ISLA SAONA – ST. KITTS – SABA
Ende Februar zeigte sich endlich ein Wetterfenster. Nordöstlicher Wind mit anschließender Flaute. Genau was ich brauchte.
Mein Bruder Lukas kam vom Landurlaub zurück und nach einer rolligen Nacht vor der paradiesischen Isla Saona segelten wir Richtung Südosten. Während der ersten Tages hatten wir guten Wind. Mein ingeneursausgebildeter Bruder hatte mich mittlerweile auch gut mit Windpilot Winny vertraut gemacht, sodass alles gut war. Dann folgten zwei Tage unter Motor, entlang der Südküsten von Puerto Rico mit Thunfischfang. In der dritten Nacht war die Flaute komplett , die See war spiegelglatt, die Sterne funkelten mit der Bioluminesenz des Wassers um die Wette.
Gegen 2 Uhr morgens begann ich die Lichter der Antillen am Horizont zu sehen. Ich fühlte mich feierlich und als mit den ersten Rosa und Rottönen des Morgens die Silhouette der Vulkanberge von Saba, St Kitts aus dem Ozean sichtbar wurden hatte ich einen persönlichen Glücks- und Dankbarkeitsmoment. Ich konnte es kaum fassen, dass ich es wirklich fast geschafft hatte. Die Feier der Stunde war komplett als eine Delfinmama mit Baby zur Begleitung vorbeikam um das Morgenrotskonzert zu begleiten. Ich war überwältigt!! Am späten Nachmittag ankerten wir vor Basseterre und nach schwankendem Einchecken, sprühte ich über vor Glück das mit kalten Bieren mit Lukas gefeiert wurde. Ich konnte es wirklich nicht fassen, dass wir es geschafft hatten. All die harten Stunden auf See, all die Zweifel, die Angst, die Unsicherheit….
Ich fand St Kitts toll. Lukas und ich bestiegen den höchsten Berg, ich genoss das Karibikfeeling der Insel und mein Freund Ed aus Belize kam nach einigen Tagen eingeflogen. Zu dritt machten wir uns auf den Weg nach Dominica. Wir hattten viel Tolles über die „Nature Island“ gehört und Ed hatte 15 Jahre früher hier auf seinem ersten Segelboot gelebt und noch viele Freunde vor Ort. Die Überfahrt hatte auch wieder einige tricky Momente, aber mit zwei Crew und der Aussicht nicht mehr viel weiter östlich zu müssen, war ich deutlich entspannter. In Dominica wurden wir von Eds Eltern, die aus Frankreich hier Urlaub machten, empfangen und begannen instantly die Insel zu genießen. Alles war toll.
Wir hörten über diese seltsame Virusgeschichte, aber keiner von uns machte sich weitere Gedanken über den „Medienhype“. Dann kam die Nachricht von Lisa, dass in Deutschland die Schulen schließen – und wir begannen unsere Stirne zu runzeln. Trotzdem machte es für uns keinen Sinn panisch die Insel zu verlassen. Eds Eltern flogen zurück nach Deutschland, aber wir entschieden, dass wir ganz klar in Dominica bleiben wollen und verlängerten unser Visum für drei Monate – ohne zu ahnen, dass wir tatsächlich so lange bleiben würden. Dann kam lockdown. Echt ein beknacktes Gefühl sich nicht mehr frei bewegen zu können.
Wir hatten es trotzdem gut. Ich hatte Alani im Süden der Portsmouth bay geankert, weit entfernt von der Cruiser Gemeinschaft im Norden der Bucht. Wir waren alleine, es gab einen großen leeren Strand, keiner überwachte meine heimlichen morgendlichen Spaziergänge mit Maya. Wir freundeten uns mit den Besitzern der einzigen Bar/Restaurant an und mieteten eine kleine Cabana für Lukas, trotz großer Geschwisterliebe wird es irgendwann eng auf einem kleinen Holzboot. Ed wohnte hauptsächlich bei Freunden und ich pendelte zwischen Boot und Freunden hin und her.
