Blauwasser Seminare

BLAUWASSER SEMINARE – INTERESSEN – KONFLIKTE
Seminar – ein Wort, das Bilder in unseren Köpfen zaubert. Selten gute Bilder, meist zeigen sie dunkle Räume mit heller Leinwand, erinnern an Langeweile, Sitzen ohne Fleisch, seeligem Dösen und der Erkenntnis von vertaner Zeit, die man anders hätte besser nutzen können.

Natürlich auch Bilder von Seminaren, bei denen die durchblutete Festplatte von Mitarbeitern upgedatet und für Konzern Direktiven kompatibler eingestellt wird – gepflegter Kleidung, leisem Ton, kleiner Starthilfe zur grossen Wende im Kopf – artiger Mitarbeiter – wenn alles klappt – naja, oder nicht!

Oder das Bild von Seminaren, bei denen Zeit vergeudet und totgeschlagen wird, die anderweitig – oder von uns allen – bezahlt und deren Ergebnisse am Ende fast egal sind – Hauptsache teilgenommen!

Die enorme Bandbreite unterschiedlicher InteressenLagen macht einfache Antworten schwierig.

Soll auch nicht!

Kaum ein Beispiel eignet sich besser, die Gemengelage unterschiedlicher Interessen zu beleuchten, als Seminare in unserem eigenen Gartenteich: die Blauwasserseminare, denn hier kann jeder mitreden!

Schliesslich handelt es sich um unser liebstes Hobby – besser noch: die Träume davon!

Es sind Träume von Palmen, blumen verzierten Schönheiten und Südsee Stränden, die uns das Hamsterrad ein wenig erträglicher machen, uns notfalls lebenslang bei der Stange halten können.

Das Fernziel vor Augen, lässt sich ein Leben leichter tragen, gerät Waschen, Fönen, Trocknen unserer mit weiblichen Kosenamen verzierten schwimmenden Geliebten zum Hobby, für das eine Schicksalsgemeinschaft – genannt Familie – auch Opfer bringen wird – notfalls mit Gewalt.

Aber: ein Bildschirm Schoner muss irgendwann gegen einen realeren Horizont ausgetauscht werden! Zudem: Träume Tanken, verklärt die Gesichtszüge, lässt kalte Winter wärmer werden – also Klimaschutz ganz ohne Heizung.

Darum sitzen wir hier vor den Bildschirmen, klicken und lesen weiter!

Blauwasser Seminare bedienen Träume in perfekter Weise, vermitteln kollateral Informationen, Fachwissen und Fertigkeiten und helfen, wasserlose Lebensperioden besser auszuhalten – solange nur das Licht am Horizont leuchtet – und es nicht das Licht einer Lokomotive ist – die da kommt.

Klar werden diese Träume am besten von Helden aus Fleisch und Blut bedient. Helden, die den Traum bereits gelebt und überstanden haben. Ebenso klar ist, dass hier subjektive Betrachtungsweisen transportiert werden – dem besonderen Reiz derartiger Veranstaltungen – Menschliches von Geschichten zu differenzieren und in eigene Standpunkte und Entscheidungen umzusetzen.

So schwinden Grenzen zwischen Träumen und der Realität und ein jeder findet am Ende vielleicht dann den eigenen Weg einfacher oder schneller – oder eben nicht!

Weniger klar ist, dass bei der Veranstaltung von Blauwasser Seminaren Interessen verschiedener Art zusammentreffen – besser: aufeinanderprallen.

DIE INTERESSEN LAGE

Das soll hier untersucht werden.

Die Geschichte der Blauwasserseminare reicht etwa 15 – 20 Jahre zurück. In den USA / Canada wetteifern traditionell 10 grössere und eine Vielzahl kleinerer Bootsmessen um die Gunst der maritimen Besucherströme. Eine schier unendlich lange Küstenlinie hat dort Mikrokosmen entstehen lassen, in denen Millionen Wassersportler Erholung suchen – von denen die weitaus kleinere Hälfte mit weissen Flügeln unterwegs ist.

Segler Seminare dürften als Erfindung dortiger Messe Veranstalter gelten, denn sie sind der perfekte Weg, eine Show für Fachbesucher interessanter zu gestalten, zumal die Flugzeiten zwischen vielen US Boat Shows gering sind und es dort traditionell viele Messe Touristen gibt – lange Winter wollen ja – wie bei uns – auch dort überlistet und totgeschlagen werden.

