IM LAND DER UNBEGRENZTEN ELLENBOGEN
In der Neuen Welt gehen die Uhren – und die Menschen – diagonal entgegengesetzt proportional verkehrt – also exakt wie in unserer Alten Welt – nur eben einige Stunden zeitverschoben – weshalb sich mancher dort besser aufgehoben fühlt, weil er zumindest glaubt, in Sun Shine States, seine Knete hipper zu verdienen, oder auf fremder Leute Rücken, das eigenes Leben ein wenig besser zu überbrücken. Oder anders rum: Wer in der alten Welt nicht mehr zu Potte kommt, oder wem hier vielleicht der Boden zu heiss geworden, der findet nur wenige Flugstunden entfernt, ein von ihm bis dato unbelastetes Terrain, auf dem er seine Ellenbogen dann erneut ausprobieren kann.
Der Vorfall, über den ich hier berichten will, liegt bald 20 Jahre zurück, genügend Zeit also für Resilienz, um heute zeitversetzt über die Essenz einer Erfahrung zu berichten, deren Konsequenzen in Bezug auf menschlichen Umgang kaum enttäuschender hätten sein können. Immerhin erkenne ich heute ein Muster, dass Menschen mit zunehmendem Alter eine stetig wachsende Anzahl von Misserfolgen zu verkraften – oder zu sammeln? – haben. Es liegt im Wesen jedes Delinquenten, ob und wie er es schafft, mit den zwangsläufigen Lebens Imponderabilien klar zu kommen, am Ende mit dem Kopf unter dem Arm, die Familie, das soziale Umfeld … oder den Mond zu bejaulen, weil er sich zunehmend als Opfer fühlt. Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt, oder verkauft sich am Ende – schon kleiner geworden – unter Wert – um wenigstens die Achtung vor sich selbst nicht gänzlich zu verlieren. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt, darum hier nun ein ziemlich unverblümter Bericht.
Es war das Jahr 1997, die Firma Windpilot entwickelte sich prächtig, die europäischen Grenzen erschienen mir als eng, denn Tief Wasser Segeln war Breitensport und fand rings um den Globus statt. Unter Seglern aller Nationen galt die General Prämisse: je länger der Törn, desto geringer die Lust zum Sklavenjob an Rad oder Pinne, zudem hatte sich in der Segler Gemeinde herum gesprochen, dass Autopiloten eben doch nicht zum Hexen und Blaufärben in der Lage sind. Windsteuersysteme, immer mal wieder totgesagt, erobern seit Dekaden die Hecks von Schiffen, deren Eigner ein wenig weiter als nur bis zur nächsten Hafenmole segeln wollen.
Im Internet herrschte damals noch Wild-West, so war also der Minne Dienst am Segler auf den Boat Show Zirkus Plätzen dieser Welt immer noch State of the Art, um neue Herzen zu erobern – Entschuldigung: Köpfe zu interessieren. Also: auf zu den States of America.
War es Schicksal, oder Zufall, oder stand etwas auf meiner Stirn geschrieben? Es ergab sich ungefähr zur gleichen Zeit, dass ich auf der Hansiboot und wenig später in meiner Werkstatt in Hamburg Ost, Besuch von einem freundlichen Segler Paar erhalten sollte. Noch besser, als Eigner eines Reinke Stahl Kartons mit Knick hatten sie bereits eine Windpilot Verzierung am eckigen Heck, waren mir also in Lee von Kundenbindung subito ins Herz hinein geflutscht. Welch Koinzidenz, welch Glücksfall, so meine Gedanken – ich war so arglos.
DORIS HEITZMANN und DIRK R. WEITER
Ein Pärchen, damals offenbar frisch verliebt und im Possmoorweg in Hamburg Winterhude zu Hause, berichteten von ihrer Idee, sich samt Schiff nach Florida zu verholen, neudeutsch auszuwandern. Ohpala … konnten die Beiden Gedanken lesen? Ein Wort gab das andere, Synergien wurden schnell entdeckt, vermasst und sodann Pläne geschmiedet: schnelle Entscheidungen waren in meinem Leben schon immer genau mein Ding. Mein Bauchgefühl rief, diese Chance beim Schopfe zu packen. Und so beschloss Ich, ganze Sache zu machen: WINDPILOT USA war schnell gegründet – für mich ein logischer Weg.
