Martin Hager

JOHANNES ERDMANN – DIE ZWEITE
Guten Morgen Martin Hager, neun Monate sind vergangen seit dem kraftvollen Bekenntnis von Wissenslücken von Johannes Erdmann. Nun also hat er sich ein zweites Mal einer komplexen Materie angenommen. Immerhin gehört Steuerfreiheit auf See zu den elementaren Wichtigkeiten, die weite Reisen hinter den Horizont überhaupt ermöglichen. Ein Kernthema also, das jeden Segler vom Hocker reisst, weil der Traum von Palmen zur Grundausstattung auch Ihrer Leser gehört. Einfach mal hören, was der Fachmann so zu sagen hat, dessen Editor die eigene Zielgruppe immerhin wie folgt präzise definiert:

Der Verlag arbeitet zielgruppenorientiert, hat Entscheider mit sehr hohen gesellschaftlichem Status im Fokus, allen voran Opinion-Leader und Besserverdiener.

Um Erdmann Braschos zu zitieren:

Ich meine es ist an der Zeit, dass Johannes Erdmann sich dazu mal äußert. Sei es, dass er seinen Punkt besser erklärt oder den Allerwertesten in der Hose hat, sich zu korrigieren. Das hätte Größe.

Die Frage sei erlaubt, warum der Autor nicht die Gelegenheit beim Schopf gepackt hat, sein Unwissen zu optimieren, Fehler zu eliminieren und seinem Editor und Lesern nun eine bessere Recherche zu präsentieren? Fehler immerhin, die Ihren anspruchsvollen Lesern wenig helfen, sich in einem Labyrinth von Pro- und Contra zurechtzufinden. Denn ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen macht solange keinen Sinn, solange Fakten nicht korrekt benannt und zugeordnet werden! Denn einem Rattenfänger von Hameln folgt keiner blind, zumal Kritik in anspruchsvollen Hosen naturgemäß der Standard ist.

Das Alleinstellungsmerkmal aller WSA – die sichere Lage zum Wind! – wird den geräuschlosen Steuersklaven neuerdings nun als Nachteil angelastet, wo doch jeder Segler weiß, dass der Kompasskurs wenig nützt, wenn der Vortrieb eines Schiffes im Eimer ist!

Der Autor hält WSA für schnelle, steuersensible Yachten … nicht geeignet. Hat der Mann die Entwicklung verschlafen? Hat er übersehen, dass der Stand der Technik eine plietsche Symbiose von WSA und einem kleinen Autopiloten sogar den Gleitflug bei zeitgleich minimalem Stromverbrauch ermöglicht?

Auch der Hinweis von Werften, dass ihre Schiffe nicht für WSA geeignet seien, kann einfache – durchsichtige? – Gründe haben, z.B. weil der Rabatt des elektronischen Wettbewerbs so verlockend ist? Hallberg Rassy z.B. rät seinen Kunden regelmässig zum Kauf von Autopiloten, derweil nun bereits >500 HR Yachten mit meinen Heckverzierungen ausgerüstet sind. Die schöne Geschichte ist überliefert, als ein Schweizer Segler auf der BOOT den Vertrag über einen Neukauf einer grossen HR zu unterschreiben drohte, allerdings nur unter der Bedingung, dass in Henan auf der Werft ein Windpilot fertig montiert übergeben werde. Bei der dann folgende Werftprobefahrt im kalten März war das Cockpit voller neugieriger kalter Nasen in Bezug auf den neuen Steuersklaven. Seit jenem Tage laufen die Dinge in Schweden entspannter. Auch RM, Pogo, Class40, sowie andere Rennschüsseln segeln mit meinen Heckverzierungen durch die Gegend. Vielleicht sollte man den Autor zu den Fakten tragen, damit er keinen weiteren Unsinn verbreitet? Hier eine Auswahl:
Wasserwiderstand, der nun einer WSA als Nachteil angelastet wird, wo doch jede Ruderlage bremst, egal ob eine WSA, ein AP oder ein Mensch das Ruder dreht?
Steuergenauigkeit, die bei Schwachwind und Segeln unter Spinnaker als häufig problematisch bezeichnet wird, wo doch Blauwassersegler weltweit vorzugsweise mit dem Wind von achtern segeln, und ein sensibles Fabrikat diese Kurse bravourös bewältigt.
Tapio Lehtinen GGR 2018 z.B. hat seiner Windpilot Pacific an 59 Tagen und Nächten unter Spinnacker selbst im Schneckentempo und bei leichtesten Winden das Ruder überlassen, derweil er die Nächte durchgeschlafen hat. Warum wurde hier nicht differenziert? Pauschale Bewertungen sind so verräterisch gefährlich, da sie ihr Gegenüber ggf. vorschnell entweder für doof, oder aber rückwärts Vermutungen möglich machen, weil der Autor sein vermeintliches Besserwissen nicht verbergen kann. Oder will er das nicht? Oder wird hier vertikale Lufthoheit als hohle Fassade proklamiert? Schreiben als Kassenschrank? Segeltrimm, Reffen, alles doof und hinderlich, nur der AP kann alles richten? Von gestern, wer das nicht verstehen will?

Das Glatteis hat einen Namen, wenn z.B. der Terminus einer neuen Generation von Seglern vermeldet – oder erfunden? – wird, sodann angelegentlich konstatiert wird, dass sich auch die Technik von Autopiloten grundlegend weiterentwickelt habe. Will der Autor hier vermitteln, dass die physikalischen Grundsätze an Bord von Segelyachten nun ihre Gültigkeit verloren haben? Wobei er im Beipack elegant sublimiert, dass Strom auf heutigen Schiffen ja in Hülle und Fülle vorhanden ist, zudem der Stromverbrauch eines AP zeitgleich marginal geworden ist?

Die physikalischen Grundsätze an Bord von Segelyachten sind in Stein gehauen, kein Autopilot kann hexen und blaufärben, auch wenn der Autor in seiner Raumkapsel die Bodenhaftung zu verlieren scheint. Wobei Hinweise zur Höhe einer Investition in komplexe AP Systeme sicherlich hilfreich gewesen wären, um Ihren Lesern Vergleiche über den Eintrittspreis zu einer so neuen paradiesischen Technologie zu ermöglichen, inklusive empfohlener Ersatzsysteme, just in case.

Wenn stattdessen das Vorhandensein vermeintlich unendlicher Stromreserven nun als Alibi verwendet wird, jeden Trimmfehler mit elektrischer Hilfe – und Ruderlage bis max.- zu korrigieren, wird die Ankunft in der Wirklichkeit recht plötzlich erfolgen … wenn ein Bauteil im komplexen Räderwerk seinen Dienst verweigert, und die Steuerfreiheit jäh zu ende ist. KISS ist dann bereits hinter dem Horizont verschwwunden.
Es grenzt an Chuzpe, wenn der Autor vermerkt, dass WSA nun zum Back-up für Autopiloten geworden sind, wo doch deren Schwachstellen in anderen Medien nachzulesen sind? Bei Windpilot und Yachting World würde er fündig.

