Im BLOG TREND SETTERSwurde untersucht, welchen Einfluss die Berichterstattung nationaler Segelmagazine auf die Entscheidung der Segler für oder gegen bestimmte Schiffe / Schiffstypen zu nehmen in der Lage sind.
Die Vorlieben der Segler sind beeinflussbar und wir kennen natürlich die Gründe, warum Schiffe in Bezug auf ihre Größe, dem umbauten Raum, der Geschwindigkeit oder der gefälligen Linie wegen auserkoren – gekauft werden, um mit ihnen unbeschwerte Zeiten auf See zu verbringen.
Erst im Langzeitbetrieb familiärer Nutzung allerdings, und im Segel Alltag auf See, offenbart sich, ob die Gründe zum Kauf eines Schiffes mit den Erwartungen der Eigner in Deckung zu bringen sind. Gelingt dies nicht, steht ein Schiffswechsel – oder Neukauf – an, meist mit erheblichen Konsequenzen für Konto oder Kassenlage. Im Gegensatz zu früheren Zeiten nämlich, als Schiffe sich selbst nach jahrelanger Nutzung zum Einstandspreis oder gar höher haben verkaufen lassen, ist ein Wiederverkauf heute meist gleichbedeutend mit einem erheblichen Wertverlust. So gesehen, gerät die Qualität der Entscheidung erheblich wichtig, um die Verluste möglichst gering zu halten. Segelmagazine bieten ihren Seglern – wie ich es empfinde – stets zu wenig Unterstützung, weil sie das Credo der Industrie, von deren Inseraten sie leben, nahezu ungefiltert verbreiten: moderne Schiffe von heute sind auch für das Blauwassersegeln perfekt geeignet.
Wurden Schiffe früher vornehmlich nach Bauqualität, Solidität und ihren Segeleigenschaften – und Seetüchtigkeit – gewählt, so hat sich im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte ein grundlegender Wechsel vollzogen. Heute gerät die „Bewohnbarkeit“ einer Yacht zum wichtigen Kaufargument. Ein Schiff jenseits gewisser Fix Punkte von Preis, Länge und Kojenanzahl gerät schwer verkäuflich oder nur in den Fokus weniger Idealisten, denen z.B. eine schöne Linie wichtiger ist. Schiffe werden in erheblichem Masse für den Einsatz im Charterbetrieb geplant und gefertigt, weil nur auf diese Weise nennenswerte Stückzahlen möglich sind. Raumschiffe geraten dort wichtig, um potentiellen Charter Gästen ein Maximum an Bewohnbarkeit und Bequemlichkeit anzubieten, damit der Kojenpreis / pro Woche günstig geraten kann.
Auch wenn uns vordergründig sicher deutlich ist, in welcher Form die Linien eines Schiffes das Verhalten auf See bestimmen können, so gerät vielfach in Vergessenheit, welch schwerwiegende Konsequenzen die Schiffs Form auf das Seeverhalten und die Bequemlichkeit unter Deck haben kann. Wie es scheint, haben sich die Verhältnisse grundlegend verschoben: ein gutes Seeschiff mit angenehmen Bewegungen in schwerer See konnte dies Seeverhalten stets nur mit Einschränkungen im Platzangebot unter Deck erreichen. Bei heutigen Schiffe haben sich die Verhältnisse gründlich umgekehrt: sie bieten unter Deck erheblich Raum und Bequemlichkeit, allerdings vor allem im Hafen, denn auf See fordern sie der Besatzung häufig einiges an Tribut ab, da sie weniger „durchs“ Wasser, als „über“ das Wasser segeln, mit teil enormer Geräuschentwicklung sowie „eckigen“ Bewegungen. Ein tiefes V im Vorschiff setzt eben weicher in die Welle ein, beengt den Platz im Vorschiff allerdings ungemein, während ein Trapez Spant hart auf dieselbe knallt! Klar, dass moderne Leichtbauweise und höhere Riggs ein größeres Geschwindigkeits Potential erlauben – die Schattenseiten hingegen erfahren die Segler erst auf See: erhebliche Geräuschentwicklung sowie härtere Bewegungen bei Seegang unterwegs.
