MAX FOERTHMANN – RASSEHUND UND SEGLER
Aus gegebenem Anlass, der nicht unbedingt in Langeweile seinen Ursprung hat, hier ein paar Gedanken zu Hunden, die ja bekanntlich im Leben von gefühlvollen Menschen eine wuchtige Rolle einzunehmen pflegen. Kindersatz, Spielzeug gegen Langeweile, Sportgerät, Kamerad, Ansprechpartner, der endlich mal gar nix sagt, der statt dessen mit dem Schwanz wedelt, den Kopf schief stellt oder mit den Augen klimpert, der damit vehement, vergleichsweise unterschwellig Druck erzeugen kann, womit er am Ende sogar – wie mit unsichtbaren Stahltrossen – willensstarke Menschen im Schneetreiben aus der Haustür treiben kann.
Jaja, die Wauwi´s, können jeden Spiess Ratzfatz – und ohne viel Radau – umdrehen … brauchen nix zu lernen … können dann und wann – falls es gerade passt! … schon mal gnädig gehorchen … falls eine Wurst bereitgehalten wird … anstatt ansonsten lieber nur der eigenen Schnüffelnase und den Düften von Exkrementen von Artgenossen oder gar Konkurrenten … hinterher zu schnüffeln bzw. nachzulaufen, wie im Trance … Merke: auch Wauwi´s haben eine zarte Püsche, die man tunlichst nicht verletzen sollte … weil sie ansonsten nicht Art gerecht gehalten werden … was ja Frevel wäre … und Nachbarn ärgern könnte!
Ich habe in einer frühen Verbindung viele Jahre mit Max Foerthmann verbracht, einem aus dem Tierheim erlösten Rassehund, der allerdings verschiedene Rassen in sich trug … ein Unband, der unser Haus und Garten umgepflügt, den Hundedamen in der Nachbarschaft des Nachts vermutlich verschiedentlich Schaden zugefügt. Sein Trick: er hat des Nachts hinter der Haustür schwer Radau gemacht, ist dabei von einem auf die anderen Beine getreten … als könne er den Harn nicht mehr an sich halten … bis die Tür endlich – vorzugsweise nachts um drei – vom genervten Herrchen oder seine Frau Gattin final aufgemacht … und die Töhle hinaus in die Freiheit flitzte … in die dunkle Nacht mit den verheissungsvollen Düften … der Bursche zumeist erst des Morgens, schwerst erschöpft bzw. völlig erschossen, sich ins heimelige Reich gerettet, mit letzter Kraft das Sofa erklomm und fürderhin tagelang okkupierte, und jeden, der sich dort niederlassen wollte … durch Knurren bedeutet hat, wer der wirkliche Herr im Hause ist! Mit Petergogik hatte der Hund nix am Hut, er hatte nur schlicht die besseren Nerven.
Max Foerthmann war studiert … schliesslich het er seinen Chef ganze Semester lang beim Studium begleitet, im Hörsaal zumeist recht still seinen Platz eingenommen, sich hier und dort auch schon mal ungehörig benommen … zumindest die Professoren respektierten diesen bunten Burschen … der selbst mit halb geschlossenen Augen den Laden unter Kontrolle hatte … wenn er nicht kuschelig draussen im Auto warten oder schlafen wollte … oder dort lieber vorbei schlendernden Omas einen gehörigen Schrecken einjagen wollte, durch jähes Bellen und an die Scheibe springen. Quasi eine lebendige Alarmanlage, obgleich: meine Autos waren damals für Diebe wenig begehrenswert.