Steuerfreiheit

Vermutlich ist dem Autor im Verlauf seiner Zeitreise nicht aufgefallen, dass die von ihm als so zukunftsträchtig propagierte – teure! – Technik nach eben den gleichen physikalischen Grundregeln funktioniert, die in Seglerköpfen zementiert: zum Ruder legen braucht es Kraft, die man manuell, elektrohydraulisch oder eben durch Wind und Wasserkraft erzeugen kann. Normale Segler sind allerdings als Wasserwanderer in einer Welt unterwegs, bei der auf See die Zeit zunehmend retardiert, die dann für sorgfältigen Trimm genutzt und in Form von angenehmen Etmalen sodann für freundliche Gesichter sorgt.

Vielleicht ist Johannes Erdmann aber auch einfach nur übermütig geworden, oder braucht er vielleicht für die Technik an Bord seines eigenes Schiffes nix zu bezahlen, weil er, für manch einen Leser unbemerkt, für Sponsoren schreibend unterwegs, für die er influenziert, indem er für ein Segelmagazin die Tasten strapaziert? Schreiben als Einkaufsmodell? Weiss man ja alles nicht, weil Berufsethos bei der schreibenden Zunft ja hier und dort allzu gern durch den beruflichen Zwang – oder gar Zwiespalt? – zum Gelderwerb zur Seite gedraengt bzw. die Priotitäten sich sodann, wie von Geisterhand verschieben. Zumal das berufliche Selbstverständnis sich hier und dort in einer Gratismentalitaet entlädt… alternativ Bares in eine Kaffeetasse plumbst. Schwieriges Fahrwasser, jedenfalls für das schreibendes Gewerbe, hier eine wilde Achterbahnfahrt zu vollziehen, damit der Leser – und Aspirant für potentielle Umsätze für die Schattenindustrie! – wenig davon merkt, weil ansonsten die eigene Glaubwürdigkeit als Besserwisser auf der Strecke bleibt. Das wäre dann the worst case!
Vermutlich – oder hoffentlich! – sind Ihre Leser also schon ein wenig weiter, wenn oder weil in deren realem Leben KISS noch eine Rolle spielt, wo komplexe Technik Misstrauen erzeugt, zumal man zuvor teuer an der Kasse dafür zu zahlen hätte. Nur um auf See festzustellen, dass man sich verrannt oder vertan hat, bzw. sich den falschen Beratern anvertraut, derweil man sich irgendwann, vorzugsweise mitten in der Nacht, selbst am Ruder stehend findet, weil die Technik Schluckauf bekommen hat? Der Autor irrt, wenn er hier einen Zeitsprung erfindet, von neuer Technik, neuen Seglermenschen oder gar Generationen fabuliert, derweil Segeln so wunderbar unverändert und nach ganz einfachen Regeln funktioniert. Was ja das Faszinierende an diesem schönen Sport ist. Alles eine Sache der Güterabwägung.

Allerdings und immerhin bleibt Johannes Erdmann sich selber treu, indem er weiterhin den Pushbutton favorisiert, mit dem sein Leben auf See vermeintlich so wundervoll einfach ist. Vermutlich wäre ein Motorboot für den Mann die bessere Alternative, weil dort das ganze Leinengebamsel dann nicht mehr stört.

Schade Herr Hager, aber dieser Bericht hinterlässt Ratlosigkeit weil er mehr Fragen aufwirft, als er hätte beantworten können. Ich kann mir und Ihnen nur wünschen, dass Sie auch zwischen den Zeilen lesen können, denn die Botschaften sind in schwarz auf weiss geschrieben.

mit den besten Gruessen

Peter Foerthmann
Hamburg 29.11.2023

16 Antworten zu Martin Hager

  1. Martin Trockels sagt:

    Moin,

    eigentlich erwartete ich, dass Herr Erdmann das Thema nicht mehr aufnehmen würde oder aber, dass weise Menschen in der Redaktion zum Nachdenken anregen…. Fehlanzeige!

    Nachdem er bereits vor einiger Zeit über die Thematik referierte und auch der AP den dabei entstandenen Gegenwind nicht in den Griff zu bekam, sprach natürlich nichts gegen eine erneute Berichterstattung. Man muss dabei gar nicht mal zu einem anderen Fazit kommen. Wie immer im Leben – es gibt pro und contra. Wie der geneigte Leser dann die Argumente gewichtet, zu welchem Fazit er gelangt, das ist eine ganz andere Sache.
    Wenn Herr Erdmann allerdings erneut zu dem Thema von WSA ausführt, dann darf das Ziel doch keinesfalls sein, lediglich seine vorherige Meinung zu festigen. Mit dem Kopf durch die Wand…. das gibt n‘ Hörnchen!

    Nun wird möglicherweise auch hier im Blog nicht jede oder jeder vollkommen unvoreingenommen an die Sache herangehen. Selbst wer keine Windfahne hat, hier zu stöbern, zeugt zumindest von Interesse. Die Objektivität und Expertise von Peter Förthmann ist ohne jeden Zweifel gegeben! Spätestens wer das Werk „Selbststeuern unter Segeln“ studiert hat, der wird dies bestätigen. Gleiches testiert übrigens auch Hinnerk Weiler an anderer Stelle, Herrn Erdmann sicher ebenfalls bekannt.

    Also, ausschließlich Nutzer von WSA zu befragen, möglicherweise fragwürdig. Wer allerdings keine Objektivität hat, (haben will….) der sollte einfach mal … , nix in der Yacht schreiben!
    Er hätte auch seine Cati fragen können, sah ich doch irgendwo mal ein Bild von ihr mit strahlendem Gesicht und assoziierte dies, mit dem ebenfalls erkennbaren Logo eines Anbieters von WSA. Das muss natürlich nicht im Zusammenhang stehen, aber egal…

    Zurück zum Artikel. Was da abgeliefert wird, das ist einfach ganz schlechter Journalismus. Beispielhaft sei sein Verweis zu Martin Daldrup und seiner JAMBO aufgeführt. Der setzte zwar tatsächlich ausschließlich auf seinen AP. Auf seinem YT-Kanal kann jedoch jeder in Episode 15 „Mastbruch auf dem Atlantik“ nachschauen, wie es ihm damit ergangen ist. Genauer, zwischen Minute 13 und 17. Da erfährt man dann genauer, wie es so um die Zuverlässigkeit mit (s)einem AP bestellt ist. Nun ist Martin Doldrup in der Szene so gut vernetzt, dass er Tobias Lepper von Lepper-Marine anrufen konnte. Natürlich auch nur, da er, frei nach Catweezle, einen sprechenden Knochen hatte und die Rufnummer von Herrn Lepper…. Zudem war der auch noch gewillt und fähig, ihm bei der Lösung des Problems zu helfen. Hat man das alles, dann kann man das natürlich als Resilienz bezeichnen…. Andernfalls erhält man an gleicher Stelle auch einen kurzen Einblick darüber, wie sich die Schiffsführung von Hand für einen Einhandsegler so anfühlt. WSA und Pinnenpilot wären, auch ohne Mast, eine Lösung gewesen. Noch so ein (gewollt ?) unbeleuchteter Aspekt…..Nein, nein, da bleibt nur Kopfschütteln; aber besser als n‘ Hörnchen.

