An dieser Stelle werden besondere Menschen vorgestellt, Segler, die ihre Meinung äussern, die das Spektrum dieses Blogs ein wenig erweitern und dazu beitragen, dass es hier noch lebendiger wird.
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Salü Peter
Nächsten Frühling kannst du sicher ein Windpilot zu Eeuwe nach Makkum schicken. Versprochen!
Auch wenn die dort nicht auf eine BEST* irgend was geht, sondern auf etwas Kleineres, bei dem wir die Marke unsichtbar gemacht haben. Seitdem fühlen wir uns besser.
Letzten Winter mussten wir bei Kooi das ganze Deck neu machen lassen, Die süddeutschen Malergesellen hatten wohl keine Erfahrung mit Alubooten. Das haben wir zu spät entdeckt. Aber nun sind wir schlau und freuen uns, dass wir bei Fachleuten sind.
Lieber Gruss Hansueli
Hallo Peter,
wir haben immer wieder mit Interesse Deine Seite gelesen. Muss man sich da irgenwie anmelden und wenn ja, wie, wo? Wir sind zur Zeit in Australien und wollen unser Schiff zum Verkauf anbieten, weil der Zahn der Zeit auch schon etwas an uns nagt. Wie wir gelesen haben hast Du ja auch eine Seite für Schiffsverkäufe. Wie sind denn die Modalitäten dafür?
Wir würden uns freuen von Dir zu hören.
Viele Grüße Heinz
Einmal Azoren einfach… bitte!
Ja, das war/ist mein Wunsch und Ziel.
Einfach?
Im doppelten Sinn gemeint. Einerseits ohne ‚Rückfahrt-Ticket‘, anderseits bitte ohne Probleme! Nun dazu später mehr, erstmals Zug um Zug vom Anfang an.
Die Azoren; was wissen wir Kontinental-Europäer denn davon? Eigentlich nicht viel, ausser, dass in den Wetterprognosen immer vom Azoren-Hoch oder -Tiefs berichtet wird. Dass es eine Insel-Gruppe, beinahe in der Mitte des Nordatlantiks ist mag bereits schon für viele der ausschliessliche Informationsstand sein. – Für mich, bis vor Kurzen, war es auch nicht anders.
Ein alter Segler-Kumpel mit Name Michael machte mich auf diese Lokalitäten aufmerksam. Er ist von Düsseldorf hierher gezogen und lebt seit 2 Jahren, quietsch-fidel hier.
Also begann ich zu recherchieren, vorzüglich natürlich in Youtube. Da präsentierte sich mir ein Fundus von Impressionen und ich begann zu begreifen, dass dies ein ganz besonderer Flecken, vulkanischen Ursprungs, auf dieser Erde ist.
So reifte zügig in mir der Wunsch hier eine längere Zeit zu verbringen. Als Live-a-Board mit meinem Schiff. Die privaten Ereignisse und Visionen ermöglichten und entwickelten mehr und mehr diesen Plan.
Eigentlich wollte ich diese Reise von gut 1800 Meilen alleine bestreiten. Aber Sascha, mein Sohn, der mir bei den Vorbereitungen tatkräftig und sehr kompetent zu Hilfe kam, meinte, dass ich das nicht alleine riskieren sollte und er mit fahren würde. Natürlich eine tolle Überraschung und sie sollte sich später als sehr gute, wertvolle Entscheidung heraus stellen.
Also der Reihe nach:
Am 18.7. verliessen wir meinen Aufenthaltsort Zwartsluis, wo ich ca. 8 Jahre gelebt und mich gut integriert hatte; Ziel Azoren.
Schon kurz nach dem Ablegen stellte sich heraus, dass die Reffleine 2 (zur Reduktion der Segelfläche) um ca. 4 m zu kurz installiert wurde (hätte ich vorher kontrollieren sollen). Also Zwischenhalt in Enkhuizen um eine längere Leine zu beschaffen.
Die Wetterprognosen waren durchzogen. Alle Quellen meldeten mässigen Wind und teilweise aus ‚der falschen Richtung‘. Trotzdem waren wir zuversichtlich, dass Aiolos sich uns noch günstig gesinnt bekennen könnte.
Übers Ijsselmeer nach Norden um in Del Helder in die Nordsee zu fahren war die Strategie. Gut gewählt. Nur ohne Wind. Also mussten wir unter Motor fahren. Diesel hatten wir genug und mit einer Reichweite von gut 800 Meilen genügend Streckenreserven.
