SEGELN UND GELDVERDIENEN
Seglers Träume sind verschieden, eine Binse. Die einen starten zum grossen Törn, wenn der berufliche Lebensweg beendet, wenn Kids und Haustiere flügge oder die Erbengemeinschaft ohne Klopperei versorgt – kurz: man fährt los, wenn die Lebensimponderabilien abgearbeitet, die finanzielle Hängematte stabil verankert, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Kostendeckungsbeiträge garantieren und das Prachtschiff an den Leinen zerrt. Ein verzwackter Langzeit Lebensweg, manche schaffen es nicht, die Nordsee – die ja gelegentlich auch Mordsee heisst – im Transit zu passieren, der Alltagshektik dauerhaft das Hinterteil zu zeigen, um dem blauen Wasser, den Palmen und den Südsee Schönheiten entgegen zu eilen.
Ein Weg mit Hindernissen, die wir alle kennen, weil wir als Hindernis selbst auf zwei Beinen unterwegs.
Für Menschen, die nicht bis zur Rente warten wollen, gibt es variable Möglichkeiten, die Bord oder Lebenskasse aufzupeppen. Die meisten erweisen sich als „dead end road“, denn segelnd Geld zu verdienen, Kojen wochenweise zu vermieten, für Zeitungen Berichte zu verfassen, ein Buch zu schreiben …. das wurde tausendmal gedacht … bei den meisten hat´s nix gebracht. Die Türen sind stets verrammelt, weil das Angebot gewaltig, die Nachfrage dagegen winzig und es überall Hindernisse gibt, die die Suppe dauerhaft versalzen:
– nationale Vorschriften, die legale Kojencharter erschweren
– ein für unbeschwertes Mitsegeln ungeeignetes Schiff, wenn man infolge räumlicher Enge zum Einatmen menschlicher Unverträglichkeiten verdonnert wird
– einen Wettergott, der Flugpläne und Urlaubszeiten torpediert
– Technikzirkus, der den ganzen Kahn konterkariert
– einen Verleger, der hoheitlich nach Gusto selektiert und zudem keineswegs nahtlosen Abverkauf einer Auflage garantiert.
Der Kick muss schon besonders sein, hier die Aufmerksamkeit der Medien oder Großkopfeten zu magnetisieren. Dummerweise sind nahezu sämtliche Erstleistungen bereits abgesegelt, alte Kamellen, multifach national überhöht, ausgeschlachtet und vermarktet, wirklich Geld verdient … haben nur wenige Heroen, die meisten sind still in der Versenkung verschwunden, was keinerlei Bezug zu ihrer Leistung beinhaltet, die häufig aussergewöhnlich ist.
Der schlaue Gedanke, sich Sponsoren zu suchen, sich ihnen als Vehikel anzudienen – oder anzuschleimen – deren mediale Präsenz man zu erhöhen verspricht, ohne dies jemals zu garantieren – hier gibt es nur wenige Ausnahmen, die die Grenzen zum Profit überwinden und die ein für beide Seiten ausgewogenes Miteinander zu realisieren im Stande sind. Es ist heute jedermanns Binse, dass die schiere Anzahl von Werbe Bannern meist diametral zur Qualität der Inhalte steht, denn ein Blogger hat stets servil die Interessen seiner Banner Herren zu bedenken, denen es nur ums Klickvieh geht. Authentizität wird schwierig, wenn man im Banner Tümpel schwimmt, manch einer ist darin ertrunken, weil er die Spielregeln missachtet hat. Denn Klickvieh ist ein scheues Reh, das überaus sensibel reagiert – klick – ist es wech…. wenn die Balance verloren gegangen ist. Wenn die Suche nach seriösen Inhalten durch versehentlich angeklickte Werbebotschaften zum Hindernis Parcours ausartet, klicken Mäuse weg, weil sie den Werbe Braten riechen.
Warum also die Gedanken in der Ferne schweifen lassen, wenn das Gold vor den eigenen Füssen liegt? Unter dem Link SEGELN VERDIENEN werden in loser Folge Beispiele für gelungene Selbstvermarktung benannt, die das Ergebnis von schlauen Konzepten sind oder einfach nur den Lebensläuften sensibel folgend, Überlebensstrategien entwickelt haben, längere Segelaufenthalte mit dem Treibstoff unserer Welt – den bedruckten Scheinen – möglich machen helfen.