In Toronto, Chicago, New York, Newport R.I, Atlantic City, Annapolis, Miami, Ft. Lauderdale, St. Petersburg und Oakland gehören Fach Seminare zu allen Bereichen des spritzigen Wassersports zur täglichen Fütterung für hungrige Messe Besucher.

Mit dem Ticket zur Messe ist zeitgleich der Zutritt zu den Seminaren meist ebenfalls erledigt – die Entscheidung zur Teilnahme also einfach – solange noch Stühle frei sind. Und so findet in den Gängen ein reges Leben und Treiben statt – immer auf der Suche, nach den interessantesten Vorträgen, auf denen die Stühle dann am Ende manchmal doppelt besessen werden – von zwei Hosen je zur Hälfte.

In Annapolis, einer liebenswert skurrilen Floating Show, für die traditionell ein Teil des Innenhafens mit Maschendrahtzaun vom Strassen-Verkehr abgeteilt wird, wo Aussteller heute noch in luftigen Zelten auch bei Schneetreiben willig ihren Standplatz bezahlen, Chemie-Toiletten-Brigaden aus der Bauwirtschaft Verwendung finden – werden die Seminare im angrenzenden MARRIOT Hotel abgehalten.

FACHSEMINARE AUF US BOAT SHOWS

Fachseminare sind auf US Boat Shows Stand der Technik

Die grossen Platzhirsche US-BOAT und STRICTLY SAIL beherrschen jeweils mehrere Messe Schauplätze und besitzen die Lufthoheit über Hunderte von Seminaren. Ein Wettbewerb, der für Messebesucher darum fruchtbar ist, weil sie aus einer Vielzahl von Angeboten für sich selbst die passende Auswahl treffen können. Tausende von Messebesucher sind der Seminare wegen unterwegs – und laufen durch die Messehallen oder Häfen – nur, um sich die Zeit zwischen Vorträgen zu vertreiben – okay, überspitzt gesagt!

STRICTLY SAIL ist Veranstalter in Chicago, Miami, Oakland und St. Petersburg.

USBOAT veranstaltet die Annapolis Boat Show und viele kleinere Events.

Die Lufthoheit über Programm und Referenten haben die Veranstalter und Verbände, die im Verbund mit Yacht Magazinen und Verlagen die Präferenzen geschaffen haben für oder gegen einzelne Referenten – und natürlich eigenen Mitgliedern – allesamt im maritimen Bereich arbeitenden Unternehmen – Redezeiten reservieren und damit Marktanteile sicherstellen. Dies unterscheidet US Shows von Europäischen Messestrukturen, bei denen jede Show von einer lokalen Messegesellschaft veranstaltet wird – die – logisch – ganz anderen Maximen folgt. Einmal raten genügt!

Ein prächtiges Spielfeld und Kampf Arena zugleich. Es geht um Marktanteile, Leser, Käufer und Besucher – also eine Menge Geld.

Hier eine Seminar Auswahl:

ChicagoAnnapolisAnnapolisNew YorkMiamiOakland

Andy+Liza Copeland, John Neal, Nigel Calder, Beth+Evant Starzinger, John Otterbacher, George Day, Walt Gleckler, Tim Queney, Charles Chiodi, Steve Dashew und vor allem Lin + Larry Pardey – allesamt Referenten, deren Bücher und Verlage für eine erfolgreiche Vermarktung stehen, an deren Anfang der Einsatz vor Seminar Fachpublikum gestanden hat.

Die Differenzierung von Seminaren ist in den USA seit jeher deutlich zu erkennen:

So gibt es Seminarvorträge, in denen ausgewiesene Experten Fachvorträge halten und Referenten, die von ihren Reisen und Erlebnissen das Publikum mit Video und Beamer unterhalten – sich durch Publikationen in eigenen und fremden Medien einen Namen machen – oder sich gleich selbst vermarkten.

Die Grenzen zwischen Experten und Helden sind diffizil – sie offenbaren sich im Frage-und-Antwort-Spiel, wenn am Vortragsende konkrete Fragen nur nebulös beantwortet werden. In den USA ist dies ein gefährliches Fahrwasser, weil dort die Menschen direkter – für uns unhöflich – Fragen zu stellen wagen. Eine normale Frage: „ why should I buy your book?“ – „why should I buy your product?“ Auf derartige Fragen fallen irritierten Mittel Europäern erst einmal vor Schreck die Kinnladen runter….