    Hält Herr Erdmann die Seglerszene eigentlich für so blöd zu meinen, dass diese die Story nicht kennen? Einfach den negativen Teil der Betrachtung weglassen und den Rest zur Stärkung seiner eigenen Position verwenden??? Was ist das für Journalismus, mag er damit ggf. auch bei einem großen Teil der neueren Generation und in deren Logik Zuspruch finden. Da, geschätzter Herr Erdmann, geht es doch gegen die Ehre der „Zunft“!!! Man kann versuchen, einen objektiven Artikel schreiben. Dabei kann man, trotz Recherche, auch Fehler machen. Man kann auch einen Kommentar zu einem Thema schreiben, eine Meinung vertreten. Aber man darf nicht unter Vorsatz etwas weglassen!

    Auch der Hinweis, eine WSA stehe im Weg und behindere, ist eine zwar richtige, dennoch sehr eigenwillige Betrachtung. Gilt allerdings ebenso für Rad und Steuersäule. Mit AP würde es doch sogar ohne gehen….

    Schwierig in Betrieb zu nehmen ist das Ding auch noch, hmmm, gut wenn sonst alles per Knopfdruck geht… Ich brauche dafür, allerdings bei einer Anlage mit Hilfsruder und ohne Leinenverbindung zum Rad, ˋne Minute.

    Jetzt hinterfrage ich mich mal selbst und überlege, ob ich das auch alles so bewerten würde wenn ich selbst keine Windfahne hätte. Wenn mein AP nicht zwischen Sardinien und Sizilien zu einer Zahnradmühle mutiert wäre. Doch, meine Meinung wäre nicht anders! Denn, Möglichkeiten wie Gefahren auf See sind mannigfaltig. Und wer meint, ich habe doch einen Service-Kit und bin nicht unbegabt, dem wünsche ich viel Freude bei der Reparatur. In den seltensten Fällen streikt der AP bei Flaute und ohne Seegang…. Vermutlich hätte ich auf den erneuten Artikel von Johannes Erdmann nicht nochmals reagiert.

    Jeder kann doch seine Meinung haben und die ( ihm bekannten ) Argumente selbst gewichten, s.o.! Allerdings mutwillig, wider besseren Wissens, dem Leser Dinge vorzuenthalten, nur, um dadurch seine eigene Meinung zu stärken, das darf man nicht durchgehen lassen!

    Die Tatsache, dass man zum Artikel keinen Kommentar abgeben kann und, dass der Bericht alsbald wieder aus der headline verschwand, lässt jedoch hoffen, dass bei der größten deutschen Segelzeitschrift doch mitunter Vernunft und Einsicht gegeben ist.

    Das alles schreibe ich durchaus unter Anerkennung und Respekt vor der seglerischen Leistung von Johannes Erdmann, was die Sache noch schlimmer macht.
    Die Überlegung, dass im Hintergrund pekuniäre Anreize gegeben sein könnten, kam mir weder, noch würde ich das annehmen. Die Ehre eines Journalisten steht dem entgegen !

    Aber vielleicht kann der Autor meine Gedanken auch entkräften; er wird‘s hier vermutlich lesen…
    Ob das Heck einer Bav. 34 hingegen die Montage einer WSA zulässt, das kann ich allenfalls vermuten. Und da ich davon keine Ahnung habe, schreibe ich dazu auch nix…!

  2. Thomas SV Carmina sagt:

    Da ist kein Wort als Kommentar mehr nötig. Alles ist gesagt. Deshalb halte ich mich jetzt hier auch zufrieden zurück.

  3. Ich verstehe den Artikel von Johannes Erdmann so, dass er sich das Thema nochmal vorgenommen hat. Hilfreich finde ich die Gegenüberstellung der Punkte, die jeweils für und gegen die Systeme sprechen.

    Auch wenn Sie als Spezialist und 24/7 Dienstleister der Gewichtung der Punkte anscheinend nicht folgen können (oder wollen), finde ich Ihre Replik nicht geschickt.

    Öffentlich formulierte, persönliche und zudem noch an den Chef adressierte Angriffe helfen erstens nicht weiter. Und sie führen zweitens nie zum Ziel. Sie schließen im Gegenteil die letzten Zugänge zur Wagenburg. Drittens interessieren sie den Anwender und vermutlich die Mehrheit der Leserschaft nicht.

    Wie wäre es, wenn selbst mit Ihrem Fachwissen eine Gegenüberstellung mit entsprechender Gewichtung veröffentlichen. So wie sie anhand Ihrer Kenntnis richtig ist.

    Natürlich fügt ein weiteres Ruderblatt dem Boot Wasserwiderstand hinzu. Die Frage ist, ob das beim Langfahrtsegeln im Verhältnis zum Vorteil der Windsteueranlage überhaupt eine nennenswerte Rolle spielt.

    Mich interessiert schon länger, wieviel Ampere ein elektrischer Autopilot braucht. Welches Modell, bei welcher Sensitivität, welchem Wind/Seegang, bei welchem Kurs und vor allem bei welchem Bootstyp/Lateralplan.

    Da sich es pauschal nicht beantworten lässt, würde eine Tabelle mit vier bis fünf Rubriken weiterhelfen.

  4. Jean aus Genf sagt:

    Sehr geehrter Herr Braschos,

    Offensichtlich ist dem Herrn Erdmann bereits der erste Artikel „aus dem Ruder gelaufen“ und offensichtlich hat die Redaktion der „Yacht“ diesen Artikel nicht zur Überarbeitung zurückgewiesen. Es ist der Job eines Journalisten, professionell zu recherchieren und zu schreiben, und es ist der Job eines Redakteurs, sicherzustellen, dass das passiert. Wenn beide das nicht tun und es zur Veröffentlichung kommt, dann ist Kritik, solange sie nicht ad Hominem erfolgt 1. berechtigt und 2. für den Leser nützlich. Ob man Herrn Förthmanns Stil mag oder nicht; die Kritik ist an der Sache. Ihrem Vorwurf, dass sie persönlich sei, kann ich nicht folgen.

