Nachruf

ABSCHIED VON EINER UNGEWÖHNLICHEN SEELE
Unzählige Segler haben PANAMA GÜNTER kennen und lieben gelernt, die meisten nur virtuell, wenn sie zu seinen Sendezeiten seine launig witzigen Berichte auf See empfangen haben, solange sie im Pazifik unterwegs.

Günter, die riesengroße Seele des PACIFIC ISLAND NET ist zu seiner letzten großen Reise angetreten.

ChampusPacific
Günter ist am 22.10.2013 verstorben, diese traurige Nachricht ging als Lauffeuer um den grossen Spielball und macht nicht nur in der Seglerwelt viele Menschen betroffen.

Die rastlose, stets hilfsbereite, alles liebevoll besserwissende Funker Seele, die nach einem aufregenden Leben in Deutschland, 1982 sein Lebenszelt auf CONTADORA PANAMA aufgestellt hatte … NICHT MEHR UNTER UNS?

Ein Verlust, der unser Herz berührt, weil die vielen Geschichten in unseren Köpfen ein da capo geben, die uns mit Günter so sehr verbunden haben – die ihn unvergessen machen – weil er die Seele und Ursprung so vieler schöner Erlebnisse gewesen ist.

Der lustige Kölner pdfIch kenne Günter seit Jahrzehnten, obwohl ich ihn persönlich niemals kennenlernen durfte. Er hat mich unzählige Male nach Contadora eingeladen, stets ist etwas dazwischengekommen, weil mein eigenes Leben mich bis heute nie hat zu Atem kommen lassen. Unsere Freundschaft ist virtuell geblieben, was sie hingegen nicht kleiner machte. Wir haben als Seelenverwandte einander nahezu 1000 Mails geschrieben und dabei entdeckt, dass unsere Köpfe nur wenig trennte..

Angefangen hatte es damit, dass der Name „seiner“ Insel CONTADORA bereits 1964 in meiner eigenen Birne einen Sonderparkplatz erhalten hat, weil dort der Flying P-Liner MS PISANG, ein Bananendampfer der Reederei Laiesz, mit dem ich damals auf vielen Reisen im Pacific unterwegs, regelmäßig bei den Perleninseln Pause machte und vor Anker parkte, wenn die Bananen in Guayaquil noch nicht zur Verladung gar gewesen sind.

In den achtziger Jahren kamen vereinzelt Anrufe, in den Neunzigern dann die Mails, fast ausnahmslos ging es um Hilfeleistungen für Segler, für die wir beide unterwegs, Günter leidenschaftlich idealistisch und ich fast immer dienstbeflissen für meine Segler Kunden, von denen viele zunehmend zu Freunden geworden sind.

Die besonderen Ereignisse der vergangenen Jahre haben uns zusammenrücken lassen und das hatte zwei Gründe: Mein Entschluß, in Bezug auf die Vorgänge im Trans-Ocean e.V, meine Stimme zu erheben, hat bei Günter einen Adrenalinschub verursacht, weil auch in seiner Seele der Druck in der gleichen Sache übergroß geworden war. Wir haben einander in einer Form ergänzt, wir haben synchron gefühlt / gedacht – und uns beide nicht gescheut, unsere Gefühle auch in deutlichen Worten auszudrücken.

Der zweite Grund, der uns zusammenbrachte, war Günter´s unbändiges Bestreben, dauerhafte Fehlinformationen in Bezug auf die Amateur Funkerei zugunsten einer faktisch besseren Sicht in der Seglerschaft,den Boden zu bereiten. In diesem Bereich hat es mit den Herren vom TO, die einer eher kleingärtnerischen Sichtweise nachzuhängen schienen – unzählige Gefechte gegeben, in deren Folge man dann versuchte, das Pacific Island Net – wie soll ich sagen – zu stigmatisieren. Günter hat seinen Freundeskreis, seine Förderer und Unterstützer ausschließlich in der aktiven Seglerschaft generiert und keine Gelegenheit ausgelassen, seine Geringschätzung zu Menschen mit anderer Denke, lautstark zu artikulieren. Es war ihm stets verhasst, eine Mail in der Anrede mit „Lieber Guenter“ zu beginnen, wenn der Rest der Botschaft feindlich gewesen ist. Günter war straight wie eine Eisenstange – und darum in Cuxhaven ungeliebt.