Vielleicht ist es diese Besonderheit im US Seminarwesen, die die US Segelhelden davon abhält, sich umfassend zu allen – auch technischen – Bereichen zu äussern, statt dessen dann auf die richtigen Experten verweisen. Zumal Longterm Segler unterwegs stets selbst die Hilfe der Experten in Anspruch nehmen, wenn es fachlich brennt oder nix mehr geht.

Der Konflikt zwischen Verlagen und Industrie-Verbänden, die nach Abonnenten oder Kunden heischen, gerät manches Mal zum Protektionismus, weil eigene Klientel natürlich präferiert werden soll.

Nach vielen Seminar Vorträgen über mein Lieblingsthema im Verlauf dutzender US Boat Shows – wurde ich eines Tages in OAKLAND CALIFORNIA, vor Beginn eines Seminars ganz unvermittelt ausgeladen: „unfortunately we had to change plans, sorry!“

Der Grund war banal: Mein US Marktbegleiter in Richmond CA hatte von seiner Stimme und Gewicht im STRICTLY SAIL Council Gebrauch gemacht – sein Boat Show Stand befand sich wenige Meter nebenan im gleichen Zelt. Da war ich also schlicht zu nah´ dran – im doppelten Wortsinne – der Platzhirsch hatte Schluckauf bekommen!

Ansonsten verliefen meine Seminare störungsfrei, wenn man von einem Vortrag im MARRIOT ANNAPOLIS absieht, bei dem ein canadischer Marktbegleiter, interessiert in der 1. Reihe lauschend, mir plötzlich an die Wäsche wollte und anschliessend – schimpfend – von stämmigen Security Guys aus dem Raum gebeten – nein, getragen wurde.

SEMINARE IN EUROPE

Europa befand sich noch im Tiefschlaf, Fachseminare für Segler noch nicht erfunden.

Es begann im Jahre 1994 auf den Stegen von LAS PALMAS: JIMMY CORNELL zog mich zur Seite und fragte: „kannst Du einen Vortrag zum Thema Selbststeuern unter Segeln halten?“ – „Klar!“ – „Auch in Englisch?“ – „Klar!“ – „Okay: Wir sehen uns dann im Congress Zentrum Las Palmas – oben auf dem Berg!“ – Zack!

Dort stand ich dann im schicken Mahagoni-Edelstahl-Ambiente mit weichen Knien und trockner Zunge vor einer Hundertschaft von Seglern im Halbdunkel – mit Knopf im Ohr. Mein Vortrag wurde nämlich von ASTRID GREIFF simultan ins Deutsche übersetzt – verdrehte Welt!

Ein Vortrag mit Folgen, denn fortan drehte Jimmie´s Seminar Roulette in LAS PALMAS, ENGLAND und in der GUILDFORD UNIVERSITY.

Jimmy Cornell hatte seiner ARC Veranstaltung unter dem Label von WORLD CRUISING ein Seminarprogramm beigeordnet, in dem die wichtigen Bereiche der Blauwassersegelei praxisnah´ erörtert wurden – „hand´s on seminars“, wie es sinnfällig in Amerika heisst. Eine Massnahme, die von den Teilnehmern dankbar angenommen wurde und von Beginn an – bis heute – von der YACHTING WORLD flankiert und promotet wurde. ELAINE BUNTING, zu Jimmies Zeiten schon dabei, schreibt regelmässige blogs, recherchiert und veröffentlicht den YACHTING WORLD GEAR TEST, der jeweils im Herbst eines Jahres in YACHTING WORLD erscheint.
Die Seminare waren in Las Palmas und London kostenlos.

Es ergab sich spielerisch, dass wenig später WORLD CRUISING DEUTSCHLAND, von ASTRID+WILHELM GREIFF und mir ins Leben gerufen wurde. Astrid und Wilhelm sind bis heute offizielle Vertreter von WORLD CRUISING in Deutschland.

In 1998 haben wir erstmals das WORLD CRUISING BLAUWASSERSEMINAR zur HANSEBOOT veranstaltet, ein Fachseminar mit Experten in den Bereichen Energie Management, Navigation, Telekommunikation, die ideale Fahrtenyacht, elektronische Seekarten, Medizin, Psychologie und – nicht, dass ich das hier vergesse: Selbststeuern unter Segeln.