Na ja…. der Wind wollte und wollte sich nicht bequemen. Arsch flach lag die Nordsee vor dem Bug. Erster Zwischenhalt war Calais. Nach ein paar Tagen erreichten wird diesen Hafen auch, mitten in der Nacht. Ein tückische Einfahrt zum Jachthafen wurde durch eine Drehbrücke gewährt. Via Funk meldete Port-Control, dass diese genau 03:08 h gedreht würde. Hallo? In Frankreich eine solche Zeitangabe, wo doch mal eine Viertelstunde zu früh oder zu spät Kultur ist? Wir machten im Dunkel an einer kleinen Boje fest und warteten ab. Genau zur Zeit öffnete sich die Brücke und wir fanden einen guten Liegeplatz.
Etwas kochen, schlafen und uns für 2 bis 3 Tage Aufenthalt vorbereiten war die Devise.
Calais ist eine sehr schöne Stadt. Natürlich der Ausgangshafen für den intensiven Fährenverkehr nach Dover. – Endlich mal wieder feine Baguettes, französische Käse, gute Weine und – für die Bordapotheke – eine Flasche Calvados waren schnell gefunden. Genuss pur.
Nächster Zwischenhalt war Cherbourg. Wiederum alleine unter Motor. Wind wurde zum Fremdwort. Die Nachtfahrten waren aber auch toll, nur das der Motorlärm und die Arbeit des Autopiloten eine störende Geräuschkulisse bildeten. Traumhafte Sternenhimmel, keine einzige störende Lichtimmission und Sonnenunter- und -aufgänge wie aus dem Bilderbuch. Für mich wie Sascha war es die erste Durchfahrt durch den ‚Ärmelkanal‘ und anfänglich hatte ich grossen Respekt davor. Intensive Cargo-, Fähren- und Fischerbootsverkehr wurden immer wieder erwähnt. Starke Strömungen aus alle paar Stunden wechselnder Richtung sollten uns Mühe und vorwärts kommen bereiten.
Ja, das stimmte, aber der starke Motor liess sich davon nicht gross beeindrucken. Er surrte, knurrte und schluckte stündlich seine 2,3 Liter Saft. Von NL bis Cherbourg motorten wir insgesamt rund 100 Stunden. Zwischen durch konnten wir mit max. 8 – 12 Knoten Wind auch mal ein paar Stunden segeln, aber kaum hatten wir uns darauf gefreut, ging der Wind wieder schlafen. Mühsam, denn durch die fehlende Stabilisierungswirkung der Segel rollte das Schiff in der Dünung hin und her. Kochen? Ja klar, aber einfach war das nicht und wir entwickelten langsam akrobatische Fähigkeiten, um trotzdem ein volles Menü auf den schwankenden Tisch zu kriegen.
Die Ankunft in Cherbourg erfolgte Abends und rund 18 h lag das Schiff still. Diese Stadt sollte der Ausgangspunkt für die direkte Ansteuerung der Azoren sein. Die Planung ergab, dass wir ca. 1200 Meilen vor uns hatten. In einem weiten Bogen westlich der ‚berüchtigten Biskaya‘ und dem dichten Schiffsverkehr dort ausweichend, wollten wir dann nach ca. 200 Meilen den direkten Kurs von 245 Grad ansteuern.
Anfänglich schwach und dann später immer stärker gesellte sich nun auch der Wind dazu. Teilweise mussten wir Gross-Segel wie auch die Genua 1 bis auf die Hälfte reffen. Windspitzen über teilweise 28-30 Knoten bescherten uns eine Rauschfahrt und Carmina zeigte uns, was in ihr steckt. Hochsee-Segeln wie man es sich wünscht, einfach herrlich. Unter klarem Sternenhimmel, beleuchtet durch einen zunehmenden Mond, glitzerte und schäumte das verdrängte Wasser am Boot vorbei. Fluoreszierendes Plankton glitzert grün, wie Leuchtkäferchen. Einmalige Stimmungen und der Wachhabende konnte sich daran kaum sattsehen. Wie schon Tausende Blauwasser-Segler vor uns berichteten boten auch uns die Clowns der Meere ein eindrückliches Gastspiel. Delfine! Sie spielten mit der Carmina, legten sich übermütig zur Seite und beobachteten uns sicher genau. Sie begleiteten uns längere Zeit. Unglaublich schöne und elegante Tiere und nicht zu vergleichen mit den armen Gesellen in den Aquarien.