Ich fuhr seinerzeit französisches Blech, was preiswert zu haben war und was ich so schön einfach reparieren konnte … im besagten Hundefall, einen Peugeot 504 mit in den Rücklehnen integrierten Kopfstützen … die, wenn hochgeschoben … den Platz für meine Töhle offenbarten … 13 kg Lebendvieh im Genick … Wieso warum? Ich kann garnix dafür, der Hund hat sich den Platz selber ausgesucht … und war dort fortan absolut nicht zu vertreiben … da hatte ich tapfer zu sein – meine LebensEndlosRolle. Im Winter was das Tier als Schal recht angenehm, weil es schneller wärmte, als eine französische Fahrzeugheizung das bewerkstelligen konnte. Max Foerthmann hat auch schon mal einem Polizisten, der sich freundlich zum Fenster rein gelehnt, weil er die Papiere kontrollieren wollte … ohne zu zögern in die Hand gebissen … dumm gelaufen für die Polizei … denn eigentlich war die Töhle vergleichsweise recht freundlich … nur bei Polizeimützen ist er ausgerastet … vermutlich eine Folge frühkindlicher Erfahrungen im HundeKindesAlter, mit Obrigkeiten, die den Hund erziehen wollten … und nicht konnten … ihn als Strafe vermutlich dann am Ende ins Tierheim abgeschoben haben. Weiss man ja alles nicht, wenn man im Hochgefühl seiner Tierliebe an den Gitterstäben der HundeHostelKäfigen vorbeidefiliert, um nach Nasenspitzen – und treffsicherem Blick direkt ins Herz!! – ein armes vereinsamtes Wauwilein von den blanken Fliesen zu erlösen.
Beim Segeln jedenfalls war der Bursche begeistert dabei, hat die Blase tatsächlich max 11 Std dicht gehalten … kam dann allerdings ein Hafen in die Nähe, wurde die Sache stressig, es herrschte Not am Hund, er geriet lauthals bellend völlig ausser Kontrolle, wenn man das Manöver nicht subito, vor allem rasant und punktgenau zu Ende bringen konnte. Mein Sinnspruch damals: kernig gerammt ist besser als lahm angelegt – der Hund besass schliesslich die volle Priorität.
In Skagen hatte Max Foerthmann besonderen Spass bei den Fischern, denen er tote Fische klaute, sie frass und sofort verdaute … sich hernach in ihren Resten sowie ggf. in der Nähe liegenden toten Möven, wälzte … und sodann fröhlich zufrieden hechelnd … und bestialisch stinkend … elegant ins Kockpit sprang … um sich sodann sofort unter Deck in unserer Koje schlafend zu stellen … Ein vergebliches Ringen um Grundsätzlichkeiten, bei denen man nicht das Gesicht verlieren wollte, weil im Päckchen liegende, feixenden NebenliegerSeglerFreunde das Foerthmann´sche Hafenkino geniessen wollten – und keine Sekunde zu versäumen gedachten – Bierflasche in der Hand. Genau der richtige Moment, um Containance zu trainieren … mit versteinertem Grinsen im Gesicht, denn unter Deck stank es ganz fürchterlich. Eine Murmeltier Erfahrung, weil man das stinkende Etwas zu duschen hatte, und bereits wusste, dass sich der gleiche Zirkus jeden Skagen Tag aufs Neue wiederholen würde. Krieg der Gerüche, denn Hund und Herrchen hatten schlicht divergente Vorlieben, obgleich ich damals mit einmal Duschen / Woche ausgekommen bin. Es sind genau solche Momente, in denen man sich in der Falle sitzen empfindet, weil man einem freundlich wedelnden Ungetier … ja nicht böse sein kann, bzw. man an die psychedelischen Schäden eines auf See so wenig artgerecht gehaltenen Wauwi´s zu denken hat, der ja auch lange Meilen wieder nach Hause auszuhalten hatte. Merke: ein schlechtes Gewissen funzt auf bei vierbeinigen Kreaturen.