Als die Regeln endlich etwas gelockert wurden, machten wir Ausflüge zu Wasserfällen, wanderten auf hohe Berge, besuchten heiße Quellen und schnorchelten nach Lionfish. Langsam schlich sich jedoch die Hurricane saison näher und ich brauchte einen Plan.
In Dominica gab es keinen geschützen Ort für Alani und ich hatte sowieso wieder Ameisen im Hintern. Wollte nen Ort zum länger bleiben, ne Aufgabe, nen Job, wieder Geld verdienen und natürlich vor Allem einen sicheren ort für mein Boot! Im Mai verkündete Grenada, dass es seine Grenzen für schutzsuchende Boote öffnen würde, vorausgesetzt diese hielten sich an viele Regeln, füllten viele Papiere aus und blieben zwei Wochen in Quarantäne an Bord. Ich registrierte mich und bekam einen Platz für den 10.-12- Juni Ankunft in Grenada.
Lukas wollte ich Dominica bleiben, er hatte mit freediven angefangen und ein verstecktes Talent entdeckt, Freunde gefunden und fühlte sich wohl. Ed wollte mit mir kommen, ich jedoch wollte Unabhängigkeit, einen solo Neuanfang und meine Freiheit. Der Abschied von Dominica, all den Freunden und wunderbaren Orten war schwer. Trotzdem freute ich mich auf ein neues Kapitel und einen Hurricane- sichereren Ort.
Dies sollte meine längste solo-passage alleine werden. 230 Meilen, ich rechnete mit ca. 48 Stunden. Lukas erklärte mir nochmal, was ich tun musste um Winny glücklich und steuernd zu machen, ich küsste alle vielmals und machte mich mit Maya auf den Weg. Wetter war ideal vorgergesagt (ich find e10-12 Knoten Ostwind sehr ideal) und ich hatte keine Angst, keine Zweifel, keine Unsicherheit. Diese Überfahrt würde gut werden, warum auch immer ich das wusste. Und sie war es. Es war eine Überfahrt aus dem Bilderbuch. Perfekte Wetterbedingungen, keine squalls, picturesque Inseln auf dem Weg, wenig swell, ein paar Motorpassagen hinter den Inseln, aber ganz viel tolle 6,5 Knoten unstressiges relaxtes segeln unter vollem Segel oder einem kleinen Reff im Großsegel.
Die Sonnenuntergänge waren majestätisch, die Sterne funkelten, der Mond ging gegen 10 auf und brachte Licht. Am ersten MOrgen hatte ich einen überwältigten Dankbarkeitsemotionsmoment. Ich lachte und weinte in den Sonnenaufgang, tanzte im Cockpit zur Musik, und dankte dem Universum mit allem was ich hatte für diese unglaublich wunderbare Überfahrt. Ich wusste, ich hatte gelernt, ich hatte Selbstvertrauen gewonnen, ich kannte mein Boot nun, ich wusste sie war solide, ich wusste, ich war solide und bekam nun das Geschenk dieser perfekten Konditionen. Wow. Life is beautiful.
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TRINIDAD – KUBA – DOM.REP.
Nach vier wunderbar erholsamen Tagen mit Lisa und der weiteren zugereisten Freundin Angela, machte sich Lisa zurück auf den Weg nach Deutschland und Angela und ich segelten 25 Meilen nach Trinidad. Auf dem Weg dorthin riss der Wind den jib sheet turning block aus dem Holz, der mit zu kurzen Schrauben befestigt war um dem Druck standzuhalten. Angela würde am nächsten Tag abreisen und ich die 280 Meilen durch das Archipelago Jardines de la reina bis nach Santiago alleine in Angriff nehmen. Mein Bruder würde mich kurz vor Silvester in Santiago erwarten, ich hatte 13 Tage um die Strecke zu machen.