Carmina ist ein echt schnelles, komfortabel segelndes Schiff was uns ein grosses Vertrauen in ihre Fähigkeiten aufkommen liess. – Was ich bei der Wahl dieses Schiffes erwartete wurde mehr als nur positiv bestätigt. Einige ärgerliche technische Fehlleistungen der Ausrüster mal weg gesehen. Am 4 Tag, mitten in der Nacht ging der Wind wieder schlafen. Wie auf Knopfdruck! Und wir befanden uns ca. 200 Meilen nordwestlich der spanischen Küstenecke vor Galizien.
Also Motor an und wir dachten, dass wir dieses Flautenloch vielleicht in einem Tag unter Maschinenkraft überbrücken konnten, so wie es die Wetterprognosen andeuteten. Hätte, wäre etc. – Aber diesmal schlug uns unser treuer Begleiter Murphy die Planung brutal zusammen. Motor stellte urplötzlich einfach ab.
Schon vor der Abreise hatten wir alles minutiöse kontrolliert. Ein Mechaniker wechselte noch vor der Abfahrt kritische Teile aus, neu Diesel- und Ölfilter und den Tank hatte ich 10 Monate vorher noch gereinigt und auch visuell kontrolliert, damit ja kein Schmutz und uns behinderlich sein konnte. Alles gemacht…. und trotzdem keine Maschinenkraft.
Das Schiff rollte in der starken Dünung hin und her… 15 Grad auf jede Seite und dies im 3 Sekunden-Takt. – Trotzdem mussten wir die Störung herausfinden. Maschinenraum auf, Stirnlampe an und dann begann die Arbeit. Sehr mühsam. Mit einer Hand musste man sich abstützen, festhalten und die Andere war für das Arbeiten verfügbar. Wir kontrollierten alle 3 Dieselfilter, keine sichtbar Verschmutzung! Trotzdem wechselten wir diese aus. Schwerstarbeit! Das ganze System entlüften und dann wieder einen Startversuch. Nichts, keine Chance, der Motor wollte einfach nicht. Der Dieseltank war proppenvoll, also auch da kein Hinweis.
Nach vielen Stunden gaben wir auf. Hier auf der Hochsee liess sich die Ursache nicht finden.
Glücklicherweise stellte sich dann ein paar Stunden der Wind wieder ein. Aus der genau richtigen Richtung und wir entschieden A Coruna, am spanischen Festland, anzulaufen. Ziemlich genau Ostkurs und ca. 200 Meilen. Also gut und gerne 2 Nächte und Tage lagen vor uns. Carmina rauschte unter Vollzeugs voran. Sascha und ich waren hundemüde, zahlreiche Flecken an Hüften, Armen, Oberschenkel und ein kleine Schramme am Kopf mussten vergessen bleiben. Vorwärts kommen war die Devise.
Unterdessen hörte ich am späten Nachmittag am Funk eine ‚Mayday-Meldung‘ von einem anderen Segelschiff, welches in echter Not war. Es lief mir kalt den Rücken runter. Dieses Schiff befand sich keine 10 Meilen von uns entfernt. Bald erschien ein Helikopter am Himmel und über Funk hörte ich, dass die Rettungsaktion anlief und der Seenot-Kreuzer in ein paar Stunden am Ort sei. Bei anbrechendem Tageslicht konnten wir die Havaristen mit dem Fernglas sehen. Erneut kam der Heli und die 2 köpfige Besatzung wurde mit der Seilwinde abgeborgen. Ein kleineres SARS Hilfsboot nahm die Yacht in Schlepp und dieser Konvoi machte sich ebenfalls auf den Weg nach A Coruna. Beeindruckt von dieser professionellen Leistung der Spanier folgten wir unserem Kurs, überglücklich, dass wir nur eine Motorhavarie hatten und uns nicht in echter Gefahr befanden. Aber nachdenklich macht das schon.
Am späten Mittag meldeten wir unsere Ankunft über Funk und erfragten allfällige Assistenz beim Anlegen, natürlich unter Segeln. Die Einfahrt stellte sich etwas kritisch dar, aber der Wind kam aus der guten Richtung und liess stark nach. Was Schiffsbeherrschung bedeutete konnten Sascha und ich nun unter Beweis stellen. Dann ist Koordination, intuitives und richtiges Handeln gefragt, denn bei einem Fehler kriegt man keine 2 Chance. Es gelang perfekt, der Hafenmitarbeiter war beeindruckt und konnte nur noch die Leine annehmen und vor seinen Füssen festmachen. Gut gemacht Crew!
