Las Palmas Sonntag 20.Nov. 2011
Die ARC Flotte ist unterwegs nach Westen, der Hafen leergefegt. Pedro von der TEXACO Tankstelle macht Hafendisco für ein paar flotte Stunden, die Uferpromenade ist voller Canario Flaneure, die einmal im Jahr die Gelegenheit nutzen, statt gewohnter Frachtschiffe und Tanker vor der Stadt, hunderte Segler bis zum Horizont zu bewundern, die dann wenig später hinter demselben verschwunden sind.
ARC #26 hat den Hafen verlassen, vielleicht die richtige Zeit, sich wieder einmal die Frage zu stellen, die so viele Yachties alljährlich bewegt: Soll ich mich anschließen, oder soll ich das lieber nicht?
Die Grenzen sind heute durchlässiger geworden. Galt früher die von der ARC genutzte Funkfrequenz als Geheimnis, das nur hinter vorgehaltener Hand kolportiert wurde, so ist sie heute nahezu jedermann zugänglich. Eine Geisterflotte von Nicht-ARC Seglern folgt traditionell in Lee dieser Grossveranstaltung und schlüpft unter den virtuellen Schutz eines Funk-Rettungsschirmes. Wie von Geisterhand brechen zeitgleich in vielen anderen Inselhäfen die Yachten Richtung Westen auf.
Schlau gemacht und schlau gedacht, denn der erhöhte Schutz für alle Yachten unterwegs, ob unter ARC Flagge oder nicht, ist gleichwohl auch eine Werbung für die Veranstaltung. Unvergessen ist die Rettung eines norwegischen Nicht ARC Seglers, der gleichwohl von einer ARC Yacht vor einigen Jahren vor dem sicheren Ertrinken gerettet wurden konnte.
Die Trends der ARC Flotte sind unverkennbar: größere Schiffe meist neueren Baudatums sowie große Mannschaften, 1200 Segler verteilt auf 216 Schiffe lassen sich schnell errechnen, insbesondere, wenn man bedenkt, dass nur 16 Double Hander Segler unter den Startern gewesen sind. Die Durchschnittliche Schiffsgröße liegt derzeit bei knapp 50 Fuss und die erhebliche Anzahl von Charterschiffen belegt die Attraktivität dieser Veranstaltung nicht zuletzt wohl auch wegen ihres umfangreichen Rahmenprogramms. Wer Parties mag, ist sicherlich gut aufgehoben, denn da hat die ARC einiges zu bieten, jeden Abend ist in einer anderen Hafenecke etwas los.
Die ARC ist für Las Palmas zum Wirtschaftsfaktor geworden, weil sie ca 1,5 Mio Euro an Umsatz in einer sonst eher schwachen Jahreszeit in die Kassen spült. Dies spiegelt die Tatsache, dass Touristenministerium, Hafenverwaltung sowie ortansässige Betriebe der Marine Industrie als Sponsoren ihren Beitrag zum Gelingen der Veranstaltung leisten.
Eine Stammcrew von ca 20 Mitarbeitern sorgt für reibungslosen Ablauf einer geölten Dienstleistungs Maschinerie, die von Mitarbeitern aus dem örtlichen Umfeld verstärkt wird.
Besondere Erwähnung verdienen die Sicherheits Checks, der ARC TÜV, um sicherzustellen, dass in Bezug auf die für notwendig gehaltene Sicherheitsausrüstung bei allen Schiffen gleiche hohe Ansprüche erfüllt werden. Auffällig ist der extrem hohe Ausrüstungsstandard der im direkten Zusammenhang mit der Investitionen für vielfach nagelneue Schiffe steht. Überdeutlich wird die Diskrepanz zu Schiffen, die nicht an der ARC teilnehmen, sie sind meist kleiner, älter und weniger komplett ausgerüstet.
Wilhelm Greiff, deutscher World Cruising Repräsentant, ist mit 5 englischen Seglern unentwegt im Einsatz, die SECURITY CHECKS durchzuführen. Auf vielen Schiffen sind mehrfache Besuche notwendig, bis das Schiff sein final Okay erhält.
Angesichts einer enorm großen Anzahl moderner Yachten mit Finkiel und Spatenrudern wird das Vorhandensein praxisgerechter Notpinnen immer wieder bemängelt. So gibt es regelmässig eine ganze Anzahl von Yachten, bei denen Notpinnen entweder nicht verwendbar, oder zu fragil und für harte Praxis untauglich befunden werden.
Verglichen mit der ARC ist man allerdings in den USA schon weiter. Dort wird das Vorhandensein eines Notruders zwingend vorgeschrieben, denn was nutzt eine Notpinne, wenn das Spatenruder beschädigt oder nicht mehr vorhanden ist?
Ich denke, die ARC hat das besondere Interesse von Seglern, die ein wenig Anleitung benötigen, die an die Hand genommen werden möchten, weil sie ansonsten dem grossen Abenteuer Atlantik gegenüber zu wenig Zutrauen besitzen. So ist zu beobachten, dass die Seminare im Vorfeld der Veranstaltung teils jahrelang vor der Abfahrt besucht werden und Segler per Flugzeug nach Las Palmas anreisen, um einem Start beizuwohnen, obwohl ihre Teilnahme erst in kommenden Jahren ansteht.
Die enorme Größe der Schiffe verdeutlicht ohne viel Worte, daß die ARC überwiegend von gutbetuchten Seglern frequentiert wird – und von Chartersegler, die auf großen Charteryachten für eine Atlantik Überquerung anheuern.
In einem separaten Marina Becken war die Zahl brandneuer LAGOON Cats unübersehbar, allein 5 LAGOON 560 lagen dort Seite an Seite, unterwegs zum Charter Einsatz in der Karibik. Ein ebenfalls taufrischer WAVE 58 Cat aus polnischer Produktion soll auf US Boat Shows zum Verkauf angeboten werden. In einem weiteren Cat hingegen waren sämtliche Kojen ein wenig anders belegt, weil der Eigner einen Lastwagen voller Styropor Platten aus einem Baumarkt geordert und sein Schiff mit 14 cbm Styropor hoffte unsinkbar gemacht zu haben.
Familiensegler – Normal Segler – sind in der ARC keine besonders stark vertretene Fraktion, sie ankern während der Vorbereitungszeit der ARC draußen im Vorhafen von Las Palmas und strömen nach dem Startschuss in Flottenstärke an die freien Pontons im Hafenbecken um sich auszurüsten für den langen Schlag nach Westen.
Mal sehen, was es über diese Schiffe morgen zu berichten geben wird – verspricht
Peter Foerthmann