Ich hatte Angst. Angst zu versagen, Angst vor dem Alleinsein, Angst davor, dass etwas Wichtiges kaputt geht, Angst vor dem Wetter, Angst für zwei Wochen im Niemandsland ohne Kontakt zur Außenwelt unterwegs zu sein. Mit schlotternden Knien umarmte ich Angela zum Abschied und wappnete mich für diese riesige persönliche Herausforderung. Die Jardines de la Reina sind eine unbwohnte und kaum besegelte Gruppe von Riff, Mangroven und Inseln im Süden von Kuba.
Ich segelte jeden Tag zwischen 10 und 22 Meilen. Es war sehr anstrengend, da ich alles alleine machte. Jeden Abend bereitete ich die Navigation für den nächsten Tag vor. Anker per Hand lichten, Segeln hissen, navigieren, segeln, ankommen, ankern, Dinghy launchen, Maya zum Pinkeln bringen, Essen kochen, Abwasch, Dinghy wieder auf Deck…. Am zweiten Tag traf ich einen Fischkutter und wurde von den wunderbar netten Fischern zum Abendessen eingeladen.
Sie ließen mir am nächsten Tag noch Conch, Fisch, Gurken und Eis da. DAs war mein einziger menschlicher Kontakt innerhalb der 13 Tage. Für das letzte Stück um Cabo Cruz herum bekam ich zu Weihnachten ein ideales Wetterfenster geschenkt und segelte 36 Stunden ohne Schlaf, mit manueller Steuerung (da ich Winny nicht dazu bekam dorthin zu steuern wo ich wollte) durch eine dunkle, schauklige rauhe heilige Nacht. Als die Sonne aufging udn ich endlich um Cabo Cruz war weinte ich fast vor Erleichterung. Die Ankunft in kubanischer Zivilisation war wunderbar – ich gebeutelt von Emotionen und alleinige Erfahrungen im siebten Himmel über das all-inclusive Buffet des geschmacklosen Hotels.
Mein Bruder und ich verbrachten Neujahr in Santiago und setzten dann Segel richtung Ile-a-vache Haiti. Mein Bruder ist ein unerfahrener Segler mit ungebremst positiver Einstellung und ruhigem Gemüt. Auch während der Überfahrt nach Haiti mussten wir wieder einige harte Stunden durchstehen. Maya war am vorltezten Tag in Santiago sterilisiert worden und ich litt mit meiner armen Hündin und machte mir Vorwürfe ihr all das anzutun. Der vorhergesagt Northerly kam etwas früher rein als gedacht und die letzten 9 Meilen NE zur Ile-a-Vache mussten aufs Härteste erkämpft werden. Meine Frustration erreichte mal wieder einen Höhepunkt, ich schämte mich mit doppelt gerefftem Großsegel und Vollgas gegen die Wellen zu „segeln“.
Wir verbrachten drei Wochen auf Ile-a-vache mit sehr intensiven Begegnungen, Gesprächen, Gedanken. Armut ist hart. Rassismus ist hart. Trotzdem war da so viel Schönheit! Darf man das? Schönheit in Armut sehen? Wie kann ich mich dort so verhalten, dass es nachhaltig Sinn macht? Geben oder nicht-geben? Schenken oder tauschen? Was kaufen und was nicht kaufen? Wem helfen und wem nicht?
Dann ging es weiter in die Dominikanische Republik. Nach einer Nacht an einem wunderschönen verlassenen Sandstrand mit klarstem Wasser und Korallen, SEGELTEN wir um Cabo Beata herum. Ja richtig, wir segelten, Winny steuerte und es war das erste Mal so, wie die Segelmagazine das versprechen. Close reach, 12 knots of wind, sternenklare Nacht, die Kapitänin verlängerte ihre Wache um 5 Stunden, da im siebten Himmel.
