privat gefeiert. Es ist schwierig ein Restaurant zu finden. Schliesslich essen wir eine Pizza beim Italiener. Als die Musik so laut abgespielt wird, dass wir nicht mehr miteinander reden können, gehen wir heim zur GatoRali.

Auf der Überfahrt bekamen wir fast jede Nacht Regenschauer ab. Seit wir in der Karibik sind, regnet es sehr oft auch tagsüber. Das ist gut für Deck und Segel, so werden sie vom Salz befreit, weniger toll für uns, weil wir nicht so häufig duschen wollen. Die Flüsse und Bäche führen Hochwasser und spülen viele Trübstoffe ins Meer. Deshalb ist die Sicht unter Wasser schlecht. Die zwei Schwarzspitzen Riffhaie, die sich angeblich in der Store Bay tummeln, sehen wir beim Schnorcheln nicht.
Mit einem Mietauto und zu Fuss erkunden wir Tobago. Wir spazieren im Regenwald und baden unter Wasserfällen. Ein Rastaman offeriert uns eine im Feuer gebackene Brotfrucht, sie schmeckt wie eine Mischung aus Kartoffeln und Marroni, zusammen mit einer Knoblauch-Zwiebel-Peperoni-Sauce hervorragend. Er offeriert uns frische Kakaobohnen, welche von einer weissen, gallertartigen, süssen Paste umgeben sind. Wir lutschen sie wie ein Bonbon, essen kann man sie nicht. Mit seiner Machete schlägt der Rasta von einer wilden Bananenstaude einen grossen Büschel mit unreifen Früchten ab. Wir schälen ein paar grüne unreife Bananen mit öligen Händen, weil sie so klebrig sind und kochen sie wie Kartoffeln, den Rest hängen wir an die Reling. Nach einer Woche essen wir jeden Tag reife Früchte. Toja verlässt uns am 3. Januar 2011. Wir segeln die Nacht durch nach Grenada. In der Prickly Bay treffen wir Shuin und Laurent aus Bordeaux, die auch für ein Jahr mit ihrem Schiff unterwegs sind. Mit ihnen ankern wir in verschiedenen Buchten von Grenada und besuchen die Hauptstadt St. George’s.

Auf Sandy Island erleben wir endlich die Bilderbuch-Karibik.
Das Wasser ist klar und das Schnorcheln ein Genuss. Wir fangen wieder mal einen Fisch, einen Barrakuda. Gegen Wind und Wellen kreuzen wir in Tagesetappen nordwärts nach Martinique um Thomas Sohn Gabriel abzuholen. Auf St. Lucia wollen wir in der Jalousie Bay übernachten. Wir kommen erst in der Dunkelheit an, zum Ankern ist es hier zu tief. Es hat Bojen, doch wo sind sie? Es regnet in Strömen und wir brauchen lange, bis wir endlich die letzte freie Boje entdecken. Dummerweise fehlt an dieser Boje der Belegring. Nach mehreren vergeblichen Versuchen eine Leine gegen den starken Wind um die Boje zu werfen, hilft uns ein Einheimischer, der glücklicherweise gerade zwei Leute mit seinem Dinghy zum Nachbarschiff brachte. Völlig durchnässt geben wir ihm ein paar Dollars und damit er auf dem Heimweg nicht friert, verlangt er noch einen kräftigen Schluck Rum. Die ganze Nacht hindurch rütteln Fallböen an der GatoRali. Am Morgen dann ist es ruhig und die faszinierende Kulisse zwischen den beiden Vulkankegeln, den Pitons, und die reichhaltige Unterwasserwelt entschädigt uns für all die Mühen.

