SV HEKLA – GEORG SCHIMMELPFENNING – LA LONGUE ROUTE
Das hatte ich nicht gedacht! Als Georg Schimmelpfennig seine PACIFIC Anlage zur Überholung brachte, haben wir beim Auseinanderbau Erstaunliches bemerkt: der Ruderschaft zeigte Abnutzungs Schleifstellen, wie ich es bei tausenden Systemen zuvor noch nie gesehen habe. Schnell wurde der Grund klar: das System hat BERSERKER ARBEIT leisten muessen, um die Cumulant 38 auf Kurs zu halten, weil das Hauptruder stets und immer enorme Luvgierigkeit gegenzusteuern hatte.
Eine Arbeit, die der Skipper von Hand nur fuer kurze Zeit zu leisten in der Lage gewesen ist. Zudem hat die Hekla lange Zeiten bei schwachen Winden in der warmen Kalmenzone verbracht, was enormen Bewuchs verursacht hat. Die Etmale wurden quälend, was den Entschluss des Skippers zum Abbruch der Reise in Cape Town veranlasst hat.
In Cape Town wurden 3 Schubkarren voller Muscheln entfernt, der Unterwasseranstrich komplett erneuert … und sodann die Rückreise widerum einhand angetreten.
Der Bericht des Skippers:
01.11.2020
Hallo Peter Foerthmann
Seit meiner Jugend segle ich mit Windsteueranlagen.
Mein Vater hatte auf seiner Contest 28 in den 80ern einen Schwingpilot. Den gibt es schon lange nicht mehr. Danach, auf seiner Hallberg Rassy 1988 den ersten Windpiloten und meine ersten Einhandtörnstörns. Der Windpilot arbeitete auf dem kleinen Schiff so gut, dass man sogar mit ihm wenden und halsen konnte, ohne die Pinne mit der Hand zu führen… und er war ungleich leichter als die Anlage von Schwing.
Die Erfahrungen mit den Windsteueranlagen haben mich veranlasst, auf meiner Cumulant 38 2016 von Anfang an den Windpiloten zu installieren. Aber die Arbeit mit dem Helfer gestaltete sich komplizierter, als auf der Rassy. Meine HEKLA hat ein Steuerrad und ein nicht vorbalanciertes Ruderblatt. Es treten hohe Kräfte auf und wegen der nicht unerheblichen Luvgierigkeit des Schiffs musste Adam, so habe ich mein mechanisches Crewmitglied genannt, harte Arbeit leisten. Ich musste beim Handling ganz neu lernen. Wichtig: Beim Übergeben des Steuerns an den Windpiloten muss dieser mit dem Servoruder genau mittschiffs mitlaufen, sonst wird es nichts. Dann aber hält er auch dem hohem Ruderdruck stand. Auf dem ganzen Törn ist mir nur ein einziger Umlenkblock der Steuerseile auseinandergerissen.
Immer, wenn HELKA mit gegenlenkendem Ruderblatt arbeitet, wird das Schiff bei Böen anluven und bei Windlöchern abfallen. Das ist unvermeidbar und deshalb bedarf es insgesamt der Aufmerksamkeit, wohin das Schiff im Mittel fährt.Auf meinen Atlantiktörns nach Kapstadt und zurück habe ich annähernd 20.000 nm gesegelt. Manchmal waren mir die Gierwinkel meines Steuermanns zu groß und ich habe selber das Ruder übernommen. Nach einer Stunde konzentrierten Rudergehens merkte ich, dass ich bereits schlechter war als Adam. Irgendwelche Gedanken fingen an im Kopf zu kreisen und auf einmal war der Kurs weg.
Dann hat Adam wieder übernommen und ich konnte entspannen. Er hatte beim Einlaufen in Bremerhaven Ostern 2019 über 17.000 nm mein Schiff gesteuert.Abgesehen davon, dass ich im Umgang mit meinem Steuermann mit der Zeit und mit den zunehmenden Erfahrungen immer geschickter wurde, habe ich die besten Erfahrungen im Benguelastrom gemacht, der an Afrikas Westküste von SSO nach NNW läuft. HEKLA hat dabei über drei Wochen Schmetterling vor dem Wind gesegelt. SOG zwischen sechs und neun Knoten! Das ist die Paradedisziplin meines Schiffes mit Adam. Das Nichtvorhandensein von Luvgierigkeit und die enorme Wasserströmung am Servoruder lassen Adam zum unschlagbaren Rudergänger werden. Nur wenn ich das eine oder andere Mal gehalst habe, weil der Wind schralte oder ich eins der Steuerseile ersetzt habe, musste ich überhaupt eingreifen. Da lachte das Skipperherz. AIS-Transponder und Buzzer in der Navi waren eingeschaltet und dann hieß es nur noch: laufen lassen. Dabei konnte ich mir lange Schlafphasen und Sonnenbäder an Deck gönnen. Es war zweifelsohne der schönste Abschnitt auf dem Atlantik. Das hat übrigens auch Wilfried Erdmann in seinem Buch „Allein gegen den Wind“ beschrieben.
Mein Fazit: Ein ausgewogen segelndes Schiff und die Steuerung über Pinne sind die Idealvoraussetzung für den Einsatz des Windpiloten.
Viele Grüsse von
Georg Schimmelpfennig SY Hekla