Don´s Pyrrussieg

DON´S PYRRHUSSIEG – ODER EINE LEHRSTUNDE?
400 Meter vor dem Ziel ist der Wind eingeschlafen. Vollständig. Wäre es nicht eine schöne Geste gewesen, Jeremy nach 277 Tagen auf See, zu erlösen, anstatt ihm, mit leerem Magen und unendlicher Sehnsucht nach Essen, Schlafen und einer warmen Dusche, die Tür vor der Nase zuzuschlagen und ihn für weitere 6 Std rückwärts treibend, sich selbst zu überlassen? Immerhin hat dieser sympathische Hero zuvor wochenlang, von den Azoren kommend, mit gebrochenem Vorstag mühsam gegen widrige Winde die Biscaya aufkreuzen müssen, wobei der Proviant zur Neige gegangen und Wasser nur noch mit der Handpumpe zu erzeugen gewesen ist. Es hat den Anschein, als wenn dem Veranstalter eine vermeintliche Konformität zu von ihm selbstverfassten Rules of Race, wichtiger gewesen ist! So empfand ich Don McIntyre´s spätere Frage an Jeremy als Chuzpe, wie er sich denn gefühlt habe, das Ziel vor Augen, nochmals stundenlang rückwärts zu treiben? Die Antwort zeigt unnachahmliche Containance, als Jeremy trocken vermerkte, dass Meditation geholfen habe, diese Situation zu ertragen. Eine Szene, die mich ins Herz getroffen hat! Kann es sein, dass dem Veranstalter Drama einzig wichtig ist, statt eine menschliche Geste und Größe zu erweisen, auf die vermutlich nicht nur ich gewartet habe? Für mich eine Frage von Respekt. Vermutlich hat der Veranstalter dies einfach nicht erkannt! Oder wollte er das nicht?
Freitag 09.06.2023 am späten Nachmittag, wurde die Oleanna nach 277 Tagen auf See, endlich eingeschleppt, die Molen leer, das Willkommen in der Marina spärlich, nur ca 50 Menschen hatten sich auf den Stegen eingefunden. Erleichterung und Freude stand dennoch in Jeremy´s Gesicht geschrieben, der Wunsch nach Dusche, Schlaf und Ruhe übergross, hier ist ein Segler angekommen, der mit sich und der Welt erkennbar in Einklang steht, gleichwohl vermutlich nun ein wenig Zeit benötigt, um sich an das Kontrastprogramm an Land wieder zu gewöhnen. Ob er es wohl vermisst hat? Ich glaube das eher nicht, denn er hat im Verlauf vieler harter Prüfungen unterwegs, niemals seinen Humor verloren, gezeigt, dass die See offenbar zu seinem natürlichen Habitat geworden ist.
Jeremy, enorm schlank geworden, hat mit leiser Stimme, stereotype Fragen des Veranstalters authentisch und gleichbleibend höflich beantwortet. Ganz Jeremy eben! Oder welche Antwort hätte Don wohl erwartet, auf die unsensible Frage, welche Meinung man über das GGR wohl habe? Hier stand der Segler im Mittelpunkt, keinesfalls der Veranstalter. Das Interview währte nur kurz, Aida hat die Stimmung in 71 Fotos festgehalten.

Auch für mich geht eine Zeit der Anspannung zu Ende, obgleich im GGR 2022 lediglich zwei Schiffe mit meinen Windpilot Systemen am Start gewesen sind, deren Skipper ich seit Jahren kenne, mir also sicher sein konnte, dass die unschönen Ereignisse der GGR 2018 sich nicht wiederholten.

Der Veranstalter Don McIntyre allerdings, ist sich treu geblieben und ich will hier versuchen, einige Zusammenhänge zu verdeutlichen, die mir im Verlauf zweier GGR aufgefallen sind. Natürlich gilt mein vornehmliches Interesse den Heckverzierungen der Schiffe, weil sie Dreh- und Angelpunkt dieser Veranstaltungen sind, die ohne sie gar nicht durchführbar gewesen wären. Don McIntyre hat dies selbstverständlich ebenso erkannt. Seine frühe Entscheidung allerdings, diese Zusammenhänge zu eigenem Vorteil zu nutzen und zu monetarisieren, habe ich als einen Konstruktionsfehler der GGR bezeichnet, der seit der Stunde Null der GGR 2018 und 2022 wie Mehltau über der Veranstaltung liegt, dessen Folgen – Konsequenzen wäre die bessere Vokabel! – die Matadore zu tragen hatten und haben, nachdem sie zugestanden haben, dass dies offenbar die Referenz an den Veranstalter ist, die man, selbst wider besseren Wissens, zu leisten habe, um überhaupt teilzunehmen. Ein Roter Faden im GGR, dessen Folgen diesem Blog nun die Überschrift verleihen: DON´S PYRRHUSSIEG. Oder vielleicht ja doch eine Lehrstunde?