Die Marina Le Marin in Martinique ist übervoll, damit haben wir nicht gerechnet. Zuerst werden wir abgewiesen und ankern neben dem Fahrwasser vor dem Hafen. Wir hören den Hafen-Funkverkehr auf Kanal 09 mit und Gabrielle meldet sich nervensägemässig jede Viertelstunde. Nach fünf Stunden bekommen wir so einen Platz am Steg.
Wir müssen wohl auf manche Segler einen erbarmungswürdigen Eindruck machen. Schon auf den Kapverden schenkte uns eine Chartercrew 70 Liter Wasser in Flaschen und Esswaren, in Grenada erhalten wir einen defekten Aussenborder und in le Marin (Martinique) bekommen wir wiederum von einer Chartercrew 42 Flaschen Wasser, 48 Dosen Bier, 2 Liter Rum, 10 Liter Milch, 2 Flaschen Rotwein, Orangen, Limetten, Grapefruits, Kokosmilch, Toastbrot, Zwieback, 5 Säcke Holzkohle und vieles mehr. Kaum haben wir dieses verspätete Weihnachtsgeschenk verstaut, ist auch schon Gabriel da. Es liegt auf der Hand, dass wir nun einen Holzkohlegrill brauchen, diesen finden wir auf einem Flohmarkt für Bootszubehör. Was jetzt noch fehlt, ist der Fisch, zum Glück nicht lange. Barrakuda mariniert und grilliert schmeckt einfach köstlich. Wir brauchen uns keine Sorgen wegen Ciguatera zu machen, denn südlich von Guadeloupe existiert sie nicht.
FORTSETZUNG FOLGT

SV GATORALI – Teil 2

In Camariñas lassen wir GatoRali an der alten Hafenmauer trocken fallen.
Ein kleines Abenteuer! Wir verlagern möglichst viel Gewicht, wie Wasser- und Dieselkanister, auf die Steuerbordseite, damit sich das Schiff auf dieser Seite an die Mole lehnt. Wir versuchen den Schaden am Ruder zu beheben, was uns leider nicht gelingt. Bei Flut um Mitternacht kommen wir nicht los, der Kiel kommt nicht vom Grund weg. Auch mit Vollgas im Rückwärtsgang geht es nicht. Alle schweren Sachen wandern an Land, Thomas auch. Erst mit einer langen Leine von Land her über die Genuawinsch kann Gabrielle GatoRali rückwarts ins tiefere Wasser ziehen.
Von Muxia segeln wir unter Fock und Grosssegel los, schon bald binden wir das erste Reff ins Gross, dann wechseln wir die Fock gegen eine kleinere aus und reffen das Gross ein weiteres Mal, um es später ganz zu bergen. Das Cabo Finisterre gilt als Starkwindgebiet und ist es auch heute. Nur mit der kleinen Fock gleitet GatoRali auf räumlichem Kurs durch die Wellen, die Delfine freuts. Stundenlang begleiten sie uns und bieten eine Show mit vielen eindrucksvollen Sprüngen neben uns, vor uns und hinter uns.

In Portosin hebt ein Kran unser Schiff aufs Trockendock. Der Hafenmeister ist zwar ausgebucht, doch als er mitbekommt, dass wir Deutsch sprechen, findet er eine Lücke für uns. Er hat jahrelang in Düsseldorf gearbeitet und freut sich, wieder mal Deutsch zu reden: „Pass maa auf, machen wir so.“ Und schon ist GatoRali aus dem Wasser. Die ursprüngliche Fixierung des Skegs ist mangelhaft und hat Spiel. Hier kam das Wasser rein. Wir nehmen es ab und lassen das Schiff trocknen.

Das Hinterland von Galizien riecht gut.
Mit dem Mietauto fahren wir durch Pinien- und Eukalyptuswälder. Leider sehen wir auch jeden Tag Waldbrände. In unserer Bucht holen die Löschflugzeuge Wasser. Wir besichtigen Santiago de Compostela, Finisterre, Muros, Isla d’Arousa, Vigo und vieles mehr.

Portosin gefällt uns sehr: Ein schlichtes Fischerdorf ohne Touristenattraktionen. Jeden Morgen heulen die Sirenen, wenn die Fischer einlaufen, abends essen wir in der einzigen Bodegon Sardinen und weitere Tapas.

