Detlef Jens

GEFÄHRLICHE GEZEITEN – BUCHREZENSION
30 mm, 350 Seiten, das ganze mal drei, also nahezu 10 cm / 1000 Seiten Pensum zum Lesen befanden sich in meiner Lebenswarteschleife seit dem Tage, an dem Detlef mir drei Romane in die Hand gedrückt, mich angelegentlich um meine Meinung gebeten hat. Das Pensum erschien mir erdrückend, erzeugte Druck in der Magengegend, zumal mein Leben keine Langeweile kennt. 

Worum es geht? Die Geschichten hätten Grundlage für eine Hollywood Verfilmung sein können, allerdings wurde mir schnell klar, dass ich den Mann, der hier harte Fakten aus seiner eigenen Berufserfahrung beigetragen hat, aus gemeinsamen Zeiten im Gross und Aussenhandel in der Hamburger Mönckebergstraße im Jahre 1970 kannte. Michael Kurtz´ Fahndungs Aufrufe nach gestohlenen Schiffen unter der Marke MCS, nach denen er im Auftrag von Harald Baum und seiner Assekuradeure Musketiere rund um den Globus suchte, gehörten zu meinem Leben, wie der Schluckauf, der nicht vorüber geht.

Die Neugierde wuchs also im Quadrat, denn im Horsd’œuvre der Klappentexte werden handfeste Abgründe menschlicher Verhaltensweisen, angekündigt und umrissen, die unser aller Leben garnieren und kollateral den einen oder anderen blamieren. Die Zündschnur in meinem Kopf war gelegt. 
Auf los ging´s los und hat mich von Seite eins nicht mehr losgelassen. Für einen Mann, der das Wasserleben kennt, werden Türen aufgerissen, werden Erinnerungen an alte Zeiten lebendig, lernen fliegen und fortan der Zwang zur weiteren Lektüre erdrückend, weil man ungeduldig auf den Fortgang fiebert. Wie ein Film in Endlosschleife, der nie zu Ende gehen möge.
 
Gefährliche Gezeiten ist ein Puzzlespiel menschlicher Schicksale, dessen Zusammenhänge über ganze Familiengeschichten, zusammenzufügen, einen ganzen Mann erfordert. Vermutlich gibt es wenige Autoren, die angesichts einer derart komplexen Geschichte, die Oberhand behalten. Detlef hat dies bravourös gemeistert, aus dereinst vermutlich trockenen Aktenvermerken aus dem Versicherungsalltag, wird die überaus farbige Persönlichkeit eines Detektive´s gezeichnet, der „segelnd“ Geld verdient, dem hier und dort sogar zwei Damen, zu Füssen“ bzw. im Cockpit liegend, Weinflaschen lenzend, nicht nur die Abendsonne geniessen. Wer träumte diesen Traum nicht? Noch dazu in der Bretagne? Lektüre zum schwindelig werden!

Eine gekonnte Achterbahnfahrt durch die Wasser Zeitgeschichte, angefangen bei der „Alma Mater“ der Deutschen Marine in Flensburg Mürvik, dem damaligen dunklen Zentrum vermutlich auch vieler „reingewaschener“ Offiziere aus unseligen Kriegszeiten, über die Aus- und Aufbruchsträume junger Männer nach einem besseren Leben, die abenteuerliche Segeltour mit „geliehenem“ Boot rund um Skagen, quer über die Nordsee hoch am Wind bei kargem Proviant, bis zu Europas Wetterecke mit dem verheissungsvollen Namen Bretagne, dann scharf links abgebogen in die verwunschenen Verzweigungen eines Fahrwassers, wo ein besonderer Menschenschlag seine Träume lebt, ohne jemals diesen Flecken Traumerde ernsthaft wieder verlassen zu wollen, bis hin zu den kleinen Modifikationen im Namen, die aus einem Deutschen fortan einen halbwaschechten Franzosen zu machen in der Lage sind. Das Leben schreibt die besten Geschichten, und Detlef ist ein Meistererzähler.

Alles nur, um die Hintergründe zu einen mutwillig in Brand gesetzten Seefahrtkreuzer mit dunkler Vorgeschichte, aufzuklären? Nein, damit hat der Autor sich nicht zufrieden gegeben! Es wäre auch nur eine unfertige Geschichte, bei der der Clou fehlen würde. Aber den gibt es. Das kann ich hier versprechen ohne mich zu versprechen.

Solche Bücher kann nur ein Segler schreiben, der in der Materie seesattelfest, der selbst im Sturm vielfältiger Verästelungen von Lebensgeschichten, seinen klaren Kurs behält und, fast als würde er von einem unsichtbaren Dirigenten dirigiert, sein Werk beendet und zeitgleich Hunger auf weitere Erlebnisse erzeugt.

Angefüttert? Das nächste Kapitel ist bereits geschrieben und gedruckt…
KJM BUCHVERLAG

05.03.2023
Peter Foerthmann

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