Die Auswanderung erfolgte für Segler atypisch, denn die Herrschaften reisten mit dem Silbervogel, das Schiff wurde als Decksladung nach St. Petersburg Florida verholt. Haus und Auto waren schnell gefunden, mit einem Arbeitsvertrag im Rücken, war es einfach, dort Fuss zu fassen, denn die Kosten für Büro, Auto Lease, Prospekte, Inserate und Messekosten waren abgedeckt, sie wurden sämtlich von einem vertrauensvollen Arbeitgeber bezahlt – der war nämlich ich.
Einen besseren Start mit Langzeit Perspektive für eine Auswanderer Familie hat es sicherlich selten gegeben, davon bin ich heute noch überzeugt. Zudem hatte ich Freunde gewonnen, so jedenfalls damals meine tiefste Überzeugung.
Praktischer Weise wurde die dann dort geschaffene Infrastruktur sogleich offenbar auch für eine Co-Existenz als Real Estate Broker eingesetzt. Davon allerdings erfuhr ich erst ein wenig später, aber ich will hier nicht vorgreifen. Insgesamt also: Ein Business Start Up, wie im Bilderbuch, man hätte das Fernsehen hinzu ziehen sollen.
Ich begann mein Vielflieger Programm, weil in den USA die Boat Shows im Monats Takt stattzufinden schienen: Miami, Oakland, Toronto, Atlantic City, Annapolis, Ft. Lauderdale, Chicago, Newport R.I, die exakte Reihenfolge der Events habe ich verdrängt, es sollte reichen, zu sagen: ich habe einige hunderttausend Meilen zusammen geflogen, mir die Zeit in den Lounges dieser Welt um die Ohren geschlagen. Aber: das war mein Minnedienst für den Einstieg in einen neuen Markt, der von blauem und grünem Wasser umgeben ist, der von Platzhirschen mit eher traditionellen Systemen okkupiert, den ich beschlossen hatte, ein wenig zu stören, bzw. aufzumischen.
Ein Glückspilz, wenn man seine eigene Mannschaft vor Ort besitzt, die einige Monate lang, vermeintlich ganz in meinem Sinne, meine Interessen in Windpilot Uniform dort zu vertreten schien. Sie ahnen es bereits: es kam anders – ganz anders – nämlich ungefähr und in etwa so:
Nach einigen Monaten der Aufbauarbeit und Akquise, mein Hamburger Bank Account rutschte dabei kollateral enorm in die Miese, füllte sich zeitgleich mein US Konto mit den erfreulich schönen Verkaufsresultaten, derweil das Konto von sämtlichen lästigen Kosten für Gehälter, Produktion, Marketing, Transport und Vertrieb in Hamburg vollkommen unbelastet, immer praller und begehrenswerter werden konnte. Electronic Banking war noch unbekannt, ich vertraute meinen Freunden und gewährte Bank Vollmacht. Das Ungleichgewicht meiner Konto Stände wurde im Rahmen eines Telefongesprächs mit Dirk R. Weiter dezidiert angesprochen. Auf meine Frage nach dem aktuellen Kontostand wurde die Frage an seine Frau Doris weitergegeben: Ein Betrag von about US $ 80.000 wurde sodann benannt, was in etwa meinen Vermutungen entsprach. Ich bat jedenfalls um entsprechende Überweisung zu Gunsten meiner Hamburger Bankverbindung. Die knallige Antwort: ein striktes Nein, das Geld gehöre mir nicht, man werde es mir nicht überweisen. Meine Bank in Florida bestätigte wenig später telefonisch, dass mein Konto leer geräumt und das Geld offenbar in cash abgehoben worden sei. Eine Vollbremsung hätte keine besseren Spuren hinterlassen können.
Die Dinge überschlugen sich, ich habe den Vertrag kurzfristig beendet, Anwälte eingeschaltet, die ich erst finden mußte – das Geld war weg. Nach jahrelangem Prozess, in dessen Verlauf etliche USA Besuche notwendig gewesen sind, folgte dann – nach Anwaltswechsel – die brutale Erkenntnis, dass es in Florida von Gesetz wegen offenbar nicht möglich ist, mit einem Gerichtsurteil einen Titel auf eine „privat homestead“ zu vollstrecken, wenn die Beklagten in eben jenem Hause selber wohnen. Ich lernte über Nacht, dass mein Geld obgleich zweckentfremdet, es gleichwohl auf eben dasselbe Haus nichts zu vollstrecken gab. Florida ist offenbar ein Schuldner Paradies! Wie viele Menschen das wohl wissen? Wahrscheinlich vor allem jene Insider, die sich genau dies zunutze machen. Wie in diesem Fall?