Wir bauen das Skeg mit Epoxy und Glasfasermatten neu auf, das dauert. Nach zehn Tagen ist es endlich soweit. Die Reparatur ist fertig, das Ruder wieder montiert. GatoRali bekommt noch einen neuen Unterwasseranstrich von uns und ab gehts wieder ins Wasser. Obwohl wir beide dieses Prozedere schon mehrmals erlebt haben, sind wir nervös. Die Marineiros aber beherrschen ihr Metier und setzen das Schiff sanft zurück ins nasse Element.
Wir haben Glück im Unglück. Die Marina bot uns allen Komfort, wir konnten frei am Schiff arbeiten und jeden Tag am Hausstrand nebenan baden.

In kurzen Tagesetappen gelangen wir der Küste entlang nach Süden.
Im Windschatten der Islas Cies wettern wir gut geschützt eine Kaltfront ab, es pfeifft gewaltig, das Wasser fliegt von den Wellenkämmen hinter uns.

In Baiona finden wir innerhalb einer Stunde alles, was auf unserer maritimen Einkaufsliste steht.

Nur mit dem Echolot als Navigationshilfe suchen wir unseren Weg durch die Sandbänke in den Grenzfluss Foz do Minho. Papierkarten haben wir von dieser Region keine und die elektronischen sind ungenau. Nun verlassen wir Spanien und ankern auf der portugiesischen Seite, wo wir geschützt eine sehr ruhige Nacht verbringen.
Ganz anders geht es im Vorhafen von Leixoes bei Porto zu. Morgens um acht werden wir durch drei Signaltöne geweckt, gefolgt von einem riesigen Knall, der unser Schiff vom Kiel bis in die Mastspitze erzittern lässt. Der Hafen wird für Kreuzfahrtschiffe vertieft, zuerst wird gesprengt und dann ausgebaggert. Wir flüchten vom Lärm und besuchen Porto. Abends machen wir dann Lärm. Alle Segler der hier geankerten Schiffen treffen sich am kleinen Hafenstrand für einen Sundowner. Mit Australiern, Südafrikaner, Belgier, Franzosen trinken wir Bier bis die Polizei auftaucht. Sie kommt nicht wegen des Lärms, sondern weil wir neben einer Gasleitung feiern. Nicht nur die Raucher gucken etwas irritiert und wir verlagern die Party auf das Schiff der Südafrikaner.
Unterwegs nach Nazaré sehen wir Haie an der Wasseroberfläche. Wir spüren gerade keine Lust zum Baden! In Nazaré treffen Tourismus und Tradition aufeinander. In Trachten gekleidete Frauen legen Fische zum Trocknen an der Sonne auf Holzgestelle, während sich ein paar Meter entfernt Badesgäste im Sand räkeln.

Von Lissabon aus setzen wir zur Insel Porto Santo über.
Wir haben ein gutes Wetterfenster. Der Wind nimmt stetig zu. Wir erreichen in den Surfs die Wellen runter mehr als zehn Knoten. Wir sehen kaum Schiffe, dafür fangen wir täglich Fische. In Porto Santo wandern und tauchen wir oder gleichen unseren Schlafmangel aus.
Auf Madeira gönnen wir uns einen Liegeplatz in der Marina von Quinta do Lorde, mieten ein Auto und erkunden die Insel. Wir sind fasziniert von den schroffen Lavaklippen und wandern alten Bewässerungskanälen (Levadas) in den hoch gelegenen Wäldern entlang. Diese Insel ist so gebirgig und steil, dass die Landepiste vom Flughafen auf Betonpfeiler ins Meer hinaus gebaut wurde. Unter dieser breiten Piste befinden sich Fussballfelder, Tennisplätze, Schiffe auf dem Trockenen und Parkplätze.
Auf dem Weg zu den Kanarischen Inseln stoppen wir bei Selvagem Grande und Selvagem Pequena. Beide Inselchen gehören zu Portugal und sind Naturschutzgebiet. Wir werden vom Parkwächter zu einem Bier und einer Inselbesichtigung eingeladen. Hier gibt es einige endemische Tier- und Pflanzenarten, z.B. Sturmvögel, die nur hier brüten und deren Ruf tönt, wie wenn Kinder in Plastiktröten aus Tischbomben pusten, und Gekkos. Aus den ansässigen Sukkulenten wurde früher Seife gewonnen.