Trotz extremem Schlafmangel, geschundenen Muskeln kochte ich noch ein volles Menü, den beinahe 3 Tage lang konnten wir nicht richtig essen. Zuerst aber noch einen kräftigen Schluck aus der Whisky Flasche zur Entspannung und Belohnung. Duschen, die salzgetränkte Kleidung wechseln und ab in die Koje. Noch im Schlaf rollten wir hin und her, obwohl das Schiff total ruhig im sicheren Hafen festgemacht war. Das Gleichgewichtsorgan stellt sich eben etwas langsamer wieder auf normale Bewegungen ein.
Der Hafen A Coruna ‚Marina Royal‘ ist absolut top. Vom Personal über die Sanitärräume, die Stege, alles vom Feinsten. Die administrative Abwicklung war leicht gemacht und freundlichste Unterstützung wurde uns beinahe aufgedrängt. Am dritten Tag kam der Mechaniker an Bord. Nach einer halben Stunde war die Ursache gefunden und der Motor schnurrte wieder wie gewohnt. Am Ansaugrohr direkt im Tank befand sich eine Verstopfung, schwarzer Schlick wie ein aufgelöster Kaugummi verschloss die Dieselzufuhr. Ok, wiederum Teflon-Reste wie schon gehabt? Arbeitsweise eines früheren Eingriffs durch einen ’sog. Schrauber‘ der nicht weiss, dass Teflon und Diesel sich niemals vertragen? Selbst vulkanisierende Gummibänder lösen sich im Diesel zu einer klebrigen Masse auf.
Also warteten wir nun das geeignete Wetterfenster ab für die 854 Meilen Diretissima.
Um 11 h am 26.7. liefen wir unter besten Prognosen aus. Wir rechneten mit 6 Nächten und rund 7 Tage. Und tatsächlich schon der Start verlief wie gewünscht. Die lange Ausfahrt aus der Bucht noch unter Motor, der zuverlässig unten schnurrte, kamen wir mehr und mehr voran und der Wind stellte sich ein. Zuerst mässig, dann immer regelmässiger und mit gewünschten 15 Knoten.
Ein Starkwindfeld von ca. 400 Meilen Breite lief entlang der spanisch, portugiesischen Küste und dem wollten wir ausweichen, weil Wellen bis zu 6 Meter angekündigt waren. Also zurück zum Wendepunkt wo wir Tage zuvor schon mal waren. Aber ca. 2 Tage erhielten wir doch eine Geschmacksprobe vom angekündigten Starkwind. Wellenberge um 3 Meter rollten achterlich heran.
Immer im letzten und richtigen Moment hob Carmina ihren Hintern an und unter starkem Rauschen und Spritzen surften wir die Wellentäler runter. Einfach herrlich, einfach geil, wie Sascha meinte.
Nach dem dritten Tag draussen mässigte sich der Wind und wir erlebten herrlich Segeltage und -nächte, weit draussen auf dem Nordatlantik. Über uns ein Sternenhimmel in voller Pracht, die grossen Masten in den Himmel ragend, die weissen Sebeln bildeten einen herrlichen Kontrast. Sternschnuppen jagten, eine wie die Andere, über den dunklen Himmel und um dem ganzen noch eine besondere Note zu geben ging der Mond im Osten, ständig zunehmen, auf. Wie ist diese, von menschlichen Einflüssen ungestörte Natur einfach überwältigend schön. Und wie klein sind wir überheblichen, oft eingebildeten Menschen eigentlich. – Im Maritimen Museum in Cherbourg lernten wir, dass sich in einem einzigen Kubik Meter Meerwasser mehr organische Lebewesen befindet als die Menschheit aktuell auf dieser Erde zählt! Und was wissen wir eigentlich über das Leben im Meer, dass unter unserem Schiffsboden 4-6000 Meter tief war? Nichts… absolut Nichts!
Am Morgen nach der 6 Nachtwache guckte ich routinemässig aus der Lucke um zu kontrollieren ob uns Fischerboote und -netze in die Quere kommen könnten. Denn auf Grund der perfekten Navigation von Sascha wusste ich, dass wir nur noch ca. 20 Meilen vor San Miguel, der ersten Insel in der Azorengruppe lagen und die unser Ziel war. Plötzlich schimmerte eine fade Lichterkette am Horizont auf. Land? Runter an den Navigationstisch um in der Karte zu prüfen, ob das wirklich die ersten Landzeichen waren. Ja… Land in Sicht!
