INTERNET VERLEIHT FLÜGEL
Das war der Titel für meinen ersten Blog. WordPress war wenige Jahre zuvor aus den Federn gestiegen und ich empfand das Tool als überaus interessant, leicht zu bedienen, alltagstauglich, passend wie ein bequemer Schuh.
Zur Erinnerung: Im Verlauf von 35 Jahren hatten wir bis dato unsere Windpilot Systeme auf 220 Fachmessen weltweit ausgestellt, waren 100 Tage / p.a in Silbervögeln, Reisemobilen und Leihwagen unterwegs, haben Hotelbetten wirklich jeder Konvenienz gestetet und hatten Kosten im Bereich von TEU 120 / p.a. kalkulatorisch in unseren VK Preisen versteckt. Messezeiten waren Gefängniszeiten, in denen Produktion und Familienleben nicht stattgefunden haben. San Francisco, Annapolis, Newport und Toronto mögen wundervolle Reiseziele sein, als Aussteller auf Bootsmessen schrumpfen diese Attraktionen auf eine abendliche Tour mit dem Picnic Boat in der Chesepeake Bay, alternativ einen Snack in Sausalito, bevor man wieder in die Koje gestiegen ist. Next day, same procedure please. 9 / 11 hat dem Messespuk ein Ende bereitet, zunächst in den USA, wenig später auch in Europa. Meine grosse Freiheit habe ich in 2003 rekuperiert, was sprichwörtlich für alle Lebensbereichen gegolten hat, dem privaten eingeschlossen. Die Dinge haben sich wunderbar gefügt. Meine Bonusmeilen habe ich gutgelaunt verfallen lassen, das Fliegen vor sieben Jahren mit Wonne komplett eingestellt.
Die Besucherzahlen auf unserer sechssprachige Website sind vom Start weg rasant gestiegen, verzeichneten schon bald an einem einzigen Tage mehr Besucher, als wir zuvor in einem ganzen Jahr auf sämtlichen Messen weltweit an unserem Stand haben begrüssen können. Das Beste daran: Der Cashflow machte Luftsprünge, unsere Preise wurden darum eingefroren.
Die Zeit wurde reif für den Windpilot Blog, als wichtiges tool zur Beratung und natürlich Meinungsäusserung, denn es war deutlich geworden war, dass eine Zusammenarbeit mit den Medien zunehmend komplizierter wurde, weil die Hürden menschlicher und finanzieller Erwartungen zunehmend nur unter Selbstaufgabe zu erfüllen waren. Ein Blog als Flügel, um eine Meinung um die Welt zu tragen, ganz ohne Banner, Sponsoren oder Partner, die für jeden Flügelschlag eine Gegenleistung erwarten. Die Welt wurde auf links gedreht und in der Folge komplett umgenäht. Nie war es einfacher, Segler im Dialog direkt zu erreichen, ihnen dezidierte Beratung auf den Leib zu schneidern, sie bis in die Tiefen einer komplizierten Materie, bis zur letzten Frage Antworten zu geben. Der Windpilot Blog als Ressource für Heckverzierungen wird heute in der ganzen Welt gelesen.
Schon wenige Monate Blogs später erfolgte Schlag auf Schlag. Nach 25 Jahren der Mitgliedschaft in Trans-Ocean war mir angesichts unhaltbarer Zustände in Cuxhaven im Herbst 2011 der Kragen geplatzt.
Niemand hatte mich gewarnt, in welche Tiefen unschöner menschlicher Verhaltensweisen eines Vereinspopanz ich damals hineingestossen bin. 86 Blogs sowie etliche Gerichtsverfahren später, kann ich dies präzisieren: wer genügend Zeit und Mut aufbringt, kann die kruden Vorgehensweisen von Vereinsführungen nachlesen, die als Menetekel unvergessen bis heute im Raume stehen. Der Exodus unzähliger Vereinsmitglieder hat dem Verein bis heute den wertvollsten Lebenssaft entzogen: seine langjährigsten treuen Mitglieder, die ich auch schon mal als Tafelsilber bezeichnet habe. Over and out.
Dass sich daraus ein Flächenbrand entwickeln konnte, lag an den besonderen Interessenlagen eines Medienunternehmens, das sich, vermutlich zum eigenen Vorteil, hier verstricken wollte. Eine Zusammenfassung wurde erst vor wenigen Monaten niedergeschrieben
Heute bietet der Blog mehr als 2.000 Beiträge, 680 Seiten, beinhaltet eine Vielzahl von Beiträgen von Seglern, die ihre eigenen Erfahrungen niedergeschrieben haben und ist zum wertvollen Fundus für die Belange jener Segler geworden, die segelnd hinter dem Horizont verschwinden wollen. Der Windvane Report wurde bis zum heutigen Tage weit über 100 000 Mal abgerufen, er beinhaltet eine Zusammenfassung über Möglichkeiten und Grenzen der wichtigen Windsteuersysteme im weltweiten Einsatz, als meinen Extrakt aus nahezu einem halben Jahrhundert Erfahrung im Marktbereich von stillen Steuersklaven.
10.09.2020
Peter Foerthmann