DER ERNSTFALL – DER VERLUST DES RUDERS
Der Ernstfall beginnt, wenn die Dinge im Kopf, oder an Bord, aus dem Ruder laufen,
wenn oder weil Hein Seemann´s Sofa Theorie in der Praxis nasse Füsse kriegt,
ihn feuchte Hände und Angstzustände drangsalieren,
weshalb er an Deck auf allen Vieren
derweil sein Schiff, von der Physik besiegt,
keineswegs zum Schlafen, auf der Seite liegt,
weil es den Gehorsam von Pinne oder Rad verweigert
sodass weder Mensch noch Steuersklave in der Lage ist,
eine angefangene Reise fortzusetzen
weil nämlich das Ruder fehlt.
Dem Skipper werden Kehrseiten von Medaillen als blanke Hintern entgegenstreckt
wobei er subito devot – vollkommen aus dem Lot – entdeckt,
dass guter Rat unbezahlbar geworden ist,
weil für Denkfehler jeder Art,
die Rechnungen stets Zeit versetzt geschrieben werden
weil auch Erkenntnisse, Bereuen oder Bedauern nix mehr bringt
weil die Situation nur noch Not- und Gegenwehr erzwingt.
Hätte hätte heisst dann die gute alte Fahrrad Kette,
derweil Besserwisser, Werft Prospekte und Testberichte um alle Ecken verschwunden sind,
worüber nur ungern gesprochen wird, weil vorzugsweise unbeschwerte Freiheit auf See beschworen wird, weil Umsatz und Ertrag zumeist Vater und Mutter aller Überlegungen sind.
Kompetenz ist eben kein Hemd,
dass man nach Belieben auszieht,
nur wenn oder weil man schwitzt
oder sonst wie in der Klemme sitzt
Hingegen die Folge gelebten Lebens
die als Erfahrung
unersetzlich ist.
DER ERNSTFALL – PETER IMMER AUF DIE ZWÖLF
In meinem Kopf dreht die Welt ein wenig anders, weshalb ich meiner Lebenserfahrungen durch´s Sieb gerührt und die hier folgenden Blogs verewigt habe:
In meinem Marksegment kenne ich mich aus, wie in meiner Westentasche. Ohne mit Details zu glänzen oder nerven, hier die Ultrakurzgeschichte meiner Legende in der Marktnische in Sachen Heckverzierungen.
Ich habe sämtliche Systemtypen produziert, die Hilfsruder- und Pendelrudersysteme der früheren Jahre dann durch die Schwestern PACIFIC und PACIFIC PLUS ersetzt, die bis heute lebendig sind. In 1998 habe ich die Systemfamilie modernisiert und erweitert und kann fortan mit modularem Baukasten – industriell produziert – die folgende Systemfamilie anbieten:
PACIFIC LIGHT Pendelrudersystem < 29´
PACIFIC Pendelrudersystem < 70´
PACIFIC PLUS Doppelrudersystem < 60´
SOS PACIFIC Notruder als Upgrade für PACIFIC
SOS SOLO Notruder für Schiffe ohne Windpilot
Ich habe meine Hausarbeiten gemacht! Mein Laden ist bestens aufgestellt, denn ich habe im Verlauf von 20 Jahren kein Jucken verspürt, meine Entwicklungen zu überdenken, zu verbessern oder zu verfeinern, von kleineren Upgrades ausgenommen. Stolz oder übermütig? Ja und nein – immerhin funzt ohne einen Schubs Narzissmus das ganze Leben nicht. Die Tatsache allerdings, dass rund um den Globus eine Reihe von Merkmalen meiner Design Sprache „nachempfunden“ werden, könnte mich zwar ärgern, ich nehme dies statt dessen allerdings gern als Bestätigung, dass mein Weg weltweit Anerkennung gefunden hat. Das Thema Schutzrechte und Copy Cat Design will ich hier nicht berühren, weil dieser Blog ein anderes Thema zum Inhalt hat:
NOTRUDER OPTIONEN
Was ist zu tun, wenn ein Ruder verloren, zerstört oder nicht mehr benutzbar ist – das worst case scenario für jeden Skipper.
