ESMERALDA OK – WIE ES WIRKLICH GEWESEN IST
Ich habe Igor zum ersten Mal im Dezember 2017 auf dem GGR Presse Meeting zum Salon Nautique de Paris getroffen. Gemeinsam mit Boris Senatorov, Manager von YACHT RUSSIA, haben wir die Details der Ausrüstung der SV Esmeralda, einer Endurance 35, besprochen, die zu Überholungsarbeiten bei der russischen Werft 360a3 Yachts SL in Alicante zum Start vorbereitet werden sollte. Igor strotzte vor Kraft, erschien wohlgenährt, sein Manager Boris, der offenbar viele Jahre in der Schweiz gelebt hatte, erklärte in fliessendem Deutsch, dass YACHT RUSSIA die Gesamtfinanzierung des Esmeralda Projekts als Sponsor übernommen habe.
In den Monaten danach folgte ein reger Mailaustausch mit Werftchef Michael Snegirev in Alicante sowie Alexander Morozov in Russland, es ging um die Details der im Schiff verbauten Radsteueranlage, die überaltert und technisch nicht einsetzbar gewesen ist. Das Gesamtsystem wurde ausgetauscht, die Windpilot Systeme installiert. Von Igor habe ich keinerlei Informationen erhalten, er fand offenbar in Alicante nur wenig statt.
Kurz vor dem Start im Juli 2018 habe ich Igor zum zweiten Mal getroffen, er war sichtlich abgemagert! Ich habe seine körperliche Verfassung mit einer erstaunlichen Menge von Zigaretten in Zusammenhang gebracht, die vor der Esmeralda auf Verladung warteten.
Es liegt in der Besonderheit der russischen Sprache, dass die Öffentlichkeit vom Verlauf von Igor´s Reise von Les Sables bis zur Ankunft in Albany Australien im Dezember 2018 im Wochentakt stets nur zwei Worte erfahren konnte: ESMERALDA OK. Diese Meldung wurde zum Schlachtruf seiner russischen Fangemeinde, sie wurde auf T-Shirts gedruckt und über die Facebook Website verbreitet. Lediglich Uku Raandma, 3.Sieger der GGR sowie russische Amateurfunker konnten mehr von den Ereignissen an Bord der Esmeralda erfahren, die Öffentlichkeit war nahezu ausgeschlossen.
So wurde lediglich bekannt, dass starker Muschelbewuchs die Geschwindigkeit enorm verlangsamte und die Esmeralda am Ende Albany Au als Zwischenstation anlaufen musste, um den Bewuchs zu entfernen. Der Plan: mit frischem Antifouling sollte die Reise in der Chichester Class dann weitergehen.
Nach der offiziellen Mitteilung, dass Igor zwecks Operation nach Moskau gebracht wurde, sind kaum weitere Details an die Öffentlichkeit gelangt. Igor wurde am 18.03.2019 in Moskau operiert, im Juni 2019 dann die offizielle Mitteilung, dass Igor nicht erneut starten werde.
Ich habe in der Folgezeit versucht, vom Esmeralda Team Chef und Manager von YACHT RUSSIA, Boris Senatorov, Informationen über den weiteren Verlauf der Angelegenheit zu erhalten, zumal meine Windpilot Ausrüstung noch vollständig an Bord, z.T. unbezahlt, sich in meinem Eigentum befindet. Eine befriedigende Auskunft habe ich im Verlauf von nun 13 Monaten bis heute nicht erhalten, meine Rechnung blieb unbezahlt.
Schon im Dezember 2018 hatte ich Freunde in Albany gebeten, mir ein paar Fotos von der Ankunft der Esmeralda zu senden, auch aus Russland wurde ich verschiedentlich von Seglern unterrichtet, dass ganz offenbar unterschiedliche Versionen über den Ausgang von Igor´s Reise kursieren.
In einem Interview in seiner Heimatstadt Yaroslavl, das im Oktober 2019 veröffentlicht wurde, ist ein wenig mehr Wahrheit zu erfahren, was mithilfe eines Übersetzungs Programmes inhaltlich einigermassen nachzuvollziehen ist. Das ungekürzte Interview ist hier nachzulesen:
Die interessanten Passagen seien hier wiedergegeben:
FRAGE: Im Oktober gab es Informationen, dass Sie sich vom Golden Globe Race zurückgezogen haben, und die Esmeralda den Wettbewerb in der Chichester-Klasse nicht fortgesetzt hat. Als Grund wurden Ängste um Deine Gesundheit genannt. Du hast das geleugnet.