METARMORPHOSE VON GGR YACHTEN
Dies ist sinnbildlich am deutlichsten daran zu erkennen, wenn man die Metamorphose einiger Schiffe vergleichend betrachtet, die nicht nur den Eigner sowie Namen, sondern auch die Windsteuersysteme gewechselt haben:
Asteria und Puffin sind im GGR 2018 mit einer Windpilot Anlage im Ziel angekommen. Beide Schiffe wurden von ihren neuen Eignern für die GGR 2022 vermutlich „Don konform?“ mit einer Hydrovane Anlage ausgerüstet. Asteria ist gesunken und Puffin aufgegeben worden

Vice versa haben Bayanat und Olleanna mit einer Windpilot Anlage das Ziel im GGR 2022 erreicht, nachdem sie bei ihren Voreignern mit anderen Systemen die Reise infolge Bruchs an der WSA haben abbrechen müssen. Für PRB, Philippe Péché und Olleanna, Are Wiig war die Reise in Kapstadt zu ende. Es birgt nicht nur Petitesse, dass diese vier Schiffe allesamt mit Windpilot das Ziel erreichen konnten. Die Nuri von Michael Guggenberger hat das Ziel mit der Hydrovane unversehrt erreicht, sie hatte im GGR 2018 als Métier Maritim von Antoine Cousot allerdings keinen Ausfall mit der Windpilot zu verzeichnen.

Die besonderen Umstände der Verluste von Asteria und Puffin, stehen in meinem Fokus, weil beide ursächlich durch die Besonderheiten von Hilfsrudersystemen ein Licht auf die Thematik der Sicherheit der Matadore werfen, und für mich Anlass zur Sorge geben.

Die Zusammenfassung meiner Erkenntnisse aus dem GGR 2018 sind in meinem Buch Windvane Report niederschrieben, das sich mit den Besonderheiten aller am Markt angebotener Systeme beschäftigt, insbesondere der Thematik von seitlichem und lateralem Überlastungsschutz bei Schwerwetter inkl. Kenterung, Durchkenterung oder Überkopfgehen adressiert. Kurz zusammengefasst, wurde der Nachweis erbracht, dass meine Windpilot Pacific durch einen besonders grossen Schwenkradius ( ca 270 Grad ) vermutlich den besten Überlastungs Schutz in extremen Situationen bietet. Es hat in beiden Rennen keinen substanziellen Bruch an Windpilot Systemen gegeben, keines der an Bord befindlichen Ersatzsysteme wurde eingesetzt.
Dies zu vermerken, sollte erlaubt sein, zumal nun deutlich geworden ist, dass der Nachweis gelungen scheint, die Technik traditioneller Pendelrudersysteme zu verbessern. Nach 39 Jahren der Produktion der Pacific Serien ( 1984 – 2023 ) sowie vielen tausend Systemen auf allen Weltmeeren, ein Sachstand, der mir Freude macht, und Stolz im Beipack hat. Wurde ja auch mal Zeit! Ein Kollateraleffekt des GGR?

SCHWERWETTER UND JORDANS DROGUE SYSTEM ( JSD )
Hat es im GGR 2018 nur einen verheerenden Vorfall eines fatalen Zusammenwirkens der Nutzung eines JSD in Verbindung mit einer Monitor Anlage – sowie finalem Verlust des Schiffes von Susie Goodall gegeben, war im GGR 2022 die Hydrovane auf der Puffin zweimal in derartige Interaktionen verwickelt, was zunächst einen Reparaturstop in Patagonien erforderlich machte, und am Ende die Aufgabe des Schiffes im Südatlantik zur Folge hatte. Es stellt sich die Frage, ob diese besorgniserregenden Ereignisse den Veranstalter für zukünftige Veranstaltungen, Konsequenzen ziehen lassen? Oder wird er, wie bisher, die Verantwortung für Verhaltensszenarien bei Sturmtaktiken, wiederum den Seglern überlassen?