Das Magazin SAIL in den USA hat kürzlich einen ausführlichen Bericht über die Optionen publiziert. Der Inhalt ist hier zu lesen
SOS RUDER – PROTOTYP – SV SUBEKI
Im Jahre 1999 habe ich auf Anregung und Wunsch von Sybille und Christian Uehr den Prototyp des später in Serie gebauten SOS Ruders entworfen, den die Crew dann in Eigenarbeit auf den Stegen von Las Palmas angefertigt hat. Das Ruder hat im Verlauf der Weltumsegelung der SV SUBEKI an der Innenseite der Reling seinen Platz gehabt und als Beruhigungspille für die Eigner Nerven von dort fortan seine famose Wirkung entfaltet.
Es sind immer wieder diese besonderen Momente, wenn Anregungen von Segler Seite in meinem Kopf die Synapsen in Bewegung bringen, die man anschliessend nur noch in praktikable Lösungen umzusetzen hat. Danke Sybille und Christian.
GOLDEN GLOBE RACE
Interessant für mich, dass das Thema NOTRUDER im GGR einen besonderen Stellenwert bekommt, der mich hier Zusammenhänge ziehen lässt. Denn, nicht wahr, Denkanreize können jeden Tag die Synapsen pieksen, aber es gibt im Leben manchmal Schlüssel Ereignisse, die eine Steilvorlage für Denkvorgänge auslösen, weil sie aus einer Ecke kommen, an die man selbst noch nicht gedacht hatte. Worum es geht?
In diesem Fall hat Don McIntyre mir eine Vorlage gegeben, die mich zunächst nachdenklich und später heiter stimmte:
Eine anspruchsvolle Solo-Non-Stop Regatta, deren Veranstalter einen unverhofften Spagat erkennen lässt, indem er restriktive – und für Teilnehmer teure! – Regeln aufstellt, die er in Bezug auf die Ausrüstung mit Windsteuersystemen zeitgleich unpräzise belässt, um dann in Bezug auf die wiederum stringente Regel, die Teilnehmer zu einem vollwertigen Notruder zu verpflichten, zu dezidierten Regeln zu retournieren. Denn: Es gehört zu den Obliegenheiten jedes Teilnehmers, das Vorhandensein und Funktionieren eines Notruders per Video Beweis abzuliefern. Was auf den ersten Blick als verantwortungsvolle Massnahme zur Erhöhung der Sicherheit auf See erscheinen mag, bekommt für mich einen Beigeschmack, der mich nachdenklich werden lässt. Der Grund für diese Zeilen. Hier ein Kurzausflug zum Thema:
SPONSORING
Sponsorensuche gehört zu den Pflichtübungen – und zur Kür! – jeden Veranstalters, um finanzielle Lasten auf andere Schultern zu verteilen, demzufolge das eigene Investment geringer bleiben kann und Erträge am Ende möglich werden. Je nach Attraktivität einer Veranstaltung, werden Sponsoren angelockt, deren Investment durch weltweite mediale Berichterstattung zur Verbesserung der Wahrnehmung ihrer Marke kleinzellig in Konsumenten Köpfen hängenbleiben sollen – sich ergo bezahlt macht.
Erkennbar hat Don McIntyre bei der Suche nach Sponsoren nur geringes Interesse entfachen können, was Rückschlüsse auf die Gründe verlockend macht, denen ich hier allerdings nicht erliege. Don´s Statement, die Veranstaltung darum aus eigener Tasche durchzuführen, halte ich für eine honorige Geste, die beweist, dass es sich hier offenbar um eine Herzensangelegenheit handelt, weshalb er sie zu ende führen will – und nun sogar eigenes Geld investieren wird.