Die Fachmagazine und einige Segelheroen haben nichts unversucht gelassen, die traditionellen Schiffs Formen als die Formen von Gestern zu verklären oder gar zu eliminieren. Zudem sind Langkieler schwer zu laminieren. Gleichwohl genügt ein Blick in die Runde erfahrener Blauwasser Segler, wie die Situation tatsächlich ist. Hier wird nämlich deutlich, dass die TREND SETTER nicht in den Redaktionen oder den Köpfen der Autoren zu Hause sind, hingegen die Segler in der Praxis auf See einem ganz eigenen Verständnis folgen.
Kaum ein Beispiel eignete sich besser, die Prioritäten in der Schiffswahl einer segelnden Familie über die Jahrzehnte zu verfolgen, als ein Blick nach Flensburg: Die Familie Ursula und Rainer Woehl haben die möglichen Extreme selbst erfahren. Rainer Woehl, im bürgerlichen Leben als Professor und Dozent für Schiffbau jahrzehntelang als Autorität anerkannt, hat das Handwerk als Schiffbauer von der Pike auf erlernt: Seine Wiege als Schiffbauer stand in Lemwerder: bei Abeking & Rasmussen – einem Werftbetrieb mit internationalem Renommee, das bis heute strahlt – nicht nur als Werft von schmucken A & R Segelyachten – aber eben auch denselben.
Was A & R im damaligen Holzschiffsbau gewesen ist, das wurde die Werft SWAN YACHTS in Pietarsaari in Finland, die sich nach anfänglichem Holzschiffsbau recht schnell dem Bau von GFK Yachten zuwendete und international zu einem der führenden Werftbetriebe avancierte. SWAN Yachten verkörperten die Elite internationalen Yachtbaus, die Entwürfe von Sparkman & Stephens, später Ron Holland und anderen Konstruktionen waren zeitgleich erfolgreich auf den Regattabahnen dieser Welt und als solide Fahrtenschiffe, auf denen unendlich viele Blauwasser Reisen durchgeführt worden sind. Für die Solidität der Schiffe spricht, dass ihr Marktwert bis heute nahezu erhalten geblieben ist, wobei damalige S & S Risse auch heute noch auf Regattabahnen erfolgreich sind.
Damals wie heute war Besitz und Erhalt von handwerklich perfekt gebauten Holzschiffen von A & R eine ausgemachte Liebhaberei, die sich nur Menschen leisten konnten oder wollten, die zum Werterhalt ihrer Schiffe dauerhaft Minne – oder Frondienste zu leisten bereit gewesen sind. Für Menschen im Berufsalltag – und mit solidem Einkommen – geriet die Investition in eine SWAN zur besseren Alternative, schlicht, weil diese Schiffe aus GFK gebaut, einen erheblich geringeren Erhaltungsaufwand erfordert haben.
Für Menschen vom Fach, wie der Familie Woehl, war es ein logischer Schritt, sich für eine gebrauchte SWAN 39R Bj. 1978 als Familienyacht zu entscheiden. Die Woehls haben ihrer SWAN von 1992 – 2003 die Treue gehalten, waren auf Regattabahnen erfolgreich und haben ausgedehnte Reisen unternommen – insgesamt wurden 20.000 sm mit diesem Schiff gesegelt. Das Schiff hat alle Erwartungen erfüllt – die Familie Woehl war mehr als zufrieden mit Segeleigenschaften und Seeverhalten.
Das Schicksal hingegen hatte eine unangenehme Überraschung für dieses Schiff parat, als es eines Tages auf Backbordbug segelnd auf der Flensburger Förde jäh von einer anderen Yacht gerammt – und zum Glück nicht versenkt werden konnte. Der Schaden hingegen geriet erheblich, und so traf es sich, dass die Familie Woehl sich für den Kauf einer fabrikneuen Yacht, einer Beneteau First 40.7 entscheiden sollte, um sich fortan mit einem modernen „Performance Cruiser“ auf eine geplante Weltumsegelung vorzubereiten. Die First wurde im Verlauf der Jahre 2004 – 2008 insgesamt ca. 10 000 sm, Überführungsfahrt von St. Gilles nach Spanien und dann nach Flensburg, Stockholm, über Madeira zu den Kanaren und über die Azoren zurück nach Flensburg gesegelt. Die Ausrüstung wurde komplettiert, Radar, Solarzellen, Windsteueranlage usw. montiert.