So haben wir schnell zu schätzen gelernt, wie wunderbar gemeinsames Segeln mit Freunden ist, insbesondere wenn das zweite Schiff endlos lang und ein griffiges Teakdeck hat und – last not least! – dort ebenfalls ein Wauwi zuhause ist. Auf der Träumerei – ja richtig, die von Schumann! – hatten Karlchen ( ein Westentaschen Pudel von geschätzt 1 kg Lebendgewicht ), sowie Max Foerthmann mit strammen 13 kg genügend Auslauf, zudem am Mast – als Baumersatz! – ein Hundeklo mit Pütz Wasser Spülung eingerichtet war. Die Träumerei war ein 100er Seefahrtskreuzer von von Hacht, 17 volle Meter lang, dagegen war unsere Bianca 27 nur ein Westentaschenkreuzer mit arschglattem Decksbelag, auf der eine Hundekralle keine Chance hat. Beide Schiffe im Päckchen waren ein segelndes Schlaraffenland für vierbeinige Bordbegleiter. Korle Schumann, Ceo und Skipper der Träumerei, Vereins Urgestein und Chef vom JKN in Wedel über Jahrzehnte, war mein Idol und offen angebeteter Freund, der im Hauptberuf die Krankenhaus Kantine des Rissener Krankenhauses zu einem schillernden Mikrokosmos entwickelt hat, in dem Kanarienvögel in Volieren zwitscherten und elektrische Eisenbahnen ihre Kreise zogen … ein Ort, an dem halbwegs genesende Kranke, schon im Bademantel wieder flügge, ihre Leiden stundenlang vergessen konnten. Die Hygiene Fuzzies allerdings haben dort Ohnmachtsfälle überstehen müssen. Trauriges Ende eines erfüllten Lebens, hat Korle seine vielen Pläne für den Ruhestand nicht realisieren können, weil er durch einen tragischen Unfall, sein Leben verloren hat, mit Karlchen an der Seite. Eine Zäsur, die sich bis ins heute zieht, vor allem bei seinen bezaubernden drei Töchtern, deren eine, Gesche, samt ihrem Mann Hartmut, zu meinen Lebensfreunden zählt, bis heute.
Max Foerthmann wurde einige Jahre später zum Scheidungshund, er wohnte weiterhin bei meiner Ex im halben Doppelhaus … wo wenig später mein Nachfolger – Oh wie praktisch, noch ein Peter! … sein Zuhause aufgeschlagen hat. Vermutlich hat all dies den armen Hund enorm verwirrt, denn fortan durfte die bedauernswerte Kreatur nicht mehr im Schlafzimmer am Fussende im Schlafgemach sein Lager zur Nacht aufschlagen … wurde statt dessen auf´s kalte Terrazzo in die Küche verbannt … wo man die nächtlichen Winsel Proteste des so arg gedemütigten Hundileins nur noch piano hören konnte. Der Bursche hat die dumme Situation schlau für sich geklärt: Es ergab sich wenige Tage später, dass sein Frauchen zur morgendlichen Begrüssung die Küchentür mit Schwung geöffnet hat … und die dicke Glitschmine auf dem Terrazzo hinter der Tuer geplättet hat … glitsch! … immerhin, ohne darauf sogleich auszurutschen! Eine veritable stinkende Schweinerei! Jedenfalls ist überliefert, dass dies für den Hund zum finalen Sieg gereichte, denn er hatte fortan wieder die freie Zimmerwahl … dieser Hund!
Nach ca 13 Jahren litt der Bursche unter Nierendysfunktion, er wurde sein Wasser nicht mehr los … wir haben ihn erlöst und unter Krokodilstränen im Garten beerdigt.
Wenig später habe ich mir einen blitzblankblauen schicken Peugeot 504 TI mit duftenden braunen Ledersitzen gekauft … und beschlossen, den Rest meines Lebens ohne vierbeinige Nervensäge zu verbringen … die weder aufräumt, noch sauber macht … Haus, Auto und Schiff zum Schlachtfeld konvertiert … sich gern auch mal mit anderen Vierbeinern zofft und sein Herrchen nach drei stündigem Spaziergang … nur Minuten später, wieder freudig anwedelt … um ihn zur nächsten Runde zu animieren. Alles reine Nervensache.
In Polen haben wir 4 Hunde auf dem Hof, die allesamt draussen leben … in Hamburg wird kein Hund unser Haus betreten … weil wir die Folgen kennen, meine Frau das Regiment dort führt und ich für meinen Teil, weise geworden sind, jedenfalls in Bezug auf vierbeinige Gesellen, die leider nicht erwachsen werden … und ständig Nerven polieren und strapazieren, derweil wir am Ende selbst auf allen Vieren nach Ruhe gieren …
Soweit eine kleine Achterbahnfahrt aufgeschrieben am
Sonntag den 5. April 2020
Peter Foerthmann