WORUM ES GEHT?
Die Verwendung eines JSD Seeankers kann heute als Stand der Technik angesehen werden, weil nach seinem Ausbringen das Heck des Schiffes zuverlässig gegen Wind und Seegang ausgerichtet und gehalten wird – was gleichbedeutend mit zuverlässiger Verringerung der Angriffsfläche gegen konfuse brechende Seen ist und der Crew ein wenig Ruhe bringt. Seine Verwendung in Verbindung mit einer Windsteueranlage allerdings, birgt erhebliche Gefahren, wenn das Ruder der WSA nicht vor dem Ausbringen des JSD aus dem Wasser zu bringen ist. Eine zwingend erforderlich Massnahme, will man Vorfälle wie auf der Puffin vermeiden.

Dazu ein Bericht von Susanne Huber-Curphey, die +300.000 sm mit der SV Nehai gesegelt und ultimative Stürme dank JSD bestanden und überlebt hat. Ihre Erkenntnisse haben Eintrag in der neuesten Ausgabe des Klassikers Heavy Weather Sailing / Adlard Coles gefunden.

JSD – VERWENDUNG BEI DEN SYSTEMTYPEN
Der Einsatz eines JSD bei einem Hilfsrudersystem ( Hydrovane, Windpilot Pacific Plus ) bedeutet zusätzliche Gefahren für die Sicherheit des Schiffes, weil das JSD System bei plötzlich hartem Einrucken das Ruder der WSA abreissen und / oder beschädigen kann, wie auf der Puffin vor Kap Hoorn geschehen.

Der Einsatz eines JSD bei Pendelrudersystemen ist möglich, wenn das Pendelruder vor dem Ausbringen des JSD deaktiviert, demontiert bzw. aus dem Wasser gebracht wird:
– Aries, durch Aushängen und nach achtern wegnehmen, selbst unter Last
– Monitor durch Auslösen der Verriegelung am Ruderschaft, wobei das Ruder anschliessend weiter verwundbar bleibt, weil es nicht komplett abzunehmen ist ( Susie Goodall im GGR 2018 )
– Windpilot Pacific, durch Auslösen der Klemmung am Ruder, welches sodann nach achtern aufschwimmt, und hernach seitlich in Lift-Up in Sicherheit geschwenkt wird, d.h. aus der Gefahrenzone zwischen dem Hahnepot, der an beiden Seiten des Spiegels solide verankert ist.

Dazu ein Aufsatz von Mark van den Weg, SV Jonathan, der die Thematik von Sturmtaktiken rundum adressiert und mit geringem Aufwand seine Pacific JSD-sicher nachgerüstet und verbessert hat:

Hi Peter,
Some thoughts on the choice of windsteering systems

If your boat needs an extra rudder to steer the boat there can be several considerations that don’t make sense.
• There is something wrong with the steering system on the boat.
• You are driving the boat way harder then the designer intended.
• Since Abilash came in as a close second it makes clear that a Windpilot Pacific is a very capable system even if you are racing.
I find it very weird that when you prepare for the GGR and you intend to use a Jordan Series drogue and a Hydrovane that you do not make any arrangements so that the line for the drogue cannot get entangled with the Hydrovane rudder. It would be very difficult to do so with a Hydrovane and it would create another weak point in the system. Even if you could swing up the Hydrovane rudder the drogue can still do considerable damage to the system and it’s transom supports. Ian Herbert of Puffin did not want to deploy the drogue when the weather deteriorated because he knew by experience that it would snap off the rudder of the Hydrovane as happened to him just before reaching Cape Horn. With an Aries and a Windpilot you can swing up the pendulum and thus reduce the risk of damage  to the system almost to zero. Now it might be difficult to lift the pendulum on a Windpilot when the boat has some speed. Therefore we installed the quick release as in the picture we send you earlier. It is much the same as a quick release for a wheel on a bicycle. The one we installed we found online and is made from stainless steel. I drilled a 6 mm hole in the handle and there is a small line going to the push-pit. If I want to release the pendulum we just have to pull the line. ( If it is hard to release, with the windvane I swing the pendulum up. Then put the little line around a cleat and swing the pendulum back again and the quick release will open). The pendulum rudder swings up backwards and then it’s easy to lift it out of the water and harms have gone away. (We also use it when kelp gets stuck on the pendulum)
The KISS principle should be very high on the list of any GGR participant. A Hydrovane has many fiddly parts and is not easy to work on. Partly because the housing restricts access and at sea it would be easy to loose parts over the side. The winner of the GGR had a complete second system on board. Simon Curwen would easily have won the GGR if he had not just taking the spare parts kit but a complete second system. Not something you would do when you go cruising.