    Genausowenig kann ich mich Ihrem Vorschlag „Wie wäre es, wenn selbst mit Ihrem Fachwissen eine Gegenüberstellung“ anschliessen. Genau das hat Herr Förthmann Punkt für Punkt gemacht.
    Jetzt könnte man auf die Punkte eingehen; z.B. dass „die sichere Lage zum Wind!“ das Alleinstellungsmerkmal aller WSA sei. Ist es nicht mehr, das machen die AP am oberen Ende schon eine ganze Weile. Oder, dass sich die Technik von Autopiloten [nicht] grundlegend weiterentwickelt habe. M. E. hat sie das schon, aber es wäre ausgesprochen nützlich gewesen, wenn uns Herr Erdmann darüber aufgeklärt hätte, wo genau das geschehen ist, wie sich das auf Steuerqualität oder Haltbarkeit auswirkt, wo er das ausprobiert hat und mit welchem Ergebnis.
    Anschließen kann ich mich Ihren Fragen:
    „mit entsprechender Gewichtung veröffentlichen“
    „Natürlich fügt ein weiteres Ruderblatt dem Boot Wasserwiderstand hinzu. Die Frage ist, ob das beim Langfahrtsegeln im Verhältnis zum Vorteil der Windsteueranlage überhaupt eine nennenswerte Rolle spielt.“
    „Mich interessiert schon länger, wieviel Ampere ein elektrischer Autopilot braucht. Welches Modell, bei welcher Sensitivität, welchem Wind/Seegang, bei welchem Kurs und vor allem bei welchem Bootstyp/Lateralplan. Da sich es pauschal nicht beantworten lässt, würde eine Tabelle mit vier bis fünf Rubriken weiterhelfen.“

    Aber wiederum, das ist nicht der Job vom Herrn Förthmann, sondern der Job vom Herrn Erdmann, genau Information dieser Art zu veröffentlichen und der Job vom Herrn Hager, dafür zu sorgen, dass der Herr Erdmann das auch tut. Dann hätten diese beiden Artikel einen großen Nutzen gebracht und die „Yacht“ sich als relevante Publikation erwiesen. Diese Chance wurde leider nicht genutzt und der Leser fischt im Dunkeln und muss sich diese Information mühsam selbst zusammensuchen.

  5. Ich halte die Karikatur von Johannes Erdmann, mit der der Beitrag aufgemacht ist, für problematisch. Sie unterstellt ihm Käuflichkeit für eine bestimmte Berichterstattung. Ist das im konkreten Fall bewiesen? Würde die Karikatur auch dann erscheinen, wenn Johannes Erdmann die Erzeugnisse von Windpilot wohlwollend und an prominenter Stelle wiederholt erwähnt/gezeigt hätte? Oder wäre Johannes Erdmann dann ein leuchtendes Beispiel für fundierten Journalismus?

    Es scheint hier eine Vorgeschichte und persönliche Verstrickung zwischen Peter Förthmann und Johannes Erdmann zu geben. Anders ist die über die gebotene Fach- und Sachlichkeit hinausgehende Wucht des persönlichen Angriffs durch Herrn Förthmann nicht zu erklären. Hier hülfe stattdessen ein langer Spaziergang an der frischen Luft oder ein gescheites Bier mit einem ebensolchen Freund.

    Der Beitrag von Johannes Erdmann nennt die Schwächen, somit die Notwendigkeit moderne Autopiloten am besten gleich in mehrfacher Ausführung an Bord zu haben. Eine Windsteueranlage hält zwanzig, dreißig Jahre. Ab wie vielen elektrischen Autopiloten rechnet sie sich (von der Bastelei und Unsicherheiten einmal abgesehen)?

    Es bleibt die Tatsache, dass sich in Sachen Bordelektrik von den Lademöglichkeiten über die Ladetechnik bis hin zu den Akkus so viel getan hat, dass elektrische Autopiloten eine zunehmend interessante Alternative zur Windsteueranlage werden.

    Dem steht das weithin unterschätzte Kis-Prinzip gegenüber: Siehe Stanley Paris wiederholtes Scheitern mit „Kiwi Spirit“. Ein trauriges Beispiel.

    Ich habe über zwei Jahrzehnte für die Yacht gearbeitet und 2012 vom seinerzeitigen Chefredakteur restlos bedient hingeschmissen. Herr Förthmann und auch Jean aus Genf: Sie übersehen das Journalismus in einem immer knapperen Korridor an Zeit & Geld zu leisten ist. Das ist im vergangenen Jahrzehnt prekärer geworden.

    Sämtliche Artikel von yacht.de erscheinen mit dem Hinweis Verlagssonderveröffentlichung. Wissen Sie, was das bedeutet?

  6. Jean aus Genf sagt:

    Sehr geehrter Herr Braschos,

    Danke für Ihre ausführliche und offene Antwort.

    Zu Ihrem 1. und 2. Paragraph, ich würde die Karikaturen alle ersatzlos streichen, sie tragen zur Diskussion nichts bei, lenken von der Sache ab und können durchaus als persönlich aufgefasst werden, was hier nicht hilft. M.E. ist der Artikel aber einfach einseitig, und wie sich Herr Erdmann gegen einen veröffentlichten einseitigen Artikel nicht-öffentlich wehren soll., ist halt die Frage.

    Zum 3. Paragraph: Eine komplette AP Anlage in besserer Qualität ist teurer als ein WP
    • B&G Triton: ca. 6000
    • B&G neue Hercules ca. 8000
    • Madintec Cruiser Version ca. 10000
    • NKE Cruiser Version um die 12000
    • Raymarine/Garmin um die 4000

    Das doppelte, wenn redundant. Alles für eine Anlage mit elektro-hydraulischem Antrieb, plus Material und Einbau. Da ist der WP mit ca. 4000 immer billiger. Selbst mit Ersatzteilkit und Tillerpiloten.
    Was meinen Sie mit „(von der Bastelei und Unsicherheiten einmal abgesehen)?“

    Bei 4. und 5. Voll bei Ihnen – es hat sich viel getan und KISS gilt noch immer. Da hätte sich Herr Erdmann sehr gut profilieren können.

    Zu den letzten 2 Paragraphen; selbstverständlich ist das ein Riesenproblem. Aber a) ist die Yacht nicht billig und b) würde ich innerhalb der Möglichkeiten bessere Arbeit begrüßen. Die sollte noch immer möglich sein. Sie haben die Konsequenzen gezogen, andere leider nicht.

    Zum Hintergrund:

    Nur zwei Yachting World Artikel
    What’s the best autopilot kit for a transatlantic? – Yachting World
    Da hat es eindeutig mehr APs, aber eben auch viele Probleme

    Sailing to the most remote islands in the world amid ice and snow – Yachting World
    Einmal um die Südsee mit WP und in einer Koopmans 46. Alle schwierigen Inseln (z.B. Kerguelen) angelaufen.

  7. peter sagt:

    Danke Herr Braschos für diesen Einwurf,

    Wagenburg – eine schöne Metapher! – aber welcher Schatz sollte hier verteidigt werden, wenn man die Burgform der Verteidigung wegen wählt und sodann einem Hersteller von WSA in die Kandare fährt, sodann über „Nie mehr Windsteuersysteme“ fabuliert? Sind wir im Kindergarten?