IGOR: Lassen Sie uns die ganze Situation klären. – Ich muss sagen, dass die offizielle Erklärung des Landteams gegenüber dem Race Organisator Don Mcintyre nicht mit mir abgestimmt wurde, ich habe davon nur vom Netzwerk erfahren. Es wäre ehrlicher gewesen, zu verkünden, dass das Landteam das Rennen verlassen hätte. Es ist kein Geheimnis gewesen, dass ich mich vor dem Start des Rennens zwei schweren Operationen unterzogen habe. Aus gesundheitlichen Gründen fühlte ich mich nicht unwohl, aber als ich mich vor dem Wettkampf erkundigte, stellte sich die Notwendigkeit einer Operation heraus. Die Behandlung dauerte drei Monate und aus Zeitgründen konnte ich die Arbeit der Werft (360a3 Yachts SL, Nueva Dársena Pesquera S/N In Alicante ) nicht überwachen. Die Firma, die das Boot in Spanien vorbereitet hat, ist noch recht jung und hat anscheinend nicht viel Erfahrung in solchen Arbeiten. Sie haben mich überzeugt, dass dieser spezielle Antifouling-Farbe für das Boot geeignet ist. Diese Farbe war nicht wirklich gut, sie entsprach einfach nicht den Bedingungen des Rennens, an dem ich teilnehmen sollte. Nach meiner Rückkehr nach Russland begann ich nach der Antwort zu suchen, warum die Farbe ( Bottompaint Typ ) nicht funktionierte. Es gelang mir, kompetente Leute zu kontaktieren und herauszufinden, warum diese Farbe nicht geeignet gewesen ist und zum starken Bewuchs mit Muscheln hat führen können, die man auf See nicht hat entfernen können. Kurz gesagt, ohne auf technische Details einzugehen, ist diese Farbe für Hochgeschwindigkeitsschiffe konzipiert, und bei der Geschwindigkeit meines Bootes war nicht genügend Wasserdruck vorhanden, um die Verschleissschicht abzuwaschen. So konnte sich weiterer Bewuchs bilden. Wer hier glaubt, dass das Boot im Meer gereinigt werden könnte, sollte sich an den Projektleiter wenden, der das Boot in Albany / Australien mit einem Spezialwerkzeug und einem Industriekarcher mehrere Stunden lang gereinigt hat.
FRAGE: Hat der Sponsor Ihre Entscheidung unterstützt, nach der Operation zu starten?
IGOR: Vor dem Rennen sagte der Sponsor, dass er meine Entscheidungen verstehen würde. Ich habe zugestimmt, an den Start zu gehen – es gibt nicht jedes Jahr die Möglichkeit, an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen. Außerdem wusste ich, dass jemand viel Geld für das Rennen ausgeben würde und ihn nicht im Stich lassen konnte.
Im Rennen selbst gab es überhaupt keine gesundheitlichen Probleme, aber in Australien, wo ich das Boot für die Weiterreise vorbereitete, lud mich das Landteam ein, mich einem ärztlichen Test zu unterziehen. Bei der Untersuchung wurde ein vergrößerter Lymphknoten in der Nähe der Niere gefunden. Die Ärzte sagten, sie betrachteten dies nicht als ernst. Aber ich wurde nach Russland gebracht, es bestand der Verdacht der Onkologie. Es wurden zusätzliche Tests durchgeführt, die zeigten, dass eine Onkologie möglich ist. Ärzte wollten Chemie machen, aber Gott sei Dank taten sie es nicht. Ich habe mich einer Operation unterzogen.
FRAGE: Was ist das Ergebnis?
IGOR: Tatsächlich stellte sich heraus, dass es sich um einen Tampon handelte, der bei einer der vorherigen Operationen in meinem Körper vergessen wurde. Auf meine gesundheitlichen Probleme angesprochen, gab das Landteam keine Antwort.
Nach der Entscheidung der Sponsoren, das Projekt zu beenden, hatte ich das Gefühl, dass sie mich schlecht machen wollten. Es gab so lächerliche Behauptungen, wie die Tatsache, dass ich viele Werkzeuge, Ersatzteile von meiner Yacht mitgenommen habe …
FRAGE: Haben Sie sicher viel gegessen?
IGOR: Es wurde auch über Proviant geredet. Sie sagten, ich hätte das Boot überladen. Als ich das Landteam fragte, ob sie wüssten, wie viel Werkzeug und Ersatzteile man mitnehmen sollten, war die Antwort: nein. Als erfahrener Segler habe selber Boote gebaut und wusste also, welche Werkzeuge man während des Rennens an Bord haben sollte.