Auf La Graciosa geniessen wir Sonne, Sand und Meer, sonst ist nichts los.
Trotzdem finden wir gerade hier die lange gesuchte Popnietzange in der kleinen Ferreteria.

Immer wieder treffen wir die Segler von Leixoes und auf Lanzarote feiern wir Ewans Geburtstag in einem kleinen Fischrestaurant. Dafür fährt die Besatzung von drei Schiffen mit zwei Beibooten an den Strand. Gabrielle sitzt mit Tony und Oscar im glücklichen Dinghy und isst ihren Zackenbarsch in trockenen Kleidern. Das Geburtstagskind, sein Vater Gerd und Thomas werden beim Anlanden von einer grossen Welle erfasst, das Beiboot überschlägt sich und alle werden getaucht. Zum Glück geht nichts verloren und der Aussenborder springt gleich wieder an. Den Wirt stört es nicht, dass die drei eine Sand-Wasser-Spur durchs Restaurant ziehen. Zum Aufwärmen spendiert die gute Seele nach dem Essen nicht nur ein Gläschen Schnaps, sondern stellt gleich eine ganze Flasche Ron Miel auf unseren Tisch.
Auch auf Lanzarote mieten wir ein Auto und fahren durch die archaisch bizarre vulkanische Landschaft. Obwohl nur 120ml Regen pro Jahr fällt, wird Wein angebaut, dank der porösen Vulkanasche, die den Morgentau speichert.

An der Küste vor Fuerteventura sehen wir Grindwale und fangen einen fetten Bonito.
Auf Gran Canaria ankern wir vor einer Hotelanlage an der berühmten Playa Ingles und trinken im touristischen Puerto Mogan das teuerste Bier unserer Reise. An der felsigen, steilen Nordwestküste sind wir hingegen ganz allein und schnorcheln drei Tage lang mit Nacktschnecken, Zackenbarschen und roten Papageienfischen.

Auf Tenerife durchqueren wir weite Lavafelder und sehen den höchsten Berg Spaniens, El Teide. Juan, den wir auf Selvagem kennengelernt haben, fährt uns ins Landesinnere in die Berge nach La Laguna. Wir sind auf 500 Meter über dem Meeresspiegel, es regnet und wir frieren, auf einen solchen Temperaturunterschied waren wir nicht gefasst. Juan nimmt uns mit in einige der schönsten und stimmungsvollsten Tapaderas. Wir essen kanarische Spezialitäten, wie Queso asado (frittierter Ziegenkäse) und Papas arrugadas (im Meerwasser gekochte Pellkartoffeln).
Im und um den Hafen von Santa Cruz haben wir gute Möglichkeiten uns mit Schiffszubehör einzudecken. Wir kaufen ein AIS und bauen es ein. Alle grossen Schiffe senden permanent ihre Position, Geschwindigkeit, Kurs und Schiffsname über UKW. Auf dem AIS-Bildschirm empfangen und sehen wir Schiffe im Umkreis von 16 Seemeilen. Wir können viel früher reagieren, wenn ein Schiff auf uns zusteuert. Die Nachtwachen werden entspannter, allerdings haben wir dann auf der sechstägigen Überfahrt von den Kanaren zu den Kapverden nur drei Frachter in sicherem Abstand gesehen.

Die Kanaren sind ein Starkwindgebiet. Zwischen den Inseln wird der Wind wie in einer Düse beschleunigt, wir haben Spass und segeln meist gerefft.