SV Existence – Olga+Viktor Pivovarov RUS
EINE GANZ GEWÖHNLICHE GESCHICHTE
Eher das genaue Gegenteil, vor allem, wenn die Geschichte in Russland spielt. Die Geschichte von Olga und Viktor ist 33 Emails lang. Sie begann im Februar 2014, ganz locker und banal, mit einer Web Inquiry samt Foto eines recht ungewöhnlichen Schiffs, das es – welch Wunder! – mit einer Heckverzierung auszurüsten galt. Eine Herausforderung der besonderen Art, weil man einen Windpilot normalerweise nicht an Hochhäusern anzubringen pflegt. Viktor hingegen zeigte russischen Willen, sowie genügend Flexibilität und Verständnis für meine Sorgen – und ich beschloss, den Deal zu wagen, habe ein System gebaut und nach Brindisi verschifft, weil weder Russland noch Serbien eben der ideale Versandort ist.
Im Verlauf der Operation wurden Mails getauscht, die regelmässig meine Neugierde auf die Menschen dahinter, zum Inhalt hatten. Auch wenn ich bereits viele Russen kennengelernt habe, so waren dies eher Menschen am anderen Ende der Einkommens Spirale, wo Geld keine Rolex spielte, weshalb die Schiffe riesig gerieten, was aber die Wissenlücken ihrer Eigner immer wieder nicht kompensieren konnte.
Viktors Kurzgeschichte in seinen eigenen Worten:
Nun, unser Leben war gewöhnlich wie das Leben von Millionen: Non-Stop-Stress in einer russischen Grossstadt mit 2 Wochen-Urlaub an überfüllten sonnigen Stränden – Krankheiten – Kälte – kein Leben für junge Menschen, die eine Zukunft planen, Kinder grossziehen möchten, weil Zeit und Geld immer viel zu knapp.
Viktor hat Russland bereits vor einigen Jahren den Rücken gekehrt, er begann in Montenegro als Segel Lehrer, wo er kurz darauf seine Olga kennenlernte, als sie bei ihm das Segeln erlernen wollte. Die Dinge nahmen ihren romantischen Lauf. Innerhalb weniger Tage wurden die Weichen gestellt, Viktor trennte sich nach fünf jähriger Ehe von seiner Frau, Olga trat zwei Wochen vor der eigenen Hochzeit vehement die Bremse. Die Welt war klar für ein gemeinsames Leben, eine Entscheidung, die beide seit 5 Jahren keine Sekunde bereut, denn sie schweben gemeinsam durch das Leben, wobei das Schiff, die SV Existence, seit Sommer 2014 nun ihr Zuhause ist.
Sie haben zusammen die Welt angesehen, waren in Sri Lanka, haben in Russland gemeinsam ein Haus gebaut, Landwirtschaft betrieben, Pferde gezüchtet, aber am Ende erkannt, dass ein Leben in Russland mit hoher Kriminalität und Alkoholkonsum, nicht der ideale Platz ist, um eine Familie zu gründen.
Die erste Tochter wurde noch in Russland auf dem Lande geboren, die Zweite kam in Serbien auf die Welt, wo beide ein grossen Haus mit Landwirtschaft billig haben erwerben können. In Garten wurde dann die SV Existence – eine 40 Jahre alte GFK Lady, die preiswert in Griechenland erworben – seeklar gemacht, denn der Plan stand fest: Olga und Viktor wollen ihren Töchtern die ganze Welt zu Füssen legen.
Das Schiff wurde im März 2014 in Montenegro zu Wasser gelassen, am 3. April wurde die dritte Tochter Luchana in Brindisi Italien geboren, es war zufällig derselbe Tag, an dem die Windpilot Anlage im Hafen angeliefert worden ist.
Seitdem ist die Familie mit ihren drei Töchtern Lada, Anzhelika und Luchana zu den Kanaren versegelt und wird im Dezember den Weg nach Westen antreten. Viktor hat sich zum idealen Frontman in Sachen Windpilot Systeme entwickelt, er war zwischenzeitlich bereits auf ca 4o anderen Yachten, hat die korrekte Installation kontrolliert sowie Leinenübertragung, arrangiert, wenn das nötig gewesen ist.