Dann Dominikanische Republik. Yay, ein Supermarkt!!! Mit ALLEM was man sich vorstellen kann! Nach Wochen in Kuba und Haiti fühlte ich mich wie ein Kind im Süßwarenladen. Wir genossen die Ruhe und das kühle Bier im verschlafenen Salinas und segelten nach 10 Tagen weiter nach Santo Domingo. Von dort aus brach mein Bruder auf eine Landexkursion auf und ich machte mich nach einer viel zu teuren Nacht in der Marina auf den Weg zum kleinen Rio Cumayasa, eine der wenigen geschützen Ankerplätze im Süden des Landes. Dort konnte ich dann endlich mal durchatmen. Im super geschützten Fluss ankerte ich und fand ein verlassenes Dock auf dem ich mein Morgenyoga machen konnte.
Maya und ich machten lange Spaziergänge, trafen neue Freunde im winzigen Dorf, ich kochte Leckeres, schlief viel und reconnectete mit mir selbst und meinen Freunden. Das letzte leg zu den kleinen Antillen war tricky. Nach langem Hin und Her plante ich, von Isla Saona am südöstlichen Zipfel der DomRep östlich zu segeln/ zu motoren um dann entweder in Saint Martin oder St Kitts anzukommen. Dafür brauchte ich ein SEHR ideales Wetterfenster, das auf sich warten ließ. Also machte ich noch eine Woche „Urlaub“ in Santo Domingo – Alani war sicher im Fluss – und zeigte Maya, wie eine Großstadt so aussieht.
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DIE ERSTEN SCHWIMMENDEN GEHVERSUCHE MIT DER ALANI
12.07.2020 aus Grenada
Lieber Peter,
so, nun endlich!! und mal wieder super verspätet, ein kleiner Bericht von mir.
Aaaalso, ich bin Anfang November in Guatemala losgesegelt mit dem Ziel in die kleinen Antillen zu kommen. Meine gute Freundin Lisa aus Deutschland hat mich begleitet, was mich sehr glücklich gemacht hat. Sie hatte relativ wenig Segelerfahrung, aber ist eine von diesen besonderen Personen, die einfach alles gut können, immer ruhig und zuversichtlich bleiben, gut kochen können und immer ein Lächeln und nen witzigen Spruch auf Lager haben. Wir sind für ein paar Tage in Belize rumgecruist, das war ja mein stomping ground für die letzten vier Jahre während meines Katamaran-Charter Jobs. Dann sind wir von Ambergris Cay für unser erstes crossing in See gestochen mit Kurs richtung Cienfuegos, Kuba. Das war ein sehr ambitionierter Plan, da wir super viel Easting machen hätten müssen gegen die östlichen tradewinds.
Wir hatten zwar ein gutes Wetterfenster mit etwas südlichen Winden, mussten jedoch am Ende des zweiten Tages einsehen, dass wir es nicht nach Cienfuegos schaffen. Die See war rougher als gedacht und meine liebe Alani ist nicht so nah am Wind gesegelt wie ich das gehofft hatte. Den Kurs richtung Isla Mujeres, Mexiko zu ändern war die erste harte Entscheidung für mich als Kapitänin auf meinem Boot. Da Lisa einen Rückflug von Havana nach Deutschland gebucht hatte, hatten wir nur eine gewissen Menge Zeit (räusper, jaja, das ist immer eine ungute Situation beim Segeln) und ich fühlte mich als ob ich als Kapitänin versagte, als wir uns eigestehen mussten, dass wir den Kurs ändern. Zudem war die ganze Situation auf offenem Ozean deutlich härter als ich das in Erinnerung hatte. Die See war hoch, der Wind stark, wir langsam und ich seekrank. Die letzte Nacht vor Ankunft in Isla Mujeres (Nacht 3) war dann nochmal ein crescendo.