Wir lieben die kleinen kanarischen Bananen. Auf La Gomera wachsen sie in Hülle und Fülle und schmecken uns besonders gut. Die Dörfer zwischen den Plantagen setzen sich farbenfroh vom satten Grün ab.
FORTSETZUNG FOLGT

SV GATORALI – WIE ALLES BEGANN – FORTSETZUNGSGESCHICHTE

Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser
2004 kauften wir ein Segelboot in Bordeaux: GatoRali, eine 30 Fuss polyesterverstärkte Sperrholz- Eigenkonstruktion aus dem Jahre 1978, mit Pinnensteuerung, ohne Sprayhood, Bimini, elektrische Ankerwinsch, ohne Rollgenua, dafür drei Vorsegel zum Wechseln.
Mit ihr segelten wir jeden Sommer der atlantischen Küste Frankreichs entlang nach Süden oder Norden, bis La Coruña in Spanien oder über die Scilly Inseln bis nach Plymouth im Süden Englands.
Im Juli 2010 wagten wir den Sprung über den Atlantik, verbrachten den Winter in der Karibik und kamen im August 2011 zurück nach Torrevieja in Spanien im Mittelmeer.
Eigentlich sind wir jetzt, wo wir dieses Vorwort schreiben, an der Arbeit an einem Buch über die Reise mit unserem Segelboot Maselle, welche 2015 in Bordeaux begann und 2020 durch Corona in South Carolina unterbrochen wurde. Aus einer Laune heraus haben wir unsere alten Reiseberichte von 2010/2011 hervorgenommen und fanden, weshalb nicht zuerst daraus ein Büchlein zu gestalten, kurz und knapp, schnell zu lesen, mit Bildern natürlich, die dich träumen lassen und das Fernweh und die Abenteuerlust wecken.
Auch wenn sich in den letzten Jahren vieles verändert hat, die Welt gefühlt enger geworden ist, die Mehrheit der Charterboote in der Karibik Katamarane sind, die Ankerplätze durch Bojenfelder ersetzt wurden, ist dennoch vieles möglich, wenn man denn lossegelt.
Muttenz im März 2021
Gabrielle Heggli Guerra und Thomas Guerra

Den Hafen von Bordeaux zu verlassen ist nicht einfach.
Drei Brücken und zwei Schleusentore müssen geöffnet werden. Über zwei Brücken fährt ein Tram. Nun lässt sich eine Brücke bei Hitze nicht öffnen, da sie sich zu weit ausdehnt oder die Trambetreiber verweigern einen Unterbruch der Tramverbindung oder die Schleusenwärter streiken. Nach fast vier arbeitsreichen Wochen in Bordeaux können wir am Samstag, 24. Juli glücklich die Schleuse passieren, fahren gemütlich die Garonne und Gironde runter. In Pauillac schauen wir den Velorennfahrern der Tour de France zu.
Die Weiterfahrt nach Port Medoc wird mühsam: Zwar segeln wir anfänglich mit gutem Wind, leider dreht dieser zu unseren Ungunsten auf die Nase und wird stärker, so dass wir keinen Meter in Richtung Ziel gutmachen. Wir starten den Motor und stampfen die letzten 12 Meilen durch unangenehme Wellen, bis wir endlich um halb zwei nachts im Hafen anlegen. Nach ein paar Stunden Schlaf und einer guten Hafendusche segeln wir über die Gironde nach Royan und testen unsere Windsteueranlage, die wunderbar funktioniert. Abends besuchen wir mit Freunden aus Bordeaux ein klassisches Konzert am Strand. Am nächsten Morgen in der Früh werfen wir unsere Leinen los und überqueren den Golf von Biskaya. Unser Ziel ist La Coruña.
Das uneingeschränkte Seglerglück an der spanischen Atlantikküste dauert etwas mehr als eine Woche. Wir hatten eine gute Überfahrt nach la Coruña, sahen Meeresleuchten und Delfine. La Coruña präsentiert sich uns als Mischung zwischen Fischereihafen, lebendiger Grossstadt mit Shopping-Meilen und verwinkelter Altstadt, Bade- und Touristenort. Wer frittierte Meeresfrüchte mag, ist in Galizien genau richtig. Leider stellen wir fest, dass vom Ruder her etwas Wasser ins Schiff dringt. Trotzdem machen wir kurze Schläge der galizischen Küste entlang und ankern vor Fischerdörfern. Stets haben wir starken Wind und obwohl das Wasser 15°C kalt ist, baden wir täglich im Meer.

FORTSETZUNG FOLGT

DER WINDPILOT HAT SICH DAS BEIN GEBROCHEN

Nach einem harten Arbeitsleben
hat sich der Windpilot der See ergeben
der Atlantik hatte ihm das Bein gebrochen
am unteren Knochen
Oh Schreck,
denn plötzlich war das Ruder weg.