Manchmal schickt der Himmel einen Boten, auch wenn man das noch gar nicht genau gewusst. Zudem ein besonderer Leckerbissen, wenn nun damit auch russischen Seglern in ihrer Landessprache geholfen werden kann – was mir seit Jahren gefehlt.
Hier kommt Olga zu Wort:
Why we do it? Maybe because we feel that the essence of life is in constant movement and self development, which you can only achieve when you travel. Maybe because we want to know, what life really is and who we really are. Maybe because we enjoy realizing that in truth the Earth has no borders and meeting wonderful people from different places who become part of our family, no matter where we are. And our feeling of unity and awareness is growing, making this Existence full of colours and pleasant experiences. And of course we are happy that our children can see the world as it is from the very beginning, not fooled by the sweet lies made up by the TV shows. We are happy that they learn to respect nature and all living beings, that they are open and welcoming to other people, no matter what nationality or skin colour they have. It’s really great that they understand what’s really important (beauty, love, friendship, joy) and what’s not (money, things, competition). Today’s kids they are tomorrow’s decision makers on the planet. So what can be more important than a pure consciousness of a child?
As simple as that! Probably this is such an ordinary story:)
Es sind diese Begegnungen, die das Leben würzen, die zudem ganz von alleine durch meine elektronische Fliegenfalle – genannt email – zur Tür herein spaziert kommen.
Peter Foerthmann
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SV Carpe Diem – Guido Dwersteg GER
SAILING SELFIE UNPLUGGED – JUGENDFREI
Guido kehrt heim – macht am heutigen Samstag 18.10.2014 Zwischenstation in Stavoren NED – um das Ende seiner Atlantik Runde gehörig mit Freunden zu befeuchten. Als ungekrönter Selfie König hat er seiner Kamera – und der dahinter lauernden neugierigen Fangemeinde – seine ganz eigene Sicht auf die Wasserwelt erklärt. Ganz ohne Schminke oder Maske, überwiegend unrasiert, gleichwohl gut gelaunt, obwohl unbeweibt, zeigt er mit Witz und offenem Herzen, das Innerste seiner Seglerseele verblüffend unprätenziös und unbeschönigt. Seine Filme sind ein herzerfrischendes Spiegelbild des Fahrtensegelns, wie es denn wirklich ist – inklusive Frust bis Bruch sowie Chaos unter Deck – sie unterscheiden sich wohltuend von den Botschaften vieler Buchautoren, die gegen Zahlung eines Preises, Distanz erzeugen.
Mein Kompliment! mehr
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SV OLGALOU – Inga + Vassil Beitz GER
Ganz harmlos, so hat es angefangen, am 28.04.11 bekam ich folgende Mail aus Poros / Greece:
Sehr geehrter Herr Förthmann,
Ihre Hilfsbereitschaft und Kompetenz entnehmen wir diversen Foren, den hervorragenden Ruf Ihrer Windfahnensteuerung aus den begeisterten Mündern unzähliger Seglerkollegen und erlauben uns deshalb um Hilfe und Rat zu bitten:
Wir leben an Bord unserer NIC31 und sind damit seit zwei Jahren unterwegs im Mittelmeer in Vorbereitung auf eine erträumte Weltumseglung. Das Leben besteht aus basteln, sparen, basteln und ab und zu Segeln natürlich. Eine Selbststeuerung haben wir noch nicht, denn das Budget erlaubt es nicht, oder wir hatten halt bis jetzt nicht so viel Glück, eine bezahlbare zu finden. Obwohl das Boot gut ausgetrimmt ist, brauchen wir eine und zwar gute, billige und eine solche, die ich in der Lage sein könnte, auch in den abgelegensten Winkel der Welt selbst zu reparieren. Da wir ein angehängtes Ruder haben ist die Trimmtab- Variante nahe stehend, konnten aber bislang keine verlässliche Angaben über Größe, Form, etc., außer Moitessiers Zeichnungen finden. Bau, oder Reparatur jeder Art, trauen wir uns zu. Auch wenn nur eine sehr begrenzte Zahl Werkzeug zur Verfügung steht, haben wir mit Erfahrung, Kreativität und Durchhaltevermögen unzählige und knifflige Aufgaben gelöst.