On our boat Jonathan we recently finished our Southern Ocean circumnavigation although we took our time to visit many beautiful and remote locations we more or less sailed the same waters as the GGR. We did not need any repairs to the Windpilot all those miles. Now maybe a few simple bush bearings could be replaced and that’s it. On our Koopmans 48 we have a drag link steering system and we can release the wheel in the cockpit. On the aft deck there is a little helm for the Windpilot that would also serve as an emergency tiller. This tiller is also connected to the rudder by a drag link. We do not have the chain plates bolted on the hull like you see often for the use of a Jordan Series drogue. We have oversized clamps welded and bolted to the heavy aluminum toe rail. But in all our sailing we only used them to try out the Jordan’s Series drogue. So far we never really needed the drogue, the Windpilot did the job, no matter which or what.

Cheers Mark, SV Jonathan

WARUM WIESO WESHALB?
Es mag ungewöhnlich erscheinen, wenn auf dem Blog eines Anbieters von Windsteuersystemen (WSA) hier eine Untersuchung über die Sicherheitslage und Nutzung derartiger Systeme im GGR zu lesen ist, gleichwohl gibt es dafür gewichtige Gründe:
– Eine vorzugsweise sachliche Untersuchung der Schadensfälle rund um die im GGR eingesetzten WSA ist beim Veranstalter nur unzureichend nachzulesen. Vermutlich ein zu sensibles Unterfangen? Oder hat dies eine Erklärung in einer wechselseitigen Geschäftsbeziehung mit einem Sponsor, dessen Interessen zu schützen sind? Ein Makel, den ich bereits früh aufgezeigt habe, dessen unbequeme Folgen nun offenbar geworden sind.

– Eine sachliche Untersuchung allerdings erscheint wichtig und zielführend für alle zukünftigen GGR Teilnehmer, um ihr erklärtes Verlangen nach grösstmöglicher Sicherheit auf See zu befrieden bzw. zu bedienen. Welches Sinn etwa machte es, wenn der Veranstalter angesichts kritischer Fragen stets und gerne auf die Eigenverantwortung der Matadore verweist, anstatt solide Informationen zusammen zu tragen und seinen Schützlingen zur Verfügung zu stellen? Immerhin geht es hier um Fakten, deren Kenntnis und Sicherheitsrisiken für die GGR Segler von elementarer Wichtigkeit sind. Der von Robin Knox-Johnston verfaßte Bericht über die Sturmhäufigkeit nach dem GGR 2018 befasst sich vergleichsweise wenig mit den Hintergründen.

Der dies hier schreibt, baut seit 47 Jahren sämtliche Systemtypen, darunter viele tausend Hilfsruder- bzw. Doppelrudersysteme. Es ist explizit dies Wissen um die Praxis, das mich bereits vor dem GGR 2018 in aller Deutlichkeit von der Nutzung eines Hilfsruder / oder Doppelrudersystems für das sichere Segeln in den hohen Breitengraden hat abraten lassen. Die Gründe sind elementar, gleichwohl leicht verständlich:
– erforderliche Solidität der Befestigung am Spiegel, um die erheblichen Lasten durch Seegangs Bewegungen in extremen Wetterverhältnissen aufzufangen
– Empfindlichkeit des Ruders gegenüber Treibgut
– die Schwierigkeit, ein Hilfsruder auf offener See zu reparieren, zu ersetzen oder auszutauschen.

Die vom Veranstalter geforderte Ausrüstungspflicht mit einem Notruder, die durch den Einsatz sowie Verwendung eines Hilfsrudersystems der Marke Hydrovane recht einfach zu erfüllen ist, erscheint vor dem Hintergrund von nunmehr zwei GGR Veranstaltungen, risikobehaftet bzw. weniger sinnvoll, weil die Erfahrungen nun nachlesbar und die Schattenseiten vor der Weltöffentlichkeit offen liegen: Ein Alleinstellungsmerkmal, einem Russischen Roulett vergleichbar, das für zukünftige Matadore ggf. Kompromisse für die Sicherheitslage bedeuten kann. Nur eine Randbemerkung, dass ein Notruder angesichts der im GGR verwendeter Schiffstypen, bislang weder notwendig wurde noch sinnvoll erscheint, sondern vermutlich einzig aus Marketing Gründen als erforderlich vorgeschrieben wurde.