    Ich würde dagegen eine Wagenburg gern als ein schützenswertes Biotop eines Berufsstandes verstehen, der sich in feindlicher Umgebung seiner Haut zu wehren sucht, weshalb Klick Fallen von Aldi über Einhausungen bis zu Stipendien helfen müssen, einen Kostenapparat zu stemmen, bei dem aber selbst geeintes Marschieren den Erfolg noch nicht garantiert. Eines Berufsstandes, bei dem ehrenvolles Verhalten allerdings nicht jedem gegeben ist, der dort unter der Mimikri eines Journalisten sein Unwesen treibt, sich gleichwohl unter dessen Dach einer Lufthoheit sicher wähnt, um z.B. Unwissen über eine Thematik zu verbreiten, mit dem er zeitgleich qualifizierte Leser düpiert. Mitnichten, wie zumindest wir beide wissen, weshalb wir Qualitätsprodukte in der kleinstmöglichen Betriebsgrösse erarbeiten und seit Jahrzehnten einem ausgewählten Publikum unterbreiten und verkaufen, die dafür den Preis mit einem Lächeln auf dem Gesicht bezahlen und … wiederkommen. Ein diametral anderer Ansatz, bei dem der Spass aus den Zeilen spritzt, respektive kollateral sogar Steuerfreiheit auf See garantiert. Aber sind wir dadurch zu langweilige Dienstleistern mutiert? Eher nicht.

    Ist der neuerliche Versuch einer Annäherung an ein brisantes Thema nun der „Arsch in der Hose“, den Sie so treffend umschreiben? Für mich gleicht der Bericht eher einem weiterer Kamikaze Flug eines Mannes, der als Geisterfahrer eine krude Auffassung vertritt: „WSA kann weg, moderne Menschen fahren mit AP!“ Hier werden in der Folge, wenig virtuos, Begrifflichkeiten umverwendet, derweil der Autor sein Unwissen, offenbar unkontrolliert von seinem Chef, in die Tasten schlägt. Äpfel und Birnen eben!

    Übrigens eine Wagenburg, die jegliche Zugänge qua Kassenschrank verbarrikadiert, Haifischgewässer eben. Normaler Austausch auf Augenhöhe schwierig bis unmöglich, wie Sie offenbar selbst erfahren haben. Zudem auch mein Grund, mich hier von einer im Kreis donnernden Wagenburg gut frei zuhalten und die Segler stattdessen im direkten Dialog zu betreuen. Mein lebenslanges Spezialgebiet!

    Nun sitzen also die Fehler wie die Spatzen in der Sonne und wir wissen, dass Gewichtung, Willen und Wollen stets im Auge des Betrachters liegen. Was übrigens auch für die Wahl des Adressaten gilt, der sich nach der 1. Abhandlung seines Autors beeilte, das Konvolut als dessen ganz persönliche Meinung zu bezeichnen, Grund für meine nunmehr direkte Adresse.

    Apropos Wasserwiderstand, und ganz ohne den Versuch, ein Haar zu spalten, eine Randnotiz: der Widerstand eines modernen Pendelruderblattes liegt – anders als Sie vermuten! – im Bereich von Null, da es von einer sensiblen Windfahne nur minimal angestellt, subito zur Seite wandert – hic der Name! – um Servokraft zu generieren, um über Leinen damit das Hauptruder zu verdrehen, derweil eine seitliche Anstellung des Pendelruders niemals zu verzeichnen ist, was dann natürlich „bremsen“ würde. Tut es aber nicht!

    Es gibt Fachbücher, die sich erschöpfend mit allen Systemarten beschäftigen, Augenöffner der besonderen Art, wenn man ein wenig Nachhilfe oder vielleicht Gewissheit darüber haben möchte, dass auch die elektronische Konkurrenz nur mit Wasser kocht. Auch für die Liebhaber von Tabellen und Grafiken ist dort gesorgt.

    Für Segler, die ihren schönen Sport abseits vom Rennzirkus und fliegenden Schiffen ausüben, war und ist KISS immer noch ein betörendes Argument und der Grund, warum ich hier bald ein halbes Jahrhundert aushalte und den Notausgang immer noch nicht gefunden habe. Aber will ich das?

  8. K.o.-Kriterien Autopilot

    Ich danke für den Hinweis auf den Yachting World Artikel mit der Statistik zur ARC 23, an der gut 250 Yachten teilnahmen

    1. Die Statistik dokumentiert: Von 230 Yachten, die an der Befragung zum Thema Autopilot/Windsteueranlage teilnahmen, segelten 5 handgesteuert. Die restlichen 225 hatten einen Autopiloten. 33 Teilnehmer waren mit Autopiloten und Windfahnensteuerung unterwegs.

    2. Bei 75 von 225 Autopiloten gab es Probleme, wurde unterwegs gebastelt. Das sind 33 Prozent.

    3. Der Autopilot eines mittelgroßen Fahrtenbootes braucht je nach Seegang, Kursstabilität und Sensitivität/akzeptierter Gierrate überschlägig 3 – 5 Ah. Das sind in 24 Stunden 72 – 120 Ah, soweit der Autopilot nicht zum Stromsparen vorübergehend abgeschaltet wird. Der Energiebedarf einer längeren Seereise ist leicht auszurechnen. Wäre schön, wenn ein Praktiker anhand eigener Erfahrung mit seinem Autopilot hierzu etwas beiträgt.

    4. Budget Autopilot und Windsteueranlage: Gemäß zuvor in den Kommentaren genannten Zahlen kostet ein Autopilot doppelt bis 3 x so viel wie eine Windsteueranlage (zuzüglich Budget für das an Bord vermutlich bereitliegende Backup). Bekanntlich ist bei der Auswahl wesentlichen Bootzubehörs (Traveller, Winschen, Rollanlagen etc), somit vermutlich auch beim Autopiloten, ein bis zwei Nummern größer zu kaufen.

    5. Soweit ich es verstehe, arbeitet eine Windsteueranlage für Jahrzehnte zuverlässig. Der Aufwand für den Betrieb eines Autopiloten (Beschaffung und Einbau von Neuteilen) dürfte ungleich höher sein. Hier wäre die Erfahrung eines langjährgen Autopilot Nutzers orientierend: was ging kaputt, wie oft wurde repariert und was hat es gekostet?

    6. Es geht für jeden Segler, für Langfahrtsegler unbedingt, darum, die jeweiligen Themen an Bord dauerhaft sicher, sprich ohne Hotline zum örtlichen Techniker und endlose Rechnungen zum gepfefferten Stundensatz zu lösen. Wir kennen alle die Werkstattwagen in den Marinas üblicher Reviere. In unüblichen Revieren gibt es diesen Service nicht. Sicher heißt bewährt und einfach

    Das wäre – siehe 33 % AP-Probleme beim ARC 33 – für mich neben den Anschaffungskosten und der ungewissen Folge- = Systemkosten das K.o.-Kriterium beim Autopiloten.

  9. Jean aus Genf sagt:

    Guten Tag, Herr Braschos,

    Danke für die ausgezeichnete Zusammenfassung!

    Zu 2.: Und das auf der vergleichsweise einfachen Passatroute über den Zentralatlantik.