Wir sind Ihnen für jeden Rat und Idee im Voraus dankbar, wünschen allzeit eine Handbreit und verbleiben mit freundlichem Gruß,
Inga und Vassil, S/Y OLGALOU
28.04.11, Poros/Gr, Werft
Es entwickelte sich ein Mail Wechsel der ungewöhnlichen Art – 100 Mails, das zeigt der Tacho bis heute, in deren Verlauf ich ein ausserordentlich liebenswertes Paar kennengelernt habe, das mit einer grossen Portion guter Laune und unverbesserlichem Lebensmut dem Leben als Liveaboard die Stirn gezeigt und dabei viele tausend Meilen versegelt ist. Derzeit in der Karibik, einem Revier, dass low budget Seglern viel Salz in die Lebenssuppe streut.
Bemerkenswert, dass unsere Freundschaft sich in besonderer Form als „ausgewogen“ entwickelt hat. Und das kam so: Inga als begnadete Zeichnerin schickte mir eines Tages ein Cartoon als liebenswertes Dankeschön, eine Tellermine in meinem Kopf, die Folgen hinterlassen hat. Die Idee entstand in der Nacht: wäre es nicht ein Schmuck der besonderen Art, wenn ich meinen BLOG mit Inga´s Zeichnungen schmücken könnte? Die Idee zündete in unser beider Kopf, und so ergab es sich in der Folgezeit, dass ich diese beiden Segler ganz hochoffiziell finanziell unterstützen konnte, wann immer das jeweils nächste Cartoon in meinem Rechner angekommen ist. Sicherlich keine grosse Sache, aber eine Besonderheit, die zeigt, dass gegenseitiger Respekt die Seele zwischenmenschlichen Miteinanders ist.
Darum hier nun in geballter Form ein Auszug aus Inga´s Feder, die den Lebensmut der Federhalterin am besten spiegelt:
Inga ist zudem Verfasserin wundervoller Panorama Geschichten, die mit schönen Bildern eine Umrandung haben … hier zu lesen
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SV CAYLUNA – Birgit Scholz + Frank Schumacher GER
Frank hat vor einigen Jahren einen LIPARI 41 Katamaran erworben und den Start zur Weltumsegelung bereits langfristig für den 20.7.2014 geplant. Die vergangenen Jahre hat er mit seinen Kat regelmäßige Chartertörns mit Skipper, Skippertrainings sowie Begleittörns zur Kieler Woche unternommen. Seine besondere menschliche ruhige Art hat ihm dabei viele Freunde gebracht. So ist ein grosser Pool von neu gewonnen Freunden entstanden, die ihn und seine Frau Birgit nun wochenweise auf der Reise um die Welt begleiten werden, weil für einen jeden von ihnen die Yacht bereits zu einem Zuhause gworden ist. Die SV Cayluna ist bereits für viele Monate im voraus ausgebucht, dem Eignerpaar damit ein Stück der finanziellen Ungewissheit genommen, die das Abenteuer bedeutet, ein derartiges Schiff anzuschaffen und ohne allzu grosse Resourcen eine Reise zu beginnen, die jetzt klare Kontouren gewonnen hat – was die finanzielle Machbarkeit betrifft. Denn „alt“ im Sinne der obigen Zielgruppe sind Birgit und Frank beileibe nicht. LINK
SV MARIANNE – THE SAILING CONDUCTORS – Ben Schaschek + Hannes Koch, GER
Ben und Hannes sind als musikalische Lebenskünstler unterwegs. Sie sind segelnder Weise, von Australien kommend, mit einem alten Kunststoffschiff, als verrostetes Stahlschiff getarnt, nun in der Karibik angekommen und haben auf ihrer Reise einzigartige Klangerlebnisse in Video und CD Form geschaffen, die sie gekonnt vermarkten und damit eine zunehmend grössere Fangemeinde begeistern. Das Besondere daran ist, dass sie es vermocht haben, den kleinen Kreis maritimer Medien zu sprengen bzw. zu übertreten, denn sie besitzen bereits im Rundfunk und TV eine gewisse Popularität.
Die Professionalität der musikalischen Resultate, wundervolle Musik, nie gesehene Orte und Plätze der Musikanten, werden diese Jungs weit tragen und ich kann ihnen nur wünschen, dass sie ihre Authentizität erhalten mögen. Sie befinden sich für die kommenden Monate in Deutschland und stehen für Veranstaltungen der ganz besonderen Art gern zur Verfügung. Hier die Kontakt Adresse: Ben.Schaschek@sailingconductors.com LINK