Manfred Marktel – Nachruf auf einen Freund

IMG_1094BEGEGNUNG DER BESONDEREN ART
Kennengelernt habe ich Manfred im Jahre 2003, als er mich elektronisch kontaktierte nachdem er aus der Karibik kommend auf dem Heimweg nach Genua seine Fühler in meine Richtung streckte, weil ihm nach 45.000 Meilen treuer Dienste seine historische ARIES Anlage aus Bronce den Geist quittierte.
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Hier der Kurzbericht seiner 4. Singlehand Atlantik Überquerung:

24.7.2003
Lieber Peter,
seit wenigen Tagen bin ich erneut zurück in Ligurien. meine vierte Atlantiküberquerung von St.Martin bis nach Horta war eigentlich eine sehr angenehme Reise, zwanzig Tage und schon angekommen, besondere Stürme habe ich glücklicherweise nicht erlebt und alles in allem war auch der Rest nicht sehr anstrengend.

Der zweite Teil war dann ein wenig aufregender, 1000 Meilen bis Gibraltar werden von einigen Seglern immer gern etwas unterschätzt.

540 Meilen vor Gibraltar hat sich urplötzlich meine Steuersäule selbstständig gemacht, sie ist aus ihrem Flansch herausgebrochen, mit der Folge, dass auch meine Aries Windfahne nicht mehr einsetzbar gewesen ist! Nur mit Notpinne und Autohelm 6000 bin ich dann die letzten 5 Tage mit viel Angst und Bedenken, bis Gibraltar gesegelt um mein Schiff dort zu reparieren, und meine Wunden zu lecken.

201Bekanntlich steht man auf einem Bein nicht sehr gut und somit sollte das nächste Problem bald um die Ecke kommen. In einer neu eingerichteten Verkehrstrennungszone am Cabo la Nao, segelte ich ganz gemütlich mit 3 Knoten, ein veritabler Hochseefischer war dort ebenfalls unterwegs, unbeleuchtet und auf einer Position, auf der er eigentlich nicht hätte sein dürfen. Und schon krachte es ganz gewaltig. Mein Bug hatte sich in die Breitseite des Fischers gebohrt und ihm ein Loch von ungefähr 1 Meter Durchmesser gerissen, sodass man dort bis ins Schiff hinein schauen konnte. Nicht verwunderlich, mein starkes Stahlschiff gegen ein Holzboot. Jedenfalls mussten wir gemeinsam nach Denia laufen, um die notwendigen Formalitäten mit Behörden, Versicherungen und der Schadensbehebung zu erledigen. Es verlief alles sehr professionell, und auch der Fischer schien nicht besonders berührt von seinem Missgeschick zu sein.

Hier in Savona / Italien wurde ich dann mit viel Ehren und Würden empfangen, er gab Zeitungs Artikel und Kurzreportagen im italienischen Fernsehen, weil ich nach Jahren unterwegs erstmals wieder nach Hause kam.

Mein Schiff, die SY MAUS muss nun in die Werft, wird neu lackiert, und mit neuen Segeln sowie einer neuen Windfahnensteuerung ausgerüstet – hoffentlich einer Windpilot von Dir.

Was die Zukunft bringen wird? Südamerika, Patagonien und die Antarktis… das wäre mein Wunsch … mal schaun, was daraus zu machen ist.

mit vielen lieben Grüssen
Dein Manfred SY MAUS

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In den folgenden 6 Jahren habe ich im Verlauf von hunderten Mail Wechseln Manfred als einen lieben Freund gewonnen. Wir haben uns das Leben erzählt und dabei herausgefunden, warum wir ein so aussergewöhnliches Verständnis für unser Gegenüber besassen. Es ist das Verständnis, das Menschen verbindet, die einen recht ähnlichen Lebens – manchmal Leidenweg – gegangen sind und dabei zu Erkenntnissen gekommen sind, die einander gleichen. Für mich das Salz in der Lebenssuppe und Grund, warum mir meine Arbeit auch nach bald 40 Jahren immer wieder Freude bereitet.

weihnachten 2005Manfred, 1943 in Österreich geboren, war Jahrzehnte in einem mittelständischen Betrieb in der Metallverarbeitung unternehmerisch in Norditalien tätig, hat in Mailand geheiratet und dort eine Tochter, die als Ärztin in einer dortigen Klinik bis heute arbeitet.