Aber es sollte noch besser kommen, ich meine: noch schlechter: Mein Mitarbeiter forderten mich auf, ca 14 laufende Aufträge, deren Namens Nennung er verweigerte, unverzüglich nach Florida zu verladen. Ich bin dann allerdings „unartig“ gewesen. Der Alptraum wollte nicht enden: Mein Mitarbeiter hat diese bestehenden Aufträge offenbar einem US Wettbewerber zur Auslieferung angedient, nachdem man diesen zuvor wohl sogar initiierte, meine Systeme doch einfach zu kopieren, um dann diese Aufträge, ein wenig zeitversetzt, an meine Kunden auszuliefern. TOM WORTH, zu jener Zeit gerade erst als frisch gebackener Inhaber der Firma FLEMING hoffnungsvoll und arglos in den Sattel gestiegen, hat in der Folgezeit versucht, dies Denk Modell in die Praxis umzusetzen … unter aktiver Mithilfe meines – nun ehemaligen – Mitarbeiters samt Frau. Es kam allerdings dann wohl ein wenig anders. Tom hat im weiteren Verlauf den vorherigen Eigentümer seiner Firma, KEVIN FLEMING, anwaltlich veranlasst, den Verkauf der Firma zu annulieren, weil ihm der Betrieb offenbar unter Vorspiegelung allzu rosiger Daten, verkauft worden ist. Hier haben sich wohl einige Menschen gegenseitig ein Bein gestellt.
Peanuts, wenn ich hier über Randereignisse berichte:
– Mir wurde im Verlauf der Auseinandersetzungen wiederholt die Internet Domain von meinem Ex Mitarbeiter entwendet, umgemeldet, gestohlen.
– Die Hahnenkämpfe von Dirk R. Weiter und meinem kanadischen Doppel Ex-Repräsentanten PETER TIETZ siehe haben am Ende dazu geführt, dass der US Markt fortan zwei Nachbauten zu verkraften hatte: FLEMING und VOYAGER
– die vom Gericht verfügte Rückgabe des Betriebs Inventars wurde in ein Storage ausgelagert, dessen Schlüssel man lapidar meinem Anwalt zustellte. Ein storage wohlgemerkt, von dem nur eine Adresse existiert, das aus der Entfernung vieler tausend Kilometer aufzulösen gewesen ist.
Ich war offenbar ausserordentlich skrupellosen Menschen aufgesessen.
Mit zeitlichem Abstand von einigen Jahren, hat sich meine Sicht auf die Zusammenhänge verändert. Geld, Macht, Neid sind die Motive, die viele Menschen motivieren, ihr eigenes Leben zu verbessern oder zu optimieren, wobei Moral und Anstand heute nix mehr zählt und Verträge nur ein Stück Papier, das vor Gericht nur weitere Kosten verursachen wird. Wertvorstellungen innerhalb und ausserhalb einer Sozialgemeinschaft oder gar der eigenen Familie, sind auseinander gedriftet, es zählt nur noch Ich und Mich, Widerstände werden niedergewalzt, am besten über den grossen Vorwurfs Verschiebe Bahnhof, was heute so hipp und modern geworden ist. Ich bin in den USA durch´s Fegefeuer gegangen.
Ich vermute heute, dass Dirk R. Weiter damals einen Plan gehabt, der mich zur Randerscheinung degradieren sollte, besser noch: zum Finanzier eines Machtbewusstseins, bei dem Verträge und Freundschaften unwichtig werden sollten, weil nur das eigene Fortkommen zählte. Die intime Kenntnis über meinen Betrieb, das Wissen um eine schwierige Situation, haben es dem Mann zusätzlich leicht gemacht, seine Pläne zu realisieren. Denn mein Leben stand allseits unter erhöhtem Druck:
– Einem gefährlichen Prozess, den ich am HIGH COURT in LONDON zu bestehen hatte, der Geld und Nerven zehrend gewesen ist SIEHE
– Enorme Investitionen meiner Betriebsumstellung zur industriellen Produktion einer neuen Produkt Familie
– Weitere Investitionen für die Umstellung des Werkstatt Betriebes auf CNC Fertigung
– erhöhte Personalkosten in Produktion und Vertrieb
Im Zeitalter von Suchmaschinen ist mir immer wieder aufgefallen, dass von der Vorgeschichte dieses Mannes kaum etwas zu erfahren gewesen ist. Bekannt lediglich, dass er wohl als Verkäufer von Kauf Charter Verträgen für französische Segelyachten und Inhaber einer chemischen Reinigung aktiv gewesen, hingegen ohne weitere Legende im Netz geblieben ist.