DON MCINTYRE – HYDROVANE
Gleichwohl wirft das Geschäftsmodell einer Sponsoren Partnerschaft zwischen Veranstalter und einem Marktbegleiter in Sachen Windsteuersystemen Fragen auf, die in meinem Kopf die Synapsen in Bewegung setzen. Wenn Sponsoren Investment gemeinhin als Hebel zur besseren Verbreitung einer Marke dienen, sind die Kosten in Produktpreisen bereits enthalten – also eingerechnet. Sie werden generell von allen Konsumenten – vorhandenen und neuen – bezahlt, jedenfalls denjenigen, die sich von der Marke angezogen fühlen. Idealerweise kann dabei eine Win-Win-Situation entstehen, wenn der Konsument eine Veranstaltung mit einer Marke sublimiert, die fortan in möglichst vielen Köpfen Höhenflüge und Kaufzwang vollzieht, sodass sich am Ende die Menschen vor den Ladenkassen drängeln. Marketing Usancen folgen klaren Strukturen, deren Erfolge und Schlagkraft in Strassenbildern, Kleiderschränken und Garagen dieser Welt zu besichtigen ist. In Häfen dagegen eher nicht, weil das Gesamtvolumen im weltweiten Marine Biz insgesamt ein Witz, solange nicht über Rennsegeln, fliegende Schiffe und Rekorde abgehandelt wird. Gemächliches Cruisen von Seglern jedenfalls scheint hier die Sponsoren nicht zu begeistern – aus recht offensichtlichen nachvollziehbaren Gründen.
Ohne hier über das finanzielle Investment meines Marktbegleiters zu spekulieren, kann festgestellt werden, dass wir uns hier in einem Nischenmarkt befinden, denn die hier beteiligten Unternehmen, z.B. in Bezug auf Heckverzierungen, sind allesamt Kleinbetriebe mit überschaubaren Umsätzen, was die reizvolle Frage nach den Zielsetzungen des Investors verlockend macht! Hier wird es interessant, denn beim GGR scheint offensichtlich, dass die Teilnehmer der Veranstaltung zumindest einen Teil des Sponsoren Investments an eben diesen, aus eigener Tasche zu bezahlen haben. Auf die Formel 1 übertragen, hätte der Fahrer für die Ausrüstung des Spoilers am eigenen Wagens an den Sponsoren desselben zu bezahlen. Eine Vermutung, die die Antwort auf der Zunge trägt und einem Purzelbaum recht ähnlich ist.
Man möge mir glauben, dass diese Zeilen keinesfalls von Neid oder Eifersucht unter Marktbegleitern getrieben, niedergeschrieben werden, insbesondere, weil meine einschlägigen Ansichten zum Thema nachzulesen sind, siehe oben.
SPONSORING FALSCH VERSTANDEN
Wenn hier also ein Sponsoring Vertrag vielleicht vorrangig geschlossen wurde, um einen exklusiven Marktzugang zu Teilnehmern zu erhalten, wird dieser Deal auf dem Rücken der Teilnehmer – und Stars! – geschlossen, weil sie – vielleicht, ggf. nolens volens, für Ausrüstung zu bezahlen haben, deren Kauf ihnen durch flankierende Unterstützung des Veranstalters „nahegelegt“ worden ist. Die rigide Durchsetzung der Ausrüstungspflicht für ein NOTRUDER, dessen Funktionstüchtigkeit nachzuweisen ist ( Don: as long as you can show you can fit it in a seaway ) empfinde ich als eine zwar dem Grunde nach verständliche Massnahme, die man allerdings auch in einem anderen Kontext deuten könnte: dem Wunsch des Veranstalters, seinem Sponsor zu Umsatz zu verhelfen. Honi soit qui mal y pense ( ein Schelm, der Böses darüber denkt ).
Ich empfinde diese Vereinbarung als eine ungewöhnliche Achterbahn Fahrt von Argumenten, die einer ansonsten so seriösen Veranstaltung diametral entgegensteht, insbesondere, weil Gründe und Zielsetzungen so sehr offensichtlich scheinen. Sollte ich dies Mundgeruch nennen?
PETER´S LEHRE UND KONSEQUENZEN
Seit vielen Monaten im elektronischen und auch persönlichem Austausch mit verschiedenen GGR Teilnehmern, wurde und werde ich regelmässig um technischen Rat gefragt. Es macht mir grosse Freude, zu erkennen, wenn meine Ratschläge am Ende auf Anerkennung stossen, was ja heutzutage keineswegs eine Selbstverständlichkeit ist. So habe ich mich am Ende entschlossen, einige Teilnehmer direkt ein wenig zu unterstützen, nachdem eine Vertrauensbasis entstanden ist. Es ist der menschliche Faktor, der mich hier handeln lässt, weil ich vor den Seglern, die sich zu dieser Veranstaltung an den Start begeben, allergrössten Respekt besitze. Meine Erkenntnisse und Erfahrungen stelle ich auf Anfrage gleichermassen allen Seglern zur Verfügung – Cold Email gibt es nicht!