REDUNDANZ
Eine zuverlässige Windsteueranlage ist das Rückgrat jeden Einhandseglers, und zeitgleich Achillesferse bei der Teilnahme an einer Retro Veranstaltung wie dem GGR. Wenn Redundanz durch die Rules of Race behindert bzw. der Einsatz eines elektrischen Autopiloten nur unter Strafe möglich ist ( Chichester Class ), gerät dies zum drakonisches Schwert des Veranstalters, das Drama in der Veranstaltung erzeugen kann. Ob dies unter Vorsatz oder gedankenlos so geregelt wurde, vermag ich nicht zu beurteilen. Wenn allerdings bereits der Bruch einer konstruktiven Überlasthülse genuegt, um den Notfall für einen Einhand Segler ( z.B. Are Wiig ) auszulösen, entsteht eine unschöne Situation, die Fragen an den Veranstalter aufwirft. Immerhin wird jeder noch so kleine Störfall an einer WSA zur Bedrohung für die Sicherheit von Schiff und Skipper. Der Gedanke, dass der Veranstalter dies wissentlich akzeptierte – oder gar unter Vorsatz seinem Regelwerk implementiert hat? – erzeugt bei mir Gänsehaut, weil dies den Sinn einer deartigen Veranstaltung – eigentlich! – konterkarierte.

Im GGR 2018 sind die Grenzen der Einsatzmöglichkeiten aller WSA deutlich geworden: dem Überlastungsschutz

Vielleicht könnte man dem Veranstalter zugute halten, dass er die vielen technischen Optionen von Störfällen im GGR 2018 selbst noch nicht hat kennen können! Die Kenntnislage beim Start der GGR 2022 allerdings, war eine andere, denn Untersuchungen über sämtliche Störfälle waren nun vorhanden, Ergebnisse nachlesbar. Leider hat der Veranstalter kaum Schlüsse gezogen. Dies ist zu bedauern, denn der Verlauf der GGR 2022 zeigt in aller Deutlichkeit einen Pyrrussieg, den der Veranstalter nun errungen hat. Zwar waren 12 Schiffe mit einer Hydrovane ausgerüstet, aber die Anzahl eklatanter Störfälle ist signifikant. Ob nun ein Umdenken erfolgen wird? Es hat den Anschein, dass der Veranstalter sich für eine andere Vorgehensweise entschieden hat, indem er vermutlich die Verantwortlichkeit an Bruch und Störfällen anders zuordnet:
– den Matadoren ( Damien Guillot )
– einer Kollision ( Tapio Lehtinen )
– einer Eigenverantwortung ( Ian Herbert-Jones )
Immerhin hatte die grosse Anzahl von Systemen den Vorteil, dass nun – einem Feldtest vergleichbar – Details vergleichbar werden, die eine Untersuchung möglich und sinnvoll machten. Vielleicht gar eine Lehrstunde für Veranstalter und Hersteller, wenn man dies positiv verstünde? Die kritischen Bauteile jedenfalls sind nun offenkundig. Allen voran das sogenannte „H-bracket“ welches Bestandteil fast sämtlicher Installationen von Hydrovane Systemen an GGR Schiffen gewesen ist. Vermutlich ist dies Bauteil verantwortlich für
– den Untergang der Asteria
– mangelhafte Solidität der oberen Befestigung auf der Matmut von Jean Luc van den Heede
– mangelhafte Solidität der oberen Befestigung
am Heck der Clara von Simon Curwhen

Kirsten Neuschäfer hat die Schwachstelle „H-bracket“ früh erkannt und bemerkenswert entschärft, indem sie den Beschlag dicht über der Wasserlinie in einen SS Beschlag integriert, verbunden hat. Mein besonderes Kompliment gilt dieser Seglerin für ihre Umsicht, die auch den sensiblen Umgang mit der Technik an Bord inkludiert, wie ein Podcast aufschlussreich vermittelt.

Der Kommentar meines Freundes Mike Smith Australien zu Kirsten´s Leistung ist bemerkenswert:

Kirsten, an excellent seaman, no doubt attended to the Hydrovane every day. Lady skippers generally tend to pay attention to trim, preferring a lighter helm and less muscle. I expect the Hydrovane did not work too hard on Minnehaha.

