Cabo Rico 34

EINE LIEBE IN DEN ZEITEN VON CHOLERA
Diesem wundervollen Roman von Gabriel García Marquez galt mein erster Gedanke, als ich vorgestern Gerrit´s atemberaubenden Geschichte seiner am Ende erfolgreichen Suche nach dem Traumschiff erfahren habe. Einer Suche, die sich durch Corona fast zerschlagen hätte: Einer Schiffsliebe in den Zeiten von Corona.
Ich begleite Gerrit´s Lebensgeschichte zumindest in Bezug auf schwimmfähige Untersätze seit vielen Jahren und es muss hier nicht wiederholt werden, wie die Dinge sich entwickelt haben. Ich schleiche mich stets vom Achterdeck heran! Dass darüber eine Freundschaft besonderer Art entstanden ist, liegt in meiner Neugierde begründet, die mich stetig treibt, Zusammenhänge zu hinterfragen … um ein besseres Bild meines Gegenübers zu erhalten.

Mein Bild eines Lehrers, der gemeinsam mit seiner französischen Frau Carole seiner Familie in Steinhude behutsam und vorsichtig auf seiner Biga 24 im seichten Wasser des Steinhuder Meeres den eigenen Sehnsüchten näherbrachte, ist mir immer noch im Kopf. Seine Träume vom Segeln über tiefem Wasser wurden in jahrelanger Arbeit psychologisch und handwerklich geschickt, in die Praxis umgesetzt. Ich bin ins Spiel gekommen, als die Sheik Yerbouti, eine van de Stadt 36 erworben und für die grosse Reise präpariert, dem Skipper samt seiner Familie vermutlich die letzten Nerven raubte, weil in einem solchen Stadium – eine Schiffsbaustelle mit familiären – und beruflichen Pflichten zu synchronisieren, das Leben zu einem Hochseilakt gerät, der überall Spuren hinterlässt, an dem schon Familien zerbrochen sind.

Die erschütternden Geschichte eines Gebrauchtschiffskauf wurde von Gerrit selbst erzählt:

Vorsicht Anfenger! – Gebrauchtboot Kauf zwischen Traum und Alptraum

Die Nerven lagen jedenfalls blank, wurden hernach auf See noch ungemein poliert, was sich ohne Worte trefflich mit jenem wundervollen Foto belegen lässt, dass ich wie einen Schatz hüte und seither verwende:
Die Reise endete in Spanien, die Familie reiste zurück ins heimatliche Revier am Steinhuder Meer … das Schiff wurde verkauft … die Kinder wuchsen heran … in toto eigentlich eine Lebenserfahrung, die für den ganzen Rest des Lebens ausreichen würde, mit dem Segeln abzuschliessen. In Steinhude allerdings haben die Ereignisse eher das Gegenteil bewirkt. Die Drähte glühten bei der Suche nach einer besser geeigneten schwimmenden Geliebten, die für die Träume eines Vater´s für weitere Abenteuer auf See besser geeignet ist.

Es vergingen einige Jahre in deren Verlauf auch zwischen Steinhude und Hamburg manche Mails gewechselt wurden … nicht immer ging es um Schiffe, meinem eigentlichen Lieblingsthema, denn wer Heckverzierungen baut und verkauft, hat sich zumindest für Hecks von Schiffen zu interessieren, für mich wurde das zum Lebensthema, was nachzulesen ist.

In 2018 dann ein Alarmruf: es wurde eine CABO RICO 34 in der Bretagne angeboten, die Gerrit´s Herz zum Rasen brachte, ein wundervolles Schiff, von William Crealock entworfen, mit langem Kiel angehängten Ruder, einem Schwergewicht, das in der Blauwasserszenerie – zumindest in den USA – legendären Ruf geniesst. In Europa dagegen vergleichsweise unbekannt, hätte man davon ausgehen können, dass dies Schiff schwer verkäuflich sein würde. Ein Irrtum, der Gerrit einige traurige Nächte verursacht, weil ihm ein Franzose das Schiff vor der Nase weggekauft hat. Logisch, dass so eine Erfahrung an der Seele nagt – Gerrit war angeschärft, musste hingegen zwei volle Jahre warten, bis erneut eine Cabo Rico 34 angeboten wurde – dieses Mal in Martinique, allerdings EU taxes paid, also ohne Importzirkus der besonderen Art, für ein Schiff, dass ansonsten aus den USA kommend, die EU Steuerhürden – teuer! – zu überwinden hätte.

Gerrit war unmittelbar bereit, bei der Air France ein Ticket zu erwerben. Es war März, Corona kam dazwischen, Geduld war angesagt. Hier unser Schriftwechsel:

Hallo Peter,
danke für deine Hinweise, so etwas habe ich mir auch gedacht. Ich zögere die Sache hinaus. Was nutzt mir ein Schiff auf Martinique, dass ich unter Umständen vor der Zeit der tropischen Stürme nicht in die mittleren Breiten überführen kann und nicht versichert bekomme.
Beste Grüße, Gerrit

Meine Antwort auf der Stelle:

Moin Gerrit, Füsse still halten … das ist die richtige Devise … denn ein Schiff an falscher Stelle entwickelt sich schnell zum Klotz am Bein … den man da gar nicht haben möchte, zumal in dieser Zeit … bin erleichtert, dass Du nicht deinen Trieben gefolgt bist …
Allerbest
Peter

Unabhängig vom Lebensalter: Warten und Geduld gehört zu den Disziplinen, die jeden Menschen in Aufruhr bringen, mich eingeschlossen. Mit ein paar Wochen Zeitversatz, erhalte ich gestern folgende Mail:

