Abhilash Tomy

NACHDENKLICHKEITEN UND DIE INDISCHE SEELE
Hunderte Mailwechsel im Verlauf von sechs Jahren, unbeschwerte Treffen in Les Sables, Medemblik und Den Oever, vielleicht ein guter Zeitpunkt, über eine besondere Beziehung zu Menschen zu berichten, die in vielerlei Richtung ein wenig anders strukturiert sind, weshalb ich hier einige Beobachtungen teilen möchte, die wert sind, darüber zu berichten.
Wenn ich im Umgang mit Seglern humorvoll zu sagen pflege: „das Heck Ihres Schiffes gehört mir“ so bekommt diese Bemerkung eine ganz andere Dynamik, wenn ich einen GGR Segler zum Gegenüber habe, weil die Wichtigkeit eines Steuersklaven ganz elementar über Erfolg oder Nichterfolg einer Singlehand Nonstop Reise entscheidet.
Die Erfahrungen der GGR 2018 sind im Buch Windvane Report niedergeschrieben, es waren menschliche Gründe, die mich zur nochmaligen Teilnahme als Ausrüster bewogen haben.

Déjà-vu

Acht wilde turbulente Monate auf See haben Spuren bei den Beteiligten hinterlassen, die sich in Gesichtern ablesen lassen. Bei Abhilash ganz besonders! Seine Erleichterung ist spürbar und mit Worten kaum auszudrücken. Zwanzig kg Gewichtsverlust sprechen eine eigene Sprache. Zudem hat ihn als unschönes Willkommen, Covid niedergestreckt
Direkt nach seiner Ankunft in LSO erreicht mich seine Kurzmitteilung:

Hello Peter, I couldn’t have finished GGR without windpilot.
So a big thank you
Abhilash

Natürlich bin auch ich erleichtert, nach Monaten der Anspannung diesen Segelheroen erkennbar in einem Stück an Bord seiner zerzausten, ramponierten Rustler 36 heil und unversehrt im Hafen angekommen zu wissen. Aufregende Monate, von vielen Mailwechseln mit Sandy Shipp ( Abhilash´s Managerin ), Abhilash´s Frau Urminala, Peter Mott sowie interessantem Austausch mit Frans Loots ( Jeremy´s Manager ) unterbrochen, die immerzu Leben in die Bude brachten. Nein, cool war ich dabei nicht, weil ich mit Herz und Seele am Abenteuer von Abhilash und Jeremy involviert und mein Spannungsbogen sich erst jetzt langsam dem Ende neigt, denn auch Jeremy hat nur noch wenige Meilen vor dem Bug.
Einen Tag nach der Ankunft der Bayanat wurde ich von Sandy darüber informiert, dass die Ersatz Pacific, die ich Abhilash „just in case“ nach LSO geliefert hatte, mit Hari nach Hamburg unterwegs sei. Donnerwetter ich war überrascht! Tags darauf fuhr ein Inder auf unseren Hof, der innerhalb von Sekunden unsere Herzen erobert hat. Es ist schon selten, so etwas zu erleben, darum möchte ich von Hari berichten, einem Mann von 70 Jahren, der noch niemals gesegelt hat, dessen Herz für einen Landsmann entflammt, der uns ganz unverhofft seine indische Seele weit geöffnet hat. Ein Erlebnis der besonderen Art.
Die Fakten zuerst: Hari – sein korrekter Name ist Hariharan Mudaliar – hat uns eine unbenutzte Pacific in Originalverpackung auf den Tisch gelegt, womit der Beweis erbracht ist, dass Abhilash mit einer Pacific die Welt umsegelt hat, derweil seine zweite Anlage unter Deck – salzverkrustet trotz Verpackung! – geschlafen hat. Dies ist natürlich Erleichterung für einen Hersteller, weil damit bislang keiner der GGR Heroen in 2018 und 2022 seine Ersatzanlage hat je einsetzen müssen. Ruderblatt und Windfahne hingegen hat sich Neptun geholt, worüber ich berichten werde, wenn die Fakten abgeglichen wurden, man möchte ja nix falsches sagen, zumal die Thematik von Windsteuersystemen im GGR stets in einem besonderen Fokus stehen.

Don McIntyre

Hari lebt und arbeitet seit 50 Jahren in Deutschland, besitzt neben dem indischen auch den deutschen Pass, ist aber in der Seele und in seinem Leben von der indischen Lebensart in einer Form durchdrungen, dass er im Verlauf weniger Jahre 33 Flüge in die Heimat unternommen hat, wo sein Herz schlägt und seine Familie fest verwurzelt ist, obgleich er mit seiner leider verstorbenen deutschen Frau zwei erwachsene Kinder in seinem Herzen hat. Kürzlich hat er in Indien den 91 Geburtstag seiner Mutter gefeiert.
Seine atemberaubende Geschichte wurde in einem Buch niedergeschrieben, sie sei hier nur kurz angedeutet: Im Alter von 21 Jahren wollte Hari mit einer Royal Enfield zur Olympiade nach München fahren, was allerdings mit dem Motorrad nicht geklappt hat. Aber Hari ist trotzdem nach München gekommen, hat innerhalb von 29 Std (!) die deutsche Sprache gelernt und als Wirtschaftsingenieur Karriere bei Burda in Offenbach und Springer in Hamburg Ahrensburg gemacht. Ein Mann mit aussergewöhnlichem Gedächtnis, der sämtliche Stationen seines Lebens Datum-und-Minutengenau gespeichert, jederzeit zu repetieren in der Lage ist, zumindest dreisprachig akzentfrei. Sein atemberaubendes Leben hat sich erst im Ruhestand ein wenig verlangsamt, den er allerdings offensichtlich als Unruhestand begreift, weil er nunmehr erst recht Zeit für ungewöhnliche – mancher würde sagen: verrückte! – Unternehmungen hat. Womit sich der Kreis zu Abhilash und der indischen Seele schliesst. Worüber hier zu berichten ist.