Jimmy Cornell und Bobby Schenk als Helden und Lichtgestalten haben damals der Veranstaltung Farbe verliehen, von ihren Erlebnissen und Abenteuern berichtet und die Unterschiede zwischen Theorie und Praxis wunderschön bebildert aufgezeigt.

Die Seminare waren eine schwere Geburt – galt es doch, eine widerborstige Behörde, genannt Messeleitung, vom Nutzen und Segen einer derartigen Fach-Veranstaltung zu überzeugen.

Dies konnte – oder wollte? – der damalige hochgewachsene Messe Häuptling weder sehen noch anerkennen – stellte uns statt dessen Getränke, Eintopf, Diaprojektor zu grotesk überhöhten Preisen und Eintrittskarten für Seminarteilnehmer zum Tarif für Gruppen Reisende in Rechnung – sodass am Ende der Veranstaltung regelmässig das Loch in unserer Kasse schwindelerregend klaffte – weil wir auch unsere Referenten fair bezahlen wollten.

Wenn Bobby Schenk und Jimmy Cornell dann immer mal wieder auf ihr Honorar verzichtet haben, empfand ich dies als faire Geste, denn beide wohnten unter meinem Dach – und in meinem Weinkeller sind die Flaschen dabei in Tränen zerflossen.

Die Kosten-Kette einer Messeleitung, die vor allem an die eigene Kasse dachte – war unser orientalisches Collier am Hals, das uns immer wieder zu den Fischen zog.

Gegen schlechte Laune und Bürokraten muss man tapfer sein, oder die Waffen strecken und so erwies sich der Entschluss, dies Seminar nach 6 Jahren einzustellen, am Ende als logischer Weg.

Wir verfügten weder über einen starken Kooperations Vertrag mit einem Verlag noch Sprachrohr eines auflagenstarken Segel Magazins. Beides ist notwendig, um ein Fachseminar in die Öffentlichkeit zu tragen, wenn man dem Haifisch Kostenfalle entfliehen will. Pressenotizen in den bekannten Segel Magazinen waren nicht genug und Presseabteilungen von Messegesellschaften arbeiten manchmal erschreckend wenig effektiv.

Sein Marken Label möchte jeder Haifisch gern auf eine schicke Veranstaltung kleben – wirtschaftlich Verantwortung tragen hingegen – eher nicht. Vielleicht sind wir mit unserem Idealismus zwischen die Mühlsteine geraten oder haben die falschen Leute nicht richtig hofiert! Egal: entschlossen – verkündet!

BOBBY SCHENK´S BLAUWASSER SEMINAR

Als Bobby Schenk mich dann beim Frühstück fragte, ob ich vielleicht noch ein weiteres Mal bereit wäre, für ihn als „Freundschaftsdienst“ diese Veranstaltung 2004 noch einmal zu organisieren, habe ich zugestimmt – ohne die Folgen zu erahnen. Bobby´s Koje samt Schiff war damals noch dauerhaft von malayischen Mangroven umschlungen – joking – so dass mir diese Bitte plausibel schien.

Die Veranstaltung hiess also fortan BOBBY SCHENK´S BLAUWASSER SEMINAR – inhaltlich zunächst recht ähnlich, hingegen ungeheuer plötzlich auch finanziell ein Erfolg.

Wie durch ein Wunder nämlich lernte die Messeleitung eine Lektion über Nacht: was jahrelang in Rechnung gestellt worden war – gab es ab sofort umsonst – eine Ohrfeige für einen Aussteller, der einer Messe 30 Jahre treu gewesen und ein Seminar viele Jahre gegen vorherrschende Winde aufgebaut hatte! Könnte man auch deutlicher sagen!

Behördliche Antwortschreiben lesen sich alle gleich:
„ ….bitte haben Sie dafür Verständnis, dass auch die Hamburg Messe vertragliche Vereinbarungen so trifft, wie es unserem Messekonzept entspricht.“ Zitat Ende.

Tja – so einfach ist das – braucht man nicht mal Wikileaks dazu…

Ein Joint Venture von Autor, Verlag und Segelmagazin hatte die Messeleitung flachgelegt – the morning after the night before wurden plötzlich alle Kosten von der Messegesellschaft übernommen, später sogar tägliche Kleinarbeit erledigt. Das kaufmännisches Risiko jedenfalls lag fortan bei Null – der finanzielle Erfolg plötzlich in staub-trocknen Tüchern.