Zeit hilft immerhin, die Dinge zu verarbeiten. Der Mann hätte sicherlich eine angenehme Karriere in den USA machen können, hat hingegen offenbar zu kurz gedacht – wie ich es heute sehe – und sich selbst ein Bein gestellt. Er ist später als Broker für Gebrauchtflugzeuge und Vermieter von Rental Appartments für nur kurze Zeit im Netz auffindbar gewesen. Vielleicht sollte ich ihm sogar dankbar sein, dass er sein Gesicht so schnell gezeigt hat, denn ein wenig zeitversetzt, wäre der Schaden unübersehbar geworden.
Anlässlich eines späteren Boat Show Besuches in Ft. Lauderdale, habe ich einen Windpilot Segler getroffen, der als Pilot für American Airlines Zugang zu den Tail Codes von Flugzeugen besass, der zudem Dirk mit „seiner“ neuen Privat Maschine am Airport fotografiert hatte. So erfuhr ich dann, dass mein Geld bei Dirk R. Weiter offenbar Flügel bekommen hatte, denn er hatte sich eine GRUMMAN Flugmaschine gekauft … die dem Wesen nach wohl eigentlich mir gehörte. I live and learn, dieser Spruch hilft mir immer wieder, ist aber niemals wirklich Trost, weil man in einer Welt voller Feinde ohne Grundvertrauen, irgendwann alles alleine machen muss. Hauptsache, man überlebt, kommt mit den Folgen klar und zieht seine Konsequenzen die dann weiterhelfen.
Rückblickend haben sich die USA Aktivitäten in der Folgezeit enorm vorteilhaft entwickelt, wobei mir GREG KRUEGERMANN in Los Angeles enorm geholfen hat. Wir habe viele unbeschwerte Messen gemeinsam durchgestanden und ich weiss heute, dass der Markt in den USA so fruchtbar ist, wie ich es mir stets vorgestellt. Mit Greg verbindet mich seither eine innige Freundschaft. Die alten Wunden sind verheilt, böse Kämpfe erfolgreich nieder gefochten, das Leben hat sich wieder in einen fliegenden Teppich verwandelt, auf dem wir alle so gerne sitzend durchs Leben fliegen – einige Menschen vorzugsweise auf Kosten anderer – wie es in unserer Zeit so häufig Wunschvorstellung geworden ist.
In meinem Kopf habe ich die Erfahrung mit Dirk als teure Markteinführung verbucht und habe einmal mehr erfahren, dass Vertrauen unter Menschen selten gerechtfertigt ist, weil hinter zu vielen freundlichen Gesichtern stets nur eine neidische Fratze lauert und die Gier nach Knete und eigener Überhöhung zu viele Köpfe regiert, sie darüber glatt vergessen, dass das letzte Hemd ohnehin keine Taschen hat. Freundschaft und Emphase sind, ebenso wie eine positive Grundeinstellung, heute wirklich nur mit der Lupe aufzufinden. Ich habe mir meine Lebensfreude hingegen erhalten, weil ich das Muster menschlicher Verhaltensweise heute besser erkenne – und ich mich, wenn notwendig, besser distanzieren kann.
In den USA haben sich die Dinge positiv entwickelt, im Zeitalter des Internets ist eine Repräsentanz nicht mehr notwendig. Ich mache weltweites Marketing aus Hamburg, kann auf die Messe Gefängnisse dieser Welt verzichten – und halte im Gegenzug seit vielen Jahren meine Preise. Den Vertrieb erledigt eine treue weltweite Bluewater Community als Word Of Mouth, wobei ich auf meinem Stuhl in Hamburg sitzen bleiben kann.
Was dich nicht umbringt, macht dich stärker – dieser Sinnspruch hilft immer weiter – wenn man Stürme überstanden – neue Menschen kennen gelernt – immer wieder auf die gerade Furche egoistischer Zielvorgaben stösst – die scheinbar – wie ein Mantra – in nahezu sämtlichen Köpfen implementiert. Oder bin ich vielleicht gar ein Alien?
Keep clear of Propeller – es können auch fremde Ellenbogen sein!
meint immer noch unerschütterlich auf Kurs
Peter Foerthmann
Danke, wieder mal eine sehr interessante Geschichte.
mfg
Josef