Der Wind wurde immer stärker (wir sprechen hier nicht von Starkwinden, es waren wohl um die 20 Knoten, aber so nah am Wind war das für mich als langjährige hinterm-Riff-Seglerin in Belize ganz schon intense), die Wellen waren mittlerweile um die 8-10m hoch, wir hatten das Großsegel doppelt gerefft und ein winziges Stück Fock draußen und trotzdem mit guten 7 Knoten unterwegs. Es war Neumond und f***ing scary. Lisa war cool, meine arme kleine 5 Monate alte Hündin Maya stand unter Druck da sie mit dem angle of heel echt Probleme hatte ihr Geschäft zu machen und die Schaukelei auch nicht toll fand, ich kotzte immer mal wieder über die Reling und als am frühen Morgen endlich Isla Mujeres in Sicht war, war Kapitänin sichtlich erleichtert.
Nach vier tollen entspannten Tagen auf Isla Mujeres kriegten wir direkt ein gutes Wetterfenster. Nahmen das tail end von nem Northerly und segelten durch den Golfstrom richtung Cienfuegos, Kuba. Alle hatten und vor der Passage zwischen Mexiko und Kuba gewarnt, wegen Strömung, großen Wellen, etc. Wir hatten aber einen guten Tag, segelten mit guter Geschwindigkeit und super Kurs durch die geordneten 10m Wellen des Golfstroms, eine Delfinfamilie begleitete uns für eine Weile und am späten Nachmittag erreichten wir die Flaute südlich von Kuba. Eine Nacht und einen Tag schob uns mein guter neuer Betamarine 25 durch die ruhige, teils spiegelglatte See richtung Osten. In der zweiten Nacht kam eine Brise auf, die stetig ihre Richtung änderte. Bevor wir einen nördlichen Kurs Richtung Cienfuegos einschlagen konnten, mussten wir noch die Cayos Guanos del Este clearen.
Gegen 10 kam ein squall, auf den ich zu spät reagierte und dann im böigem Wind das Großsegeln zweimal reffte. Der squall stellte sich als konstante Windänderung heraus, es blies nun 20 Knoten aus NE. Wir waren also wieder nah am Wind und in ordentlicher See unterwegs. Eine schwarze Squallwand hing am Horizont, genau in Richtung unseres Kurses. Ich war erschöpft, löste aber nach einer 20min power nap Lisa am Ruder ab, da das Steuern in der hohen See, die direkt gegen uns kam kein Spaß war. Nach einer weiteren Stunde of beating against wind and seas und der schwarzen Wand, die sich immernoch vor uns aufbaute entschied ich ins heave-to zu gehen, um uns allen eine kurze Pause zu gönnen und zu warten, bis die squallwand sich verzogen hatte. Vier Stunden und sehr wenig Schlaf später war sie immernoch da. Wir nahmen also wieder Kurs auf und kämpften uns nun mit Hilfe des Motors um die Cayos Guanos del Este. Gegen 10 Uhr am Morgen waren wir endlich vorbei, ich war körperlich am Ende vom harten Steuern und mental von der Anstrengung und Härte der See. Nur die frisch gekochte Pasta mit Tomatensoße von Lisa konnte meinen Frustrationstränen ein Ende setzen. So hatte ich mir das Segeln auf meinem eigenen mit harter Arbeit restauriertem Boot echt nicht vorgestellt!