Ich bin am Ende auf der Arbeit sitzen geblieben – das Vergnügen fand am anderen Ende statt – der Weinkeller hat ein letztes Mal gelitten – Stolz kann auch eine Tugend sein.

You live and learn…

Aber, ein Krokodil vergiesst keine Tränen, that´s the way of life – und es gibt ein Leben auch nach den Seminaren – es ist zufällig das gleiche, das es vorher gewesen ist…

Immerhin: diese Abläufe waren eine Backstags Brise für meinen Entschluss, nun auch meiner Hausmesse Hamburg den Rücken zu kehren – nachdem ich schon seit 9 / 11 schrittweise alle anderen 14 weltweiten Messe Präsenzen aufgekündigt hatte.

Mein Credo vom „Aussteller als umworbener Attraktion einer Messe“ wich der Maxime, dass Messen ihre Aussteller aus den Augen verlieren – bei der Suche nach ihrem eigenen Profil. Was natürlich – vehement – nicht bestätigt wird!

Deutschlands Messen sind zwischenzeitlich mit dem Hammer aus dem Koma erwacht – Aussteller – und Besucherschwund hat überall die Wecker klingeln lassen!

BOOTMESSEN CONTRA INTERNET

Internet heisst die Gespenster Dame, die seit Jahren durch Messenhallen und Vorstands Etagen geistert und den Veranstaltern die Luft zum Atmen kratzig macht – ihnen den Watte Teppich warm versorgter, staatlich geregelter Existenz unter den Füssen wegzaubert.

Denn Segler sind schlaue Köpfe mit Computern, die telefonieren können. Warum sollten sie sich in Menschentrauben durch Messegedränge schieben, überteuerte Snacks kaufen, wenn sie mit einer Maus am Finger bequem die Informationen auf dem Sofa oder in der Berghütte bekommen können?

Als Werften ihren Webauftritt schon online hatten, wurde Ausstellern zur Messe noch ein Link gegen Aufpreis verkauft – Murmeltier lässt grüssen!

Der Markt kann grausam sein, aber er arbeitet stringent. Er ist vor allem schneller als ein staatlicher Apparatikus, der sich zu gern verliert in buchschweren Teilnahmebedingungen und Bestell Formularen, bei deren Studium – erst recht beim Ausfüllen – es eines Fach Beistands bedarf, der Dinge erklärt, die man nur schwer verstehen kann.

In den USA genügt ein Kreuz auf der Show Application: same place / condition as last year? Thank you for participation and Welcome to our show.

Internationale Messe Präsenzen sind teuer und aufwendig, erreichen zudem nur wenige potentielle Käufer – das ist heute Stand der Technik in den Köpfen von Werft Inhabern, deren Schiffe in Stückzahlen im besten Falle zu hunderten, niemals aber wirklich als Massenprodukte weltweit zu verkaufen sind!

Hinter Messen dagegen stehen staatliche Interessen und Verbände, die den Standort für Besucher der Stadt attraktiv erhalten wollen, weil Hotels gefüllt und die Bude brummen soll. Presse Abteilungen geraten zu servilen Erfüllungsgehilfen, die J-E-D-E Veranstaltungen zum Erfolg schreiben – müssen – sich ansonsten einen anderen Job suchen – können.

Interessant, dass hierzulande die Gigantonomie von Städten und Kommunen, modernste Messe Komplexe – auf unsere Kosten – ins Land gebaut haben, die kaum jemals werden profitabel gefüllt werden können – sie stehen sämtlich die meiste Zeit im Jahr leer und sind willkommen bei Spatzen – die dort das Fliegen üben – ohne Wind.

Wieviele Boots Messen ein Land braucht? Darüber herrschte Einigkeit schon vor 30 Jahren – die Antwort ist zensiert und unerwünscht!

Verglichen damit sind Boots Messen in den USA moderat in Grösse und Modernität geblieben, private Veranstalter folgen eben anderen Gepflogenheiten als staatliche Organistoren – der Dukaten Esel bleibt das wichtigste Pferd im Stall.

