WIE DIE GESCHICHTE WEITERGEGANGEN IST
Am 25. Dezember 2021 habe ich in meinem Blog eine Weihnachtsgeschichte über Michael Date veröffentlicht, nachdem er beschlossen hatte, sich von der Anmeldeliste für die GGR 2022 zurückzuziehen. Ein Jahr später hier die Fortsetzung der Geschichte. Der Windpilot Pacific von Michael Date ist zu dem Australier Mike Smith in Glen Oak, New South Wales, übergesprungen, der das System in Kürze in den Neubau einer Eric 32 montieren wird (die Leser werden sich vielleicht daran erinnern, dass Thuriya, das Boot, das der schwer verletzte Abhilash während der GGR 2018 aufgeben musste, nach demselben William Atkins-Design gebaut wurde).
Mike und ich stehen seit 2016 in regelmäßigem Kontakt und tauschen viele E-Mails über technische Details, Fragen der Seemannschaft und Sicherheitsfragen aus, dass ich das Gefühl habe, den Mann inzwischen fast so gut zu kennen wie sein Boot. Die Tatkraft, die Leidenschaft und die Fähigkeiten, die er bei der unermüdlichen Verfolgung eines so weit entfernten Ziels an den Tag gelegt hat, haben mich umgehauen! Was auch immer auf ihn zukam, Mike hat sich einfach geweigert, sich vom Kurs abbringen zu lassen – und seine Familie, die direkt betroffen war und ist, hat ebenso entschlossen zu ihm gehalten.
Sechs Jahre, nachdem das Projekt Pingo Gestalt annahm, ist nun eine wunderschön konstruierte Yacht mit einem makellosen Rumpf entstanden. Die Fotos auf Mikes Website sprechen für sich selbst:
DIE VERKETTUNGEN EINER WEIHNACHTSGESCHICHTE
Auf FB war vor kurzem folgende Meldung von Michael Date zu lesen:
Ehrliche Worte eines Mannes von 61 Jahren, der mitten im Leben steht, der eine Entscheidung mit enormer Tragweite gefällt, denn immerhin hatte der Entschluss zur GGR Teilnahme drei lange Jahre Kraft und Energie gezehrt, zudem die finanzielle Leidensbereitschaft strapaziert, samt weitreichender Folgen für seine Familie mit vier Kindern und Hund. Der Druck muss enorm gewesen sein, Michael hat ihm nachgegeben.Ich habe seit einiger Zeit nichts mehr gepostet, da ich ernsthaft über meine Teilnahme am Golden Globe Race nachgedacht habe. Ich habe beschlossen, mich aus dem Rennen zurückzuziehen. Es war eine der schwersten Entscheidungen, die ich zu treffen hatte, aber ich halte sie für die richtige. Ich habe die Organisatoren von meiner Entscheidung in Kenntnis gesetzt und gebe sie nun öffentlich bekannt. Es gibt drei Hauptgründe für meine Unfähigkeit, gute Entscheidungen zu treffen. Das hat sich gezeigt, als ich vor der Gold Coast gesegelt bin und das Segeln ein echtes Problem war. Meine Entscheidungen waren nicht so, wie sie hätten sein sollen. Die Entscheidung wurde auch durch den Mangel an Sponsoren ausgelöst, obwohl ich den Umbau meines Bootes selbst finanziert habe, fehlen mir immer noch 100.000 Dollar, die ich brauche. Ich habe auch abgewogen, meine Familie für fast ein Jahr zu verlassen, und das hat mich schwer belastet. Daher habe ich mich entschlossen, meine Anmeldung für die GGR zurückzuziehen. Falls jemand Interesse hat, das Boot steht zum Verkauf und ist zu 95% bereit für das Rennen und steht zum Verkauf.
Ein guter Zeitpunkt, hier ein wenig von Zusammenhängen zu berichten, die sich als Facetten dieser Geschichte zugetragen haben.
Die SV Harmony von Michael, eine Aries 32, ist mir seit 2013 bekannt, ihr Voreigner Nick Jaffe hatte bereits im Jahre 2008 mit einer Contessa 26 und Windpilot am Heck die halbe Welt umrundet, sein Kommentar aus Barbados ist nachzulesen:
04.05.2008
Hi Peter, I hope you remember me – I hassled you a lot about a Windpilot, and finally bought one in Holland. Anyway, I just wanted to say I did successfully make it across the Atlantic, and while I was late all through Europe, and even pretty late on my crossing, I am here in Barbados, the West Indies. The Windpilot was fantastic, steering nonstop from Gran Canaria. I’ve attached a picture!
Kind regards,
Nick
Nick hatte die Harmony in 2012 in San Francisco erworben und sodann für die Reise in seine Heimat Australien ausgerüstet. Die Windpilot Anlage wurde im April 2013 nach SFO verladen und montiert. Zufall oder nicht, so bemerkte ich bei näherem Hinsehen, dass an der Pacific Anlage ein Pelagic Autopilot nachgerüstet worden ist.
Die Fotos liessen mir die Haare hochstehen, denn der Autopilot war an einer M 6 Schraube mit extrem kurzem Hebelarm montiert, was den sofortigen Bruch des Windfahnenhalters zur Folge hätte haben können, weil der Arbeitsweg der Pelagic mit dem der Schubstange der Windpilot Pacific kaum zu synchronisieren ist, mit Bruch als logischer Folge.
Ich habe umgehend Mike Scheck kontaktiert, den Hersteller – Vertreiber der Pelagic und Inhaber von Scanmar Marine International ( Monitor ), um folgenschwere Schäden im praktischen Gebrauch zu verhindern.