Auch den „Shear-pins“ kommt besondere Bedeutung zu, weil vorzeitiger Verschleiss oder gar Bruch zum Verlust des Hilfsruder führen kann. Dies zu verhindern, haben einige Matadore das Hilfsruder mit einer zusätzlichen Leine „tight“ vertikal fixiert, damit es nicht in die Tiefen des Oceans entschwinden kann, falls der shear-pin den Dienst quittiert. Man wusste sich zu helfen!


WINDPILOT INTERNA
Diese Untersuchung wäre unvollständig, wenn ich nicht über Vorfälle und Gegebenheiten mit meinen eigenen Produkten berichtete. Immerhin waren einige Berichte auf der FB Seite des Veranstalters und in der Internationalen Presseberichterstattung zu lesen, die Probleme bei Abhilash mit seinem Windpilot System zum Inhalt hatten. Die besondere Verbundenheit des Veranstalters mit dem Hersteller der Hydrovane Systeme, macht eine sachliche Berichterstattung für den Mann vermutlich kompliziert. Die Auswirkungen auf den Inhalt von Pressemitteilungen allerdings sind vielfach reproduziert und nachlesbar. Es liegt in der Besonderheit gegenseitigen Umgangs, dass Presse News vom GGR Veranstalter verfasst, sodann rund um den Globus mit copy und paste den Lesern als Augenfutter unterbreitet werden. So kann es dann nicht verwundern, wenn technische Ungenauigkeiten, ob gewollt oder zufällig, von Lesern aufgesogen werden, die inhaltlich einer Überprüfung nicht standhalten würden. Für Journalisten eine stete Gratwanderung, weil statt eigener kosten intensiver Recherche, mundgerecht vorbereitete News samt wundervoller Fotos dazu verleiten, Presse News zum Füllen einer eigenen Webpräsenz / oder Hochglanzmagazine zu verwenden, ganz ohne dafür großen Aufwand zu generieren.

Es gibt kaum ein wirkungsvolleres Mittel, über eine besondere Art der Berichterstattung subjektiven Empfindungen über ein Produkt, Flügel zu verpassen, dies verbal zu desavouieren. Wenn z.B. in Presse Mitteilungen von Abhilash´s Problemen mit seiner Windpilot Anlage die Rede ist, diese Message sodann in vielen internationalen Online Medien repetiert wird, entsteht Schaden an der Reputation einer Marke. Wenn zudem dann von den hier beteiligten News Verfassern sowie Verteilern, ob gewollt oder unabsichtlich, keinerlei Aufklärung über Ursachen, Folgen oder gar Faktenlage erfolgt, verfestigt sich ein unschöner Eindruck beim Leser. Wenn allerdings in einem Zeitalter, in dem ein jeder über die Wichtigkeit einer Google Suche sowie deren Rating Klarheit besitzt, die Marke Windpilot immer wieder fehlerhaft als „Wind Pilot“ repetiert wird, darf man wohl Vorsatz annehmen. So vermeldet Yachting Monthly vielfach Online und in Print, die Marke als „Wind Pilot“, wie erst kürzlich bei Abhilash´s Zieldurchgang:

Across the Indian Ocean, Abhilash Tomy remained in third place, but began experiencing problems with his Wind Pilot self-steering system, replacing for blade in the servo rudder

Es sei erlaubt, dies als Guerilla Taktik zu bezeichnen, um einen unliebsamen Marktteilnehmer zu desavouieren und / oder ihm Schaden zuzufügen? Ob dies Verhalten allerdings angesichts einer überaus informierten Leserschaft klug ist, wage ich zu bezweifeln. Der Kollateralschaden derartiger Ungenauigkeiten sollte vermutlich nicht unterschätzt werden.

Jedenfalls sind die Folgen unpräziser News Meldungen deutlich. So erhalte ich von Urmimala ( Abhilash´s Ehefrau ) Mails, in denen Sie Ihre Sorgen ausdrückt

„Peter, I am so anxious, can he fix it or is all over?“

Peter Mott fragte mich, ob man denn nicht ein System namens „Southern“ produzieren sollte, weil er der Meinung sei, dass:

We live in a world where branding is king. A product named Southern with messaging around it being purpose built for the rigours of the southern ocean should get some traction.

