Quo vadis Bootsbau – was ist aus Dir geworden – Teil #3

Bootsbau – und der Markt!

Auch wenn´s hier und da zwickt und zwackt – wir reiten den Gaul mal weiter:

Die Stabilität und Solidität von Schiffen offenbart sich nur im Langzeit Betrieb oder – wenn es kracht. Normaler Segelalltag von Seglern, die das Hamsterrad noch nicht verlassen konnten, reduziert sich auf nur einige Wochen im Jahr – wenn man Glück hat – oder 2-stellige Betriebsstunden für die Maschine – wenn´s nicht so gut läuft.
Die Mehrzahl der Schiffe jedoch dreht traurige Runden um Mooring Gewichte, schamfielt – psychisch gestört – seine Festmacher durch – oder schielt sehnsüchtig Parkplätze rauf und runter auf der ewigen Suche nach dem Skipper, der für die Warteschleifen die Verantwortung trägt.
Ich wage hier keine Prognose über geleistete Segel Meilen, denke aber, dass es hilfreich ist, sich mit den Langzeit Qualitäten von Schiffen zu befassen, um zu erfassen, welche Kriterien bei der vergleichenden Betrachtung von Theorie und Praxis am Ende dann wirklich wichtig werden. Logisch, dass Schiffe im Blauwasserbetrieb erheblich grössere Belastungen auszuhalten haben, als ein saisonweise genutzter Freizeit-Hobby Segel Untersatz.
Und klar: hier wird nicht abgestritten, dass Schiffe auch in Tidengewässern und nördlichen Breitengraden Lasten auszuhalten haben. Der Blick über den Tellerrand hilft jedoch ungemein, einen anderen Blick auf die Chose zu bekommen.

Denn hier geht es um den Werterhalt von Schiffen, den wir recht einfach erkennen können wenn die Stunde X für das Schiff geschlagen hat und das Preis Fallbeil erhoffte Verkaufserlöse wie einen reifen Kürbis platzen lässt.

Schiffe geraten auf Dauer unverkäuflich, wenn sich Schwächen unter der Seglerschaft bereits herumgesprochen haben.

Klar halten unsere weiss gefiederten schwimmenden Geliebten stets mehr aus, als die Besatzungen, die auf ihnen reiten, die sich mit zusammengebissenen Zähnen in den nächsten Hafen sehnen – hinterher dann die Geschichten verdauen, verklären und am Ende – mit zunehmender Entfernung vom Hafen – zu Pfauen und neuer Grösse wachsen – bis sie eines Tages – von den Naturgewalten – ihre wahre Grösse als Feedback erhalten.

Das ist der Reiz bei diesem schönen Sport!

Ändert aber nix daran, dass die meisten Schiffe selten wirklich beansprucht werden – gut für die Werft, weil Reklamationen nicht sichtbar werden – schlecht, wenn man die Grenzen erst zu spät erfährt und auf einem Schiff sitzt, das – an sich – verkehrt!
Klar kann man die Geschichte abtun und sich entschliessen, niemals über den Tellerrand zu schielen, weil man nicht wirklich wissen will, was im Extremfall alles passieren kann. Und: Sand in den eigenen Augen ist ja auch nicht jedermann´s Sache, vor Allem, wenn man das Alphabet vom falschen Ende zu buchstabieren angefangen hat.

Rumpfstabilität hin und her – das hatten wir schon – das wollen wir nicht weiter, denn dann wird´s nicht heiter – eher das Gegenteil!
Rumpf, Kiel, Ruder und Motoren Anlage – ein Saildrive kann zur Achilles Ferse geraten, denn es trennen den Skipper von den Fischen nur ein paar Millimeter Membrane, die nicht nur im Fokus unserer Versicherung steht, hingegen heute still und leise sich in unsere Schiffe hineingeschlichen, weil dies für die Werften die Montage ungemein verkürzt – uns Seglern hingegen im Langzeit Betrieb meist einen Bärendienst erwiesen hat.
Auch dies ein Merkmal, wo alte Lösungen besser gewesen sind – oder warum wohl gibt es in kommerziellen Wellenanlagen stets ein Drucklager, dass schiebende Kräfte verdauen kann? Ein Saildrive besitzt eine ungünstige Kraftgeometrie, da er im Keller schiebt – was ein Stockwerk höher auszuhalten ist. Nicht vergleichbar mit einem Propeller, der seine Kraft auf geradem Weg ins Schiff und seine Fundamente schiebt – und zudem Achterkante Kiel einen komfortabel gschützten Arbeitsplatz besitzt.