Die Erwartungen an dieses Schiff in Bezug auf das Geschwindigkeitspotential bei kleiner Crew, wurden hingegen nicht erfüllt. Insbesondere die ständigen Geschwindigkeits Wechsel von Gleit- und Verdrängerfahrt, machten ein zuverlässiges Steuern durch ein Windsteuersystem unmöglich. Ein WSA ist nicht in der Lage Unterschiede in der Lage zum scheinbaren Wind zu differenzieren – z.B. hoch am Wind bei Verdrängerfahrt oder mit gleichem Windeinfallswinkel, beim Surf des Schiffes, weshalb das Schiff häufig ohne Grossegel gesegelt werden musste. Vor allem das Seegangsverhalten ließ sehr zu wünschen übrig. Extreme Beschleunigungen, und harte Bewegungen machten das Leben an und unter Deck überaus beschwerlich.
Ursula Woehl hat ihren Skipper am Ende ein Ultimatum gestellt: “entweder Schiffstausch oder Aufgabe des Plans einer Weltumsegelung“. Eine Entscheidung mit weitreichenden – und teuren Folgen, denn der Wertverlust eines Neuschiffes in den ersten Jahren sollte enorm geraten.
Und so wurde der Weg frei zu jener Aufsehen erregenden Geschichte, der Suche nach einer ganz besonderen Yacht, die gleichermassen in der Lebensgeschichte des Rainer Woehl und der Geschichte der Yacht THULE als der idealen Blauwasser Yacht Ursprung und Erfüllung findet, weil dies Schiff bei A&R im Jahre 1971 entstanden ist, zu der Zeit, als Rainer Wöhl dort seine Lehre machte. Es ist die Geschichte eines sensationellen One Offs, die bis in unsere Zeit hinein strahlt, weil das Schiff obschon 41 Jahre alt, bis heute die Verkörperung eines idealen Blauwasser Schiffes darstellt, wie man es heute nicht besser machen könnte. Die Geschichte wurde ausführlich in der YACHT #2 / 2013 erzählt.
Die THULE hat im Jahre 2012 die Weltumsegelung ohne Schäden oder Probleme beendet und ihre Besatzung heil und bestens gelaunt nach Hause gebracht.
Ursula und Rainer Wöhl haben sich nun schweren Herzens entschlossen, ihr Schiff zum Verkauf anzubieten, denn die THULE besitzt ein klitzekleines Manko: sie besitzt einen großen Maschinenraum
….. und ist darum mit 43 Fuss als Familienschiff für eine Familie mit Kindern und einer Enkelschar – zu klein, um eine weitere Weltumsegelung zu starten. Dies ist der einzige Grund, warum die THULE nun zum Verkauf steht – für EUR 165.000 sucht sie einen neuen Eigner – mit dem sie sofort zu einer weiteren Weltumsegelung auslaufen könnte – denn sie ist bereits vollständig dafür ausgerüstet!
Ursula und Rainer Wöhl planen eine weitere Reise mit deutlich größerem Schiff, damit sich drei Generationen der Familie Wöhl fortan auch beim Segeln aneinander erfreuen können….
Peter Foerthmann
…. spannender Artikel …. vielen Dank auch für die Infos zum Schiffsbau …. Ich mit meiner S & S 36 Fuss in Stahl …. habe schon immer den V – Schnitt und die Unterwasserlinie leiden gemocht …. Hans Christian 38 ….. Camper & Nicholson 48 …. Tatayana 37 … Van De Stadt Caribbean …. auch sehr weich fahrende Schiffe …. wenn es die Swan Nauters 48 in Stahl geben würde, dann wäre ein Skagg Ruder und gemässigter Langkieler für mehr Höhe am Wind schon reizvoll ….. Soweit ich glaube, laufe ich 45 * bei mässiger Welle ….. vorher hatte ich einen kl. Collin Archer mit 55 * Grad …. das war zu wenig und riskant, wenn man wenig Motorkraft hat, noch ans weiter kommen zu denken …. das hat mich überhaupt auf die Sparkman & Stephens gebracht … weiterhin Seetüchtigkeit, aber 45 * hoch an den Wind …. das waren für mich Sicherheitsmaßnahmen …. aber 27 * hoch an den Wind mit Sparten Ruder und Kurzkiel wäre mir sehr olympisch …. so gut zu sein, nie den Grund zu tuschieren … jetzt mal nur Liveaboard Sailing like gesehen …. auf See sind alle gleich nett und man trifft sich mit tollen Erfahrungen in den Häfen …. stand by mit Ahoi