Dann bemerkte der Sponsor anscheinend, dass nichts an mir haften würde und erklärte den Ausweg aus dem Projekt durch den Verlust des Interesses, einschließlich des globalen. Obwohl ich dies in Bezug auf das Organisationskomitee des GGR nicht bemerkt habe.
Ich sehe ein bisschen komisch aus, wenn ich auf meine Gesundheit und Sicherheit achte. Einer der Hauptpunkte der Segelwettbewerbsregeln besagt, dass jeder Teilnehmer auf eigenes Risiko startet. Weder die Jury noch die Organisatoren sind für das Leben, die Gesundheit und die Sicherheit der Segler verantwortlich. Und urplötzlich tauchte also trotz dieser Regeln eine solche Sorge um meine Gesundheit und Sicherheit auf !?
FRAGE: Apropos Sicherheit. Wie wurden Sie durch das Landteam betreut?
IGOR: Worüber reden wir? Eine Gruppe von Funkern sorgte für meine Sicherheit. Das sind gute Profis. Funker haben mich mehr als einmal gerettet.
FRAGE: Sie sagten, der Sponsor habe sich geweigert, Ihnen das Boot zur Verfügung zu stellen.
IGOR: Ja, weil der Sponsor das Boot bezahlt hat. Obwohl in einem der Gespräche, als es um das Schicksal des Bootes ging, sagte er: keine Sorge, es liegt bei Ihnen. Aber am Ende stellte sich heraus, wie es passiert ist. Sie schrieben mir einen Brief, dass sie das Boot nicht „im Zusammenhang mit der Sorge um meine Gesundheit und meines Wohlbefindens“ zur Verfügung stellen könnten. Das Schiff steht jetzt zum Verkauf. Wenn ich eine Person oder Organisation finde, die es kauft, kehrt das Boot zu mir zurück. Aber es gibt einen erheblichen Betrag, der gefordert wird: € 280.000,00 Obwohl an Bord immer noch meine persönliche Ausrüstung und Werkzeuge liegen
FRAGE: Auf der Pressekonferenz ihres Sponsors / Landteams in Moskau, wollten viele Leute Ihnen die Hand geben, wollten Sie fragen, wie es Ihnen geht, haben Hilfe angeboten. Was ist daraus geworden?
IGOR: Weißt du, in meinem Leben stellte sich ziemlich oft heraus, dass es schwierig ist, Geld zu verdienen, wenn man über Hilfe spricht. Aber sie bieten informative Hilfe, das heißt, man kann dies als „Geh du“ verstehen. Obwohl viele Leute wirklich angerufen, geschrieben und unterstützt haben. In der Esmeralda OK-Community auf Facebook habe ich meine Meinung zu den Nachrichten veröffentlicht, dass ich angeblich aus gesundheitlichen Gründen zurückziehe. Aber bald wurde der Beitrag gelöscht und ich wurde dort gesperrt.
Aus Albany ist zu hören, dass die Esmeralda unberührt und unbeachtet bei Emu Point Shipwrights an Land steht. Boris Senatorov YACHT RUSSIA hatte im August 2019 zugesichert, dass das Schiff bis November nach Europa kommen würde. Auf kürzliche Nachfrage wurde nun zugesichert, dass ein Proficrew demnächst nach Australien fliegen werde, um das Schiff auf eigenem Kiel nach Europa zu segeln, wo es im März 2020 erwartet werde um es sodann zu verkaufen.
Die Esmeralda wurde Igor offenbar zum Kauf für € 280.000 angeboten, wohingegen eine grosse Anzahl vergleichbarer Endurance 35 weltweit für Beträge um € 35.000 im Netz angeboten werden.
YACHT RUSSIA bezifferte das Gesamtbudget für SV Esmeralda mit € 500.000
Man darf gespannt sein auf die weitere Entwicklung der Sachlage, denn Igor´s persönliche Ausrüstung und Werkzeuge befinden sich immer noch an Bord, ihm fehlen derzeit die Mittel, nach Australien zu fliegen, um zumindest sein Eigentum wieder in Besitz zu nehmen, nicht zu reden von meiner Windpilot Ausrüstung sowie Ersatzteilen, deren Rückgabe mir zwar wiederholt zugesichert wurde, de facto sich aber in Australien befindet. Eine alternativ gestellte Rechnung ist bis heute unbezahlt geblieben.
Hamburg 26.01.2020
Peter Foerthmann