Es mag nur eine Randnotiz sein, aber die Referenz zur Montage an einer Windpilot Anlage ist auch 7 Jahre später bei Scanmar Marine International immer noch im Netz vorhanden.
Einem weiteren Zufall ist geschuldet, dass ich in 2019 von Mike Scheck erfuhr, dass Nike Steiger eine Pelagic zur Montage auf ihrer SV Karl vermutlich im Rahmen einer Sponsoring Maßnahme erhalten hatte. Wenige Mausklicks später habe ich Nike auf die Situation angesprochen und verhindern können, dass sie den gleichen Fehler wie von Scanmar propagiert, bzw. über diese Kombination dann gar ein YouTube Video viral gegangen wäre. Es sind diese kleinen Aufgaben am Rande, die immer wieder zu erledigen sind, um Schaden am eigenen Produkt und Marke zu verhindern, ganz offenbar eine Art Lebensaufgabe, wie ich es empfinde!
Zurück zu Nick Jaffe, der im GGR 2018 eine zentrale Aufgabe im IT Bereich des Veranstalters innehatte, den ich in der Vorbereitungszeit zur GGR 2018 in Les Sables d´Olonne täglich getroffen habe. Folgende Mail von Nick, im weiteren Verlauf der GGR geschrieben, ist bemerkenswert:
Hi peter I found it interesting because I had zero issues with your gear while Istvan and others reported problems – which in the end were more than likely skipper issues not engineering issues.
I’m well aware of the bad press these guys created for you, but I think you will recall I never complained with my units because I never had an issue and they steered me many thousands of miles.
Nick
Lichtblicke im Umgang unter Seglern, wie es in meinem Leben wichtig ist und wie ich es alltäglich erlebe, gleichwohl meilenweit entfernt von den Verhaltensweisen eines Veranstalters, dessen fachliche Objektivität in Bezug auf für die Einhandsegelei eminent wichtigen Windsteueranlagen, durch die Annahme von Sponsorengeld ganz offenbar verunmöglicht geworden ist.
Die Harmony wurde in Australien später am Michael Date verkauft, der eine überaus gründliche Revision des Schiffes vorgenommen hat. Eine Massnahme, deren Kostenrahmen dem eines Neubau´s leicht überschreiten und zum eigentlichen Wert des Schiffen im abenteuerlichen Missverhältnis steht.
Es ergab sich, dass wir in der Folgezeit regelmässigen Austausch hatten, es ging um die weitere Verwendung der Windpilot Pacific, deren Qualität für Michael ausser Frage stand, zumal er mit anderen Windpilot Seglern auch nach dem GGR in regem Austausch stand.
Ein Blick auf Michaels berufliche Vergangenheit allerdings – er hatte viele Jahre zuvor Don McIntyres berufliche Existenz übernommen – machte erklärlich, warum er den Systemwechsel zur Hydrovane offenbar vollziehen musste, vielleicht als eine Art Freundschaftsdienst?
Und damit rückt ein weiterer GGR Teilnehmer in den Fokus: Mike Smith, ebenfalls in Australien ansässiger Selbstbauer einer Eric 32 – baugleich mit der Thuriya von Abhilash Tomy – baut sein vielen Jahren auf die Stunde Null hin, den Start zur GGR 2022. Mike hatte Michael Date bei der Fertigstellung – und Klassifizierung gemäss GGR Anforderungen – geholfen … und als Bezahlung die Windpilot Anlage mit nach Hause nehmen können.
Mike ist als provisional entry in 2018 und auch 2022 eingetragen, wird vermutlich allerdings auch dieses Mal nicht am Start erscheinen können, weil ihm die Zeitpeitsche des Lebens auf den Hacken sitzt, und er selbst vermutlich bereits ohne Schuhe unterwegs, weil der Bau seines Schiffes sein Leben sprengen könnte, er gleichwohl bislang weiter als Skipper auf der Liste steht. Zumindest die Pacific ist bereits auf den Bauplänen der Pingo eingezeichnet.
Und so kommen wir zum sensiblen Ende einer noch sensibleren Geschichte: auch wenn manch ein Leser hier die Augenbrauen lüpfen mag: ich bin einigermassen erleichtert, dass die Harmony von Michael aus der Liste der GGR Teilnehmer verschwunden ist, denn ich habe mit Sorge betrachtet, in welcher abenteuerlichen Art und Weise der Hersteller der Hydrovane an diesem Colin Archer mit achtern weit überhängendem Hauptruder die Montage offenbar empfohlen hat!
Ein Blick auf die enorme Baulänge der Streben bei zeitgleich geringem vertikalen Abstand zwischen oberen und unteren Systembefestigung, ermöglicht Rückschlüsse auf mögliche Lasten in schwerem Wetter. Für mich birgt diese Montage das Risiko eines Desasters, wenn z.B. der einsame Skipper nicht in der Lage ist, seinen Steuersklaven am Heck mit den Händen zu erreichen, um z.B.einen shearpin oder das komplette Ruder zu ersetzen. Es wäre unweigerlich das Ende seiner Reise.Es schließt sich der Kreis dieser kleinen Geschichte, deren Verkettungen rund um den Globus stattgefunden haben, deren lose Enden hier verknüpft und als Weihnachtsgeschichte unter Ihren virtuellen Baum gelegt werden, wie ich hoffe, zum Vergnügen.
Immerhin wurde sie mit Spass und Freude aufgeschrieben!
25.12.2021
Peter Foerthmann