Es ist das besondere in den menschlichen Zusammenhängen, dass es Menschen gibt, zu deren Seele ein barrierefreier Zugang möglich ist. Günters Seele war für viele Segler ein weit geöffnetes Scheunentor. Als ich ihn vor 2 Jahren aufgefordert hatte, mir doch bitte einmal einige Eckdaten seines aufregenden Lebens aufzuschreiben, ist er an die Arbeit gegangen. Er hat wochenlang alte Fotos, die niemals digital erfaßt, auf den Scanner gelegt, sie hernach formatiert und als Mailanhang mir zugesendet. Er hat mir seine Lebensgeschichte erzählt, die für viele Leben gereicht hätte – und die ihn zu der Persönlichkeit gemacht, die ihn ausgemacht.

Günters Biographie ist ein bewegendes Zeitdokument geworden, das hier nachzulesen ist

guentherFür tausende Segler ist Günter der Hands-On-Funker gewesen, der sich niemals scheute, an Bord vorbeisegelnder Yachties, persönlich Hand anzulegen, die Antennen zu putzen, Kabel blank zu legen … oder selbst gestandenen Seglern eine Kopfwäsche zu verpassen, sie sogar auszuschimpfen, wenn sie es gewagt, ihre heiligen Funker Kisten nachlässig zu behandeln. Günter war rigoros, weil er Besserwisser gewesen ist … in des Wortes bester Bedeutung. Zudem ist Günter auch im Alter von 80 Jahren noch seinen Funkmast hochgeentert, fast so gut, wie seine getigerten Raubkatzen es kaum besser gekonnt. Günter war in seinem Metier einzigartig… ohne den Wortsinn hier nun durch Humor zu überspitzen. Günter wusste Bescheid und hat, wie ein Vater seinem Sohn, sein Wissen mit dem Hammer deutlich gemacht – Widerspruch zwecklos – wobei einigen Seglern, denen Günters direkte Kölsche Art gegen den Strich gegangen ist, hinterher seine unbegrenzt grosszügige Gastfreundschaft durchleben durften oder mußten, wobei dann jeder versuchte Widerspruch alkoholisch wieder glatt gebügelt wurde – bis der finale Flaschenboden in Sicht gekommen ist.

Wenn Günter einmal in Fahrt geraten ist, gab es kein Entrinnen. Schon in seinen früheren Lebensdekaden war er als legendärer Nachtfalter der Kölner und Düsseldorfer Disco Szene ( zu der er tatkräftig beigetragen hat ) nächtelang aktiv. Auch in Panama hat er seine Lebensgewohnheiten, nun allerdings wegen der Tageshitze, auf die kühlere Nacht verlegt. Es hat Nächte gegeben, in denen seine Tastatur arg hat leiden müssen – seinen Rekord haben wir in einer Nacht durchbrochen, in der er mir 13 Mails geschrieben, zwar nicht immer grammatikalisch exponentiell überkorrekt, aber in einem Masse deutlich, dass empfindliche Gemüter Bauchschmerzen hätten bekommen können. Günter war straight … ein furchtloser Kämpfer … sein ganzes Leben lang … als Rennfahrer … begnadet gutaussehender Mann, vor dem manches Weib prophylaktisch freiwillig in Ohnmacht versank … der auf politischem Parkett einigen Willy Wichtigs der deutschen Politik die Harke zeigte … und der am Ende seiner fulminanten Karriere in seinem Heimatland, still … allerdings mit grossem Gepäck ….seine Koffer und einen Geländewagen in Container packte … um seine letzten 3 Jahrzehnte auf einer sonnigen Insel im Pazifik zu verbringen … politischen Verbindungen sei Dank. Günter hat die Welt auch von seinem Spielplatz in Panama aus nicht in Ruhe gelassen, er hat mit seiner gigantischen Funkanlage manchem Profi Funker Gänsehaut verursacht – er hat sie alle plattgemacht mit seiner Schlauheit und einem Willen, den man nur bewundern konnte.