Überwältigt von diesem Gefühl liess ich Sascha noch etwas schlafen und genoss einmal erst, ganz egoistisch, diesen Moment. Ein tiefempfundenes Glücksgefühl schnürte mir etwas die Kehle zu. Magisch. Es taucht, wie gezaubert, einfach eine vulkanische Insel-Gruppe aus dem Nichts auf, mitten im Nordatlantik!
Etwa später weckte ich Sascha und er wankte schlaftrunken an Deck und realisierte mehr und mehr, was da vor unserem Bug lag. ‚Give my five‘ Sascha, tolle Seemannschaft, tolles Teamwork und das auch unter schwierigen Bedingungen, ohne jemals schlechte Stimmung. So muss es sein. Auch wenn es für den Papa nicht immer einfach war, dass Sascha eben nicht mehr das ‚Kind‘ war, sondern eine selbst denkende und handelnde Persönlichkeit. Und er hat seine Fähigkeiten in allen Disziplinen einer Hochseefahrt bestens unter Beweis gestellt, obwohl es für ihn die erste derartige Reise war.
Dann, keine 25 Meilen vor dem Ziel wollte uns Murphy nochmals in die Klauen nehmen. So einfach wollte er uns nicht davon kommen lassen. Er stellte erst mal einfach den Wind wieder ab. Innert Minuten; Knopf auf Aus. Wir versuchten aus den letzten Hauchs von Wind noch etwas Höhe zu gewinnen. Chancenlos und die Strömung trieb uns wieder rückwärts Richtung Festland. NEIN, dorthin wollten wir nun definitiv nicht!
Also Motor an um die letzten 5 Stunden noch zu schaffen und um vor Dunkelheit den sicheren Hafen zu erreichen.
Denkste! Murphy hatte noch EINEN auf Reserve, nämlich wieder dieselbe Story, keine Dieselzufuhr.
Herrgott nochmal. Was soll das?
Ich hatte inzwischen Handykontakt mit dem Festland und mein alter Kumpel Michael beratschlagte mit uns die Möglichkeiten. Erstmals den Hafen Porto Delgado vergessen. Auf halber Strecke befand sich ein kleinerer, nämlich ‚Porto Vila Franca do Campo‘. Aber es war bereits Dunkel, ohne Wind, so mussten wir irgendwie den Motor wieder zum Laufen bringen. Michael hatte die goldene Idee (fast gleichzeitig mit Sascha), dass wir versuchen sollten den Diesel aus einen Kanister und nicht mehr aus dem Haupttank zu ziehen. Gut gesagt, aber das war nicht so einfach. Wie von guten Geistern empfohlen hatte ich noch ein 150 cm langer, neuer Dieselschlauch in Reserve. Sascha bastelt inzwischen im Motorraum ein Provisorium mit einem 6 Liter Gefäss.
Diesmal lag das Schiff wenigstens relativ ruhig im Wasser und nach einer guten Stunde, die ersten Startversuche, nochmals alle Leitungen und Einspritzdüsen entlüften und… siehe da, der Kerl schnurrte wieder vertraut und zuverlässig. Also, nichts wie los und die letzten 15 Meilen, respektive gute 2 Stunden direkt auf Porto Vila Franca zu.
Die Einfahrt war echt schmal, wir hätten diese unter Segeln und im Dunkeln nie geschafft und dann einn Schwenker nach Steuerbord fanden wir einen Ponton an dem wir längsseits anlegen konnten. Durch unsere Geräusche erwachte ein anderer Skipper aus dem mitternächtlichen Schlaf und stand zum Empfang der Leinen bereits da. Super!
Wir hatten nicht nur Murphy geschlagen und uns von ihm nicht unterkriegen lassen. Wir haben auch sehr viel erfahren. Wir haben viel gelernt, über uns selbst, über Zielstrebigkeit, Biss- und Durchhaltevermögen und dass es immer für jedes Problem eine Lösung gibt. Und natürlich, dass gute Seemannschaft ein totales Zusammenspiel einer Crew ausmacht. Das funktioniert aber nur, wenn auch etwa gleicher Wissensstand und physische, wie mentale Energie von Beiden zur Seite steht.
PS: Wir gebrauchen das Wort ‚Erfahrungen‘ so oft, ohne die hintergründige Bedeutung zu erfragen. – Es kommt von ER-Fahren und von ‚ ist mir WIDER-Fahren‘ dass ergibt in der Summe Erfahrungen. Wahrhaftig, so ist es.
Fortsetzung folgt.