Ich habe im Verlauf der Diskussionen vom Einsatz meiner PACIFIC PLUS abgeraten, weil mir dies System angesichts der hier verwendeten Schiffe – in Bezug auf Typ und Grösse – als widersinnig erscheint, insbesondere weil der Faktor Gewicht hier eine grosse Rolle spielt, und der Einsatz eines kraftvollen Pendelruders für mich einzig richtig und sinnvoll ist, bei zeitgleich geringem Gewicht und enormer Steuerkraft, um ein nahe gelegenes Hauptruder wirkungsvoll anzusteuern. Ich bin mir dabei bewusst gewesen, dass der eine oder andere Teilnehmer, mehr oder wenige indirekt, sich anschliessend für das Produkt meines Wettbewerbers entschieden hat. Ich habe dies akzeptiert.
Anlässlich meines Treffens mit IGOR ZARETZKI in Paris im Dezember 2017 habe ich mich zur Lieferung eines SOS Solo Ruders bereit erklärt, denn es war klar geworden, dass der Veranstalter auf seinen „Vorstellungen“ über die Ausrüstungspflicht mit einem Notruder beharren würde.
MEIN DANK AN DON
Darum geht heute mein besonderer Dank an den Veranstalter, weil sein stringentes Vorgehen, meine Synapsen in Bewegung brachte. Immerhin hatte zwischenzeitlich ERTAN BESKARDES seine RUSTLER 36 neben der vorhandenen SEA FEATHER Pendelruderanlage, zusätzlich mit einer HYDROVANE aufgerüstet, vermutlich, um die Regeln zu erfülle.
Der Startschuss zu einer DOPPELAUSRÜSTUNG mit Windsteuersystemen? Don´s Vorgehen zeigte Wirkung – Spagat für einige Segler – an deren Schiffen am Ende dann ggf. drei Ruder zu sehen sein werden: Hauptruder – Pendelruder System – Hilfsrudersystem. Ein Novum, das meine Gedanken in Wallung brachte. Hier das Ergebnis meiner Überlegungen:
SOS – SOLO – PACIFIC
Ich habe beschlossen für das GGR eine DRITTE VARIANTE für das SOS Ruder zu verwenden. Hier nunmehr die drei Optionen:
SOS PACIFIC als Notruder, das optional an vorhandenen Beschlägen der Pacific, ansonsten bis zum Ernstfall in einer Tasche in der Backs Kiste gefahren wird
SOS SOLO als Notruder, das am Heck für Schiffe ohne Windpilot, ansonsten bis zum Ernstfall in einer Tasche in der Backs Kiste gefahren wird
SOS SOLO PACIFIC als Notruder, das über Leinen mit der Pacific verbunden, im Notfall als DOPPELRUDER SYSTEM gefahren wird, ansonsten das SOS Bauteil in einer Tasche in der Backs Kiste gefahren wird.
Dies ist meine Antwort, auf die ich bisher selbst noch nicht gekommen bin, weil ich angesichts der besonderen Vorgehens- und Verhaltensweisen eines Veranstalters, erst den hier notwendigen Tritt bekommen habe, aus meinem bereits vorhandenen modularen System Baukasten, diese neue Variante zu konfigurieren.
Am Ende bekommen die Segler dann ein System an Bord, das in der Lage sein wird, auch im Ernstfall vollwertige Steuerergebnisse zu liefern, nachdem vermutlich allseits aller bestens bekannt sein dürfte, dass die kraftvolle Symbiose beider Systeme für den Segler einige Vorteile besitzt.
Darum geht hier mein Dank an Don, dessen Verhaltensweise für mich zur Steilvorlage geworden ist.
Ich schliesse hier, nicht ohne die Hoffnung zu äussern, dass diese dritte Option meines Systemangebots niemals zum Einsatz können möge, und die Hauptruder der Schiffe leidensbereit und Wiederstands fähig die schwere Reise bestehen mögen.
Womit ich meinen Sonntags Aufsatz schliesse
Peter Foerthmann