ARBEITSZEITVEREINBARUNG
Die Steuerzeiten mussten neu vermessen werden
nachdem der Steuerknecht frech den Job geschmissen
die Schweizer hatten fortan selbst steuern
anstatt die Nerven schlafend zu erneuern
eine fette Strafe, jedenfalls, wenn man sich daran gewöhnt,
dass steuern still und automatisch geht,
derweil man sich wohlig in der warmen Koje dreht,
weil der Peter steuert, ohne Schlafen
bis zum Hafen
mindestens!

WER SCHLÄFT, SÜNDIGT NICHT
Weil man auf See an Deck eigentlich nix versäumt
wenn die See dort schäumend das Cockpit räumt,
und der Mond seine einsamen Runden dreht
derweil der Peter macht, wofür er gebaut
und dem Weib nicht Tag und Nacht versaut
sie sich in Ruhe auf den Landgang vorbereiten kann
um sich zur flotten Skipper Biene zu gerieren
für den eigenen Skipper Mann, der ansonsten auf allen Vieren
obwohl er doch fast alles kann
inklusive steuern.

DOKTOR FÖRTHMANN
Die Schadens Diagnose erfolgte online und über Nacht
Peter hatte da nix falsch gemacht,
seinerzeit in seinen wilden jungen Jahren,
denn der Windpilot war bereits im Rentenalter
war mit 40 Jahren kein frischer Falter
zumal er an filigranem Balkongeländer
wenig solide angeschraubt
mit Verlaub!

EIN FRAGE DER EXISTENZ
Wie soll denn ein Hersteller existieren,
wenn seine Produkte so ewig lange leben?
Wie soll er seine Miete leisten
wovon soll er Laster, Luxus und seine Frau bezahlen?
Ist er mit 71 Jahren noch nicht alt genug
für den Ruderbruch?
Es wurde Zeit,
endlich war es soweit:
die Schweiz bezahlt!

Danke Gabrielle – Danke Thomas
es wurde Zeit, dass wir uns kennen zu lernen hatten!

WIESO WARUM WESHALB

Warum das Heck unserer Maselle (Melody 34) eine Pacific von Windpilot ziert.

Als unsere alter Windpilot Atlantic das Bein brach, begann unsere Suche nach einer neuen Windsteueranlage. Am Schluss kamen drei Modelle verschiedener Hersteller in die engere Wahl. 
Jedes hat ihre Pros und Contras. 

Wir haben uns für die Pacific entschieden, weil:
– sie uns empfohlen wurde.
– sie im Internet gut abschneidet.
– Peter Foerthmann umfangreiches Bildmaterial zur Montage auf verschiedene Bootstypen hat.
– Peter nie schläft und auf unsere Emails in gefühlten Sekunden antwortet.
– die Beratung und Betreuung schlichtweg genial sind.
– das Prinzip und die Montage einfach sind. (Geliefert 09h25, montiert 12h36)
– sie innert Tagen geliefert wird.
– der Preis stimmt.
– keine weiteren Steuern und Taxen anfallen.

Danke Peter, du bist immer fröhlich und guter Laune. Wir hatten das Gefühl, du hättest die Pacific am liebsten gleich selber zu uns in die USA gebracht und bei der Montage mitgeholfen. 

Gabrielle und Thomas
SY Maselle
Beaufort NC, USA
2. Mai 2018

Jetzt kannst  du dich endlich schlafen legen, Marzena freut sich sicher.
Die erste Review für deine homepage schicken wir gleich ab, die zweite folgt, wenn wir wieder Wasser unter dem Kiel haben.
Wir gehen nun ans Cockpit.
Herzlichst
Gabrielle und Thomas 

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Eine Antwort zu SV Maselle

  1. so einen schönen, informativen und auch lyrisch gelungenen Bericht liest man dich gerne besonders wenn man grad die eigene Melody ausrüstet! Weiter so, mit dem Ssegeln und dem Reimen!!

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