So finden in den USA viele Messen auch heute noch in Zelten statt, was der Attraktivität hingegen nicht geschadet hat. „Mind your step“ heissen immer noch die gelben Klappschilder, die vor Gulli Deckeln auf Holperstrassen stehen, wenn dort vorübergehend eine Boat Show ihr buntes Treiben treibt. Unwirklich – fast skurril – aber liebenswert und bodenständig. Amerika still unchanged!

Ein Zahlenspiel: auf 200 Messen habe ich Besucher an meinem Stand gezählt. Ein Prospekt = Ein Besucher – ganz grob überschlagen.

Die Anzahl weltweiter Besucher / Jahr, besuchen heute unseren Web Auftritt – an einem Tag!

Nur mal so dahingeplappert – kleiner Knallfrosch für´s Gehirn!

Darum meide ich Messe-Gefängnisse, halte Preise stabil – und meine weibliche Regierungszentrale im Auge, die früher monatelang auf meine Gegenwart hatte verzichten müssen – wenn sie nicht gemeinsam mit mir in der Nase bohren wollte – beim teuren Warten auf Messebesucher – die stetig spärlicher tröpfelten.

Abgeschweift? Klar, gehört aber dazu, wenn man verstehen will, warum Messe Gesellschaften nun aufgewacht sind und sich mit Erlebnis-Messen und anderen Attraktionen zu überbieten suchen – um das kostbare Gut „Messebesucher“ mit List und Tücke auch weiterhin in ihre Glaspaläste hinein zu locken.

Sie befinden sich in einem Wettlauf, den sie kaum gewinnen können, auch wenn das keiner zu sagen wagt. Die Messekonkurrenz ist gross, das Besucher Potential zu gering, attraktive Fach Aussteller gehen zunehmend verloren – und am Ende – kollateral – dann auch die Besucher.

Und Yachtmagazine sind auch nicht immer ehrlich, wenn es um Tendenzen geht, die man den Lesern lieber verschweigen möchte, weil es den Geldgebern und Inserenten damit nicht besser ginge – und auch der eigene Apparat bezahlt werden will. Wo „unabhängig“ draufsteht – schleichen auch Abhängigkeiten um die Schreibtische – Achtung: Zensur!

In Deutschland gibt es nahezu die gleiche Anzahl von Bootsmessen, wie in den USA – bei einer rührend kurzen Küstenlinie und Bruchteil an Bevölkerung – und Yachtkauf auf Kredit, in den USA schon lange Stand der Technik, ist bei uns auch heute immer noch ungewöhnlich. Bootsmarkt im Aufwind – ein schönes Märchen – ein Blick in die Hafenrunde ist meist genug – und Bauchgefühl immer noch ein verlässlicher Kompass.

Wenn Messehallen zunehmend mit Attraktionen zwangs-animiert werden, die mit dem Sinn einer Fachmesse nichts zu tun haben, merkt dies irgendwann auch der letzte Fachbesucher – und bleibt weg. Dann haben Volks Besucher endgültig die Messen für sich ganz allein, auf denen sie dann attraktiv betreut, bespielt, bespasst und unterhalten werden.

Eine Herkules Aufgabe für Messe Organisatoren, aber dafür bekommen sie ihr Gehalt!

KOSTENLOSE SEMINARE ALS MESSEATTRAKTION

Fachseminare wären auch bei uns ein Ausweg aus der Besuchermisere, aber: Solange Registrierkassen vor den Seminaren aufgestellt werden, wird der Wettlauf der Wichtigkeiten um die Einnahmen aus den Seminaren stattfinden, denn Messeveranstalter, Verlage, Fach-Unternehmen und Autoren verfolgen sämtlich konträre Ziele – und die liegen woanders als bei den Messen.

Ein kostenpflichtiges Seminar mag gut sein für´s Boat Show Image, wird aber die Besucherzahlen nicht beeinflussen, weil nur ein elitärer Kreis gegen Entgelt geladen und eingelassen wird – das Gros der Besucher von diesen Veranstaltungen hingegen garnichts mitbekommt und nicht profitieren kann.

Verlage und Magazine nutzen Seminare als Startrampe, Vorposten und Aussenstelle, um ihren Autoren Leser und sich selbst Abonnenten – plus Image – zu generieren – und natürlich einen Platz zu besetzen, der Marktbegleitern fortan die Tür vor der Nase schliesst. – Ätsch!