Hari´s Schwester Shobha hat im April 2021 mit Ihrem Mann und Sohn im Rahmen einer Veranstaltung der UNIFI ( indische Investment Company ) Abhilash Tomy’s Vortrag über seine zwei Segelveranstaltungen gehört und war fasziniert. Eine Veranstaltung mit Folgen, denn auf einer Ketto Fundraising Party wenig später waren die Kinder der beiden derart fasziniert, dass sie aus eigenem Taschengeld Spenden aufgebracht haben. Das Fundraising hingegen erwies sich als wenig effizient, denn der Spendenbetrag war spärlich. Gewaltig allerdings wurde fortan das Interesse am GGR, das Abhilash zu bestehen, nun zum zweiten Mal angetreten war.
Mit Shoba´s eigenen Worten hier der Bericht an ihren Bruder Hari:

Here are the details of how we got totally involved in Abhilash’s fantastic adventure! I have no idea about sailing. Only paper boats we made as kids!

In April 2021,  I went along with my husband and my son Vedanth to hear Abhilash Tomy’s talk about his two sailing adventures , in an evening, organised by UNIFI , an investment company where we invest .

I was absolutely awestruck by his story, as were everyone who were present there. After the talk, we went up to Abhilash and I spoke just two sentences. 

Firstly I said, “Abhilash, I just completed the book “ The Vedas and Upanishads for children “ which has this powerful line in the first page “ “Don’t settle for being human, discover the God that you really are “
and I believe you have achieved this!
Secondly, I invited Abhilash home to enjoy a delicious meal cooked by my 90 year old mother. He smiled warmly and we clicked a picture with him.
He then autographed his book “151 Days “ (gifted to all the invitees), for my grandson Advaith and me. I came home and narrated his story to my Mother and then 9 yr old Advaith. 
As soon as Abhilash’s Ketto fundraiser came up,  Advaith gave happily ,from his pocket money , Rs 1000, Vedanth  and I Rs 10,000 each.
I, in my own small way  also began to look for sponsors but in vain. Just one friend gave Rs 5,000.

On checking the Ketto and eagerly looking up the list on GGR for Abhilash’s name, I was disappointed by the poor response from Indians . By March 2022, only 10 lakhs approximately, were raised on Ketto!
Then Bayanat came forward so generously , so timely, in Dubai and Abhilash created History! 
He truly is “ The Man who Overcame !“
In January 2022, while practising yoga and Pranayama, I got a strong feeling ( this experience had never happened before), that Abhilash would  join the race and would win. I emailed him this and his response was that he got the same feeling and would be, atleast have a podium finish!

Urmimala and Abhilash come across as very balanced, affectionate couple and above all incredibly strong!

I never thought even for a moment that the meeting with Abhilash in April 2021 would develop in a surprisingly different and wonderful way! 
Because Hari came to visit us for two months on February 2023 and also got mesmerised by his details. When he heard the Arrival point was LSO, he determined to be there to welcome all the heroes especially Abhilash of course! And neither the distance nor the uncertainty of the arrival deterred him from  undertaking a 1600 km journey from Hamburg to LSO!

Best regards 
Shobha

Die Realität der Wetterkapriolen haben die Ankunft von Abhilash ein wenig verzögert, sodass Hari und zwei seiner Freunde in toto die Strecke Hamburg – Les Sables viermal gefahren sind, um die Heroen zu begrüssen und zu würdigen.
Hari berichtet von unvergesslichen Momenten, wie er die Mutter von Kirsten Neuschafer umarmt und sie zu dieser ihrer Tochter beglückwünscht habe, Tränen der Freude inbegriffen.
Wir haben durch Hari eine menschliche Erfahrung in unseren Herzen gespeichert, die schon ungewöhnlich ist, weil wir es hier mit Menschen zu tun haben, die recht offensichtlich „anders“ strukturiert und nach anderen – vielleicht weiseren? – Regeln durchs Leben gehen, was an ihren Gesichtern unschwer zu erkennen ist.
Unsere Neugierde ist gewachsen … wir sind nun bei Hari zum Essen eingeladen, er wird uns indisch bekochen, derweil wir begierig sind, diesen liebenswerten Mann weiter kennenzulernen … denn wir sind neugierig bis hinter den Horizont.

Hari´s Frage beim Abschied: was macht eigentlich so ein Windpilot? Haben wir unkonventionell beantwortet: keine Ahnung, aber Abhi kann damit auf See ruhig schlafen.

Hamburg 07.05.2023
Peter Foerthmann