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Entlastung für Ex TO-Chef nicht in Sicht
Freitag, 31.01.2014
CUXHAVEN. Die Beweislage wird immer interessanter. Offenbar hat der Ex-TO-Chef und Rechtsanwalt Bernd L. aus Cuxhaven mehr gewusst, als er bisher zugegeben hat. Das war der Eindruck nach dem sechsten Verhandlungstag. Der Vorwurf lautet auf Untreue im Zusammenhang mit einem Konto, auf das Trans Ocean-Segler Reisekrankenversicherungsbeiträge überwiesen hatten.
Offenbar führte Versicherungsagent Frank H. mindestens drei Jahre die Geschäfte der Versicherungsagentur Cux-Enterprise, obwohl er bereits zwei Insolvenzen hinter sich hatte und offiziell nicht als Geschäftsführer in Erscheinung treten durfte. Die Rolle von Frank H. aus Bremerhaven im Zusammenhang mit einer Gruppenkrankenversicherung für Langzeitsegler stand am sechsten Verhandlungstag am Donnerstag im Mittelpunkt des Strafverfahrens gegen den ehemaligen Trans Ocean-Vorsitzenden Bernd L. wegen Untreue.
Im Laufe der Verhandlung wird immer deutlicher, dass es offenbar Mitglieder im Verein Trans Ocean gegeben hat, die während ihrer großen Segelreisen nicht durchgehend krankenversichert waren. Und das, obwohl sie im Glauben waren, ihre Beiträge rechtzeitig und ordnungsgemäß überwiesen zu haben. Probleme machten damals diejenigen unter den 725 versicherten Langzeitseglern, die kein Girokonto in Deutschland hatten. In 101 Fällen sollen nach Recherchen von Staatsanwältin Dr. Reitemeier die Versicherungsbeiträge an ein von Trans Ocean eingerichtetes Sonderkonto gezahlt und an die Versicherung weitergeleitet worden sein. Entgegen der Aussage des Angeklagten, Rechtsanwalt Bernd L., der von seinem Verteidiger Thiemo Röhler vertreten wurde, sei diese Praxis nach Erkenntnis der Staatsanwältin keine Einbahnstraße gewesen. In mehreren Fällen soll die Württembergische Versicherung Erstattungszahlungen für medizinische Behandlungen im Ausland auf dieses Sonderkonto überwiesen haben, einmal zum Beispiel 633 Euro für eine Krankenhausbehandlung ein anderes Mal 44 Euro für eine Zahnbehandlung.
Der Sachbearbeiter aus der Stuttgarter Zentrale der Württembergischen Versicherung war am Donnerstag als Zeuge geladen. Nach seiner Erinnerung habe es diese Praxis nicht gegeben, sagte der 43-Jährige auf die Frage von Richter Stefan Redlin. Wenn überhaupt, müsse es sich um einen Einzelfall gehandelt haben. Dem widersprach die Staatsanwältin: „Das ist kein Einzelfall, die Erstattungen füllen hier einen drei viertel Aktenordner“. Wo jenes Geld am Ende geblieben ist und ob es sich bei den 18015 Euro, die der Beschuldigte in Teilen an besagten Frank H. in bar ausgezahlt haben soll, möglicherweise um Kostenrückerstattungen an die Versicherten gehandelt hat, muss im Verlauf der weiteren Verhandlung geklärt werden. Der Beschuldigte hatte behauptet, dass es bei Kontoschluss keine Ansprüche mehr gegeben habe, weder von Versicherten noch von Versicherungen. Die Staatsanwältin hat dazu weitere Bankauszüge von der Dresdner-Bank, heute Commerzbank, angefordert, die bei der Fortsetzung der Verhandlung am 12. Februar (Beginn 9.15 Uhr) als Beweismittel eingeführt werden sollen. Bereits vorliegende Bankauszüge bezeichnete die Staatsanwältin als sehr interessant. Sie würden Auskunft über Provisionszahlungen und wirtschaftlicheVerflechtungen der Agentur Cux-Enterprise geben.
Aufklärung über mögliche Interessenverflechtungen zwischen Angeklagtem und der Agentur versprach sich das Gericht von der Anhörung des Zeugen Peter A., einem Cuxhavener Rechtsanwalt. Der hatte sich um den Nachlass eines überschuldeten Cuxhaveners gekümmert, der an der Cux-Enterprise GmbH beteiligt war. Dessen Geschäftsanteil hatte besagter Frank H. für 1 Euro übernehmen wollen. Blieb die Frage: Auf Betreiben von Bernd L.?
Von Thomas Sassen