Ich mag Herausforderungen, aber diese ersten beiden Überfahrten hatten mich kontinuierlich an meine Grenzen gebracht und ich fing and ernstlich zu bezweifeln, dass Leben und Segeln auf Alani das war, was ich wollte. Der Wind schwachte ab und die See wurde milder. Am frühen Nachmittag tuckerten wir unter Motor parallel zur kubanischen Küste. 16 Meilen vor Cienfuegos stoppte der Motor. Mir gefror das Blut in den Adern. Das durfte nicht wahr sein. Das durfte durfte nicht war sein. Aber ich wusste genau was los war. Wir hatten keine Diesel mehr. Und keinen extra Kanister dabei. Es war dead calm, wir waren ca. 2 Meilen vom Ufer entfernt, auf das wir nun langsam zudrifteten. Dieser Teil der kubanischen Küsten war gesperrte Zone und es war weit und breit keine Zivilisation in Sicht. Panisch begann ich über Radio nach Hilfe zu rufen. Für 20 lange Minuten bekamen wir keine Antwort und drifteten immer näher richtung Küste. Ich beschwor Lisa alles zu tun, um die kleinste Brise in die Segel zu kriegen, während ich weiter über VHF versuchte jemanden zu erreichen. Endlich bekam ich eine Antwort. Buque tanque Alorca sprach mit mir und versicherte mir, dass er Hilfe rufen würde und ich mir keine Sorgen machen sollte.
Mittlerweile war auch tatsächlich eine kleine Brise aufgekommen und wir begannen ever so slowly mit gutem Kurs richtung Cienfuegos zu segeln. „Buquetan Kelorca“ (so verstand ich seinen Namen über Radio, ein Buquetan müssten ja dann sowas wie ein Capitan sein, dachte ich..) fragte mich regelmäßig alle halbe Stunde nach meiner Position, sprach mir beruhigend zu und versicherte mir, dass die Guardacosta mir Diesel vor den Eingang von Cienfuegos bringen würde. Er war mein rettender Engel!! Gegen 21 Uhr kamen wir vor dem entrance nach Cienfuegos an, von hier mussten wir durch einen Kanal in die Bucht von Cienfuegos. Das ging nicht unter Segel. Es gab nun die Planänderung, dass wir keinen Diesel gebracht bekommen würden, sondern ein Boot uns bis zur Marina ziehen würde. Das waren noch 5 gute Meilen und ich war sehr nervös über ein Abschleppmanöver nachts in einer engen Bucht. Nach Verabschiedung und unendlicher Bedankung bei Buketan Kelorca kam das Boot, ich warf die längsten Leinen die ich hatte hinüber und betete zu allen Göttern, dass die Abschleppung gut gehen würde. Lisa und ich waren beide mit den Nerven am Ende, körperlich und mental erschöpft. Nun schleppten uns die kubanischen Genossen in den Canyon vor Cienfuegos.
Ganz nach kubanischem Stil wurde Musik gespielt und als die beiden männlichen Besatzungsmitglieder des Bootes in schalem Licht zum schmetternden „Guantanamera“ zu tanzen begannen, sah Lisa mich mit ungläubigem Gesichtsausdruck an und meinte, dies wäre die surrealste Situation, in der sie in ihrem Leben gewesen wäre. Ich musste mich noch zwei Stunden zur Wachheit am Steuer zwingen, bis wir am Betondock der Marina ankamen. Der kapitän parkte Alani mit unglaublicher Präzision, ich hatte schon mit einem zwischen großem Boot und Betondock zerquetschten Rumpf gerechnet. Nach einer weiteren Stunde paper work Cuban style konnte wir um 1 uhr morgens endlich in die Kissen sinken. What the fuck??!?!
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20.01.2019
TOUGH – TOUGHER – SARAH
Es begann ganz harmlos im September des vergangenen Jahres:Hallo lieber Peter Förthmann, mein Böötchen ist 36ft length overall, knapp 9ft breit. Sie wurde von Alan Gurney designed und 1961 im Hinrichsen Boatyard in Dänemark fertig gestellt. Leider in den letzten 10-15 Jahren stark vernachlässigt und nun musste ich eine ziemliche Generalrestauration durchführen. Alani liegt im Rio Dulce in Guatemala, noch mast- und motorlos, aber hoffentlich bald gut ausgerüstet für viele kommende Abenteuer. Und – da ich sie auch alleine segeln werde, brauche ich dringend einen Windpiloten. Mein großes Idol Nike Steiger hat das Modell Pacific von euch, welches ich auch für Alani als passend erachten würde, was meinen Sie?