Moin Peter,
ich muss dir beichten, dass ich die Cabo Rico 34 nun doch gekauft habe. Du weißt, wenn ich ein Schiff kaufe, oder verkaufe ist das meistens mit ziemlich unerwarteten Wendungen und teils bösen Überraschungen verbunden. Die letzteren blieben bislang glücklicherweise aus, aufregend ist es aber – besonders in Zeiten wie diesen – dennoch. Ich erfuhr, dass es sich bei der CR um genau das selbe Schiff handelte, dass ich vor zwei Jahren in der Bretagne besichtigt hatte. Mein Vorgänger, der mir das Boot damals vor der Nase wegkaufte, ist in Rente und hat 2019 das Boot für eine Weltumsegelung ausgerüstet. (Aufgrund vieler Neuerungen war mir zunächst nicht aufgefallen, dass es sich um genau das selbe Boot handelte). In genau diesem Jahr hat er sich in eine Dame verliebt, die noch nicht in Rente gehen kann. Er hat seine Angebetene dann auf der einhändigen Überfahrt nach Martinique so vermisst, dass er nach seiner Ankunft das Boot zum Verkauf angeboten hat.

So konnte ich auch von ihrer romantischen Geschichte profitiere. Da ich mich sowieso in die CR 34 verliebt hatte und es  in den vergangenen zwei Jahren kein Boot auf dem europäischen Markt gab, bin ich schwach geworden.

Ich habe einen unabhängigne Sachverständigen das Boot begutachten lassen. Dieser war mir von einem Freund empfohlen worden, der 20 Jahre auf Martinique gelebt hatte, nun aber in Frankreich wohnt. Er heißt Bertrand, zu ihm später mehr. Das Gutachten habe ich dir angehängt für den Fall, dass es dich interessiert.
Ich bin auf einen Broker gestoßen, auf den ich mich während des ganzen Prozesses verlassen konnte und der mich bis zuletzt auf vielerlei Weise unterstütz hat.

Zur Zeit befindet sich das Boot auf dem Weg nach Frankreich. Mein Freund Bertrand ist auch professioneller Skipper und er segelt das Boot gerade zurück zu uns. Auch das zu organisieren war in Zeiten von Corona ein Abenteuer, da bis zuletzt nicht klar war, ob Martinique Besucher einlassen würde oder nur nach zwei Wochen Quarantäne im Hotel. Letztendlich hat aber alles geklappt, bevor die Hurrikane kommen. Mein Broker hat ihn letzte Woche Donnerstag in Le Marin verabschiedet und mir die letzten  Fotos geschickt.
Zur Zeit ist das Boot hier
 
Flouka ist der Name eines Bootes, dass Bertrand für einen früheren Auftrag überführt und in seinem IRIDIUM System nicht geändert hat.
Nach der Kreuz in der Straße zwischen St Lucia und Martinique hat mich Bertrand noch einmal angerufen und bestätigt was du schon sagtest . Tolle Segeleigenschaften und sanftes eintauchen in die Welle. Er war begeistert, neugierig und überrascht, da er es sonst mit Benneteau, Jeanneau etc. zu tun hat, nahezu euphorisch.
Seitdem bekomme ich täglich eine Nachricht. Zur Zeit kämpft er mit dem Hochdruckgebiet und teils schwachen Winden aus der falschen Richtung.

Ich weiß schon, mit mehr Verhandlungsgeschick, weniger emotionaler Bindung zum Boot und einem längeren Atem hätte ich bestimmt weniger zahlen können, oder ein anderes, noch wertigeres Boot bekommen können. Aber dazu fehlt mir das Talent. Auch wollte ich nicht, dass mir das Boot ein zweites mal entwischt.

Ich hoffe du siehst mir das nach, ich bin glücklich und freue mich auf einen Segelsommer in der Bretagne und noch viele weitere Meilen. Zumal das Steinhuder Meer schon wieder teilweise trocken fällt.
Einziger Wermutstropfen, dass Boot hat keine Windpilotanlage. Da hängt eine französische Anlage am Heck, eine Beaufort. Damit habe ich keine Erfahrung, Bertrand sagt bislang gäbe es keine Probleme, bisher war er aber auch nur am Wind. Mal sehen wie sich das entwickelt.

 
Ich grüße euch beide herzlich und hoffe, wir sehen uns bald wieder. Wenn ich das nächste Mal nach Kappeln komme, wird es nicht mehr mit der Biga sein.
Gerrit

Meine Absolution war klar:

Moin Gerrit, eine tolle Geschichte … fuer die man nicht in den Beichtstuhl knien muss, denn das ist die wahre FREUDE IM LEBEN … wenn man mit Emphase und Herz .. ein Schiff – oder eine Frau? – jagt, das man am Ende „erlegt“. Meinen Glückwunsch.

Hast Du ein paar schicke jpg Fotos / Ansichten … dann mache ich eine Liebeserklärung an ein wundervolles Schiff daraus … insbesondere interessant, weil es sich von dem durch europaeische Yachtpresse so sehr geprägte Schiffsgeschmack … so ganz enorm unterscheidet. So ein Blog würde mir Freude machen … also: Du bist am Ball: her damit!

Allerbest aus Hamburg … nach ein paar Wochen in Schockstarre … sind wir nun auf der Jagd: die Segler jagen UNS.
Peter

Eine Geschichte, die zu erzählen Freude bereitet, weshalb sie hier als Sonntagsgeschichte steht.

Hamburg 07.06.2020
Peter Foerthmann

Eine Antwort zu Cabo Rico 34

  1. Thomas SV Rødspætten sagt:

    Geduld bringt „Schiff“ und das ist wirklich eine tolle Geschichte, aber eben live. Gratuliere dem neuen Eigner für seine Geduld und Entschlusskraft. Ja, Peter, auch Du hast dir ein Gläschen auf diesen Kauf verdient. Gut gemacht und echt tolles Schiff.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert