JAGDSZENEN RUND UM PANAMA
Nein, ich habe kein Verlangen, hier ein Trauma aufzuarbeiten, denn: ich habe keins! Ich bin einfach nur unverbesserlich aktiv, wenn es darum geht, den Seglern zu Steuerfreiheit zu verhelfen, zumindest, wenn sie mit einer Heckverzierung aus meinem Hause unterwegs, oder sollte ich hier sagen: von meinen Händen zusammengebaut? Beides kommt der Sache nahe, weil ich in völliger Übereinstimmung mit meiner Arbeit lebe, die mich ernährt, mir Spass bereitet, die ich einfach immer weiter betreibe … wenngleich mir der Spiegel hier und dort signalisiert, dass man auch mal etwas anders machen könnte oder sollte … aber was sollte das wohl sein? Mir ist bisher noch keine schlaue Antwort eingefallen, und bis sie dann kommt, mache und lebe ich einfach heiter weiter.
Zurück zum Jucken, hervorgerufen durch Segler, bei denen es am Heck – oder im Kopf? – hakt! Da muss ich ran, weil ich nicht unter Schlaflosigkeit leiden möchte, derweil ein Segler Tag und Nacht von Hand zu steuern hat, in dessen Folge seine Heckverzierung dann für böses Karma sorgt. Sofort schiesst mir die schicke Geschichte von einem HR Segler aus Austria durch den Kopf, der bis nach Cartagena Kolumbien gesegelt, eine Blutspur von Mails hinterlassend, deren Botschaft unisono stets die Gleiche:
„die Windpilot Anlage funktioniert nicht“
Bluthochdruck hier und dort, sollte ich tatsächlich vor 35 Jahren einen Denkfehler gemacht haben? Eine Frage, der die Antwort innewohnt, mein Standard Schnack.
Dann lief die SV Maus samt ihrem Skipper Manfred Marktel ITA in Cartagena ein. Manfred, seines Zeichens Einhandsegler, der auch in Salvador ein Zuhause hatte, bereits 12 Atlantikrunden bis ins Eis oben wie unten vollzogen, den nichts mehr aus der Ruhe bringen konnte, der leider verstorben ist. Seine Mail war kurz:
„Ciao Peter, das Problem an Bord der HR war in 1 Minute behoben: der Skipper hatte vergessen, eine Madenschraube an der Windfahne festzusetzen, in deren Folge die gesamte Halterung frei gedreht, anstatt ein Steuersignal an das Getriebe zu erzeugen“
Darauf muss man erst Mal kommen! Ich hatte wieder etwas gelernt!
Bei Nike fing die Geschichte mit einem Video #20 Gloomy days an, das mich elektrisierte und am 19.04.2014 folgenden „Bewerbungsschreiben“ schreiben liess:
Moin aus Hamburg, eine schoene Idee, die Sie da realisieren – Kompliment. Auf #20 Gloomy days sehe ich, dass ich nun auch bei Ihnen an Bord eine Anstellung gefunden habe als geschlechtsloser, wenngleich hoffentlich bald unentbehrlicher „eiserner“ – Aluminium-Steuermann … eine PACIFIC von WINDPILOT. Allerdings, und das ist der Grund für diese Mail: DAS RUDERBLATT IST ABERWITZIG FALSCH POSITIONIERT. Soooo… kann´s nicht klappen mit steuerfreien Zeiten auf See … dem Grund, warum ich ja wohl erworben, montiert und eingestellt worden bin.
Schicken Sie meinem Chef Peter Foerthmann eine Mail … und schon gehts los.
Beste Gruesse aus Hamburg
Peter Foerthmann
Ich wurde von der Dame nicht erhört, weshalb ich 10 Monate später noch zweimal nachgesetzt habe.
Am 14.09.2015 wurde ich dann belohnt, ich bekam „Post“ aus Lüneburg!
Moin Moin von südlich der Elbe,
ich residiere gerade in Lüneburg für drei Wochen – Heimurlaub sozusagen. So heiß ist es hier leider also gar nicht. Vielen Dank für die schnelle Antwort und für das Angebot der Fernanalyse, hört sich ja spannend an. Das kann sehr gut sein, dass da bei meiner Leinenführung so einiges im Argen ist…Ich bin gespannt. Soll das Video denn dann auch auf Raumschotskurs sein oder wäre der Kurs egal? Wenn Sie mir Anweisungen schicken, wie ich meinen Windpiloten verbessern kann, werde ich die Umsetzung selbstverständlich filmen und in einer meinen Folgen integrieren, das interessiert sicher viele. Allerdings kann ich erst in ca. 2 Monaten das Filmchen schicken, da ich bis dahin am Basteln sein werde an meinem Karl in Guatemala. Aber danach kommt es dann sofort, versprochen!
Beste Grüße,
Nike Steiger
Für mich ein Bingo, weil ich endlich am Thema war, notwendige Fragen und Probleme klären konnte … um mich dann wieder dem Tagesgeschäft zuzuwenden. Denkste!
Und hier beginnt nun die Geschichte, die mich bis zur Veröffentlichung von Nike´s X-Mas 2021 Video unter Dampf gehalten hat. Jetzt erst habe ich Ruhe … naja, man wird ja ein wenig übertreiben dürfen!
Wird man mir glauben, dass seit unserem Erstkontakt nun 6 Jahre vergangen sind? Nein, ich glaube es selber nicht, also wird es vermutlich ein Hirngespinst von Peter Foerthmann gewesen sein! Denn eigentlich bin ich schnell und effektiv, wenn es um Beratung geht, weil meine Heckverzierungen vergleichsweise wenig komplex, schnell zu erklären sind. Zumindest, wenn sie nicht für unendlich lange Zeiten an einem Schiff in der Sonne darben … und zu wenig – oder nie! – TLC erfahren haben. Aber genau so eine Situation war hier offenkundig vorhanden: kein Service über unendlich viele Jahre … das rächt sich am Ende. Nike ist nun mein Zeuge!
Endlose dezidierte Anweisungen waren notwendig, um alle Bauteile voneinander zu trennen. Dann kam ein Krankenhaus Intermezzo dazwischen, samt Rekonvaleszenz. Praktisch, dass dies Hospital nur wenige Kilometer Luftlinie von mir entfernt, die Beratung sodann sogar hier vor Ort in der Werkstatt weitergegangen ist.
So hatte ich dann das Vergnügen, Nike´s Eltern kennenzulernen und weiss seit jenem Tage, aus welchem schlauen Holz die Tochter geschnitzt, da die Weitergabe von Genen offenbar stattgefunden hat. Wir haben Ersatzteile in Tüten eingetütet, später weitere Teile zum Versand auf die Perleninseln nachgeliefert … das Leben rennt stets in einem eigenen Takt, und ich hatte den finalen Erfolgsbericht bereits nahezu abgeschrieben, weil das Heck von Karl lange Zeit gähnte … weil leer und nur weiss lackiert. In toto erwies es sich als praktisch, dass die gesegelten Meilen rund um Panama moderat, zumal dort eher der Motor wichtig, der zudem ja auch noch ausgetauscht werden musste oder sollte.
Aber nun hat Nike mich wirklich überrascht, die Heckverzierung ist zusammengebaut und korrekt am Heck montiert. Mein wohl ungewöhnlichster After Sales Support hat am Ende Erfolg gebracht, und ich kann die Akte schliessen. Egal wo Karl nun hinfahren wird, seine ihre Cheffin kann ruhig schlafen, falls sie irgendwann wirklich eine grössere Reise macht, und sie weiterhin die Nerven dazu hat, denn bislang wäre das nicht möglich gewesen, weil wir mit unserem Projekt der Wiederherstellung einer Windpilot Anlage einfach immer wieder noch nicht fertig gewesen sind. So gesehen ist die Karl nun seeklar fuer weitere Abenteuer und ich lege mich auf die Mauer auf die Lauer auf den Fortgang eines Abenteuers.
Das Video ist das finale Ende eines ungewöhnlichen After Sales Supports, dem nie ein Sale vorhergegangen ist, weil dem ursprünglicher Käufer aus Bayern, der die Windpilot Anlage viele Jahre zuvor erworben hatte, in Panama der Segelmut – und / oder die Partnerin? – verlassen hatte, er folglich die SV Karl, vermutlich einigermassen überstürzt, zudem bereits durchlöchert, dort final geparkt, und fortan nach einem Käufer suchte, der dann als nette adrette junge Dame mit offenbar recht geringer Erfahrung in Sachen Schiffe, um die Ecke gekommen ist … und nicht mehr zu bremsen gewesen ist, obgleich sich ihr eine Baustelle entgegen stellte, bei der manch ein anderer weggelaufen wäre. Es zeugt für den Mut und die Tatkraft dieser jungen toughen Frau, dass sie die Sache voller Energie angegangen ist, und am Ende lachend sämtliche Herausforderungen bestanden hat. Nike ist bis heute ihrem Schiffs-Kerl Karl treu, betreibt einen erfolgreichen Videokanal mit netten Geschichten, um sehnsuchtsvolle Vlog Besucher mit ihrer handwerklichen Akrobatik in warmer Umgebung mit nettem Augenfutter zu beglücken. Für mich hat sie den Beweis erbracht, dass man sogar eine Reinke besiegen kann, immerhin ein Schiff mit einem gewissen Karma von einem Konstrukteur, an dem sich in Deutschland unzählige Menschen die Zähne ausgebissen haben. Für Nike zumindest, ein hart erkämpftes Unterfangen, eine Lebensleistung, die ihr insbesondere im englischen Sprachraum – mittels geflügelter Fremdsprache – viele Bewunderer gebracht hat. Dies wäre vermutlich in ihrer Heimat nicht denkbar gewesen wäre, weshalb man seit einiger Zeit Videos in deutscher Sprache nachvertont.
After Sales Support – flott von der Leber geschrieben – hat garnicht weh´getan! Ich hätte allerdings niemals damit gerechnet, dass diese Aktion derart komplex hätte geraten können. Vermutlich ist der Unfall mit Hackenbruch samt den ungeahnten Folgen einer Pandemie ursächlich an der Zeitverzögerung beteiligt, weshalb Nike es auf den Perleninseln für viele Monate plötzlich gar nicht mehr eilig hatte. Sie hat dort das Leben genossen, dabei manch einen Dorsch geschossen, das Flechten von Strandgut angefangen und angelegentlich die Zeit hinterm Heck und vor der Nase passieren lassen, wovon manch einer in der Heimat nur hat träumen können. Nike hat das beste draus gemacht. Schlau gemacht!
Nicht zu vergessen natürlich, dass man als Hersteller im Weltgeschäft in modernen Zeiten ja „gehorsam und artig“ zu sein hat, weil Influencer ansonsten hier und dort die Macht ergriffen und ggf. mit der Latte winken würden. Und da will man ja nicht in der Quere stehen.
Also mein Gruss an Nike: „geniess die steuerfreien Zeiten … es war mir eine Ehre“.
PS: Den überzähligen M6 Bolzen hatte Dir der Hersteller Deiner Heckverzierung in 2 Längen mitgegeben, just in case … damit wenigstens einer davon Verwendung findet …
26.12.2021
Peter Foerthmann
Großartige Schreib- und Fabulierkunst, Peter! Den Bericht über Nike habe ich mit Vergnügen gelesen, gerade vor Fuerteventura hin- und herschaukelnd, während die Liebste noch schläft und die Sonne draußen versucht, die Tautropfen zu eliminieren.
Ich darf heute Yoga-Retreat-Teilnehmer im 7-lemons-Haus verzaubern, darauf freue ich mich schon, habe ich doch auch ein neues Kunststück am Start, daß mich letztes Jahr in der Anschaffung einen 4-stelligen Betrag gekostet hat, aber sein Geld genauso jeden Cent wert ist wie Deine unverzichtbaren Windsteueranlagen.
Kommt Ihr beiden gut rein in 2022, mit heilem Fuß und weiterhin viel Lebensfreude,
und unser nächstes Video kommt bestimmt!
Björn von der SY Saira, Youtube „freiheitssegler“