Harmlos, weil es sich, wie beim Murmeltier, um die immer gleiche Frage einer Heckverzierung dreht, die den Spiegel ziert, hinter dem sich ein ganzes Schiff versteckt, dessen Skipperin mit geschlossenen Augen segeln will, damit sie die grausame See nicht dauerhaft anzusehen hat. Soweit so einfach – keine Wolken an der Beratungsfront.
Was mich however dann doch zutiefst erschütterte, war die ungeheure Tragweite der Entscheidung einer jungen Dame, einem betagten Holzschiff bei sengender Hitze unter Urwaldsonne, zu einem Zweiten Leben zu verhelfen – besser, die diese Herausforderung mit allen Höhen und Tiefen bereits durchlebt und schon Licht am Ende des Tunnels sehen kann. Immerhin habe ich in meinem Leben schon zu viele Schiffe am Ende ihres Lebenstage gesehen, bei denen Aufwand, Kosten einer Totalüberholung in aberwitzigem Mistverhältnis zum Wert der Yacht gestanden haben, weshalb ich sie stets frech als zum „Osterfeuer“ geeignet, apostrophierte.
Die Alani schwimmt bereits und erfreut ihre Eignerin durch wundervolle Linien. Donnerwetter, schlaue Ratschläge waren also völlig unnötig, offene Bewunderung und Respekt war angebracht.
Ein Holzschiff Revival unter Tropensonne mitten im Urwald – fernab von Beschaffung und Versorgung, in einem Land, bei dem sogar UPS graue Haare bekommt, und sich jede Transportleistung in Gold aufwiegen lässt.
Meine Neugierde war aufgewacht, ich wollte ein wenig mehr erfahren. Es sollte sich lohnen. Hier ist die Geschichte einer jungen Frau, die ihr Leben sprichwörtlich in die eigenen Hände genommen hat, der ihr Frohsinn ins Gesicht geschrieben steht.
Sarah ( 29 ) hatte mit 25 Jahren in Deutschland ihr Studium der Literatur und Politik abgeschlossen, fühlte Unruhe und Abenteuerlust, wollte keinesfalls in ein bürgerliches Leben hinein versinken, dessen Stationen vorgeprägt hinter jeder Hauswand lauern. Wech … war der Weg! Am liebsten nach Mittelamerika, Surfen, Maya Kulturen erforschen, Menschen kennenlernen, Spanisch verbessern. Für Menschen mit dünnem Budget, sind die Kanaren noch immer ein Geheimtipp, auch wenn die realen Chancen auf eine Mitsegelgelegenheit immer weniger rosig werden. Eine Regel, bei der freche, selbstbewußte hübsche junge Damen, eine Art Wegerecht besitzen, auch wenn sie sich danach ihrer eigenen Haut ggf. wehren müssen, es sei denn: sie wollen das nicht.
Sarah brauchte nicht lange zu warten, bereits nach 14 Tagen hatte sie Platz und Koje in der Crew der 87 ft ARIA gefunden, einer luxuriösen Palmer Johnson Traditionsyacht mit allen bells and whissles. Next port Grenada. Dort angekommen, ergab sich schnell der Wechsel auf die LIZZY BELLE, einer Herreshoff 28, die für 18 Monate ihr neues Zuhause werden sollte. Praktischerweise hatte der Skipper ihr Herz erobern können und so hat sie in der folgenden Zeit hands-on-segeln, maintenance und wood working auf traditionellen Schiffen gelernt. Gemeinsam haben die beiden in Nova Scotia viele Monate verbracht und auf der SORCA, einem 78 ft wooden Schooner ihren Lebensunterhalt verdient.
Das Beziehungsende führte sie zurück in die Heimat, wo umgehend neue Pläne geschmiedet wurden. Es folgten zwei Monate als Deckshand auf der EYE OF THE WIND durch die Karibik und am Ende landete Sarah im Rio Dulce, Guatemala, wo die neuen Eigner der Lizzy Belle bereits auf sie warteten.
