GEDANKEN ZUR ZEITENWENDE
Die Sailing Community funktioniert, jedenfalls bei Windpilot. Meine Mail von heute:
Dear Henri, crazy world indeed, the positive aspect however: once situation might improve, the cruising community will love sailing even more as its taking place far away from crowed places ashore – the best place to be nowadays.
As a result from too many unfortunate social conflicts during decades my beloved wife and I have decided many years ago to operate the windpilot business as family company without employees. At the time being a perfect decision to gain kind of independency. i.e. since we are living in walking distance to our factory: just on top of it. So the short answer to your question: no worry about Windpilot.
Take care, stay healthy and enjoy living, in case you may need me you will realize that I am almost always just a mouse click away from you.
Peter
Der Airport Hamburg ist zum Hotspot geworden, soeben wurde mir eine Frachtrate nach Osaka / Japan mit nur 48 Std Gültigkeit angeboten – der Puls rast, wenn man den Agenten über die Schulter schaut. Der Run auf Cargo lässt die Airlines Sitze ausbauen, um sodann Paletten in First und Business zu laschen – gleichwohl herrscht am Himmel über der Stadt die grosse Stille, weil gewohnt gewordenes Reiseverhalten zu einem brutalen Ende gekommen ist und auf Leasing finanzierte Silbervögel ihre knappen Raten nicht mehr verdienen können. Eine Kettenreaktion quer durch Kontinente.
Die Segelwelt hält den Atem an, es wird gewaltige Veränderungen geben – Produktionslinien werden eingestellt – der Chartermarkt wird in den Grundfesten erschüttert, was vielfach am Ende Eigner trifft, die mit ihren Leasing Raten ganze Flotten zu finanzieren haben – Rechtsanwälte und Gerichte werden Arbeit für Jahre bekommen, weil Ansprüche unser Heute und Morgen bestimmen. Kurz, unsere Welt wird nicht mehr nach unseren liebgewordenen Vorstellungen funktionieren, weil Ansprüche kein Gegenüber mehr finden, weil in der veränderten Stimmungslage, der Kreis von Menschen, denen man sich verantwortlich fühlt … plötzlich klein geworden ist … und wir wissen, dass der Ruf nach dem Staat am Ende auch nicht helfen wird, weil der „Staat im Staat – genannt Verwaltung“ anderen – und eigenen? – Prioritäten folgt – zumal Politik auch schon mal die falschen Wahrheiten kolportiert, um sich selbst dahinter zu verstecken.
Eine geölte Maschinerie von Segelveranstaltungen, Menschen qua Medien für das Segeln zu begeistern, deren Treibstoff gewohntermaßen von Sponsoren bereitgestellt, wird ins Stocken geraten, weil bislang hier investiertes Geld vermutlich an anderen Stellen gebraucht wird, zumal das Verständnis für Sponsoring, notleidenden Mitarbeitern ansonsten kaum zu vermitteln sein wird. Im Kielwasser derartiger Entwicklungen erscheint durchaus denkbar, dass die Halbwertzeit derzeitiger Neuentwicklungen von “ fliegenden“ Schiffen, eine Beruhigung erfahren wird, weil der Druck von Sponsoren auf sensationelle Geschwindigkeiten … plötzlich nicht mehr vorhanden ist, was einer ganzen Branche die Lebensgrundlage entziehen könnte… weil die Menschen ganz andere Sorgen haben.
Von all diesen Faktoren unbeeinflusst, wird die internationale Cruising Community ihr Sportvergnügen mit noch grösserer Begeisterung ausüben, weil Segler verinnerlicht haben, dass die Freiheit auf See immer noch die gleiche ist, sei es auch nur zum Segelvergnügen vor der eigenen Tür.
Mein Synonym für Blauwassersegler steht seit Jahrzehnten: das Bild eines Eisbergs, dessen sichtbare Spitze Segler sind, die bereits losgefahren sind, dessen unsichtbares Unterwasserschiff hingegen die Heerscharen von Menschen sind, die diesen Traum dereinst umzusetzen träumen, auch wenn sie de facto noch im Hamsterrad angebunden sind. Der Traum von Freiheit auf dem Wasser hat sich nicht verändert… eher im Gegenteil, denn sie ist heute noch wertvoller geworden.
Das ist mein Credo, das wie ein Fels in der Brandung steht.
27.03.2020
Peter Foerthmann