    Zu 3.: 120 Ah x 12 V ist nicht ganz 1.5 kWh. ½ Stunde aufwärts je nach Generatorgröße und Batterien. Für Boote, die ohnehin viel Strom produzieren und verbrauchen und große Batterien haben macht das wenig Unterschied, für andere, vor allem kleinere Yachten, ist es ziemlich happig. Z. B. Swan 43 mit Garmin AP und 120 A 12 V Lichtmaschine kommen wir für AP, Elektronik, Frischwasserpumpe und sonst nicht viel auf ca. 1 Stunde Batterieladen pro Tag. Handgesteuert, ca. die Hälfte; manchmal genügt dann der nicht sehr effiziente „Nachschleif“ Generator.

    Zu 4.:
    Der Vollständigkeit halber: Ein ganz billiger AP kostet weniger, aber der steuert nicht zum Wind und ist weniger haltbar (dank elektro-mechanischem Antrieb). Grösser dimensioniert sollte der Antrieb sein aber vor allem elektro-mechanisch, denn der hält länger. Die „Power Unit“ muss dem Antrieb entsprechend dimensioniert sein. Wenn man dann auch eine bessere Steuerung und die dazu notwendigen Sensoren will, dann kommt man auf das Zweifache bis Dreifache.

    Zu 5.:
    Ich habe Erfahrensberichte von Booten, die beides verwenden und für den AP ein umfangreiches Ersatzteillager vorhalten, vor allem den Antrieb während der WP jahrelang kaum Wartung braucht.

    Zu 6.:
    Egal, wofür man sich entscheidet, man muss relativ autark sein. Wenn man die elektronischen und hydraulischen Helferlein, wie elektrische Winschen und div. Elektronik will – denn nicht jeder ist jung, fit und spartanisch orientiert – dann muss man sie auch warten können und ausreichend Ersatzteile und Werkzeug mitführen, auf Redundanz, Plan B und Plan C achten. Das macht die Helferlein automatisch teurer.

  10. peter foerthmann sagt:

    Hilfreich vielleicht, an dieser Stelle einfach einmal Jimmy Cornell zu zitieren, der als Vorwort zu meinem Buch SELFSTEERING UNDER SAIL aus 1998 bei Adlard Coles befand:

    „Ist es nicht merkwürdig, dass alle Blauwassersegler eine ausgeprägte Abneigung gegen das Rudergehen haben? Sie empfinden endlose Ruderwachen auf See als Strafe, der sie mit Tricks und Raffinesse zu entgehen suchen. Sicherlich kann ohne Übertreibung gesagt werden, dass erst die Entwicklung von Autopiloten und Windsteuersystemen die Karawane der Blauwassersegler auf den Weltmeeren in Bewegung gebracht hat. Die Sklaverei endloser Ruderwachen war vorbei, selbst ausgedehnte Ozean-Passagen wurden plötzlich selbst mit kleinster Crew möglich.

    Nach einer Weltumsegelung von 70.000 sm mit einer Aries, einer zweiten von 40.000 sm mit einer Hydrovane und nunmehr 50.000 sm mit einer Windpilot wird mich niemand der Übertreibung beschuldigen, wenn ich behaupte, dass ein Windsteuersystem an Bord einer Blauwasserjacht heute zu den wichtigsten Ausrüstungsgegenständen überhaupt zählt. – Erstaunlicherweise gibt es eine ganze Reihe von Seglern, die das anders sehen; vielleicht weil sie technikverliebt ihre Pushbutton-Mentalität einfach mit an Bord nehmen. Ein gewählter Kurs wird durch Knopfruck bestätigt – so einfach kann Seefahrt sein. Klar, dass dies schnell Freunde gewinnt. Allerdings dauert diese Liebesbeziehung meist nur bis zu dem Tag, an dem die Maschine nicht mehr anspringt, weil die Batterie leer ist.

    Nachdem ich endlose, teils herzerweichende Geschichten zu diesem Thema im Laufe vieler ARC- und anderer Rallys habe anhören müssen, ist es mir gelungen, Peter Förthmann zu überreden, nach Las Palmas zu kommen und in der Vorbereitungphase des ARC den Teilnehmern über die Vor- und Nachteile von Selbststeuersystemen zu sprechen. Seine Vorträge und Workshops waren von Anfang an ein Erfolg, nicht nur, weil er sich in diesem Bereich wahrscheinlich besser auskennt als irgendein anderer auf der Welt, sondern vor allem, weil er über Autopiloten und Windsteuersysteme im Allgemeinen und Besonderen sachverständig und fair informiert, ohne sein eigenes Produkt in den Vordergrund zu stellen. Es macht mir besonderes Vergnügen, zu sehen, dass Peter meinem Rat gefolgt ist und sein Wissen aufgeschrieben hat. Systematisch, anschaulich und leicht verständlich werden sämtliche Systeme auf den folgenden Seiten beschrieben. Dabei wird schnell deutlich, dass jeder eiserne Steuermann stets klaren physikalischen Regeln folgt. Als Erfinder, Systementwickler und Hersteller seiner eigenen Produktlinie hat Peter gezeigt, dass sein Name zu Recht in einem Atemzug mit denen von Blondie Hasler, Marcel Gianoli oder Nick Franklin genannt werden sollte. Dieses Buch bestätigt, was die Segler auf den Weltmeeren schon wissen: Peter Förthmann ist die Autorität für Windsteuersysteme.“
    Jimmy Cornell

  11. henning sagt:

    Moin Peter,

    sonnigen Gruß aus der Karibik (Martinique). La Gomera – Martinique
    2800 sm in 19 Tagen davon ca. 2200 sm mit Windpilot und ca. 10 Liter Diesel.

    Der Segler mit Zeit hat immer den besten Wind.

    Eine kleine Ergänzung zu Johannes Erdmann „Analyse“ bezüglich Windfahnensteuerung: „In einen zweiten, elektrischen Autopiloten, auf den ich bei Bedarf nur umschalten muss.“

    Vollständige Redundanz wird ja erst erreicht, wenn das gesamte System doppelt ausgelegt ist. Moderne Autopiloten (die dann auch sehr gut arbeiten) benötigen nicht nur Kompassinformationen, sondern auch viele andere Schiffsdaten, z.B Wind, FDW …
    Diese werden idR durch ein Netzwek (nmea 2k) bereitgestellt und sind ja auch vorhanden. Fällt nun dieses Netzwerk aus, wird der eine oder andere Autopilot auch nicht mehr steuern. Ein komplettes redundantes System kann zwar aufgebaut werden, ist dann aber auch nicht mal eben integriert und am Ende ist da auch noch die Batterie, welche auch doppelt vorhanden sein müsste.

    Am einfachsten wäre ein zusätzlicher Pinnenpilot mit 12V Stecker, der hat alles in einer Box, bis auf die Stromversorgung (ginge auch über die Starterbatterie). Musste meinen leider an einen anderen Einhandsegler verkaufen, sonst hätte ich sogar drei.