Fachleute aus der Marine Industrie sind die Hechte im Karpfenteich, weil sie Fachwissen aus erster Hand vermitteln können, selbst wenn die Promotion eigener Produkte um die nächste Ecke schielt. Auf einer Messe sind diese Experten allesamt komplett versammelt – ein leichtes, ihr Fachwissen stundenweise einem interessierten Messebesucher zugänglich zu machen. Aber das ist eine Arbeit für weitsichtig willige Messe Organisatoren, die nicht im Handumdrehen zu erledigen ist. Dazu bedarf es der Profis, die bei Messen selten wirklich zu finden sind, weil sie Geld kosten, das man nicht bezahlen kann – will.

Fachleute verfügen über grösseres Fachwissen als Anwender-Segler, deren Leistung in einer erfolgreich durchgeführten, möglichst störungsfreien Segelreise besteht – oder bestanden hat. Im Störfall wird ohnehin die Landmannschaft angemailt, weil sie vertrauter in der Materie und auch aus der Entfernung helfen kann – denn Email ist Standard und auf jedem Schiff zuhause!

Wenn Segel Helden im Lebens Verlauf ihrer Methamorphose dann plötzlich zu Experten in allen Fach Bereichen mutieren, geht manchmal unter, welches Netzwerk von Fachleuten geholfen hat, dass der Segler die Zeit unterwegs hat erfolgreich geniessen können. Menschliches Format – so heisst die einsame Dame – so selten wie Mauritius. Normalität dagegen, das eigene Ego ein wenig zu verklären und – auf einer Erkenntnis Wolke fortgetragen – die Bodenhaftung dann am Ende verloren geht.

Von den deutschen Segel Helden haben es bisher handverlesen nur extrem wenige vermocht, dauerhaft Hallen zu füllen und lebenslang sich und ihre Familie zu versorgen – schlicht, weil es hierzulande zuwenig begeisterte Segler gibt. Darum sind derartige Veranstaltungen naturgemäss darauf ausgerichtet, farbenfroh und kurzweilig zu begeistern, damit auch Segel-Fremdlinge den Zugang finden. Denn nur so lässt sich das Geld verdienen, das notwendig ist, Verleger und Magazine zur Auflage zu verleiten – und dabei selbst ein wenig auf die Kante zu legen, für spätere Zeiten.

Auf Bootsmessen hingegen geraten derartige Veranstaltungen zum Bestandteil eines Unterhaltungs Programms – helfen hingegen wenig den Ruf als FachMesse zu festigen und erhalten.

Fach Seminare wären ein trefflicher Weg, neue Segler zu begeistern und auszubilden, sie diesem Sport ein wenig näher zu bringen – wenn sie neugierig genug gemacht werden, eine Messe zu besuchen. Bücher und Yacht Magazine kaufen sie hinterher dann sowieso. Der Stachel muss erstmal hinein ins Fleisch. Bootsmessen wären dafür der perfekte Ort!

Denn Bootsmessen und Dachverbände – allesamt von unserem Geld am Leben gehaltent – vergessen allzu gern, was ihr Auftrag dereinst einmal gewesen ist. Ob Schütteln da vielleicht was helfen kann? Fangfrage!

Es gehört Mumm und Durchsetzungskraft seitens verantwortlicher Verantwortlicher dazu – an diesem Rad zu drehen. Messen könnten attraktiver werden, weil man dort angeboten erhielte, was woanders nur schwer zu bekommen ist – weder in Vielfalt noch Qualität – wenn überhaupt!

Wenn Messeleitungen dies mit Weitsicht sehen könnten – wäre das ein Anfang – und Wunder zugleich.

Vielleicht hilft der Blick über den Tellerrand, das Verständnis für Fach Seminare ein wenig zu verändern – es sind die Erfahrungen eines Mannes, der sein Leben lang als hellwach-gewitzter Fisch im Maritimen Ozean geschwommen – und immer noch nicht untergegangen ist.

Jedenfalls hätten meine Wortspielereien dann ihren Sinn erfüllt – gesetzt, dass Sie bis hierher mitgelesen – nicht eingeschlafen – und es – vielleicht schmunzelnd – ausgehalten haben!

Spass macht Schreiben sowieso – und solange wir die Lust am Leben und Unsinn nicht verlieren – können wir uns weiter Gedanken machen, über Zusammenhänge, die uns quer im Weg oder schwer im Magen liegen.

Peter Foerthmann

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