Also: War war geschehen?
Abhilash hat versucht, seinem Schiff das Fliegen beizubringen, ganz ohne Foils. Durchschnittsgeschwindigkeiten im Bereich von 6,8 kn, Etmale im Bereich von 180 sm lassen erkennen, welch enormer Druck auf der Pinne – und Abhilash! – gelastet, zumal die Segelfläche gross gewesen sein muss, selbst in Schwerwetter. Immerhin wurden bei diesem Parforceritt Richtung Cap Hoorn, drei Ruderblätter und einige Windfahnen seiner Pacific „zersegelt“.
Die Anlage allerdings hat´s ausgehalten, als Ruderblatt wurde fortan der Schaft eines Fortress Ankers verwendet, womit Abhilash 10.000 sm bis ins Ziel gesegelt ist. Man muss sich zu helfen wissen!

Eine andere Begebenheit soll hier nicht verschwiegen werden:
Wenige Tage nach dem Kauf der ex PRB von Philippe Péché hat Abhilash seinen Neuerwerb gemeinsam mit Dick Koopmans bei schönstem Wetter im März 2022 nach Den Oever überführt. Unterwegs muss dabei der Gedanke entstanden sein, die Bayanat mit zwei Pacific Systemen „hintereinander“ auszurüsten, „just in case“. Mein Entsetzen war gross, als ich, in Den Oever angekommen, das Ergebnis dieser „Idee“ vorgefunden habe:
eine Doppelhalterung am Schiff, bei der zwei Pacific Systeme im Abstand von 3 cm (!) hintereinander installiert werden sollten, um im Ernstfall wechselweise eines der System einzusetzen zu können. Ich habe die Risiken verdeutlicht und wurde Ernst genommen, der hintere Teil des Montageflansches wurde sodann abgeflext. Ich kann nur wünschen, dass Dick Koopmans mir meinen rigiden Entschluss zwischenzeitlich nachgesehen hat, denn er zeigte sich anfangs ein wenig unzufrieden.
Auch die in Den Oever ausgedachte Leinenführung über Rohrverlängerungen nach achtern, erwiesen sich als instabil, sie wurden nach mehrfachem Bruch nicht weiter verwendet, die Leinen über die Crossbar bzw. direkt zum Heck arrangiert.

Die unbenutzte Reserveanlage von Abhilash jedenfalls wurde wenige Tage nach dem Zieldurchgang in Hamburg angeliefert

Abhilash´s Kommentar vom 02.Mai 2023:

Hello Peter 

I couldn’t have finished GGR without windpilot. 
So a big thank you

Abhilash

Jeremy´s Kommentar vom 12.Juni 2023:

Hi Peter
Overall, I thoroughly enjoyed the circumnavigation and especially as I had such a capable helm driving my boat perfectly, 24 hours a day!

Your Windpilot Pacific is an incredible piece of equipment. The only damage I suffered to it was two snapped plywood vanes, both taken out by exceptionally large waves boarding from behind. But with plenty of spares, I was always back at full operating level within minutes.

All the very best,
Jeremy

STATISTIK DER WINDSTEUERSYSTEME IM GGR
GGR 2018 – Systeme am Start
2 Aries,
3 Beaufort
7 Hydrovane
3 Monitor
5 Windpilot

Im Ziel angekommen
1. Jean-Luc van den Heede, Hydrovane
2. Mark Slats, Aries
3. Uku Randmaa, Hydrovane, Monitor
4. Istvan Kopar, Windpilot
5. Tapio Lehtinen, Windpilot

Störfälle oder Aufgabe
Nabil Amra, Beaufort, Bruch der WSA
Francesco Cappelletti, Beaufort, Bruch der WSA
Philippe Péché, Beaufort, Bruch der WSA
Are Wiig, Monitor, mehrfacher Bruch Überlastungsschutz, Kenterung
Susie Goodall, Monitor, mehrfacher Bruch Überlastungsschutz, Interaktion zwischen JSD und WSA, Überkopf Kenterung, Aufgabe des Schiffes.

