MENSCH UND MASCHINE
Wer ist der Mac, wer hat gesteuert?
wer ist der Sklave?
oder war es etwa der Osterhase?
Je länger eine Reise dauert,
je weniger Crew an Bord
desto klarer das Wort:
Der Einhand Skipper kann´s jedenfalls nicht gewesen sein,
auch wenn er am Ende für jeden sichtbar
stolz am Ruder steht und wilde Abenteuer rezitiert,
dass er nämlich tag und nacht von Hand gesteuert habe.
Für Solo Segler liegen die Fakten fix
denn ohne Heckverzierung
geht nix.
Die ersten zwei GGR Heroen sind nun in LSO eingetroffen, drei weitere Sieger sind noch unterwegs. Nach dem Faktencheck zur Halbzeit in Hobart haben sich Erkenntnisse saldiert. Mein Fokus wie stets … nun, ich brauche das hier nicht zu wiederholen.
Wir haben strahlende Augen gesehen, voller Lebensfreude und Energie, Adrenalin, das aus allen Poren spritzt. Es macht Freude, Menschen dabei zuzusehen, was 210 Tage Alleinsein aus ihnen gemacht, wie sie gestärkt und ein wenig wankend, Fuss zu fassen suchen und nun Landleben tanken. Fast könnte man meinen, dass Jean-Luc und Mark nach einem kurzen Snack bereit wären, zur Weiterreise … okay joking! Schlank und rank sind beide und auch ihre Sprache haben sie nicht verlernt.
Ganz anders bei den Heck Maschinen, die erkennbar ganz andere Geschichte erzählen, weil man sehen kann, welch Strapazen sie zu meistern hatten. Erkennbar nämlich haben beide Steuersklaven, die Aries von Mark und die Hydrovane von Jean-Luc, eine Wellness Kur verdient, denn rein optisch werden sie scheinbar nur noch durch Leinen und Sperrholz in Gnaden zusammen gehalten. Immerhin, sie sind angekommen, das alleine zählt! Sie haben ihren Job getan, vermutlich ganz ohne ein böses Wort ihrer beider Herren, denen sie die Sklavenarbeit am Ruder fast in toto abgenommen haben. Die Geschichten darüber werden wir sicher bald zu hören bekommen.
Faktenergänzung zum Windvane striptease
Die Aries von Mark hätte vermutlich durchaus auf See verloren gehen können, wenn der aufmerksame Skipper nicht rechtzeitig eingegriffen hätte. In einer schlauen Aktion hatte Mark unter Aufopferung Bord eigener Möbelteile, etlicher Schrauben sowie ganzer Kartuschen Sikaflex seinem tapferen Steuermann ein Stützkorsett verpasst, das immerhin bis zum rettenden Hafen gehalten hat.
Die Hydrovane von Jean Luc wurde mit Leinen und Laschings am Leben und arbeitsfähig erhalten, derweil sie ansonsten vermutlich den Dienst nicht bis zum Hafen durchgehalten hätte. Aus einer Botschaft des Skippers ist bekannt, dass er Monate zuvor im Atlantik, nach Bruch des Scherbolzens, der das Ruderblatt am Schaft fixiert, vermutlich sein Hilfsruder hätte verlieren können, wenn er nicht enorm schlau Vorkehrungen getroffen hätte, damit genau dies Drama nicht passiert. Jean-Luc hatte eine Sicherungsleine derart kurz geschoren, dass das Ruder keine Chance hatte, nach unten ins tiefe Blau zu verschwinden. Sogar ein Minischlauchboot hatte der weise Schlaukopf an Bord, um einen neuen Scherbolzen einzusetzen, weil man anders diesen Platz dicht über der Wasserlinie nicht von Deck hätte erreichen können. Die Sicherungsleine ist noch heute deutlich zu erkennen.
Der Anblick etlicher Taljereeps am oberen Ende des Systems lässt die Vermutung aufkommen, dass an der Anlage erhebliche Vibrationen stattgefunden haben müssen. Und wir wissen alle, dass Vibrationen für jedes Material der Anfang vom Ende sein können – dem Bruch.
Bei Marc und Jean-Luc sind Mensch und Maschine zu einer Einheit geworden, weil sie stillschweigend – und ohne gross zu jammern ! – auf einander acht gegeben haben und notwendige Massnahmen sowie Reparaturen vorgenommen haben. Wenn Mark im Podcast von seiner Aries Reparatur auf See berichtet, erfolgte dies sachlich und ganz ohne Vorwurf oder Entschuldigung irgendeiner Art. Bei Jean-Luc konnte man erst am Ziel sehen, dass auch er hatte weitere „Massnahmen ergreifen müssen um sich Steuerfreiheit zu erhalten.
Für einen Hersteller von Windsteuersystemen sind diese beiden Athleten der Traum schlechthin, weil hier erkennbar geworden ist, dass die Segler ihren Anteil am Gelingen einer fruchtbaren Kooperation stillschweigend und ohne grosses Aufsehen erfüllt haben. Eine Zusammenarbeit in gegenseitigem Respekt für ein gemeinsames Ziel: Ankommen ohne Sklavenarbeit an der Pinne.
Fast könnte ich darüber neidisch werden, weil mir eine Zusammenarbeit idealerweise genau so vor Augen schwebt. Dies umso mehr, angesichts einer Erfahrung der ganz anderen Art, bei der ich – bzw. eines meiner Steuerkinder – sogar für den Bruch einer falsch gewählten Radsteueranlage verantwortlich gehalten werde. Wahrscheinlich allerdings sollte ich froh sein, dass mir nicht auch noch das schlechte Trinkwasser zur Last … oder von achtern in die Schuhe geschoben wird.
I live and learn – nicht immer gern!
Peter Foerthmann 04.02.2019
„…ohne gross zu jammern…“ Der Adressat lässt sich da ja vermuten ;o)
Aber schöne Zusammenfassung, gut und sachlich beschrieben! Es zeigt sich auch aus der Schilderung von Tomy Abhilash, dass das einzige Stück seiner Ausrüstung, welches die verschiedenen Knock-downs unbeschadet „überlebt hat“ ausgerechnet sein Windfahnensteuerung war.
Auch die Aries von Wilfried hat mehrere harte Schläge unversehrt überdauert. – Wie sagt man doch im Volksmund so schön?: Die Spreu trennt sich eben vom Weizen“ oder andersrum, „wenn es genügend lange regnet, werden alle nass“.