Martinique

DIE UNBEKANNTE SEITE VON MARTINIQUE
Martinique ist jedem Segler ein Begriff, begehrenswertes Ziel nach der Atlantik Überquerung oder Ausgangspunkt für Charter Törns in Lee der Inseln. Segler finden aus den französischen Antillen alles, was sie wünschen oder träumen. Ruhiges Segeln hinter den Inseln oder anspruchsvolle Passagen in der dem Atlantik zugewandten Seite.

G #5
Eine ganz andere Segeltradition, geprägt von sportlichem Ehrgeiz, Athletik und Teamgeist, bleibt den meisten Besuchern der Inseln verborgen. Seit 70 Jahren wird in Martinique mit traditionellen GOMMIERS, sportlich um die Wette gesegelt. Das Design der Boote geht zurück auf die Einbäume, die aus Gummibaum gefertigt und bis in die 1940er Jahre in den französischen Gewässern zum Fischen verwendet wurden. Sie wurden hernach durch die breiteren YOLES ersetzt und verloren fortan jedwede Bedeutung.

Kurz nach dem Weltkrieg II wurden die Gommiers auf Martinique als Sportgerät neu entdeckt, mit dem sich die afrokaribische Bevölkerung ihrer Tradition besann. Nach Aussage von Etienne Charles, einem der führenden Gommierbauer der Insel, haben sich die Schiffe seitdem kaum verändert. Allerdings wird es immer schwieriger, geeignete Bäume für den Bau dieser Boote zu finden, weshalb zur Bewahrung der kulturellen Tradition der französische Staat sich dieses Themas angenommen hat und Etienne Charles mit öffentlichen Geldern gefördert werden wird, um die Bootsklasse durch Neubauten weiter zu stärken.

G #2
Wenngleich die Bootsrümpfe ihren ursprünglichen Charakter behalten haben, so werden die rechteckigen und bis zu 60m² großen Sprietsegel inzwischen von namhaften Segelmachern hergestellt. So kostet heute ein Neubau nach Aussage von Patrik, Segellehrer des Verbandes Gommier et Tradition, etwa 10.000-15.000€ Euro.

Verglichen mit den Kosten einer Einmann Laser Jolle ist eine Gommier also preiswert, weil sie für eine große Besatzung Spass und Sport bedeutet.

G #4
Die Wettfahrttage der Gommiers gleichen kleinen Dorffesten, was nicht davon ablenken soll, dass der sportliche Aspekt stets im Vordergrund steht. Jedes Team besteht aus 8-14 Besatzungsmitgliedern, von denen die meisten auf athletische Weise damit beschäftigt sind die kiellosen Rundspanter möglichst aufrecht zu segeln.

Mithilfe von Holzstämmen, die unter dem Leesüll verkantet werden kann die Mannschaft ihr Lebendgewicht zwei Meter nach Luv verlagern. Beim Wenden oder Halsen herrscht Hektik an Bord, weil Mannschaft und Reitbalken zur neuen Luvseite verbracht werden müssen, wobei blaue Flecke fast die Regel sind.

G #3
An der diesjährlichen Meisterschaften haben zehn Boote teilgenommen, eine Regatte ohne Alters- oder Geschlechtergrenzen die stets an Sonntagen direkt von den Stränden gestartet werden.

Die Boote werden sportlich und weit übertakelt gesegelt, ohne Pützen geht es nicht, da das Freibord teils unter Wasser liegt, wenn die Crew in Luv zu spät ins Wasser springt und die Kenterung nach Luv zu droht, eine Schmach für jede Siegercrew, die ggf kurz vor dem Ziel ihren Vorsprung verliert, wenn eine Halse zu übermütig gefahren wurde.

Gommiers #1So war im Januar 2014 das Team aus Sainte Luce mit breiter Brust angetreten und lag mit großem Vorsprung vorne, was nicht nur an der erfahrenen Mannschaft lag, denn auch ihr Boot, die Welcome II, galt als eine der schnellsten Gommiers der Insel. Die ersten zwei Runden führte das Boot deutlich vor den Booten aus Lamentin und River Pilot, der Start-Zielsieg schien dungefährdet. Bis zu dieser verflixten Halse, die direkt vor dem Steg in Anse a l’Ane die letzte Runde einläutete. Das Manöver misslang vor den Augen der feixenden Fans vollständig. Unter lautem Fluchen kenterte das Boot und das Team ging baden. Der Sieg war pfutsch und die Mannschaft schob Boot und Rigg schwimmend an den Strand.

Ein feucht fröhliche Segelveranstaltung, wie man sie bei uns in Europa vergeblich sucht.

Gerrit Paetow

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