Windpilot Systeme ohne Bruch oder dadurch verursachte Verluste
Abhilash Tomy, mehrere Kenterungen, Verlust beider Masten, Untergang
Istvan Kopar, zwölf Stürme >50kn, drei Kenterungen Ankunft im Ziel als 4.
Tapio Lehtinen, Ankunft im Ziel als 5.
Antoine Cousot, Abbruch in Rio de Janeiro aus persönlichen Gründen
Igor Zaretskiy, Abbruch in Freemantle Au aus gesundheitlichen Gründen
Alle Windpilot Segler waren mit einem kompletten System zur Redundanz ausgerüstet – sie blieben sämtlich unbenutzt.

GGR 2022 – Systeme am Start
2 Aries
12 Hydrovane
2 Windpilot

Im Ziel angekommen
1. Kirsten Neuschafer, Hydrovane
2. Abhilash Tomy, Windpilot
3. Michael Guggenberger, Hydrovane
Simon Curwhen, Hydrovane Chichester Class
Jeremy Bagshaw, Windpilot Chichester Class

Störfälle oder Aufgabe
Damien Guillou, Hydrovane mehrfacher Ruderbruch, Aufgabe
Ian Herbert-Jones, Hydrovane, Ruderbruch durch Interaktion JSD WSA, Durchkenterung, Aufgabe
Tapio Lehtinen, Hydrovane, Untergang des Schiffes
Pat Lawless, Aries Lagerschaden, Aufgabe
Simon Curwhen, Hydrovane, Bruch des Windfahnensupports, Zieldurchgang in Chichester Class

Windpilot Systeme ohne Bruch oder dadurch verursachte Verluste

Schiffswechsel – Systemwechsel 2018 – 2022
PRB, Phillipe Péché, Beaufort = Bayanat, Abhilash Tomy, Windpilot
Métier Intérim, Antoine Cousot, Windpilot = Nuri, Michael Guggenberger, Hydrovane
Olleanna, Are Wiig, Monitor = Olleanna, Jeremy Bagshaw, Windpilot
Puffin, Istvan Kopar, Windpilot = Puffin, Ian Herbert-Jones, Hydrovane
Asteria, Tapio Lehtinen, Windpilot =A steria, Tapio Lehtinen, Hydrovane

ZAHLENSPIELE
Ohne hier statistische Purzelbäume zu schlagen, oder übermütig die Bodenhaftung zu verlieren, gefällt mir das folgende Zahlenspiel am besten:

Am Start beider GGR waren ca 20% aller Schiffe mit Windpilot Steuersklaven ausgerüstet, 7 von 34 Schiffen.

Am Ziel der beiden Rennen hat sich dies Verhältnis auf 40% gesteigert: 4 von 10 Schiffen.

Oder ist so ein Zahlenspiel schon Haarspalterei?
Mir huscht jedenfalls ein Grinsen über das Gesicht.
Haben Sie es gesehen?

Fragt
Peter Foerthmann
Hamburg 14.06.2023

3 Antworten zu Don´s Pyrrussieg

  1. Thomas SV Carmina sagt:

    Der erste Teil dieses Blogs ist für mich massgeben. „Big Don“ ist eine Charakterruine. Deine Worte in aller Schärfe sind nicht nur vollkommen richtig, sondern sie decken auch auf unter welchen Intentionen diese miserable Show durchgezogen wird.

    Die anderen Teile kann man in anderen Bereichen dieses Blogs und in Deinen Bücher aufnehmen.

  2. Oliver Schönrock sagt:

    Herrliche Zusammenfassung.

    Besonders dieses fordert das Publikum zum Nachdenken auf:

    „Beide Schiffe wurden von ihren neuen Eignern für die GGR 2022 vermutlich „Don konform?“ mit einer Hydrovane Anlage ausgerüstet. Asteria ist gesunken, Puffin aufgegeben worden. „

  3. Abhilash Tomy sagt:

    Hello Peter,
    I won’t say I have a lot of experience with mechanical self-steering but having sailed 40,000 miles with the Winpilot, I say I am quite impressed with its performance. During the last GGR, any other self-steering could have caused me to retire. It was thanks to Windpilot that I made it to the finish.
    If you look at the failures in my Windpilot, you will notice that while the attachments failed, the main unit remained intact. These attachments, like the vane and rudder blade, are easily replaceable – it did not take me more than 5 mins to replace them even in very bad sea conditions. I did run out of spares probably because I did not cater enough for the length of the voyage. The damage to the rudder blades could be because the Windpilot was installed too low, or maybe because I was driving the boat too hard.
    In short, I am in awe of Windpilot and it would be my only recommendation. If I had to do a GGR again, I won’t do it without a Windpilot.

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