Der Unterschied im Montageaufwand konventioneller Motor – Welle – Propeller Installation verglichen mit der Montage – und Ausrichtung! – eines Saildrive, beträgt viele Stunden und ist für jede Serienwerft enorm attraktiv. Für den Segler ist dies nicht immer eine perfekte Lösung. Ein leckendes Stevenrohr ist ärgerlich, hingegen unerheblich angesichts potentieller Probleme, die ein Saildrive dem Skipper bereiten kann..

Ein kleiner Einblick in Saildrive problems

Ein Blick in Klassen Vereinigungen kann hilfreich sein, Langzeitqualitäten von Typ Schiffen zu beurteilen, weil dort Schwachstellen und Therapien bekannt und benannt und zudem wertvolle Tipps zu beziehen sind, die dem Wert des eigenen Untersatzes zuträglich sind.

Hier ein paar bekannte Owners Associations, von denen einige bereits legendär sind
Contessa 26Contessa 32WesterlySadlerHans ChristianHurley MoodyIsland PacketValiant Cape DoryWestsailBristolCheoy Lee PassportCorbinHallberg RassyNajadOVNI

Nahezu jede seriöse Marke betreibt eine Owners Association – auch wenn dies hier und da mehr als Marketing Plattform für neue Modelle verwendet wird.
Die Contessa 32 besitzt eine Sonderstellung im Marktgefüge, weil diese Schiffe derart solide gebaut sind, dass sie auch für ein zweites Leben taugen, wenn die Bauwerft nach dem ersten Leben, dann ein Total Refit macht und Schiffe im Neuzustand aus der Halle kommen, obwohl sie vielfach schon 30 – 40 Jahre im Wasser gewesen sind. Der Marktwert dieser Schiffe wird solide erhalten und erweist sich für die Eigner als gutes Investment – ganz anders, als derzeit viele Grossserien Schiffe, die aufgrund enormer Angebotsvielfalt am Gebrauchtmarkt nur zu verkaufen sind, wenn die Eigner zu grossen Preiszugeständnissen willig sind.

Marktgeschehen und Preisgefüge folgen der Balance zwischen Angebot und Nachfrage. Trifft Nachfrage auf geringes Angebot, steigt der Preis – und das Rückgrad verkaufender Verkäufer kann sich selbstbewusst versteifen.

Ist die Angebotsvielfalt hingegen gross, verstopfen ausgediente Charter Flotten zudem den Markt, sind Verkäufe nur mit Preisabschlägen möglich – wenn überhaupt!

Ein Blick bei GOOGLE und den bekannten Portalen gibt zwar eine ungefähre Idee, wie es um den Marktwert gebrauchter Yachten steht – hingegen zeigt diese Untersuchung regelmässig nie – zu welchem Preis ein Schiff am Ende wirklich den Besitzer wechselt. Die schlichte Tatsache, dass unzählige Schiffe auf Dauer inseriert werden – bestätigt, dass der Markt auch für Qualitäts – und Markenschiffe schwierig geworden ist. Der Anzeigen Friedhof einschlägiger Yacht Magazine kennt unzählige Wiederholungs Inserate, von denen die allermeisten Schiffe trotz Foto niemals zügig einen neuen Eigner finden – mehrjährige Wartezeiten sind durchaus die Regel – und auch Broker können hier nicht Hexen und Blaufärben – zumal sie selten mehr können als selbst zu inserieren.

Angesichts dieser Situation ist es erstaunlich, dass bestimmte Bauwerften vom allgemeinen Trend der Schwerverkäuflichkeit ausgenommen scheinen, denn z.B. gebrauchte KOOPMANS Yachten – gleichwelchen Materials – erzielen regelmässig Höchstpreise und sind am Markt schwer zu bekommen. Auch OVNI, GARCIA, BESTEVAER, VAN DE STADT, Hutting und andere Aluminium Schiffe finden oft unter den Hand recht schnell einen neuen Eigner, sodass sich der Wertverlust für den Voreigner immer wieder in Grenzen hält.

Unter den Kunststoff Werften besitzt BREEHORN eine Sonderstellung, deren Kundschaft – nahezu sämtlich private Käufer – zu einem Grossteil in internationalen Gewässern unterwegs ist – übrigens ebenfalls eine Koopmans Konstruktion.
Koopmans Schiffe halten heute in Europa eine Marktposition, die den früheren Sparkman & Stephens Schiffen durchaus ähnlich ist – dies gilt in Bezug auf Seeverhalten, Bauweise und Solidität.

Der gute Ruf einer Marke erwächst aus zufriedenen Kunden und stärkt den Wiederverkaufswert ungemein. Word-Of-Mouth unter Seglern ist für Werften zunehmend wichtig und regelmässig wirksamer als grossformatige Anzeigen Kampagnen – die wertlos sind, wenn die Segler in der Praxis nicht zufrieden sind.

Die Besonderheiten von Aluminium Yachten werden Gegenstand einer weiteren Betrachtung sein.

Peter Foerthmann

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