Die aktiven Blauwassersegler dieser Welt werden Günter im Geiste ein Denkmal setzen, weil er ihnen idealistisch einen Teil seiner Lebenszeit auf kölsche Art zum Präsent gemacht.

IMG_1095Als ich im Herbst 2012 die Mitteilung erhielt, dass Günter seine Insel Richtung Festland zu räumen plante, und er mir sein neues Haus auf Bildern zeigte …. wurde mir klar … dass das letzte Kapitel aufgeschlagen werden sollte… meine Mail vor wenigen Tagen, fand keine Antwort mehr ….

Günters Leben und Wirken wird in meinem Herzen … und in meinem Blog …ein Denkmal gesetzt … denn Günter war einzigartig – und ein wirklicher Freund.

Hamburg 24.10.2013
Peter Foerthmann

6 Antworten zu Nachruf

  1. Gabriele Derya sagt:

    Vielen Dank Peter.
    Besser hätte man meinen Vater nicht beschreiben können.Gott hab ihn selig.
    Gruß Gaby

  2. Dagmar sagt:

    Herzlichen Dank Peter Foerthmann für diesen Blog, danke auch für den anderen, auf den ich seine Tochter Gaby aufmerksam machen konnte.
    Ich kann nur hoffen, dass, wenn Günters Frau soweit ist, auch in diesen Seiten von Ihnen stöbert, es ihr Trost und Zuspruch wird.
    Gott segne Sie.
    Dagmar

  3. Dagmar sagt:

    Peter, möchten Sie den Blog ebenfalls in Englisch haben? ich übersetze ihn gern.
    Dagmar

  4. Peter, danke Dir fuer diesen Block. Ja, das hat Guenter verdient. Er ist in mir ein grosser Freund und Goenner gewesen und hat in meinem Herzen ein ewiges Denkmal gesetzt.
    Sein Panama Pacific Island Net ,werde ich Gunter TI7WGI solange ich lebe, in seinem Sinn weiter fuehren. Danke Guenter HP1XX de Gunter TI7WGI

  5. Jean-Pierre Sauvain - sagt:

    Dieser Blog „passt“! Peter’s Ausführungen kann ich nur bestätigen. Auch wir haben auf 2 Weltumsegelungen bei Günter den Anker geworfen und viele unvergessliche Wochen bei ihm verbracht. Während Monaten auf See in der Karibik und dem Pacific waren wir auch immer in täglichem Funkkontakt. Günter war einmalig, wir haben einen lieben Freund verloren. Segler die inskünftig an Contadora vorbeischippern wissen nicht was sie verpasst haben. Wir sind dem Schicksal dankbar, dass wir einen kleinen Teil unseres Lebens mit Günter teilen durften.

    Crew Yacht VITO (Switzerland)
    Vreni Roth / Jean-Pierre Sauvain / Schiffskater CHICO

  6. Lang lang ist’s her, aber Günter bleibt zumindest bei uns unvergessen, seit er uns als „Nr. 145“ im Pacific Island Net anstelle unseres Amateurfunk Rufzeichens eingemeindete. Wir haben Ihn dann Anfang 2000, auf dem Weg von Panama nach Galapagos, auf Contadora besucht. Abgesehen von seiner und Susannes Gastfreundschaft hat er uns einen achtpoligen Stecker für unsere Funke gelötet.
    Danke für die Erinnerung, Peter.
    Christian Uehr
    SV SUBEKI

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