    Wenn man Redundanz richtig machen will, sehr aufwendig. Bei Teilredundanz einfacher, aber halt nicht vor allen Ausfällen abgesichert. Mit Pinnenpilot nur bei kleinen Booten einfach machbar und bei moderaten Bedingungen zu verwenden.

    So sehe ich das und bin froh, einen Windpilot der ein komplettes redundantes System mit meinem elektrischen darstellt, zu haben. Mein elektrischer AP und auch die Pacific, die er ansteuert, sind ja durchaus für doppelt so schwere Boote von den Herstellern empfohlen. Daher habe ich vermutlich mit keinem der beiden bis jetzt Probleme gehabt.

    Manches ist schnell geschrieben und wenn es ins Detail geht, wird’s plötzlich komplex. Schon alleine zwei elektrische Antriebe zu montieren braucht Platz, am besten einen zweiten Quadranten und eine einfache Umschaltung mit Steckern geht natürlich. Das ist dann aber eine zusätzliche Schwachstelle!

    Ich habe lange in der IT gearbeitet, dort ging es meistens um redundante Systeme. Die dann auch ausgefallen sind, z.B duch Admin Fehler, da die komplexer sind zu administrieren.

    Redundanz bei AP ist sehr aufwendig und vor allem liefern die einschlägigen Hersteller (Raymarine, B&G, NKE) dafür fast keine Informationen. Teilweise findet man etwas dazu im Netz, z.B.
    https://cornellsailing.com/de/2020/10/brookes-gatehouse-eine-lange-und-fruchtbare-partnerschaft/
    SV Aventura hat wohl drei von B&G, mit dem Hersteller entworfen
    https://forum.raymarine.com/printthread.php?tid=4196

    Bei den Einhandregatten fallen auch immer mal elektrische Komponenten aus. Und ich denke da machen sich Profis von NKE durchaus Gedanken.

    Fakt ist auch, wenn ich einen Überspannungsschaden durch Blitzeinschlag in der Nähe habe, werden die an Kabeln angeschlossenen Systeme sicherlich alle einen Schaden haben. Also bleibt fast nur ein unverbautes Backup mitzuführen und im Schadensfall dann umbauen. Kein Spass auf See, wenn die Schüssel schaukelt und für in der Materie weniger erfahrene Fahrensleute, eine Herausforderung der Sonderklasse, zudem sie sind nochmals fehleranfällig. Bei Blitzschlag in meinen Windpilot sind vielleicht die Seile verschmort, was ich mir aber nicht richtig vorstellen kann. Oder das Aluminium wird verpuffen, aber dann hab ich aber bestimmt eher Löcher im Boot und / oder keinen Mast / Wanten mehr.

    Blitzschlag bzw. Überspannung durch Blitze in der Nähe, kommt wohl gar nicht so selten vor. Pantaenius GmbH z.B. schreibt dazu:
    „Entgegen der Yacht-Kasko-Bedingungen gilt bei Blitzschäden (auch bei Schäden an der Elektronik) die doppelte Selbstbeteiligung. Wenn die Yacht über ein technisch funktionsfähiges Blitzschutzsystem verfügt, fällt bei Schäden durch Blitzschlag keine Selbstbeteiligung an.“

    Das steht inzwischen in meinem Kasko-Vertrag, trotz meiner Aluschüssel half kein Protest. Und wenn man sich mit der Materie beschäftigt, ist ein funktionierender Blitzschutz nicht ganz so einfach. Bei einem Datacenter in der Nähe von Köln ist ein Blitz eingeschlagen und hat viele umliegende System beschädigt. Und dieses DC wurde regelmäßig überprüft und hatte natürlich Blitzschutz, was ja an Land bekanntlich vergleichsweise einfach zu machen ist.

    Ich finde es sehr gut, ein redundantes komplett auf einer anderen Technologie basierendes System zu haben und darum geht es doch eigentlich. Lass einen Orca das Pendelruder meiner Pacific abbeissen und ich habe sogar noch den elektrischen. Blitzeinschlag in der Nähe … aber meine die Windfahne steuert einfach weiter.

    Einfach mal so im Cockpit in der Sonne niedergeschrieben.
    Gruß Henning

  12. Jean aus Genf sagt:

    Sehr geehrter Herr Henning,

    Danke für den ausführlichen Kommentar.

    Redundanz:
    d.h., zwei NMEA Netzwerke, und zwei von allen Sensoren, wobei man zur Not auf den einen oder anderen verzichten kann, steuert dann halt nicht so gut, zwei Computer etc etc etc geht richtig ins Geld.

    Man kann von den Herstellern, bzw. ihren Installierern u.U. ein voll redundantes System entworfen bekommen. Ich kann Ihnen bestätigen, NKE macht sich Gedanken. Es gibt auch ein Bild von Pip Hare’s neuem System von B&G, die machen sich auch Gedanken, das sind viele Kästchen und das ganze kostet sicherlich mehr als andere für ein ganzes Schiff ausgeben ;-(

    Zwei elektrische Antriebe: entweder einen auf Vorrat halten oder montieren aber nicht mit dem Ruderarm verbinden, denn sonst hat man den Widerstand von zwei Zylindern beim Steuern. Nicht viel, aber man merkt es. Wenn man Doppelruder hat, geht das leicht, bei einfachem weniger …

    Bei Blitzschlag kann auch das redundante System zu Schaden kommen, man müsste also alle Teile in Alu eingepackt lagern. Der Umbau nach dem Blitzschlag ist vermutlich die geringste Sorge …. Wenn man ein Aluschiff hat, ist es vielleicht weniger problematisch.

    Beste Grüsse

  13. Armin Horn sagt:

    Meine Borderfahrung:
    Redundance und ein Plan B und besser auch Plan C sind das A und O und im Hinblick eines oben schon erwähnten Blitzeinschlages, was bei beunruhigend vielen Seglern im Bekanntenkreis bereits geschehen ist, halte ich zumindest als Plan B eine WSA für eine Blauwasseryacht als absolut sinnvoll, ein zweiter elektrischer AP nützt da rein gar nichts, weil der nicht unabhängig von der restlichen Bordelektrik wird nach Wind fahren können.
    Beste Grüße AH

  14. Wer den Anspruch erhebt, ein Segelboot für Blauwasserfahrten auszurüsten oder Anderen Ratschläge dafür zu erteilen, sollte den nachstehenden Satz beherzigen (der auch für die Navigation gilt):

    „- Das Boot muss im Notfall in seinen wesentlichen Funktionen auch ohne Strom betrieben werden können.“

    Herzliche Grüße
    Christian
    PS. (Siehe auch Seite 370, Sieben Jahre, sieben Meere und drei Ozeane)

  15. peter foerthmann sagt:

    Äpfel und Birnen
    Ergänzend zu den Ausführungen über die elektrischen Steuersklaven sei hinzugefügt, dass die Entwicklungssprünge heute am Markt angebotenen Optionen vermutlich massgeblich geholfen haben, um in der Szenerie fliegender Schiffe den Anschluss nicht zu verlieren, allen voran der Imoca Szene, deren Heroen ohne leistungsfähige AP Systeme gar nicht erst am Start antreten könnten. Hier haben sich Systeme in einer Komplexität entwickelt, deren finanzieller Umfang den Wert „normaler“ Blauwasseryachten schon mal übersteigt, weshalb sie für normale Segler kaum realistisch zu skalieren sind. Äpfel und Birnen eben.