Seit 2003 nun also hatte Manfred ein Windpilot System am Heck – und unsere Freundschaft ist dicker geworden. Als Autor unzähliger Berichte für italienische Zeitungen hat mir Manfred dort viele Türen geöffnet, meine Bücher und Pressetexte übersetzt und mir dabei auseinandergesetzt, in wieweit der „italienische Segler“ sich so grundlegend von den deutschen unterscheidet. Ich habe eine Menge von ihm gelernt.

In den folgenden Jahren hat Manfred mit der SY MAUS weitere 9 Atlantik Reisen / Überquerungen unternommen, stets allein, stets mit musikalischer Untermalung deutscher Shanty Chöre, die er besonders liebte …. die er als Begleitmusik vieler seiner Videos unterlegte.

Im Jahre 2010 erreichte mich die folgende Mail:

Lieber Peter, nun habe ich wieder festen Boden unter den Füssen, meine 13 te Atlantiküberquerung von Cap Town nach Salvador liegt hinter mir, diese Zahl ist nicht unbedingt eine Glücksnummer für mich. Ich hatte diesmal jede Menge kleine Probleme, vielleicht hing es aber auch damit zusammen, dass meine Cumulant 36 nun über 100.000 sm hinter sich hat. Jedenfalls muss ich nun eine Menge reparieren, bevor es weitergehen kann.

Wenig später dann Im November 11.12. 2010

… anstatt Richtung Argentinien und den Falklands zu segeln, liege ich in der Uni-Klinik in Milano und werde ganz kräftig mit Chemie behandelt. Leukämie ! So musste ich wohl erst mal das Segeln lassen. SY Maus liegt in Salvador de Bahia und wartet auf das nächste Abenteuer. Ich hoffe, dass es nicht zu lange dauern wird, bis sie wieder ausgelaufen wird.
bis bald Manfred

Im Februar 2011

… es tut gut, wenn Freunde an mich denken. Jetzt habe ich den dritten Zyklus Chemo hinter mir und vermutlich werde ich am 18 Februar wieder interniert um eine Knochenmark Transplantion zu erhalten. Bis bis jetzt läuft es wie am Schnürchen, habe bereits jede Menge Ersatzteile gekauft, die aufs Boot müssen. Ein deutscher Freund, den ich seit 6 Jahren kenne, lebt in Salvador auf seinem Boot, und er kümmert sich um meine SY Maus, somit sind diese logistischen Probleme gut gelöst.
bis bald und liebe Grüsse in den Norden
Manfred

IMG_0934Manfred hat fast vier lange Jahre gekämpft, den Mut nicht hängen lassen, immer wieder versucht, den Boden nicht unter den Füssen zu verlieren, wir haben seine geliebte SY Maus in 2012 verkauft, er hatte bereits ein neues Schiff ins Auge gefasst und in seine Träume eingeschlossen. Nach fast vier Jahren zu Hause im Kreise seiner Familie ist Manfred am 19.September 2014 verstorben.

Seine menschliche Art, sein ruhiges Verstehen, sein Humor und seine unerschütterliche Lebensfreude wird all den Menschen in Erinnerung bleiben, die ihn auf den Weltmeeren und in der Heimat haben kennen lernen dürfen.

Seine besonderen Leistungen als Segler bleiben uns allen erhalten, Manfred hat verfügt, dass seine Website, sein Blog mit unzähligen Berichten weiterhin zur Verfügung stehen.

In Gedenken an einen lieben Freund
Peter Foerthmann

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BLOG

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Eine Antwort zu Manfred Marktel – Nachruf auf einen Freund

  1. Sebastian budde sagt:

    Wie schön, dass er rechtzeitig den Absprung aus dem Job gefunden hat und so sein zu kurzes Leben auch auf dem Wasser genießen konnte!

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