Auch ALANI drehte dort träge Runden um den Anker, an Bord ihr Eigner, dem sein Schiff bereits zur Last gefallen schien, denn es war sichtlich in desolatem Zustand, vermutlich der Grund, warum das Schiff zum Verkauf angeboten war. Ob es der Rat der Freunde gewesen ist, oder der unbändige Wunsch, ein eigenes Schiff zu besitzen, obgleich weder genug Geld vorhanden war, noch die Fachkenntnis, um ein Total Refit auf die Beine zu stellen. Es wird wohl am Ende der verlockende Preis gewesen sein, der Sarah zur Unterschrift verleitet hat, ihre Bedenken wurden offenbar sämtlich durch Euphorie sediert. Plötzlich hatte sie ein Schiff, wenngleich keineswegs segelklar, einer verstorbenen Maschine, einem schwimmenden Mikrokosmos dessen feuchtes Überleben durch unzählige Lecks gesichert war. Aber immerhin: ein Schiff!
Das Erwachen kam mit dem Holzhammer: weil Holzbootsbau in Guatemala unbekannt war, wurde das Schiff zunächst nach Belize verholt, wo hölzerne Fischerboote noch heute auf dem Strand repariert und gebaut werden. Dummerweise war der Kiel der Alani für eine Reparatur auf dem Strand recht hinderlich, weshalb sie nach Rio Dulce zurück gesegelt wurde – unter ständigem Lenzen.
Für mich grenzt es an ein Wunder, wenn man bedenkt, welche Arbeit Sarah innerhalb von nur 14 Monaten geleistet hat, denn sie hat ihr Schiff nahezu vollständig entkernt, ganze Planken Gänge und Spanten, sowie das komplette Kockpit, Ruder samt Schaft erneuert und am Ende dem Schiff „ein Hemd aus GFK Matten“ unter Verwendung von Epoxy angezogen, einem Verfahren, das wir an der Norddeutschen Küste früher schon mal als Leichenhemd bezeichneten, jedenfalls wenn man nicht einige recht besondere Spielregeln befolgte. Immerhin, die Alani schwimmt seit Februar 2018, hat eine blitzblanke neue rote Maschine, wartet ungeduldig auf die an Land frischlackierten Möbel, sowie andere Kleinigkeiten und Notwendigkeiten, die in steter Reihenfolge nahezu jeden Tag neu um die Ecke kommen.
Das für diese ungeheure Kraftanstrengung notwendige Kapital verdient Sarah sich als Captain auf Charterschiffen in Belize, auf denen sie regelmäßig Dienst versieht. Wenn Alani dann dereinst segelklar sein wird, hat die innere Stimme von Sarah vermutlich bereits den Kurs vorgegeben: es soll nach Westen gehen. Der Steuersklave ist bereits an Bord, er ist kürzlich über Miami in Guatemala eingetroffen, muss jetzt nur noch am Heck festgeschraubt werden, damit Sarah beim Segeln dann schlafen gehen kann.
Wie es weitergeht, wird hier zu lesen sein … versprochen!
Peter Foerthmann
Wow, was für eine Leistung! Ich bin ziemlich sprachlos… Und was für ein schöner Lebensrhythmus. Ich wünsche immer fair winds und ganz viel Spaß und Glück für die Zukunft.
Es grüßt,
der Christoph
Bewunderung für eine solche Leistung und Einstellung. Da kommt man(n) sich, mit einer etwas besser ausgestatteten Börse, richtig schwach vor. Solche Menschen/Frauen braucht die Welt dringendst. Hofffen wir, dass sich hier eine tolle Lebensstory, die sich erst Mal mit Segelerlebnissen abspielt.
Schön auch von Dir, dass Du solchen Storys immer auch ein Plattform bietest.