    Die wichtigsten Unterschiede im Vergleich von WSA und AP Systemen:
    Sponsoren getriebene Schiffe segeln stets mit der Peitsche, um dem Sponsor einen PR Gegenwert abzuliefern. Die erreichbaren, gewollten – und erzielbaren! – Geschwindigkeiten im Gleitflug! – bedingen permanent wechselnde Windeinfallswinkel, die von einem AP, der sein Signal nur vom Gyro Kompass erhält, kaum zu beherrschen ist, weshalb sie um den Winkel zum Wind interpoliert werden. Dies gilt umso extremer, seit die schnellen Gleiter aufgrund von Foils und oder Canting Keels aufrechter gefahren werden ( können), was die Differenzen und finalen Speed nochmals verstärken. Für den normalen Cruising Segler eine fremde Welt. Äpfel und Birnen eben.

    Alle bekannten Pendelrudersysteme (Aries / Monitor / Fleming / Windpilot) bedienen sich einer bewährten – und identischen! – Gierdämpfung in deren Folge ca 25 cm Leinenzuglänge zur Verstellung des Hauptruders zur Verfügung stehen, was stets einen moderaten Gegenruderwinkel zur Folge hat. Sorgfältiger Trimm gehört zur Seemannschaft, wer diese Regel nicht akzeptiert, sollte sich einen anderen Sport suchen. Wer ein Mehr an Steuerkraft wünscht, kann dies durch Klappläufer erreichen, sollte sich gleichwohl darüber im klaren sein, dass ein Teil der besseren Performance durch Bremswirkung am Hauptruder vernichtet wird. Abhilash Tomy hat seine BAYANAT ( eine Rustler 36) über tausende vom Meilen fast „zum fliegen“ gebracht, wobei sein Pendelruder den Geist aufgegeben hat. Seine PACIFIC hat die Bayanat dennoch über 8000 sm ins Ziel gesteuert, als Ruderersatz diente der Schaft eines einfachen Fortress Ankers.

    Autopiloten können „jeden“ Gegenruderwinkel erzeugen und auch „fliegende“ Schiffe durch starkes Ruderlegen auf Kurs zwingen. Die Kalkulation von Strombilanz, Bremswirkung durch hartes Ruderlegen sowie auftretenden Lasten an den Komponenten sind dabei Konsequenzen, über die man sich klar sein sollte, denn hexen und blaufärben kann kein AP der Welt.

    Autopiloten sind starr an der Ruderachse verbunden, derweil jede Pendelruderanlage am Ruder „weich“ im Sinne von nachgebend, das Ruder legt, wie übrigens auch jeder menschliche Rudergänger! Ein Unterschied mit enormen Konsequenzen für die lasttragenden Komponenten bis hin zur Lagerung des Hauptruders und den Bauteilen / Getriebebauteilen eines elektrischen AP.

    Den interessanten Berichten bzgl. der Zuverlässigkeit elektronischer Bauteile von Autopiloten sei nur ergänzend hinzugefügt: ein Gang durch die Marina von Las Palmas im Vorfeld zur ARC offenbart augenfällig, wie viel Service auf den Schiffen notwendig, und offenbar nachgefragt wird. Ein Blick auf die Karawanen von Servicetechnikern genügt, den Unterschied von Theorie und Praxis zu visualisieren. Wer hier vorschnell einen neuen „Entwicklungsstand“ beschwört oder benennt, hat offenbar wenig Bezug zu den Realitäten. Kurz und knapp: 100% aller Segler, die ein Windpilot System bei mir anfragen … haben einen AP bereits an Bord. Sinnvoll an Bord jeder Blauwasseryacht haben alle drei Komponenten ihre Existenberechtigung:
    – Eine Windsteueranlage für das Segeln
    – Einen Autopilot für das Motoren
    – Einen kleinen Schubstangen AP, der auf die WSA arbeitet und mit geringsten Stromverbrauch nach Kompass steuert
    – Und einen ausgeruhten Segler, der das Salzwasser verkrustete Schiff siegreich in den Hafen lenkt und sodann den Champagner schwenkt.

    Soeben erreicht mich ein Anruf eines verzweifelten HR Seglers Jan aus Mindelo, der auf dem Weg von Holland bis zu den Cap Verdies offenbar bereits 2 AP Systeme ruiniert hat … und nun mit Handsteuerung in die Karibik aufgebrochen ist, wo er dann seine Windpilot Anlage vom Airport abholen wird.

    Apropos Zuverlässigkeit von WSA: meine Windpilot Systeme aus den ersten Serien in den 60 / 70 / 80 Jahren sind alle noch lebendig, falls sie nicht von schneidigen Seglern bei haarsträubenden Manövern zerlegt, oder die Pier geküsst haben. Für die PACIFIC Serien I und II, seit 40 Jahren als unermüdliche Sklaven bei der Arbeit … existieren zwar Teilelisten, aber eine Ersatzteilpreisliste zu schreiben war nie erforderlich, weil die Nachfrage im Verlauf der Jahrzehnte einfach zu gering gewesen ist. Und eine Reservewindfahne ist Bestandteil jeder Lieferung.

    In der Practical Boat Owner febuary 2024 issue, die ab 22.12.2023 im Handel und online zu lesen ist, berichtet GGR 2022 Teilnehmer Jeremy Bagshaw von seiner Erfahrung mit seinem Windpilot Steuersklaven, der ihn über 40.000 sm unermüdlich zu Diensten gewesen ist, wobei nur 2 Windfahnen zerbrochen worden sind. Eine Windpilot Pacific, die bei bereits 7 Schiffen in zwei Golden Globe Races ohne Ausfälle ihren Dienst verrichtet hat.

    Stolz wird wohl erlaubt sein, oder nicht?
    Peter Foerthmann

  16. oschonrock sagt:

    Meiner Erfahrung nach ist es ist ganz einfach.

    Kurzfristig, unter Land, Autopilot, weil schneller zu aktivieren, und auf kurze Dauer resistenter gegenüber Böen und Winddrehungen.

    Sobald es mehr als zwei Stunden in die gleiche Richtung geht und mehr als 5 Knoten Wind sind, WSA: Leiser, simpler stromsparender, robuster, besonders bei viel Wind, reperaturfreundlicher.

    Dann darf der Autopilot auch eine nummer kleiner / billiger ausfallen.

    Ausnahme: Offshore racing, da sind heutzutage die NKE Systeme klar überlegen. (Alles andere ist Schrott)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert